Michael Gielen - Charismatiker oder Mauerblümchen?

  • Gielen musste damals in Frankfurt nicht nur ein Orchester, sondern auch ein Publikum von sich überzeugen. Und während die Ablehnung am Anfang auf allen Seiten gross war, veränderte sich das mit den Jahren. Es kamen Menschen in die Frankfurter Oper, die bereit waren, sich (auch) auf Gielen einzulassen. Die Zustimmung zum Dirigenten Gielen wuchs merklich an, manchmal schienen die Buh-Rufe nach den Premieren eher dem Operndirektor zu gelten.


    Übrigens: Gielen war am Anfang nicht sehr angetan, von den Bildideen bsplsw. eines Neuenfels. Aber er hat sich in der Diskussion mit den Regisseuren überzeugen lassen - und wurde dann geradezu ein vehementer Verteidiger von dem, was man in der Oper "Regietheater" nennt. Mit dem Ergebnis, dass Frankfurt als das spannenste Opernhaus überhaupt galt.


    Im Gegensatz zu Zwielicht gehöre ich zu der Generation, die mit der "Aera Gielen" sozusagen gross geworden ist. Der Regie-Assistent von Neuenfels schickte mich damals (ich war knapp unter 20) in die "Gezeichneten" von Schreker. Phänomenal, war für mich völlig neu, sowohl szenisch, als auch musikalisch. So spannend, aufregend, direkt hatte ich Oper noch nie erlebt. Danach war ich sehr häufig Gast in der Oper Frankfurt - die Zeit von Michael Gielen als Opernchef hat mich stark geprägt.


    Es war ein völliger Absturz, als nach Gielen die Pult-Katastrophe Gary Bertini dessen Stelle übernahm - langweilig, uninteressant, uninspiriert und szenisch: ein Rückschritt, wie ich ihn in Frankfurt nicht für möglich gehalten hätte.

  • Das meldet die Presse heute:



    Glückwunsch an Michael Gielen (ist ja auch 'ne Menge Geld!


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Sonntag, 20.06.10 um 20:05 Uhr in WDR 3 - 22.00 Uhr


    Orfeo – Das WDR 3 Opernstudio
    Richard Lorber im Gespräch mit dem Dirigenten Michael Gielen


    Zitat

    Der heute fast 83jährige Michael Gielen ist zweifellos einer der großen Dirigenten unserer Zeit. Er hat Musikgeschichte geschrieben. Eine große Tat war die Uraufführung von Bernd Alois Zimmermanns Oper „Die Soldaten“ 1965 in Köln, die als unaufführbar galt, zunächst zurecht, wie Gielen oft betont hat. Als Direktor der Frankfurter Oper von 1977 bis 1987 hat er zusammen mit dem Dramaturgen Klaus Zehelein und dem Co-Direktor Christof Bitter eine künstlerische Erneuerung des Operntheaters eingeleitet, die besonders in der deutschen Musiktheaterlandschaft bis heute nachwirkt und als Referenzpunkt gilt. Als Chefdirigent des SWR Sinfonieorchesters von 1986 bis 1999 war er, der zeitlebens sich der Neuen Musik verpflichtet fühlte, nicht nur der Hauptdirigent der Donaueschinger Musiktage, sondern hat u. a. Beethoven- und Mahler-Zyklen aufgenommen, die beide zum Kanon der Aufführungsgeschichte zählen. Im Mai dieses Jahres hat Michael Gielen den Ernst-von-Siemens-Musikpreis, die angesehenste Auszeichnung im Musikleben, erhalten.


    In Orfeo spricht Michael Gielen über seine Anschauungen und Maximen des musikalischen Interpretierens, seine Frankfurter Zeit, die für ihn bei allem Erfolg auch immer ein Kampf um den Stellenwert des Musikalischen in der Oper war und über sein Verhältnis zum heutigen Operntheater.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ein hochinteressantes Interview mit Prof. Gielen. Primär geht es um Mahler:



    Viel Spaß!

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ein hochinteressantes Interview mit Prof. Gielen.


    Womit sich die Frage nach dem "Mauerblümchen" wohl erledigt hat: Das Interview zeigt einen Analytiker mit politischem Impetus, der - keineswegs altersmilde - auf eine sehr trockene Art den Wiener Philharmonikern einen gewissen Antisemitismus vorhält (nicht vorwirft!) und anschließend Leonard Bernstein vom "Mahler-Thron" schubst ... Chapeu!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich wusste bisher nicht, dass Gielen ein solch charismatischer Mann ist. Kannte ihn nur von Photos. Er weiß sich auszudrücken; man merkt, dass er weiß, wovon er spricht.


