Muss ein Sänger schön sein?

  • Wenn ein Sänger solch ein Primat beklagt, ist das wohl kaum eine neutrale Beobachtung...
    Der Konflikt zwischen Sängern und denen, die "fürs Ganze" verantwortlich sind, ist immer wieder aufgeflammt, nur waren das eben früher meistens die Komponisten, die mit Sängern aneinandergerieten. Irgendjemand muss sich letztlich unterordnen (schon von Händel, Gluck, Mozart sind entsprechende Anekdoten überliefert). Von einem massiv übergewichtigen und entsprechend unbeweglichen Sänger wäre es dumm, Turnübungen zu verlangen. Dagegen hat zB Henschel als Don Giovanni mit Rumgeturne die Virilität des Characters noch mal besonders hervorgehoben.


    Allerdings ging es in dem Fall, der ganz oben erwähnt wird, ja gar nicht um diese Auseinandersetzung. Sonder um vielleicht überzogene Ansprüche der Rezensenten an die Passgenauigkeit einer Rollenbesetzung und beleidigende Sprache bei der Beschreibung der Sängerin.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zur Rubrikeingangsfrage: "Muss ein Sänger schön sein?" - Nein, natürlich nicht! Ein Model muss schön sein und ist genau dafür da bzw. engagiert. Ein Sänger singt und muss daher schön (und/oder ausdrucksvoll) singen können! Natürlich gibt es "Fächer", bei denen Schönheit hilfreich und förderlich ist - wie es andere Fächer gibt (z.B. das Charakterfach), wo das eher hinderlich ist: ein schöner Alberich und ein schöner Ochs führen eine Handlung nicht weniger ad absurdum als ein übermäßig hässlicher Liebhaber das täte - dafür ist aber auch die Maske zuständig.
    Aber ein nicht schön aussehender Tristan? Warum nicht? Weiß jemand, die Tristan ausgesehen hat? Vermutlich nicht, wie auf den idealisierten Gemälden...
    Und haben nur schöne Menschen Liebesempfindungen und Liebeserlebnisse? Ich denke nicht...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Deswegen ist die Forderung, dass das fiktive Alter der dramatischen Person mit dem realen Alter des Akteurs übereinstimmen soll keine, die sich in der Realität tatsächlich umsetzen läßt.


    Schöne Grüße
    Holger


    Diese Forderung habe ich nie aufgestellt. Ich habe nur gesagt, dass die Rollendistanz nicht allzu groß sein sollte. Und ob die Kozena jetzt wie 40 oder 50 aussieht, darauf müsst ihr auch nicht weiter herumhacken, für mich ist die Rollendistanz zur Mélisande in jedem Fall zu groß. Und das ist kein Unsinn, lieber Stimmenliebhaber, wie du in deiner Überlegenheit zu wissen meinst, sondern meine Meinung; und die ist genauso begründet und real wie deine.
    Ich warte immer noch auf die Antwort auf die Frage von Novecento und von mir, dass unpassende Rollenbesetzungen kein Regietheater ist. Und damit wir von Mélisande wegkommen: Johan Botha als Parsifal und Luciano Pavarotti als Rodolfo ist groteske Oper, also das, was das RT auch sein will.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Nein, muss er/sie natürlich nicht. Oper ist Musiktheater. Und Theater lebt von der Illusion, nicht von der Abbildung der Realität. Dafür ist der Film dar. Jared Leto nimmt 30 kg zu, wenn er den Mörder von John Lennon gibt und 12 kg ab, wenn er einen aidskranken Transvestiten spielt (wie gerade oscarprämiert in Dallas Buyers Club). Auf der Bühne braucht es das nicht. Dort muss keine 20-jährige die Melisande singen, sondern es muss die "Illusion" erzeugt werden, dass eine 20-jährige singt. Dafür ist in erster Linie der Regisseur zuständig. Kann er das nicht, sollte er das Handwerk wechseln. Problematisch ist natürlich, dass sich inzwischen sehr viele die Oper als Film reinziehen und nicht im Theater. Ich mach das nicht. :no:

  • Dort muss keine 20-jährige die Melisande singen, sondern es muss die "Illusion" erzeugt werden, dass eine 20-jährige singt. Dafür ist in erster Linie der Regisseur zuständig. Kann er das nicht, sollte er das Handwerk wechseln. Problematisch ist natürlich, dass sich inzwischen sehr viele die Oper als Film reinziehen und nicht im Theater. Ich mach das nicht. :no:


