Teodor Currentzis, Exzentriker aus Griechenland

  • Ich habe gestern Teile des ersten Satzes gehört - und bin eingeschlafen. Er dirigiert Mahler seriös - das muss man sagen. Das ist ein gutes, aber kein außergewöhnliches Niveau. Da gibt es sehr viele andere Aufnahmen, die deutlich mehr zu sagen haben.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Er dirigiert Mahler seriös - das muss man sagen.

    Genau darum geht es. Interpretatorisch kann man vieles so oder so sehen (vgl. den Thread zur RBB Blindverkostung), aber dieses Konzert beweist auf alle Fälle, dass der Vorwurf, er sei lediglich ein Scharlatan, grober Unfug ist!


    (Gerade "Blindverkostung" wäre in diesem Falle mal ganz interessant gewesen, weil die Urteiler mancher Konsumenten, wenn sie den Künstlernamen hören, ja schon vorher feststehen.)


    Ich habe gestern Teile des ersten Satzes gehört - und bin eingeschlafen.

    Wie seriös oder unseriös es ist, auf dieser Basis die Komplettinterpretation einer gesamten Sinfonie zu beurtelen, möge jeder slebst entscheiden...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Genau darum geht es. Interpretatorisch kann man vieles so oder so sehen (vgl. den Thread zur RBB Blindverkostung), aber dieses Konzert beweist auf alle Fälle, dass der Vorwurf, er sei lediglich ein Scharlatan, grober Unfug ist!

    Die Frage ist, wie Jemand es schafft, eine Interpretation zu geben, die sich aus der großen Masse heraushebt. Die wirklich großen Interpreten können das, ohne durch Effekthascherei Aufsehen zu erregen. Bei Beethoven etc. hat Currentzis allein dadurch Aufsehen erregt, dass er die Musik durch Effekte aufgepeppt hat. Das hat ihn "berühmt" gemacht - weil es eben "anders" ist und sich gut vermarkten lässt. Bei Mahler macht er es nicht - und entsprechend ist das Ergebnis nicht besonders bemerkenswert. Also entweder bietet er den vordergründigen Effekt oder Langeweile. Da stellt sich dann die Frage nach der Substanz. Die will ich jetzt gar nicht beantworten, weil sie auf dieser Grundlage auch gar nicht zu beantworten ist.


    Schöne Grüße

    Holger

  • ohne durch Effekthascherei Aufsehen zu erregen

    Genau die ihm immer wieder vorgeworfene Effekhascherei ist hier definitiv nicht der Fall, da beißt die Maus keinen Faden ab.

    Also entweder bietet er den vordergründigen Effekt oder Langeweile.

    Da wirst du Opfer deiner eigenen Vorturteile. Sowohl "La Roche" als auch ich haben damals die Fernsehübertragung in 3Sat gesehen und waren unabhängig voneinander beide begeistert. Natürlich können wir in unserem Urteilen nicht mit einem Unfehlbaren mithalten, dem "Teile des ersten Satzes" ausreichen, um das viel besser beurteilen zu können... :no:


    "sic tacuisses philosophus mansisses" :!:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Da wirst du Opfer deiner eigenen Vorturteile. Sowohl "La Roche" als auch ich haben damals die Fernsehübertragung in 3Sat gesehen und waren unabhängig voneinander beide begeistert.

    Das ist doch schön! Jeder hat ein Recht auf ein eigenes Urteil. Meines ist: Ich finde, dass ihm ein wirklich tieferes Verständnis für Mahler fehlt. Ich habe nicht das Gefühl, dass er wirklich weiß, worum es in Satz 1 geht. Ich könnte jetzt ein halbes Dutzend - sehr unterschiedliche - Aufnahmen nennen und sagen, was sie besonders macht. Bei Currentzis fällt mir da bezeichnend nichts ein. Wenn Du Probleme damit hast, dass ich Deine Begeisterung nicht teile, ist das Deine Sache. Seit wann beansprucht man Unfehlbarkeit, wenn man sein Urteil kundgibt? Und ja - über Mahler weiß ich ziemlich viel und vielleicht mehr, als die meisten Anderen. Mit Deinen Ressentiments, die Du deswegen vielleicht hast, muss ich mich aber nicht beschäftigen! :D


    Schöne Grüße

    Holger

  • Zitat von Dr. Holger Kaletha

    Und ja - über Mahler weiß ich ziemlich viel und vielleicht mehr, als die meisten Anderen.

    Deine Überheblichkeit kennt ja keine Grenzen, einfach ekelhaft! :thumbdown:


    Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Jeder hat ein Recht auf ein eigenes Urteil.

    Absolut! Völlig einverstanden! :thumbup:


    Gerade deshalb fällt es mir freilich so schwer zu verstehen, warum du hier einige Dirigenten und Instrumantlsolisten immer so pauschal abqualifizierst mit einer Aura des Quasi-Objektiven, dass es eigentlich gar nicht anders sein könne. Currentzis ist da nur ein Fall von mehreren.

    Meines ist: Ich finde, dass ihm ein wirklich tieferes Verständnis für Mahler fehlt.

