Ich sehe mal wieder vom überheblichen Ton ab, der schon anstrengend ist, weil ich nicht erkennen kann, was seine Ursache sein sollte. Der allgemeine Forschungsstand in der Werkästhetik, der vermutlich kompliziert ist, kann ja kaum Gegenstand dieser Diskussion sein.
Gegenüber der Wissenschaft und wissenschaftlichen Erkenntnissen sollte man erst einmal Respekt haben. Denn die besitzen Allgemeinverbindlichkeit. Und wenn der nötige Respekt nicht gezeigt wird, ist "Überheblichkeit" von Seiten des Wissenschaftlers manchmal leider erforderlich.
Zweitens hast Du einfach - und die an der Diskussion beteiligten Künstler - das Grundproblem nicht begriffen. Regietheater hat ein erhebliches Rezeptionsproblem. Es ist nun allzu offensichtlich nicht unumstritten, sondern sehr umstritten. Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Künstler die Sinnhaftigkeit ihres Tuns nicht allgemein und allgemeinverbindlich verständlich machen können. Diejenigen, die Regietheater toll finden, brauchen letztlich nicht überzeugt werden. Es geht um die Menschen, die Probleme mit dem Regietheater haben. Und da nützt es nichts, wenn man nur immer sein künstlerisches Selbstverständnis wie in einer Gebetsmühle in unendlicher Wiederholung zum Besten gibt. Man braucht Verbindlichkeiten, die auch der Andere, der Regietheater nicht ohne weiteres akzeptiert, akzetieren kann und von daher vielleicht zu einer gewissen Akzeptanz von Regietheater kommen kann. Das ist nicht zuletzt meine Bemühung als Ästhetiker. Die wird aber von den Künstlern respektlos zurückgewiesen und lächerlich gemacht. Der Mensch, welcher mit RT Probleme hat, akzeptiert nunmal kein anyrthing goes, sondern will wissen, was erlaubt ist und was nicht erlaubt ist. Wenn dann die Freunde von RT immer nur sagen: Das ist künstlerische Freiheit, es ist alles erlaubt, es gibt keine Verbindlichkeiten, dann haben sie einfach nur ihre diskursive Unfähigkeit unter Beweis gestellt, die Sinnhaftigkeit ihres Tuns denen, welche bei RT nicht ohne weiteres einen Sinn erkennen können, in irgendeiner Form zu demonstrieren. Ein Weg ist, höhere Verbindlichkeiten wie die Ästhetik ins Spiel zu bringen, weil es hier um allgemeingültige Erkenntnisse geht. Grundlegend ist aber, dass man auf einfache und klar gestellte Fragen auch eine Antwort geben können sollte. Warum ist das, was del Monaco gemacht hat, nicht gut? Es wird solchen Fragen aber immer ausgewichen und statt dessen werden alle Verbindlichkeiten abgestritten, mit denen man möglicher Weise zu einem Verständnis kommen könnte. Dann aber sitzen die Regietheater-Künstler nur in ihrer Filterblase. Sie wollen von denen, die RT ablehnen, nichts hören und die, welche Schwierigkeiten mit RT haben, lehnen es weiter ab. Ihre Fragen nach Sinnhaftigkeit werden in einer für sie verständlichen Weise nicht beantwortet. Das aber ist nichts anderes als der Bankrott jeglicher Verständigungsbemühung.
Schöne Grüße
Holger