    Gut formuliert, dem würde ich durchaus zustimmen. Aber es gibt Grenzen.
    Ich sitze in der Oper auch nie vorne, etwa im Orchestersessel. Das nicht nur wegen des Preises, sondern vor allem wegen des von lutgra benannten Unterschiedes von Film und Oper. Außerdem sehe ich immer gerne dem Orchester zu! Besonders schön ist es dabei, wenn man beobachten kann, dass die Dirigenten da nicht so herumturnen wie bei einem Konzert. Man sieht sie halt nicht.

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  • Und ob die Kozena jetzt wie 40 oder 50 aussieht, darauf müsst ihr auch nicht weiter herumhacken, für mich ist die Rollendistanz zur Mélisande in jedem Fall zu groß. Und das ist kein Unsinn, lieber Stimmenliebhaber, wie du in deiner Überlegenheit zu wissen meinst, sondern meine Meinung; und die ist genauso begründet und real wie deine.

    Sie war damals Mitte 30 und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in Paris so "zurechtgemacht" wurde, dass sie wie 50 aussah. Ich hatte sie 2008 in Berlin und da sah sie ganz normal aus, so wie alle Rollenvorgängerinnen in dieser Inszenierung auch und nicht ein Mü älter.



    Ebenso der Berliner Octavian am gleichen Haus ein Jahr später (Kozena in der Mitte):




    An der MET sah sie als Mélisande so aus:




    Wirklich alles völlig inakzeptabel! :hahahaha:



    hatten wir das alles nicht schon? Müssen Sänger dick sein?


    Das ist der aktuelle Stein des Anstoßens:


    Unfassbar, dass das der Stein des Anstoßes gewesen sein soll!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"


  • Ich kenne sie nur als Pariser Mélisande, da war sie mir (!!) zu alt. Wie sie hier auf dem Bild gezeigt wird, würde ich sie absolut akzeptieren; sie sieht sogar richtig toll aus. Das liegt daran, dass hier auf dem Bild die Rollendistanz relativ klein ist, und darauf kommt es mir an!

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  • Unfassbar, dass das der Stein des Anstoßes gewesen sein soll!


    Ich kann nachvollziehen, dass den Rezensenten die Sängerin zu "weiblich" für die Hosenrolle vorkommt. Aber das rechtfertigt natürlich nicht "ein Bündel Babyspeck" o.Ä. und ist in jedem Falle korinthenkackerisch, wobei, wie aus den anderen Bildern hervorgeht, sowohl Sophie als auch Marschallin sehr schlank und ungewöhnlich hübsch sind, was zu dem Urteil beigetragen haben mag.


    Der Tenor der Kommentatoren bei Lebrecht bzw. Alice Coote war ja auch durchweg Sympathie für die Sängerin und Zorn auf die Rezensenten.

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  • Aber als Rezensent und auch als Zuschauer weiss ich doch das die Hosenrollen von Frauen gesungen werden die lediglich Männerrollen darstellen sollen . Wieso ist eigentlich noch kein RT Regisseur auf die Idee gekommen , das den Oktavian oder Cherubino ein Tenor singt :) .

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  • Selbstverständlich sollte eine Sängerin oder ein Sänger eine passable Bühnenerscheinung haben. Allerdings habe ich den Eindruck, dass der Schönheits- und Schlankheitswahn auch die Opernszene erfasst hat. Bei der Betreuung eines jungen Solistenensembles von einem Opernstudio fiel mir auf, dass die jungen Damen - Sopran und Mezzo - fast nichts aßen. Beide superschlank und geschätzte 50 -55 Kilo bei Größen um 1.70. Bei der Frage, warum sie so spartanisch essen würden, kam von beiden wie aus der Pistole geschossen die Antwort: "Weil wir in keinem Fall zunehmen dürfen, sonst sind wir bei jedem Vorsingen von vorne herein unten durch. Äußerlichkeiten vor Stimme, schauspielerischer Begabung und Ausstrahlung- kann das richtig sein?