    Ich habe die Interpretation damals sehr konzetriert von ersten bis zum letzten Ton verfolgt und komme zu einem völlig anderen Urteil als du, der nur "Teile des ersten Satzes gehört hat" und dann angeblich eingeschlafen ist - und der sich nicht entblödet hat, das hier auch noch zu schreiben!

    Ich habe nicht das Gefühl, dass er wirklich weiß, worum es in Satz 1 geht.

    Du hattest dieses "Gefühl" ganz sicher schon, bevor du den ersten Ton der "Teile des ersten Satzes" gehört hast. Ich hingegen finde bei Currentzis auch vieles befremdlich - und war dann positiv überrascht, wie ernsthaft er hier musizierte und wie nahe er dabei an den bei Mahler ja sehr konkreten interpretatorischen Vorgaben war. Das schätze ich weit mehr als bei anderen Dirigenten, die sich um Mahlers Interpretationsvorgaben wenig bis gar nicht scheren.

    Wenn Du Probleme damit hast, dass ich Deine Begeisterung nicht teile, ist das Deine Sache.

    Nein, die habe ich gar nicht. Ich habe nur ein Problem damit, dass jemand glaubt, dass er es besser beurteien kann, wenn er nur "Teile des ersten Satzes" hört, dann (angeblich) einschläft und sich so wonniglich in seinen eigenen Vorurteilen suhlt - das ist zwar völlig legitim, aber es ist doch ein bisschen peinlich, das hier auszuposaunen.

    Seit wann beansprucht man Unfehlbarkeit, wenn man sein Urteil kundgibt?

    Wenn man sein Urteil kundgibt auf dieser schon beschriebenen dünnen Grundlage der Rezeption.


    Und übrgens ebenso, wenn man einen Dirigenten für seine eigene Müdigkeit verantwortlich macht. Wenn in einem Konzert ein Dirigent eine Sinfonie dirigiert und von 1000 Zuhöreren schlafen drei dabei ein, ist möglicherweise nicht der Dirigent Schuld...

    Und ja - über Mahler weiß ich ziemlich viel und vielleicht mehr, als die meisten Anderen.

    :D

    Mit Deinen Ressentiments, die Du deswegen vielleicht hast, muss ich mich aber nicht beschäftigen!

    Nein, das musst du nicht, stelle das nur weiter so aus, dass du dich für den allergrößten Kenner hältst - und schreibe die Grundlagen dieser Kenntnis am besten gleich immer noch so eindrucksvoll dazu! :hahahaha::hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Deine Überheblichkeit kennt ja keine Grenzen, einfach ekelhaft!

    Hast Du Mahlers Briefe gelesen? Oder die Aufzeichnungen von Natalie Bauer-Lechner? Kennst Du die biographischen Zusammenhänge oder Mahlers diverse Programmentwürfe? Kennst Du die umfangreiche musikwissenschaftliche Literatur? Natürlich fließt all das in mein Urteil ein. Aber nicht nur das. Mit Mahler und den Interpretationen speziell auch der 3. Symphonie beschäftige ich mich schon seit Jahrzehnten. Wieso hast Du damit ein Problem? Davon habe ich zudem überhaupt nichts geschrieben, sondern lediglich, dass mich Currentzis spontan nicht besonders begeistert hat. Es ist einfach nur lächerlich, da alles Mögliche hineinzuprojizieren.

    Du hattest dieses "Gefühl" ganz sicher schon, bevor du den ersten Ton der "Teile des ersten Satzes" gehört hast.

    Wie soll ich das haben? :no: Du unterstellst einfach mal etwas, weil Du ein Problem mit meiner Person hast.


    Und: Die 3. Symphonie Mahlers ist ziemlich lang. Wenn ich mir die Zeit nehme, so eine Aufnahme komplett durchzuhören, muss bei mir irgendwie der Funke rüberspringen. Und der ist bei mir hier leider nicht übergesprungen. In Satz 2 habe ich reingehört und auch in Satz 3. Das fand ich wahrlich nicht schlecht. Aber ein Bernard Haitink mit dem Chicago SO z.B. hat da einfach das gewisse Quäntchen mehr zu bieten, was eine wirkliche Spitzenaufnahme ausmacht.


    Das schätze ich weit mehr als bei anderen Dirigenten, die sich um Mahlers Interpretationsvorgaben wenig bis gar nicht scheren.

    Kannst Du mal sagen, wen Du konkret meinst - oder ist das etwa nur mal so daher gesagt?


    Schöne Grüße

    Holger

  • Zitat

    Hast Du Mahlers Briefe gelesen? Oder die Aufzeichnungen von Natalie Bauer-Lechner? Kennst Du die biographischen Zusammenhänge oder Mahlers diverse Programmentwürfe? Kennst Du die umfangreiche musikwissenschaftliche Literatur? Natürlich fließt all das in mein Urteil ein. Aber nicht nur das. Mit Mahler und den Interpretationen speziell auch der 3. Symphonie beschäftige ich mich schon seit Jahrzehnten. Wieso hast Du damit ein Problem? Davon habe ich zudem überhaupt nichts geschrieben, sondern lediglich, dass mich Currentzis spontan nicht besonders begeistert hat. Es ist einfach nur lächerlich, da alles Mögliche hineinzuprojizieren.

