Lieber Alfred!
Da hast Du wirklich einen ganz wundervollen und wahrhaft vielversprechenden Sänger vorgestellt. Ich habe ihn schon mit zwei Liederabenden gehört! Beide Male war er Einspringer. Beide Male eroberte Benjamin Appl das Publikum im Handstreich mit seinem feinen Liedgesang.
Die klare helle Baritonstimme ist ungemein jugendlich, weich und sensibel. Er singt klar - mit makelloser Technik - artikuliert und absolut textverständlich - ohne freilich je in Überdeutlichkeit zu verfallen. Besonders einnehmend sind seine innig-lyrischen und empfindsamen Tönen. Er findet je eigene Farben und Schattierungen für die Wehmut und Verzweiflung, für Melancholie und Trostlosigkeit, aber auch für stilles Glück und Verzauberung, ja für "ein heilig Säuseln" (Hölty).
Aber er hat auch die Kraft und Imagination für den Erlkönig und den Atlas. Seine dramatische Gestaltung vernachlässigt freilich nie die große Gesangslinie, erlaubt sich lediglich kleine Ritardandi oder Accelerandi, markante Farbwechsel oder die Hervorhebungen von Worten. Man könnte sich vielleicht vorstellen, dass er noch etwas mutiger den revolutionären Geist der Romantik aufspürt und davon etwas mitteilt. Aber das soll überhaupt keine Einschränkung sein sondern allenfalls andeuten, welch Potential in diesem außerordentlichen Liedersänger steckt.
Oper scheint er bisher nicht viel zu singen.
In der Staatsoper Berlin hat er in Péter Eötvös "Tri Sestri" den Baron Tusenbach gesungen.
Und beim Brighton Festival den Aeneas and Purcells "Dido and Aeneas".
Aber ist es nicht schön, dass ein so hoch veranlagter Sänger sich weitgehend auf das Lied konzentriert?
Herzliche Grüße
Caruso41
PS.: Übrigens noch erwähnenwert: Er stammt aus der Sängerschmiede der Regensburger Domspatzen!