Kosky kann Komödie (Rosenkavalier-Stream aus München, 21.3.2021)

  • Gestern nachmittag habe ich auf einem konspirativen Treffen mehrerer Opernfreunde in einer riesigen Berliner Altbauwohnung den Münchner Rosenkavalier gesehen. Ein großer Raum war dort mit Projektor und Tontechnik ausgestattet, so daß man fast den Eindruck von einem Kino gewinnen konnte. Dunkle Gestalten saßen mit Champagnerglas und Gesichtsmaske, die nur zum Trinken gelupft wurde, vor der Leinwand. Wir Neuankömmlinge wurden nur kurz taxiert und dann durften wir uns still setzen, um zu schauen.


    Da mehrere Taminos die Übertragung verfolgt haben, wie ich aus Beiträgen in anderen Threads sehe, eröffne ich diesen zum Austausch.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Sängerisch und musikalisch war ich rundum glücklich. Szenisch haben mich zwar nicht alle Details überzeugt (vor allem nicht der greisenhafte halbnackte Amor, bei dem mir scheint, dass Kosky sich vom Herheim-"Blaubart" an der Komischen Oper Berlin hat inspirieren lassen und dessen dortige Figuren des kleines Eros und des alten Tod einfach zusammengelegt hat - gerade als der der Kutscher war, war die Parallele frappierend, als Medicus war er am überzeugendsten und auch sonst inhaltlich nicht unklug eingesetzt, aber eben nicht gerade schön anzuschauen...). Die Inszenierung war aber doch weit lohnender als die Berliner im letzten Jahr! Viele Regieeinfälle wirkten auf mich frappierend schlüssig (wie zum Beispiel der "Verwundung" des Ochs im 2. Akt) und das Stück fand statt, mit allen dazugehörigen Figuren und ihrer Geschichte, man bekam nicht stattdessen eine völlig andere Geschichte serviert, sondern schon die richtige, und zwar packend und amüsant zugleich erzählt (die zwei Seiten der "Rosenkavalier"-Medaille halt). Insofern ein nicht ganz gewöhnliches, aber doch sehr lohnendes Werkerlebnis auf - wie schon gesagt - hohem sängerischen und musikalischen Niveau.


    Wer es gestern verpasst hat, sollte sich das als Stream nicht entgehen lassen:


    https://www.arte.tv/de/videos/…trauss-der-rosenkavalier/


    Ich werde mir das nach einer Weile gewiss noch ein zweites Mal ansehen und anhören.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Leider musste ich nach mehreren Anläufen kapitulieren, meine online-Verbindung war zu schlecht. Ein zweiter Anlauf in den nächsten Tagen bringt hoffentlich mehr Erfolg. Was ich schon nach den mühsam erkämpften Kostproben sagen kann: Katharina Konradi ist eine Sopranistin mit Suchtpotential...


    :)

  • Die Openfreunde vermuteten, Kosky habe einen bekannten ehemaligen Berliner Großintendanten mit seinem greisen Amor karikiert.


    Und was für ein Faninal! Kränzle war ja schon Koskys Beckmesser in Bayreuth und daß er ihn für den Faninal gewinnen konnte, hat mich sehr gefreut.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Was ich schon nach den mühsam erkämpften Kostproben sagen kann: Katharina Konradi ist eine Sopranistin mit Suchtpotential...


    :)

    Ich konnte auf arte nur Teile sehen. Die Regie zeigte, dass man den Rosenkavalier auch mit modernen Kostümen und einem ungewöhnlichen Bühnenbild präsentieren kann, wenn ordentlich gespielt und hervorragend gesungen wird. Absolut begeistert war ich wie udohasso von Katharina Konradi (ich hatte pünktlich zur Überreichung der Rose eingeschaltet). Den ersten Akt habe ich verpasst, daher kann ich zu Marlis Petersen nicht viel sagen. Der greise Amor sah für mich aus wie Mahatma Gandhi. Es ist typisch, dass ich dabei immer gedacht habe: "Was muss der frieren!". Dazu gibt es eine schöne Anekdote von den Peanuts. Drei Kinder sehen eine Oper im TV. Linus: "Wie kann einem so eine schöne Musik einfallen!" Lucy: "Wie können die sich all die Noten merken?" Charlie Brown: "Wie wechseln die bloß die 1000 Lampen an der Decke aus?"