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Aber als Rezensent und auch als Zuschauer weiss ich doch das die Hosenrollen von Frauen gesungen werden die lediglich Männerrollen darstellen sollen . Wieso ist eigentlich noch kein RT Regisseur auf die Idee gekommen , das den Oktavian oder Cherubino ein Tenor singt :) .

    Weil - im Gegensatz zur Szene - die Musik (noch) als "heilig" gilt! ;)


    ABER: Im Falle Cherubinos gab es in einer Verfilmung tatsächlich mal einen männlichen Darsteller: Defa 1949
    Die Herren Ahlersmeyer und Domgraf-Fassbaender duften als nahezu einzige singen und spielen, die Damen Lenmitz und (Erna) Berger durften nur singen, während junge hübsche Schauspielerinnen für sie spielten, die Mezzosopranistin Anneliese Müller durfte den Cherubino ebenfalls nur singen, wärhrend ein fescher Jüngling ihn spielte - die perfekte Illusion!?! ;)


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich kann nachvollziehen, dass den Rezensenten die Sängerin zu "weiblich" für die Hosenrolle vorkommt.

    Ich habe eher ein Problem mit der Frisur als mit der Figur. :D


    Ich würde auch eher den Regisseur ausbuhen, denn für das abgeschmackte hässliche Bühnenbild und die unmöglichen Kostüme ist er ja wohl verantwortlich.

  • Mahlers Lied vom himmlischen Leben (Schluß der 4. Symphonie) soll eigentlich ein Kind singen - Bernstein besetzt die Gesangspartie deshalb mit einer Knabenstimme. Doch die ist mit der anspruchsvollen Gesangspartie im Grunde überfordert - die verlangt eine stimmlich potente reife Frau. Dieser Widerspruch ist einfach nicht zu lösen


    Lieber Holger,
    das kann man so sehen – man kann es aber auch ganz anders sehen (und wie hat es Mahler gesehen?).


    Das himmlische Leben (so es eines gibt) ist mit dem irdischen nicht vergleichbar, wir kennen es nicht, es ist uns völlig unbekannt. Nun kann ja etwas Unbekanntes nicht mit etwas Bekanntem verdeutlicht werden – aber es kann mit einer in einer großen Sinfonie gewöhnlich nicht vorkommenden Stimme angedeutet werden – was geht da besser als ein „unschuldiger“ Knabensopran, der deshalb auch mit der stimmlichen Anforderung überfordert sein darf – und damit ein Weniges ausdrückt, was eigentlich unausdrückbar ist.


    Viele Grüße
    zweiterbass


    Nachsatz: Zu der Diskrepanz zwischen Isoldes Jugend und dem Text, den ihr Wagner „zumutet“ – „da liegt der Hund begraben“ für eine optisch und stimmlich stimmige Interpretation. (Zu den Gründen für diesen "Fehler" möchte ich mich aber hier nicht auslassen.)

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Dame Kiri Te Kanawa hat ebenfalls die unvorteilhaften Kostüme verantwortlich gemacht. Die Kritiken haben einen ziemlichen Sturm im Wasserglas ausgelöst...

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  • das kann man so sehen – man kann es aber auch ganz anders sehen (und wie hat es Mahler gesehen?).


    Das himmlische Leben (so es eines gibt) ist mit dem irdischen nicht vergleichbar, wir kennen es nicht, es ist uns völlig unbekannt. Nun kann ja etwas Unbekanntes nicht mit etwas Bekanntem verdeutlicht werden – aber es kann mit einer in einer großen Sinfonie gewöhnlich nicht vorkommenden Stimme angedeutet werden – was geht da besser als ein „unschuldiger“ Knabensopran, der deshalb auch mit der stimmlichen Anforderung überfordert sein darf – und damit ein Weniges ausdrückt, was eigentlich unausdrückbar ist.

    Der Text, lieber Horst, stammt aus Das Knaben Wunderhorn. Der Titel dagegen von Mahler und korrespondiert mit Das irdische Leben. Dort verhungert ein Kind. Hier malt sich der Hunger sehr anthropomorph ein Bild vom Paradies aus, wo es vor allem reichlich zu Essen gibt - ein Wunschtraum, der in der Fiktion Wirklichkeit wird. Das alles ist also sehr handgreiflich und wenig geheimnisvoll. Mahler fordert nicht eine Knabenstimme, auf die Idee ist Bernstein gekommen; er erläutert aber den Traum vom himmlischen Leben damit, dass letztlich das Kind erklärt, wie es mit der Welt eigentlich gemeint sei. Die Stimme muß also etwas Unschuldiges und Knabenhaftes haben, darf keineswegs wie eine Opernarie klingen.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Die Stimme muß also etwas Unschuldiges und Knabenhaftes haben, darf keineswegs wie eine Opernarie klingen.