    Ich glaube das hatte ich schon vor dir gelesen, und mit Mahler beschäftige ich mich seit über 30Jahren!

    Du musst nicht immer die anderen für doof hinstellen, nur weil du einen Dr.Titel hast!

    Etwas Bescheidenheit würde dir ganz gut tun!


    Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Wie soll ich das haben? :no: Du unterstellst einfach mal etwas, weil Du ein Problem mit meiner Person hast.

    Ich habe kein Problem mit deiner Person, sondern mit deinen Argumentationsmustern, die du hier immer wieder ausstellst. Lang Lang kann nicht einfühlsam interpretieren, das weißt du schon, bevor du (wenn überhaupt) die nächste Aufnahme hörst, wo es ja theoretisch anders sein könnte. Und im Falle von Currentzis hast du ihn in diesem Forum mehrfach als Blender gebradmarkt (was bei einigen Interpretationen und dem dazugehörogen Gehabe, das mir auch nicht gefällt) ja zutreffend sein mag, aber wenn ich dann auf eine Interpretation verweise, in welcher er definitiv nicht als Blender auftritt, sondern - wie du selbst einräumst - sehr "seriös" musiziert, dann muss es natürlich langweilig sein, weil sonst dein negatives (Vor-) Urteil über ihn ins Wanken geraten würde.


    Und wenn man dann noch zugibt, nur "Teile des 1. Satzes" gehört zu haben und sich dann auf dieser Grrundlage zu Urteilen versteigt, dann ist das einfach wahnsinnig dünne!

    Kannst Du mal sagen, wen Du konkret meinst - oder ist das etwa nur mal so daher gesagt?

    Hast du mal die Partitur eine Mahler-Sifnonie in der Hand gehabt? Dann müsstest du eigentlich wissen, was ich meine, weil da sehr akribisch viele Vortragsanweisungen in Wort und Schrift stehen, was bei vielen anderen Komponisten nicht der Fall ist, schon gar nicht in dieser Ausführlichkeit. Kaum ein anderer Komponist hat die Zeitmaße so konkret festgelegt usw. wie eben Mahler! Und ja, es gibt Dirigenten, die sich mehr um Mahlers Interpretationvorschriften kümmern (z.B. V. Neumann, Boulez, Gielen und in diesem Falle eben auch Currentzis) udn andere, die damit SEHR frei umgehen (z.B. Rattle oder - man muss es bei allen historischen Verdiensten leider sagen - Bernstein). Gegenüber einen Mahler von Bernstein oder Rattle empfinde ich diese Dritte von Currentzis als große Wohltat!

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich habe gestern Teile des ersten Satzes gehört - und bin eingeschlafen. Er dirigiert Mahler seriös - das muss man sagen. Das ist ein gutes, aber kein außergewöhnliches Niveau. Da gibt es sehr viele andere Aufnahmen, die deutlich mehr zu sagen haben.


    Etwas Bescheidenheit würde dir ganz gut tun!

    Ich muss nicht Rücksicht auf dumme Vorurteile und Ressentiments nehmen und schon gar nicht auf Mobbing-Versuche gegen meine Person. Oben steht der Ausgangspunkt der "Diskussion" hier. Wer daran etwas auszusetzen hat, der ist nun wirklich nicht bei Trost!

  • Ich muss nicht Rücksicht auf dumme Vorurteile und Ressentiments nehmen

    Was soll das heißen? Wir befinden uns hier in einem Kulturforum. Diese ewige Reviermarkiererei ist in der Evolution lange vor irgendeiner nennenswerten Kultur aufgetaucht. Sie zwingt zu dauernden Kampfverhalten anstelle eines kultivierten Diskurses.


    Aus Wissen folgt nichts, wenn man nicht bereit ist, dass zur Grundlage einer Diskussion zu machen. Und ganz nebenbei geht Mahler sicher nicht davon aus, dass man seinen Briefwechsel liest, um seine Sinfonien zu goutieren ...

  • Ich habe gestern Teile des ersten Satzes gehört - und bin eingeschlafen. Er dirigiert Mahler seriös - das muss man sagen. Das ist ein gutes, aber kein außergewöhnliches Niveau. Da gibt es sehr viele andere Aufnahmen, die deutlich mehr zu sagen haben.

    Ja, das war der Ausgangspunkt - eigentlich war es noch davor mein Dank an "Orfeo", dass er die von mir aus sehr positiv empfundene Aufnahme von Mahlers 3. hier zugänglich gemacht hat. Danach kam dann dein gerade nochmal zitierter Beitrag.


    Hast du von diesen SEHR VIELEN anderen Aufnahmen, die dir deutlich mehr zu sagen haben, auch nur "Teile des ertsen Satzes" gehört???


    Wenn du nicht begreifen willst oder kannst, dass diese Grundlage für ein Urteil, das andere ernst nehmen können, viel zu dünne ist, dann ist dir echt nicht zu helfen und du darfst dich über Reaktioen wie die von "Fiesco" wirklich nicht wundern!