    " ... wie weit soll unsere Trauer gehen? Wie weit darf sie es ohne uns zu entwurzeln...(Doe tote Stadt, Schluss)

  • Fantastische Vorstellung.

    Die Sängerschar (Konradi!) war für meinen Geschmack ganz ausgezeichnet.

    Die Regie von Barrie Kosky, das Bühnenbild von Rufus Didwiszus, das Dirigat von Vladimir Jurowski alles zusammen ergab für mich einen köstlichen Opernnachmittag. Auch die gespielte Kloke Fassung - sehr schön das Bayerische Staatsorchester - war, weil sowieso nur Übertragen, kein Problem. Vielleicht bin ich zu euphorisch, keine Ahnung. Ich fand's toll.

      • Zitat von Caruso41 Die Sophie im ROSENKAVALIER von Katherina Konradi

        Habe auch knapp 4 Stunden ausgehalten. Ohne Bild wäre der Genuß größer gewesen, besonders im albernen 3. und im für meinen Begriff verkitschten 2. Akt ( Die Rosenüberreichung fand ich optisch furchtbar und schrecklich). Die Sophie war wirklich überzeugend, auch optisch, wenn auch der blaue Rock im letzten Akt sie sehr unvorteilhaft aussehen ließ.

        Rein akustisch, ohne Wertung der Regie könnte ich aber etliche Rosenkavaliere nennen, die mir deutlich besser gefallen haben.

        La Roche



        Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

        • Bearbeiten
        • Das ist ein Versuch, meinen Beitrag aus einem anderen Thread hierher zu kopieren.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Gestern nachmittag habe ich auf einem konspirativen Treffen mehrerer Opernfreunde in einer riesigen Berliner Altbauwohnung den Münchner Rosenkavalier gesehen. Ein großer Raum war dort mit Projektor und Tontechnik ausgestattet, so daß man fast den Eindruck von einem Kino gewinnen konnte. Dunkle Gestalten saßen mit Champagnerglas und Gesichtsmaske, die nur zum Trinken gelupft wurde, vor der Leinwand. Wir Neuankömmlinge wurden nur kurz taxiert und dann durften wir uns still setzen, um zu schauen.


    Da mehrere Taminos die Übertragung verfolgt haben, wie ich aus Beiträgen in anderen Threads sehe, eröffne ich diesen zum Austausch.

    Das klingt fast so gut wie die Maskenparty in „Eyes Wide Shut“ - auch wenn einem Neid fremd ist, nagt die Frage: wie kommt man da auf den Einladungsverteiler?

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Das klingt fast so gut wie die Maskenparty in „Eyes Wide Shut“

    ^^ Eine formidable Assoziation! Den Film habe ich mindestens zehn Jahre nicht mehr gesehen, aber das bleibt in Erinnerung.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

      • Habe auch knapp 4 Stunden ausgehalten. Ohne Bild wäre der Genuß größer gewesen, besonders im albernen 3. und im für meinen Begriff verkitschten 2. Akt ( Die Rosenüberreichung fand ich optisch furchtbar und schrecklich). Die Sophie war wirklich überzeugend, auch optisch, wenn auch der blaue Rock im letzten Akt sie sehr unvorteilhaft aussehen ließ.

        Rein akustisch, ohne Wertung der Regie könnte ich aber etliche Rosenkavaliere nennen, die mir deutlich besser gefallen haben.

        La Roche



        Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

        • Bearbeiten
        • Das ist ein Versuch, meinen Beitrag aus einem anderen Thread hierher zu kopieren.

    Also von mir stammte wirklich nur die Zeile hinter meinem Namen!!!!!

    Szenisch haben mich zwar nicht alle Details überzeugt

    Mein Bild vom ROSENKAVALIER ist geprägt von den Inszenierungen von Rudolf Hartmann in München und Carl Ebert in Berlin.