    Schöne Grüße
    Holger



    Das ist der entscheidende Punkt in dieser Sinfonie. Ich gehe sogar noch weiter: bei einer Aufnahme von Mahlers 4. höre ich immer zuerst den 4. Satz. Wenn die Sopranistin nicht den von Holger genannten Kriterien entspricht, lege ich mir diese Aufnahme nicht zu, da der Dirigent es nicht vermocht hat, die richtige Sängerin zu finden; und das verlange ich besonders von berühmten Dirigenten.
    Ideale Sängerinnen für dieses Stück sind für mich Lucia Popp, Helen Donath und Ruth Ziesack. Die anderen nenne ich jetzt mal nicht.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Das ist der entscheidende Punkt in dieser Sinfonie. Ich gehe sogar noch weiter: bei einer Aufnahme von Mahlers 4. höre ich immer zuerst den 4. Satz. Wenn die Sopranistin nicht den von Holger genannten Kriterien entspricht, lege ich mir diese Aufnahme nicht zu, da der Dirigent es nicht vermocht hat, die richtige Sängerin zu finden; und das verlange ich besonders von berühmten Dirigenten.
    Ideale Sängerinnen für dieses Stück sind für mich Lucia Popp, Helen Donath und Ruth Ziesack. Die anderen nenne ich jetzt mal nicht.

    Die amerikanische Sopranistin Laura Claycomb trifft diesen Ton perfekt, ihr Stimme hat sogar ein etwas knabenhaftes Timbre.


  • Die amerikanische Sopranistin Laura Claycomb trifft diesen Ton perfekt, ihr Stimme hat sogar ein etwas knabenhaftes Timbre.


    Danke für den Tip, lieber lutrgra! Die CD schreibe ich direkt auf meine Wunschliste! :)


    Herzlich grüßend
    Holger

  • Da schließe ich mich sofort an! Vor allem, da ich auch Michael Tilson Thomas, den ich mit seinem Orchester zwei Mal erlebt habe, sehr schätze!

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

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  • Die amerikanische Sopranistin Laura Claycomb trifft diesen Ton perfekt, ihr Stimme hat sogar ein etwas knabenhaftes Timbre.


    Und kann man auch etwas verstehen? In einem Auftritt von Laura Claycomb als Zerbinetta von 2013 - bei Youtube dokumentiert - ist kein einziges Wort zu verstehen. Also habe da ich da gewisse Zweifel. Viele Aufnahmen der vokalen Sinfonien von Mahler kranken etwas an der Wortdeutlichkeit. Was da alles zusammen gesungen wird. Mahler, der Perfektionist, der als Direktor der Wiener Staatsoper selbst mit ausgewiesenen Weltstars gegen deren Willen stundenlang an einer einzigen Arie probte, würde sich im Grabe umdrehen. Für mich sind nur solche Aufnahmen akzeptabel, in denen den Worten die gleiche Bedeutung beigemessen wird wie den Noten. Den Ton genau zu treffen, genügt mir nicht. Und ein knabenhaftes Timbre auch nicht. Lieber lutgra, könntest Du bitte noch ein, zwei Bemerkungen nachlegen?


    Danke und Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es gibt andere faktoren die in der Oper ausschlaggebend sind.
    Da wären der Gesang und Darstellung der Charaktere. Dafür muss man kein Topmodell sein!

  • Es gibt andere faktoren die in der Oper ausschlaggebend sind.
    Da wären der Gesang und Darstellung der Charaktere. Dafür muss man kein Topmodell sein!

    So kurz und präzise kann man eine lange Diskussion auf den Punkt bringen! :jubel:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • "Die Oper muss zu Tränen rühren, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen. Und er meinte ganz gewiss nicht, dass die Regie und von der Regie als optisch geeignet angesehene Sänger uns schaudern lassen, nach dem Motto "Egal wie gesungen wird, hauptsache er/sie sieht gut aus oder passt zum Konzept". Insofern stimme ich Stimmenliebhaber absolut zu.