    Hättest du die Sinfonie komplett gehört und dann geurteilt, hätte man dieses Urteil zumindest ernst nehmen können. Aber so...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Was soll das heißen? Wir befinden uns hier in einem Kulturforum. Diese ewige Reviermarkiererei ist in der Evolution lange vor irgendeiner nennenswerten Kultur aufgetaucht. Sie zwingt zu dauernden Kampfverhalten anstelle eines kultivierten Diskurses.

    Die Reviermarken haben hier andere gesetzt. Ich habe nur spontan eine Meinung gepostet. Und ich bin nicht verpflichtet - so wenig wie jeder Andere hier auch - mich dafür irgendwie zu rechtfertigen. Das alles ist schlicht absurdes Theater.

    Aus Wissen folgt nichts, wenn man nicht bereit ist, dass zur Grundlage einer Diskussion zu machen. Und ganz nebenbei geht Mahler sicher nicht davon aus, das man seinen Briefwechsel liest, um seine Sinfonien zu goutieren ...

    Auch das ist absurd. Hier in diesem Thread geht es nicht um einen detaillierten Interpretationsvergleich in Sachen Mahler 3. Ich habe mir lediglich die Frechheit herausgenommen, spontan meine Meinung zu äußern, die von der von einigen Anderen hier offensichtlich abweicht (was mich in dem Moment, als ich das schrieb, gar nicht interessiert hat!). Wenn mir dann das Recht dazu abgesprochen wird und diverse Unterstellungen gemacht werden, ich sei arrogant und "vorurteilsbelastet", habe ich nunmal auch das Recht zu sagen, dass ich aufgrund meiner Vorkenntnisse schon eine gewisse Urteilsfähigkeit habe, die ich mir auch nicht absprechen lasse wegen offensichtlicher ziemlich dümmlicher Ressentiments von gewissen Leuten! Es ist immer wieder interessant, wie unerwünscht Bildung selbst in einem Forum ist, das eigentlich für Gebildete da sein sollte.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Es ist immer wieder interessant, wie unerwünscht Bildung selbst in einem Forum ist, das eigentlich für Gebildete da sein sollte.

    Solche "Bildung" und solche "Gebildete"?

    Ich habe gestern Teile des ersten Satzes gehört - und bin eingeschlafen.

    Da kann man wirklich nur noch sagen:

    Das alles ist schlicht absurdes Theater.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • habe ich nunmal auch das Recht zu sagen, dass ich aufgrund meiner Vorkenntnisse schon eine gewisse Urteilsfähigkeit habe, die ich mir auch nicht absprechen lasse wegen offensichtlicher ziemlich dümmlicher Ressentiments von gewissen Leuten! Es ist immer wieder interessant, wie unerwünscht Bildung selbst in einem Forum ist, das eigentlich für Gebildete da sein sollte.

    Natürlich hast Du das Recht so etwas zu sagen. Das bezweifelt überhaupt keiner.


    Meiner Meinung nach ist Bildung allerdings keine Waffe, um andere mundtot zu machen. Wenn es nicht so gemeint sein sollte, kommt es leider doch manchmal missverständlich 'rüber.


    Ein zweiter Aspekt der Bildung ist für mich auch der Ton einer Konversation. Die Meinung anderer als "dumme Vorurteile und Ressentiments" darzustellen sprengt für mich den guten Ton. Für mich gibt es jedenfalls in der Diskussion zu Currentzis nichts, was diese Betitelung erforderte.


    Ich habe den Eindruck, dass wir hier in diesem Forum eine Menge gebildeter Leute finden. Nicht jeder trägt seine Bildung als Logo auf der Wäsche, aber verboten ist das natürlich auch nicht. Es ist, wie so vieles, eben eine Geschmackssache.


    Ich würde mich auf jeden Fall sehr freuen, wenn wir im Ton wieder zu einer gehobenen Konversation zurückfänden, die sich auf das Thema bezöge.

  • Und ganz nebenbei geht Mahler sicher nicht davon aus, das man seinen Briefwechsel liest, um seine Sinfonien zu goutieren

    So ist es. Ich gehe in ein Mahler-Konzert, weil mir die Musik emotional und klanglich zusagt, weil sie mir etwas gibt, und nicht um philosophische Hintergründe zu verstehen. Genau das ist der Grund, warum ich in meinem Bericht über die 3. Sinfonie mit dem SWR-Orchester Begeisterung gezeigt habe. Ich habe diese Sinfonie 7 oder 8 mal live erlebt, ohne die TV-Erlebnisse , und mein Vergleich beruft sich immer auf musiktechnische Erlebnisse (so hat z.B. in einem Konzert des MDR-Sinfonieorchesters im Gewandhaus der Trompeter den ersten Ton des Solos in der 3. Abteilung verpatzt, während in Weimar beim Abschied von Gert Albrecht der Trompeter aus dem Foyer ein herrliches Solo hinlegte). Philosophisches Verständnis benötige ich dabei nicht, nehme aber gerne zur Kenntnis, daß Dr. Kaletha darin eine andere Sicht hat als ich. Ob er dabei Experte ist oder nicht, das ist mir persönlich egal. Ich behaupte aber, wenn er nur von diesem Standpunkt bei der Beurteilung der Qualität einer Aufführung ausgeht, dann entgeht ihm etwas, nämlich emotionales Empfinden, die Beurteilung durch das Herz und durch das Gefühl. So erlebt beim Gemeinschaftskonzert des Geraer Philharmonischen Orchesters mit dem Sinfonierorchester unserer Partnerstadt Timisoara im Geraer Haus der Kultur. Es war großartig. Beim Konzert in Timisoara konnte ich leider nicht dabei sein.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich möchte mich bei Orfeo (Beitrag 209) für das Bereitstellen des Links zur Aufnahme von Mahlers "Dritter" mit Currentzis als Dirigent bedanken.