    Dagegen kommt eigentlich kein anderer Regisseur an. Nicht mal Otto Schenk. Aber ich würde auch sagen, dass Kosky Inszenierung unterhaltsam war und durch eine weithin trefflich Personenführung überzeugt hat - wenn auch mich nicht alle Details überzeugen konnten. Wirklich enttäuscht war ich nur von Auftritt des Octavian und die Überreichung der silbernen Rose. Das war verschenkt.

    Sängerisch und musikalisch war ich rundum glücklich...

    Mit der musikalischen Seite war ich auch zufrieden. Vor allem Vladimir Jurowski ist unter den corona-bedingten Einschränkungen eine wundervolle Aufführung gelungen. Meiner Begeisterung über Katharina Konradis Sophie habe ich ja schon im NEUE-STIMMEN-Thread Ausdruck verliehen.

    Auch von Christof Fischessers Baron Ochs war ich sehr angetan. Ich kannte ihn bisher nur im seriösen Fach und fand zumeist, dass er gut aber etwas fade sang. Als Ochs bewies er sich als guter Komödiant ist. Wie er noch im schnellsten Parlando klangvoll und wortverständlich sang (wirklich sang!!!), fand ich herausragend. Marlies Petersen gefiel mir im ersten Akt sehr gut. Im dritten habe ich denn doch etwas stimmliche und darstellerische Autorität vermisst. Samantha Hankey braucht wohl noch etwas, bis sie als Octavian wirklich überzeugt. Ihre Stimme aber fand ich schön und vor allem in der oberen Lage klangvoll. Manche Bögen müsste sie noch weiter spannen und sie sollte aufpassen, dass ihr Phrasen nicht ausfransen. Die kleineren Rollen trugen zum guten Gesamteindruck bei.


    Insgesamt ein Nachmittag am Fernseher, den ich nicht bereut habe!


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • nagt die Frage: wie kommt man da auf den Einladungsverteiler?

    Lieber hasiewicz, die umtriebige Freundin kennt alles und jeden. Ich laufe nur mit - wie ein Dackel. Es grüßt Hans

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Also von mir stammte wirklich nur die Zeile hinter meinem Namen!!!!!

    Ja, ich muß mich bei Dir entschuldigen. Das Kopieren von einem Thread in den anderen sollte ich besser den Fachleuten überlassen. Zum Glück ist Dein Original noch zu lesen.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Wirklich enttäuscht war ich nur von Auftritt des Octavian und die Überreichung der silbernen Rose. Das war verschenkt.

    Das fad ich gar icht, ich fand diese Kutsche hinreißend. Zum ersten Mal habe ich auf der Bühne gesehen, was ansonsten nur im Text behauptet wird, dass es hinten bzw. unten vor der Tür stattfinden würde. Für mich einer der Höhepunkte dieser Inszenierung,

    Auch von Christof Fischessers Baron Ochs war ich sehr angetan.

    Ich auch, und das, obwohl ich bei dieser Rolle sehr Siegfried-Vogel- und Kurt-Moll-geeicht bin.

    Im dritten habe ich denn doch etwas stimmliche und darstellerische Autorität vermisst.

    Ich nicht, im Gegenteil, ich fand es toll, dass heir eine Marschallin tatsächlich leicht klingt. Nichts ist in dieser Rolle schlimme als eine abgesungene Hochdramatische. Mich hat sie an Felicity Lott erinnert, auch wenn die noch weicher und makelloser klang. Erschreckt hat mich die Petersen ja damals bei der Neunten vor dem Brandenburger Tor - umso erfreuter war ich jetzt von ihrer Marschallin.

    Samantha Hankey braucht wohl noch etwas, bis sie als Octavian wirklich überzeugt. Ihre Stimme aber fand ich schön und vor allem in der oberen Lage klangvoll. Manche Bögen müsste sie noch weiter spannen und sie sollte aufpassen, dass ihr Phrasen nicht ausfransen.