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Die Oper muss zu Tränen rühren, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen. Und er meinte ganz gewiss nicht, dass die Regie und von der Regie als optisch geeignet angesehene Sänger uns schaudern lassen, nach dem Motto "Egal wie gesungen wird, hauptsache er/sie sieht gut aus oder passt zum Konzept".


    Und die Oper muss glaubhaft sein auf der Bühne, nur dann kann sie vermitteln, was Du von dieser Kunstgattung erwartest. Heutzutage macht Oper meist durch wüste Inszenierungen schaudern. :(


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Es gibt andere faktoren die in der Oper ausschlaggebend sind.
    Da wären der Gesang und Darstellung der Charaktere. Dafür muss man kein Topmodell sein!


    Hallo,
    die Optik darf aber nicht ganz vernachlässigt werden. Beispiele:
    Ein verunstalteter Zwerg kann Tristan nicht glaubhaft rüber bringen,
    genauso wenig ein feistes Weib die Pamina,
    und den Titurel mit einem kraftstrotzenden Frauenheld zu besetzen?
    Ob die Eva in Meistersinger eine jugendliche Schönheit sein muss? – für mich eher eine sitzen gebliebene Jungfer, die an dem Mann gebracht werden muss.


    Anders ausgedrückt: Im Idealfall muss der/die Sänger/in die stimmlichen Anforderungen der Rolle sehr gut erfüllen können, muss darstellerisch und optisch der Rolle nicht widersprechen dürfen und muss schauspielerisch sich in den Rollencharakter einfühlen und umsetzen können.


    Aber wann gibt es schon den Idealfall (noch dazu für alle „Konsumenten“)?


    Viele Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • die Optik darf aber nicht ganz vernachlässigt werden.

    Das hat "Marco" in seinem Statement nicht gemacht:

    Darstellung der Charaktere.


    Nun zu deinen angeführten Beispielen:

    Ein verunstalteter Zwerg kann Tristan nicht glaubhaft rüber bringen,

    Ich habe Tristan eindrucksvoll gesungen und gespielt erlebt von einem sehr kleinen, schmächtigen Mann, der nach ersten Schlaganfällen schon ein Bein etwas nachzog. Der "Zwerg" hieß Heinz Kruse.


    Verdi war im Übrigens der Meinung, dass ein buckliger Krüppel (Rigoletto) sehr schöne und edle Arien singen kann.



    und den Titurel mit einem kraftstrotzenden Frauenheld zu besetzen?

    Was der Sänger des Titurel in seiner Freizeit macht, ist unerheblich, auf der Bühne hat er laut Wagners Regieanweisungen eh nichts verloren, sondern aus dem Off zu singen.



    Ob die Eva in Meistersinger eine jugendliche Schönheit sein muss? – für mich eher eine sitzen gebliebene Jungfer, die an dem Mann gebracht werden muss.

    Für Stolzing offenbar nicht, sonst würde er wohl schreiend Reißaus nehmen, anstatt sich geradezu zwanghaft in Eva zu verlieben...



    Unabhängig von der aufgezeigten Unstimmigkeit der Beispiele bleibt für mich ein wesentlicher Grundsatz, dass die darstellerische Erfassung und Erfüllung einer Rolle nur sekundär mit der Optik zu tun hat. Ein optisch an und für sich weniger geeigneter Darsteller kan eine Rolle trotzdem überzeugender spielen als jemand, der von den natürlichen Voraussetzungen dafür geeigneter ist.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Schönheit ist ein dehnbarer Begriff. Wer definiert überhaupt was schön ist?


    Ich finde auch, dass der Sänger zu der Rolle passen muss. Das heißt für mich glaubhaft in der Darstellung und natürlich im Gesang. Hier sind alle gefragt. Der/die SängerIn, die eine Rolle nur annehmen, wenn sie sich dieser gewachsen fühlen in Darstellung und vom sängerischen Können. Der Regisseur, der auswählt, dass der/die SängerIn zu seiner Inszenierung passt und dass er seine Ideen mitträgt und umsetzten kann. Da gehört auch die Maske und das Kostüm dazu, die dem/der SängerIn ermöglichen in seiner Rolle aufzugehen und sie dem Publikum glaubhaft darzustellen.


    Bartolifan

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