    Dies deshalb, weil ich mich schon seit einiger Zeit mit dieser Sinfonie intensiv befasse. Eben gerade mit dem letzten Satz, der ja, seit Adorno hier von einem "Systembruch" sprach, in der Literatur sehr umstritten ist, so dass Jens Malte Fischer anmerken konnte: "Die Interpreten winden sich vor Unbehagen: Ist dieser Satz das Monument eines Scheiterns auf höchstem Niveau, ist es ein Dokument der Zufälligkeit und Beliebigkeit, wirkt es mechanistisch aufgepfropft, weil nach dem Stufenleiterschema nun ein positiver Höhepunkt kommen mußte, da es hier die allumfassende Liebe ist, die spricht? (...) Zu dem ungebärdigen Koloß des ersten Satzes und seiner Exzentrik will das Geglättete und Harmonisierte des letzten Satzes in der Tat nicht so recht sich fügen...". Und Fischer meint, dass "erst das Schluß-Adagio der Neunten die wahre Antwort auf den Kopfsatz der Dritten" sei.


    Und nun glaube ich, was das Thema "Currentzis und Mahler" anbelangt, dank dieser Aufnahme zu neuen Erkenntnissen gelangt zu sein.

  • während in Weimar beim Abschied von Gert Albrecht der Trompeter aus dem Foyer ein herrliches Solo hinlegte

    Korrektur: In Weimar war der andere Albrecht Chefdirigent, also nicht Gerd Albrecht (1935 - 2014), sondern George Alexander Albrecht (1935 - 2021), der Bruder des ehemaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Ernst Albrecht. George Alexander Albrechts Sohn Marc Albrecht ist ebenfalls ein bekannter Dirigent geworden.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Holger Kaletha

    Ich sehe schon, Holger, dass Currentzis hier drin nach wie vor ziemlich unantastbar ist. Als ich ihn bereits vor einigen Jahren kritisierte, ging man dann auch auf mich los und meinte, ich täte dies weil ich ein frustrierter Dirigent wäre :-)

  • Ich kann mich nicht erinnern, dass mich eine Aufführung der 3. Sinfonie von Mahler so ergriffen hat wie diese! Dabei gehöre ich zu denen, die zu Currentzis sehr verhalten stehen. Diesmal hat er mich zutiefst überzeugt. Er hat das Werk sehr klug dimensioniert. Mein von jeher liebster Satz, der dritte, hatte einen für mich unbeschreublichen Zauber. Das Posthorn klang so, wie ich es mir immer vorstelle und nicht immer so höre. Das Zusammenspiel der Bläser war perfekt aufeinander abgestimmt und klang doch sehr frei und leicht. Dabei ist das für die Musiker besonders schwer, wie ich aus berufenem Munde weiß. Überhaupt hat mich das Niveau des Orchesters total überzeugt. Da passte alles. Diesmal habe ich sogar sehr, sehr gern zugeschaut, obwohl ich die bewegten Bilder bei Konserven sonst nicht brauche. Was für ene Ästhetik kam da herüber. Die Kameraleute wussten offenbar auch, was zu tun ist. Sie fingen das Werk optisch sehr gut ein. Orfeo sei Dank, dass er dem Forum diesen Mitschnitt bescherte. Mir war es eine Sternstunde. Ich werde es bald wieder hörten - und sehen. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Meiner Meinung nach ist Bildung allerdings keine Waffe, um andere mundtot zu machen. Wenn es nicht so gemeint sein sollte, kommt es leider doch manchmal missverständlich 'rüber.

    Ich mag nicht, wenn man mir Unterstellungen macht ohne Grund. Wo habe ich hier versucht, Andere mit meiner Bildung mundtot zu machen? Ich habe als Hörer einen Eindruck gepostet und das überhaupt nicht weiter begründet. Dann wurde mir angedichtet, ich würde ja mal wieder "arrogant" meine Bildung hervorkehren. Also bitte Belege bringen. Sonst ist das nämlich nur Polemik.

    Ein zweiter Aspekt der Bildung ist für mich auch der Ton einer Konversation. Die Meinung anderer als "dumme Vorurteile und Ressentiments" darzustellen sprengt für mich den guten Ton. Für mich gibt es jedenfalls in der Diskussion zu Currentzis nichts, was diese Betitelung erforderte.

    Du liest offenbar nicht richtig. Was Du hier behauptest, ist schlicht eine falsche Unterstellung. Ressentiment ist, wenn ich eine Beurteilung abgebe als subjektive Meinung, ohne überhaupt meine Bildung ins Spiel zu bringen, mir das aber unterstellt wird. Wenn meine Aussagen keinen Grund dazu bieten sondern nur die Tatsache, dass ich nunmal zu den Gebildeten gehöre, der Anlass ist, meine Aussagen polemisch bewertet werden, dann ist das ein Symptom für ein Ressentiment.