    Für mich war Samantha Hankey ein ganz wunderbarer Octavian, besser als fast alle, die ich live gesehen habe. Sie war für mich der Höhepunkt der Aufführung, noch vor der Sophie. Eine wunderbare stimmlich.darstellerische Einheit. Nichts war hier im "Rollen- und Geschlechterspiel" peinlich. Das habe ich selten so erlebt. Schon deswegen kann ich vor dieser Rolleninterpetation nur ganz tief den Hut ziehen!

    Insgesamt ein Nachmittag am Fernseher, den ich nicht bereut habe!

    Nein, ich fürwahr auch nicht. :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Ich kann mich Stimmenliebhaber nur anschließen. Ich hab mir den Rosenkavalier angeschaut und mir hat die Inszenierung sehr gut gefallen. Kurt Moll hab ich auch auch in sehr guter Erinnerung . Aber von Christof Fischesser als Ochs war ich sich sehr angetan. Marlies Petersen war eine vorzügliche Marschallin und dem Namen Samantha Hankey muß man sich merken Diese Besetzung hätte ein volles Haus verdient.

  • Lieber Stimmenliebhaber!

    ... ... eine Marschallin tatsächlich leicht klingt. Nichts ist in dieser Rolle schlimme als eine abgesungene Hochdramatische.

    Nun, abgesungene Hochdramatische hatte ich hier nicht im Auge und noch weniger im Ohr. Ich habe eher an Grümmer und Crespin in den späten 50Jahren, della Casa in den 60er Jahren oder Zylis-Gara und Janowitz in den 70er Jahren gedacht.

    Für mich war Samantha Hankey ein ganz wunderbarer Octavian, besser als fast alle, die ich live gesehen habe. Sie war für mich der Höhepunkt der Aufführung, noch vor der Sophie. Eine wunderbare stimmlich.darstellerische Einheit. Nichts war hier im "Rollen- und Geschlechterspiel" peinlich. Das habe ich selten so erlebt. Schon deswegen kann ich vor dieser Rolleninterpetation nur ganz tief den Hut ziehen

    Dass Du zu einer positiveren Beurteilung kommst, kann ich durchaus verstehen. Gegen die junge Sängerin - vor kurzem noch habe ich sie als 2. Dame, Mercedes und Wellgunde gehört - kritische Einwände vorzubringen, ist wirklich nicht fair. Dass du die Rolleninterpretation lobst, ist absolut berechtigt. So ganz aber kann ich mich von den Eindrücken nicht frei machen, die ich von anderen Sängerinnen in verschiedenen Live-Aufführungen habe. Wenn man so viele Jahre schon besessener Opernbesucher ist und das Glück hatte, herausragende Sängerinnen in eben dieser Partie zu erleben, dann werden die Ansprüche sehr hoch und kaum noch realisierbar.


    Und nun noch zu meiner Enttäuschung über den Auftritt des Octavian und die Überreichung der silbernen Rose:
    Auch da habe ich das Idealbild von der Rudolf-Hartmann-Inszenierung in München im Hinterkopf. Das Palais des Faninal ist - wie ja weithin üblich - ein prachtvoller Raum, der hinten in der Mitte eine große Tür zu einem tief in den Hintergrund gehendes Vestibul mit Treppenhaus hat. Die Treppe führt offensichtlich in Verlängerung der Achse nach unten.
    Da kommt nun der Octavian mit einem Kordon von Gardisten die Treppe herauf und schreitet schnell durch das Vestibul gerade auf Sophie (und das Publikum) zu. Genau in dem Moment, in dem Strauss den "raffinierten Lärm" (Hofmannsthal) gleichsam auf den Höhepunkt seiner Prachtentfaltung bringt, erreicht Octavian den Festsaal und steht vor Sophie - natürlich in geziemendem Abstand und eine Ebene höher. Wer immer in der Inszenierung den Octavian sang: da verschlug es einem den Atem.
    Das war ein unerhörter Coup de Théâtre. Bei Kosky schaut Octavian aus dem Fenster der Kutsche. Der instrumentale Aufwand, den Strauss für seinen Auftritt betrieben hat, verpufft nach meiner Wahrnehmung!


    Guten Abend und liebe Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Bei Kosky schaut Octavian aus dem Fenster der Kutsche. Der instrumentale Aufwand, den Strauss für seinen Auftritt betrieben hat, verpufft nach meiner Wahrnehmung!

    Nun ist der 2. Akt bei Kosky ja ganz klar als Sophies (Alb-) Traum inszeniert. Insofern fand ich diese Traum-Kutsche toll und fände es komisch, wenn dieser Octavian-Auftritt jetzt irgendwie realisitsch daher käme.


    Von den bisherigen "Rosenkavalier"-Inszenierungen, die ich gesehen habe, fand ich den Octavian-Auftritt bei Michael Heineke in Chemnitz am eindrucksvollsten inszeniert: Octavian trat etwas gelangweilt ein, aber als er dann Sophie zum ersten Mal erblickte, traf ihn - punktgenau auf die entsprechende Stelle der Musik förmlich "der Schlag", er war wie geplettet, überwältigt, damit hatte er nicht gerechnet - das war in der Tat höchst eindrucksvoll, wäre aber in Koskys Konzept fehl am Platze gewesen.


    Meine meisterlebten Octaviane waren übrigens Iris Vermillion und Yvonne Wiedstruck - vielleicht verstehst du jetzt, warum ich von Frau Hankey so begeistert bin. ;):hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Vladimir Jurowski war für mich die positive Überraschung der Übertragung. Auf ihn und seinen ersten Auftritt [wenn ich mich nicht irre] an der Bayerischen Staatsoper in München war ich besonders gespannt, da ich diesen Dirigenten noch nie live erleben konnte.


    Die Sänger waren in den zentralen Partien – Feldmarschallin, Ochs, Octavian und Sophie – nicht nur stimmlich und darstellerisch sehr überzeugend, sie haben auch gut harmoniert.


    Barrie Koskys Inszenierung fand ich recht gelungen. Er hat einen subtilen Sinn für eine spezifische Ironie artikuliert, indem er das Besondere im Banalen gebrochen hat. Der in die Jahre gekommene Amor ist ein schönes Beispiel hierfür.


    So eine Leistung vor einem leeren Haus abzuliefern, ist für alle Beteiligten sicherlich nicht einfach. Insgesamt ein sehr runder Nachmittag.

  • Auch beim zweiten Ansehen heute war ich entzückt von den drei Damen, von Ochs und Faninal. Die Anmerkung von Tamino Caruso41 zum dritten Akt finde ich sehr treffend, aber es ist schwer zu differenzieren, was davon auf Bild- u. Tonregie zurückzuführen ist und was auf Fr. Petersen.

    Vor kurzem habe ich sie in München als wunderbare Marietta gesehen und auch ihre Marschallin, auf die ich mich sehr gefreut hatte, ist ebenso anziehend, wie überzeugend.

    Bemerkenswert aus meiner Sicht, daß Kosky Petersen nichts schenkt und sie gnadenlos exponiert. Das ist die in jeder Komödie spannendste Frage: Wo grinst das Entsetzen durch die Kulisse, wen packt die Angst?

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Eine Inszenierung, die manche Münchner Traditionen bewahrt: bei Schenk war es die Amalienburg, bei Kosky das Marstallmuseum (wo die Kutsche Ludwigs II. steht, die hier nachgebaut wurde). Es wurde auf eine Reihe von Inszenierungen angespielt, beim italienischen Sänger etwa auf Herheims "Xerxes" an der Komischen Oper. Manches muß ich nochmal sehen...

  • Meine meisterlebten Octaviane waren übrigens Iris Vermillion und Yvonne Wiedstruck - vielleicht verstehst du jetzt, warum ich von Frau Hankey so begeistert bin. ;):hello:

    Alles klar. Dann verstehe ich die Begeisterung 🤩

    Die Anmerkung von Tamino Caruso41 zum dritten Akt finde ich sehr treffend, aber es ist schwer zu differenzieren, was davon auf Bild- u. Tonregie zurückzuführen ist und was auf Fr. Petersen.