    Ich habe den Eindruck, dass wir hier in diesem Forum eine Menge gebildeter Leute finden. Nicht jeder trägt seine Bildung als Logo auf der Wäsche, aber verboten ist das natürlich auch nicht. Es ist, wie so vieles, eben eine Geschmackssache.

    Diese dämliche Polemik hättest Du Dir wirklich sparen können!

    So ist es. Ich gehe in ein Mahler-Konzert, weil mir die Musik emotional und klanglich zusagt, weil sie mir etwas gibt, und nicht um philosophische Hintergründe zu verstehen.

    Das ist Dein Zugang - und dagegen habe ich auch nichts. Das habe ich immer gesagt und wiederhole es nochmals.

    Philosophisches Verständnis benötige ich dabei nicht, nehme aber gerne zur Kenntnis, daß Dr. Kaletha darin eine andere Sicht hat als ich. Ob er dabei Experte ist oder nicht, das ist mir persönlich egal. Ich behaupte aber, wenn er nur von diesem Standpunkt bei der Beurteilung der Qualität einer Aufführung ausgeht, dann entgeht ihm etwas, nämlich emotionales Empfinden, die Beurteilung durch das Herz und durch das Gefühl.

    Das Ressentiment beginnt für mich da, wenn Du unterstellst, nur weil ich ein "philosophisches" Verständnis mitbringe, würde meine Art, wie ich diese Symphonie höre, weniger emotional sein. Du unterstellst mir als "Intellektuellen" so etwas wie Gefühlsarmut - nur weil Dir der intellektuelle Horizont fehlt. Dagegen sage ich: Du täuschst Dich: Emotion ist nicht gleich Emotion. Wer die Bedeutung und den Sinn von etwas versteht, der gelangt schließlich auch zu einem tieferen emotionalen Verständnis. Mit Deinem "nur" emotionalen Zugang bleibst Du leider nur an der Oberfläche gerade auch in emotionaler Hinsicht. Das will ich aber gar nicht bewerten. Nur wenn Du meinst, damit meinen Zugang abzuwerten, dann ist das stark Ressentiment verdächtig.

    Ich sehe schon, Holger, dass Currentzis hier drin nach wie vor ziemlich unantastbar ist. Als ich ihn bereits vor einigen Jahren kritisierte, ging man dann auch auf mich los und meinte, ich täte dies weil ich ein frustrierter Dirigent wäre

    Lieber Adriano,


    unmöglich - und zugleich komisch! Currentzis-Fan-Neurose! :D :hello:


    Eigentlich ist diese auch so aufregende "Diskussion" ziemlich befremdlich angesichts dessen, dass in der Ukraine Menschen im Bombenhagel sterben. Wofür also streiten wir eigentlich?


    Traurige Grüße

    Holger

  • Es dürfte schon erlaubt sein, hier eine spezielle Diskussion zu führen, während in der Ukraine gekämpft wird und leider auch Soldaten und Zivile sterben und verletzt werden. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Wir sehen Fernsehbilder, immer wieder ganz neue. Gegenüber früher kommen - je nach TV- Sender- auch ganz private Handyvideos hinzu, oft gar nicht gefiltert (und kaum deutbar).


    Es ist erschütternd, wieviele Frauen, vor allem junge Frauen mit kleinen Kindern, unterwegs sind und nicht wissen wohin, immer nur vorwärts !? Leider zeigt es sich auch, wieviele Menschen völlig nervenschwach sind, und somit hilfsbedürftig. Hilfe aus unserer "Komfortzone" heraus ist möglich und erwünscht (notwendig !). Sie ist finanzieller Art.


    Das wird bedeuten:

    Jeder von uns sollte dreistellig spenden, einige vierstellig ! Die IBANs der grossen Hilfsorganisationen können z.Zt. im Stundentakt auf dem TV- Schirm abgelesen oder hier am Compi in Erfahrung gebracht werden.


    Meine Frau und ich, ein gesundes älteres Ehepaar, können auch ein paar Hundert Kilometer fahren, um für die jungen Familien was zu tun. Sozusagen notfalls.


    Ansonsten bleibt`s dabei:

    finde Currentzis meist interessant, teils aufregend, bin aber auch teilweise reserviert. So what !!!

    (könnte auch mir ihm einschlafen, wenn ich n` schlechten Tag hab)


    Grüsse freundlich und hoffnungsvoll,

    Joachim.

  • Es dürfte schon erlaubt sein, hier eine spezielle Diskussion zu führen, während in der Ukraine gekämpft wird und leider auch Soldaten und Zivile sterben und verletzt werden. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

    Vielleicht doch: Der Krieg in der Ukraine scheint mir aktuell der hauptsächlichste Grund dafür zu sein, weshalb sich hier im Forum in den verschiedensten Threads derzeit untereinander noch mehr als sonst üblich angegiftet wird. Alle sind irgendwo mehr oder weniger stark aufgewühlt, jeder macht sich so seine Gedanken und da wird dann- unabhängig vom Gegenstand des jeweiligen Threadthemas- in einem schärferen Ton geschrieben und persönlicher angegangen, als man es wahrscheinlich unter normalen Umständen tun würde. Die Nerven halt.