    Du musst meine kritischen Anmerkungen nicht überbewerten. Das ist Kritik auf einem hohem Level!

    Vladimir Jurowski war für mich die positive Überraschung der Übertragung.

    Hattest Du die denn nicht von ihm erwartet? Nach seinen Aufführungen in London, Glyndeboure und New York war ich eigentlich unbesorgt, dass es eine glänzende Aufführung werden würde. Strauss liegt ihm.


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

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  • Hattest Du die denn nicht von ihm erwartet?

    Die Frage ging zwar nicht an mich, aber auch ich war von Vladimir Jurowski sehr positiv überrascht. Ich hatte hier ja schon mal vor einigen Jahren geschrieben, dass ich von seinen Dirigten als Kapellmeister der Komischen Oper Berlin Ende der 1990er Jahre nicht so angetan war, dass ich diese als teilweise unsensibel und sängerunfreundlich empfand. Davon konnte nun glücklicherweise überhaupt keine Rede mehr sein! Und seine zügigen Tempi sprachen mir auch sehr an und wurden dem Charkter der musikalischen Komödien voll gerecht. Also: Auch Jurowski kann Komödie! :jubel:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Gestern war es mir möglich, diesen prächtigen Opernabend zu erleben, störungsfrei, vom ersten Glockenschlag bis zum `Ende der Zeit`. Nach kurzweiligen dreieinhalb Stunden war ich restlos begeistert.


    Barrie Kosky gelang das Wunder, die betagte Münchner Schenk/Rose-Produktion abzulösen. Spielerisch, ungemein musikalisch geht er das Stück an, mit viel circensischem Budenzauber und der nötigen Portion Melancholie. Klug meidet Kosky Aktualisierungen, schläg eher Brücken zurück. Zum Stummfilm beispielweise, als solchen gab es den Rosenkavalier bekanntlich. Oder zu Selbstzitaten, etwa in der prunkvoll barockisierten Sängerarie.


    Dank Galeano Salas klang dieses Schmuckstück auch prächtig. Wie überhaupt die Comprimari ausgezeichnet besetzt waren. Wie, ein zweites Beispiel, der prächtig auftrumpfende Polizeikommissar von Martin Snell im dritten Akt. Diesen Finalakt überdreht Barrie Kosky zu bester Slapstick-Komödie, was diesem sonst oft drögen Qui pro quo prächtig bekommt und dem Auftritt der "Deusa ex machina" zusätzlich Gewicht verleiht.


    Die Feldmarschallin von Marlis Petersen stößt hier an Grenzen einerseits, aber gerade in dieser Schlußszene gefällt mir, dass bei ihr noch viel Sophie mitschwingt. Wobei die großartige Katharina Konradi im Terzett fast schon zu sehr 'aufdreht'. Wenn nicht die Ursache eher am Mischpult zu suchen ist. Die beiden Sängerinnen bilden durch den ganzen Abend, zusammen mit Samantha Hankey, ein wunderbares Dreigestirn.


    Christof Fischesser ist ein ausgezeichneter Ochs. Etwas weniger Parlando, dafür ein bisschen mehr Arioso würde ich mir an einigen Stellen wünschen. Allerdings war das Tempo bei den 'Weibergeschichten' im ersten Akt hart an der Grenze des noch singbaren. Johannes-Martin Kränzle stellte den Faninal auf die Bühne, da blieb kein Wunsch offen.


    Gewöhnungsbedürftig ist die Fassung von Eberhard Kloke. Diesmal ein Zeitsprung nach vorne, greift Kloke doch das Ariadne-Instrumentarium auf. Soweit ich hören konnte, sind Dopplungen Streicher/Bläser eliminiert. Merkwürdig wird's, wenn das Ausdünnen bis zur reinen Klavierbegleitung führt. Weicher, schwelgerischer Klangrausch - Fehlanzeige. Dafür durch die ganze Aufführung gute Durchhörbarkeit, ein Textbuch ist nicht nötig. Die Arbeit von Vladimir Jurowsky zu beurteilen wage ich nicht, denn letztlich hat er nicht den Rosenkavalier von Richard Strauss dirigiert.


    Wer's noch nicht getan hat: unbedingt ansehen, es lohnt sich!

  • der prächtig auftrumpfende Polizeikommissar von Martin Snell im dritten Akt.

    Allerdings habe ich mich da gefragt: Wenn der die "brave Ordonanz gewest" ist, also der dienstjüngere Gehilfe des Feldmarschalls, wie als ist dann erst der Feldmarschall?! :D


    https://de.wikipedia.org/wiki/Ordonnanzoffizier


    Spaß beiseite: Diese Rolle habe ich nun wirklich schon eindrucksvoller erlebt, zuletzt von Tobias Kehrer 2015 in Salzburg.


    Den größten Eindruck unter den Nebenrollensängern hat Ursula Hesse von den Steinen als Annina auf mich gemacht. Auch diese Rolle habe ich vielleicht schon noch besser gesungen gehört (wie etwa von Barbara Bornemann in Berlin), aber selten so überzeigend als stimmlich-darstelerisches Gesamtpaket erlebt.


    Die Kritik an der Kloke-Fassung kann ich auch nicht ganz nachvollziehen, vielleicht habe ich aber einfach mehr als "Ariadne"-Vorspiel im Ohr als du. Über weite Strecken, konnte man die andere Fassung beinahe komplett ignorieren, die Klavierstellen filen dann shcon auf, aber die gibt es im "Ariadne"-Vorspiel ja auch, selbst so von Herrn strauss komponiert, weshalb mir das gar nicht so fremd vorkam. Und wenn in diesen Zeiten die Alternative zu einem reduzierten Orchester nur gar keines heißt, muss man für diese Kloke-Fassung wirklich dankbar sein!

    Und warum kann man dann nicht den Dirigenten beurteilen? Kann man nicht hören, ob einem seine Tempi und seine sonstige dynamisch-agogische Interpretation zusagen, ob die Sängerkoordination stimmt, ob es Schmisse gibt oder nicht? Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • ...wie als ist dann erst der Feldmarschall

    Drollig, mit der Frage beschäftigte ich mich beim Frühstück... :)


    Die Gattin des Herrn erlebt mit der geplanten Ehe Ochs-Sophie ein Dejavue: frisch aus dem Kloster in den heiligen Ehstand. Allerdings ist das keine Altersangabe des Herrn Feldmarschall, eher ein Hinweis auf die Jugend der Marie-Theres zum Zeitpunkt ihrer Hochzeit. Ich wage mal eine Schätzung: sie 16/17, der männliche Part zwischen 30/40.


    Kann die 'brave Ordonanz' zum Zeitpunkt der Handlung die 50 überschritten haben...

  • Ich wage mal eine Schätzung: sie 16/17, der männliche Part zwischen 30/40.


    Kann die 'brave Ordonanz' zum Zeitpunkt der Handlung die 50 überschritten haben...

    Wenn die Marschallin bei ihrer Hochzeit 17 war und er 40, ist er, wenn sie jetzt 32-35 Jahre alt ist, inzwischen 55 bis 58 Jahre alt. Dann sollte der "dienstjüngere" Hilfsoffizier doch aber wenigstens 10, besser 20 Jahre jünger sein als sein Befehlshaber.


    Und dieser Münchner Polizeikommissarius wirkte auch mich eher wie 60+ als wie 50+...

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Die Kritik an der Kloke-Fassung kann ich auch nicht ganz nachvollziehen.


    Und warum kann man dann nicht den Dirigenten beurteilen?

    Ich musste mich an die Fassung gewöhnen, und ihr fehlt, wen wundert's, die klangliche Üppigkeit des Originals. Eberhard Kloke leistete ausgezeichnete Arbeit, die ich nicht im Ansatz kritisiere. Müsste ich mich dazu doch wahrlich intensiver einlassen, nach einem einmaligen Hören wäre es pure Anmaßung.