    So würde ich das sehen.

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

  • Gestern habe ich mir Currentzis noch einmal angehört. Es folgt meine Kritik.


    Was ist das interpretatorische Problem des Kopfsatzes? Dieser Satz ist ungewöhnlich allein durch seine ungeheuren Ausmaße. Adorno spricht davon, dass diese "ungeheuerlich" seien. Warum ist das ein Problem? Der erste Satz in einer Symphonie ist traditionell ein Sonatensatz-Drama, hat also dramatische Züge. Manchmal ist nun ein bisschen Bildung wirklich nicht schlecht, um besser zu verstehen. Was sagt Hegel in seinen Ästhetikvorlesungen über das Drama? Bei einem Drama gefordert ist das "zügige Fortschreiten zur Endkatastrophe", was kein "episches Verweilen" duldet. Mahlers Satz - das belegen auch eindeutig Mahlers Programmentwürfe - ist als ein Drama konzipiert. Durch die sehr epischen Züge wird aber genau das, die dramatische Sukzessivität, der "Drang" zum Ende hin, in Frage gestellt. Interpreten müssen hier den Balanceakt vollbringen, dass bei den epischen Zügen eben dieser dramatische Zug spürbar bleibt. Bei vielen selbst guten Aufnahmen ist genau das nicht wirklich gelungen, etwa bei Ricardo Chailly (mit dem KCO). Vorbildlich hier ist Vaclav Neumann, wo man von der ersten bis zur letzten die dramatische Spannung spürt. Das gilt sowohl für die ältere Supraphon-Aufnahme als auch die neuere, die deutlich langsamer ist. Dies ist also nicht nur eine Frage des Tempos. Solti z.B. ist flotter als Neumann, kann aber diese anhaltende Spannung nicht erzeugen.


    Wie sieht es diesbezüglich bei Currentzis aus? Ich hatte seinen Vortrag der Exposition "langweilig" genannt. Woher kommt dieser Eindruck? Weil bei ihm schlicht keinerlei dramatische Sukzessivität zu spüren ist. Die Musik zerfällt gleich am Anfang in isolierte Episoden. Bezeichnend werden die Pausen "zelebriert", so dass regelrechte Löcher entstehen und die Musik geradezu still steht. Zum Vergleich Abbado in Luzern (bei Youtube zu hören): Da spürt man vom ersten Moment an die dramatische Bewegung, während sich bei Currrenztis einfach nichts bewegt.


    Kommen wir zur semantischen Ebene. Mahlers Symphonien (das gilt gerade für die frühen Symphonien Nr. 1-4) sind keine "absolute Musik", sondern der Ausdruck eines Inhalts. Das hat Mahler unmissverständlich zum Ausdruck gebracht durch diverse Erläuterungen und die Programmentwürfe. Was im 1. Satz geschildert wird ist die Entstehung der Welt, genauer: die Entstehung des Lebens. Das Leben muss sich gegen die tote und starre Materie durchsetzen - deswegen der Marsch, wo der Frühling "einmarschiert", also das Leben erwacht und die Eiseskälte des Winters vertrieben wird. Das überdimensionierte schwere Blech am Anfang erinnert an Bruckner. Es ist Ausdruck des Großen und Erhabenen - aber eben der einer Eis- und Steinwüste im Hochgebirge, die etwas Menschen Abweisendes und Bedrohliches hat. Bei Abbado in Luzern z.B. hört man das: Da ist der Ton der Bläser schneidend, wirklich beängstigend und bedrohlich - das hat etwas Beklemmendes. Bei Currentzis klingt die Bläsersektion, insbesondere das schwere Blech, völlig unerhaben, nämlich locker und federleicht. Das ist einfach nur harmlos "ästhetisch" und hat nahezu keinen Ausdruckswert. Da ist nichts Beängstigendes und Bedrohliches zu spüren. Deswegen hatte ich geschrieben: Ich weiß nicht, ob Currentzis wirklich weiß, worum es bei Mahler in diesem Satz geht. Was er da dirigiert, klingt alles schön, mit dem, was Mahler wirklich ausdrücken wollte, hat das aber nicht viel zu tun.


    Und dann kommt das Wiegenlied vor der Expositionswiederholung. Die Wiegenlieder bei Mahler haben eine besondere Bedeutung. Im Scherzo der 2. Symphonie, der symphonischen Variante der "Fischpredigt", kommt das Wiegenlied als Beruhigung und Beschwichtigung, nachdem der Zorn Gottes als Einspruch vom Himmel mit böse schmetternden Trompeten dazwischen gefahren ist. Hier in der 3., zum Ende der Exposition, ist das Wiegenlied ein kindlich-rührender Moment, es meldet sich das schlafende, noch nicht zum Leben erwachte Leben (das dann mit dem einmarschierenden Frühling in der Durchführung erwacht). Der Ausdruck muss deshalb etwas Einschmeichelndes und Kindliches haben, das uns die Tränen von Rührung in die Augen treibt. In Prag (bei Neumann) oder Wien (Abbado) klingt das auch genau so. Bei Currentzis wirkt diese entscheidende Stelle sehr spröde und wenig schmeichelhaft. Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass die dramatische Kontrastwirkung verloren geht. Weil das schwere Blech bei Currentzis zuvor so gar nicht bedrohlich, sondern harmlos ästhetisch klingt, kommt der Kontrast des Menschenabweisenden und Unlebendigen mit dem Menschlichen und Lebendigen nicht wirklich heraus.