    Noch einmal wiederhole ich mich (plus einer Unterstreichung): ich wage keine Beurteilung der Arbeit von Vladimir Jurowsky. Auch hier müsste ich vorher sorgfältig sortieren, was der Fassung und was dem Dirigat geschuldet ist.

  • Mich hat szenisch einiges gestört. Der alte geflügelte Herr tat mir leid, für mich ist das ein die Grenze des Lächerlichen streifendes Detail. Wenn zum Schluß der kleine dunkelhäutige Bedienstete erwartet wird und stattdessen dieser bedauernswerte Greis den großen Zeiger der Uhr abmontiert, vermag ich zwar eine gewisse Schlüssigkeit zum Konzept zu erkennen, aber gefallen muß es mir nicht.

    Ein hübscher Geck im 1. Akt mit den umhergeschobenen Blumen war für mich ein Geck, aber nicht zwingend erforderlich.

    Die Sprecherin (War das die ebenfalls schon reifer gewordene Frau Gerlach?) sprach in der Einführung davon, daß die Handlung um 1740 spielt. Das ist witzig. Octavian verkleidet sich um etwa 220 Jahre später, der ganze 3. Akt ist deutlich anders angesiedelt. Das Kasperletheater mit dem Papierschnipseln werfenden Publikum im da nicht hingehörenden Rang eines imaginären Zuschauerraums war einfach nur lächerlich.

    Die silberne Rose wurde überreicht in einer kitschigen Atmosphäre, fast an die Traviata von Zeffirelli erinnernd. Ich fand es grauenvoll. Man möge mir verzeihen, daß ich danach zwischendurch Abendessen war.

    Ich erinnere mich daran, daß eine frühere Darstellerin der Marschallin in einem Interview betonte, daß sie beim Betreten der Bühne zum Schlußterzett Herzklopfen bekam ob der Schönheit der Musik, so hat sich das bei mir gedanklich festzementiert. Ich erwarte die letzte Viertelstunde beim Rosenkavalier in höheren Sphären zu schweben. Tut mir leid, bei diesem Rosenkavalier verspürte ich diese Gemütsregung keinen Augenblick. Da vermag sich Jurowski noch so zu bemühen, das reduzierte Orchester mag des Pandemiesituation gerechterweise geschuldet sein, aber es fehlt der Saft, die Kraft. Da mag das Damentrio und auch der Ochs, auch Valzachio gut gewesen sein, berührt haben sie mich nicht. Auch nicht Frau Petersen im 1. Akt, wo sie deutlich trotz ihrer erst 30 Jahre (in der Rolle) die berührendsten Worte finden müßte, die eine alternde Frau vor der Macht des Spiegelbildes und der vergehenden Zeit finden sollte. Sie fand diese Worte schon, aber nicht berührend, ergreifend. Das war sie nicht. Octavian fand ich überzeugender, auch spielerisch. Über Sophie ist genug gesagt worden, die glasklare Stimme wirkte begeisternd. Als Ochs hatte ich den Herrn Groissböck stärker in Erinnerung, wobei ich die Sängerdarsteller der 50-er und 60-er bis hin zu den 90-ern aber abschalten muß, um die aufkommende Wehmut zu vergessen.

    Für mich war es ein verlorenen Nachmittag. Irgendwann gehe ich zu Kleiber oder Schenk zurück. Ich sehne mich nach höheren Sphären, nach dem Gefühl des Schwebens. Es war nicht mein Rosenkavalier.

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Für mich war es ein verlorenen Nachmittag.


    Wie schade, dass Du zu diesem bitteren Urteil kommst La Roche, einem vernichtenden Rundumschlag.


    Ich kann Deinen Wunsch nach Überwältigung verstehen. Mir scheint's dennoch eine gefährlich hochgezogene Erwartung. Allemal dann, wenn für Dich das 'Heil' eh irgendwo in der Zeit zwischen 1950 und 1990 liegt.


    Übrigens, die Frau Petersen wird Dir's danken, dass Du sie als Dreißigjährige durchgehen lässt...


    :)

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