    Es gibt gewisse signifikante Parallelen von Currentzis Interpretation von Mahlers 3. und der 7. Beethoven. Beethovens 7., die Wagner "Apotheose des Tanzes" nannte, liegt Currentzis deutlich mehr als die 5. Aber auch da ist zu beobachten, dass er die verschiedenen Töne gewissermaßen nivelliert im Sinne eines Eingängigen, durchgängig Tänzerisch-Leichten. Die Musik dirigiert er mitreißend - das Ganze wirkt aber auch sehr uniform und "eintönig". Der Wechsel der Töne ist aber gerade bei Mahler entscheidend - mehr noch als bei Beethoven. Nicht nur im dramatischen Kopfsatz nivelliert Currentzis - wie beschrieben - den Wechsel der Töne und gleicht alles einander an. Auch im Scherzo-Satz mit dem Posthornsolo ist das zu bemerken. Natürlich liegt ihm dieser Scherzando-Satz. Nur im Vergleich mit anderen Aufnahmen sind dort die Stimmungswechsel auch in diesem durchgehend heiteren Satz nicht wirklich "deutlich" wahrzunehmen. Das machen andere bedeutende Mahler-Dirigenten einfach besser. Das Posthornsolo, das außerhalb des Saales platziert ist (in der Bielefelder Oetker Halle haben sie das auch so gemacht, der Musiker war mit dem Dirigenten über einen Monitor verbunden), ist sehr gut aufgenommen, was aufnahmetechnisch schwierig ist.


    Schöne Grüße

    Holger

  • In Weimar war der andere Albrecht Chefdirigent, also nicht Gerd Albrecht (1935 - 2014), sondern George Alexander Albrecht (1935 - 2021),

    Richtig, ich war ja selbst dabei, als er eben mit der 3. Mahler verabschiedet wurde und anschließend mehrere Honoratioren ellenlange Reden hielten. Ich weiß auch, daß das Trompetensolo im 3. Satz ein Posthornsolo ist, aber der Klang ist stark trompetenhaft, auch die Optik des Instruments. Und der Trompeter in Weimar war ein Koloß von ca. 150 kg, aber extrem gut. Das brauchste also nicht zu korrigieren.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Du unterstellst mir als "Intellektuellen" so etwas wie Gefühlsarmut - nur weil Dir der intellektuelle Horizont fehlt.

    Wikipedia gibt an, daß Intellektualismus eine übermäßige und einseitige Betonung des Verstandes gegenüber dem Willen und allen Gemüts- und Charakterwerten bezeichnet. Ich bin mit dieser Definition und meinem "intellektuellen Verstand" sehr zufrieden. Deshalb habe ich Deinen Beitrag #238 zwar gelesen, aber er gibt mir gar nichts, weil ich mich als Doofer nicht angesprochen zu fühlen habe. Wir sind wieder beim "kleinen Licht" (Du oder auch Bertarido wissen sicher noch, was ich meine, und ich bin damit zufrieden, im bescheidenen Rahmen zu leuchten. Ich will ja auch niemanden blenden, weshalb mir ein kleines Licht reicht). Ich beglückwünsche Dich zu Deinem erweiterten intellektuellen Horizont, bin aber mit meiner "oberflächlichen" Betrachtungsweise im allgemeinen und bei der Currentzis-Interpretation der 3. Mahler auch im speziellen sehr zufrieden und befriedigt.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Jetzt könnt Ihr Euch auf jeden Fall mehrere Stunden mit Teodor Currentzis und seinen Mahler Interpretationen beschäftigen. Danach immer schön friedlich bleiben.


    Teodor Currentzis dirigiert Mahler in der Stuttgarter Liederhalle

    Alle Videos können mit Rechtsklick auf Festplatte gespeichert werden


    Currentzis dirigiert Mahler und Strauss

    Livemitschnitt vom 14.2.2020 aus der Stuttgarter Liederhalle.

    Richard Strauss: Tod und Verklärung op. 24

    Gustav Mahler: Sinfonie Nr. 1 D-Dur (viersätzige Fassung von 1910)

    Giacinto Scelsi: Okanagon für Harfe, Kontrabass und Tamtam


    Werkstattgespräch mit Teodor Currentzis über Mahlers Sinfonie Nr. 1

    Mit Teodor Currentzis und Ilya Gaisin sowie Natalia Frolova und Lars Jönsson (Klavier). Livemitschnitt aus der Stuttgarter Liederhalle vom 11.2.2020.


    Currentzis dirigiert Mahlers neunte Sinfonie

    Livemitschnitt vom 13.12.2019 aus der Stuttgarter Liederhalle


    Teodor Currentzis dirigiert "Das Lied von der Erde"

    Wiebke Lehmkuhl, Alt - Stephen Gould, Tenor -


    Currentzis.jpg

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

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