    Ich finde seine Kritik an Bernstein sehr sachlich vorgetragen. Keineswegs ein Totalverriss, betont er ja auch, dass manches von Bernstein sehr gelungen ist (Mahlers 7.). Zudem sagt er ja auch nicht, dass das, was Bernstein aufgenommen hat, schlecht wäre. Nur eben nicht das, was Mahlers Partituren vorgeben. Und die Wiener bezeichnet er ja auch als an sich ideales Mahler-Orchester.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Gielen als alter Tor?
    Hey, der hat ne Biografie hinter sich, die beeindruckend ist! Und er ist ein intellektueller Dirigent, kein Bauchmusiker!
    Man lese: Michael Gielen, Unbedingt Musik.


    Gruß aus Kiel

  • Hat heute seinen 85. Geburtstag:


    Michael Andreas Gielen (* 20. Juli 1927 in Dresden) ist ein deutsch-österreichischer Dirigent und Komponist.
    Er ist der Sohn des österreichischen Theatermanns und späteren Intendanten des Burgtheaters Josef Gielen und der Schauspielerin Rosa Steuermann.



    Gielen pflegt ein weites Repertoire, das von Bach bis zur Moderne und vom Konzertsaal bis zur Oper reicht.
    Für die zeitgenössische Musik, zu der er selbst als Komponist Beiträge liefert, setzt er sich auch als Dirigent besonders ein.


    :jubel::jubel::jubel:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Wie ich gerade gestern erfahren haben, ist Michael Gielen anscheinend gestürzt und muss einige Konzerte absagen: http://www.ndr.de/orchester_ch…te/hamburg/gielen129.html. Erst vor wenigen Wochen durfte ich ihn noch am Pult des NDR-Sinfonieorchesters zusammen mit der Solisten Isabell Faust bewundern. - Ein Sturz in diesem hohen Alter ist ja nicht unproblematisch, also hoffe ich das Beste und wünsche von dieser Seite eine baldige Genesung!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Zitat

    Ich wusste bisher nicht, dass Gielen ein solch charismatischer Mann ist. Kannte ihn nur von Photos. Er weiß sich auszudrücken; man merkt, dass er weiß, wovon er spricht.


    Nicht nur das. Er wirkt gleichzeitig sachlich UND charismatisch. Ich besitze derzeit erst eine Aufnahme mit ihm , und zwar Mahlers 7. mit dem SWR Sinfonieorchester-Baden-Baden. Das reicht für eine Einschätzung (und ich meine hier NICHT "Bewertung") nicht aus, weshalb ich bei meiner nächsten Bestellung ein oder 2 CDs mit Michael Gielen auf die betreffende Liste setzen werde....
    Vielleicht gibt es hier Empfehlungen....Ist es nur ein falscher Eindruck, oder hinkt die Aufnahmetechnik seiner Aufnahmen ein wenig hinter der Zeit der Entstehung nach ???



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Lieber Alfred,


    aufnahmetechnisch ist mir bei Gielen nichts negatives oder "antiquiertes" aufgefallen, wenngleich ich seine Interpretation von Mahlers 7. nicht mehr so präsent im Ohr habe.


    Empfehlungen gäbe es massenweise ;) .


    Ich würde Dir besonders Schönbergs "Gurre-Lieder" ans Herz legen wollen.



    Neben einer Interpretation, die insbesondere unter dem Gesichtspunkt der "Transparenz" für mich Maßstäbe setzt, wartet die Aufnahme mit einer hervorragenden Klangtechnik auf.


    Weiterhin gefällt mir sehr gut Gielens Aufnahme von Schuberts 9. (bzw. 8.) Sinfonie:



    Gielen ist einer der ganz wenigen Dirigenten, der den Übergang des einleitenden Andante im ersten Satz zum Allegro ma non troppo ohne deutliches Accelerando spielen lässt.


    Siehe seine Aussage im Beiheft: "...und wenn man dann endlich erfährt, daß die Einleitung von Schubert mit "alla breve" bezeichnet, daß das berühmt große Accelerando am Ende also nur eine Notlösung ist: wenn man den Anfang zu langsam nimmt, kommt man eben nicht organisch ins Allegro; wenn man das bedenkt, dann rückt sich alles wie von alleine zurecht. Es muß, andersherum, das Allegro so langsam sein, daß dafür das doppelte Tempo des Andante genügt; was eine Viertel zu Anfang, im Andante, ist, das wird eine Halbe im Allegro sein. Es wird ja auch ein Allegro moderato, es wird meistens zu schnell gespielt..."


    Und den "Frühlingsstimmen"-Walzer kannst Du mal "ganz anders" hören. ;)


    Auch Bruckners 6. Sinfonie ist in meinen Ohren empfehlenswert:



    Wenn Du bei Mahler bleiben möchtest, würde icb besonders die Einspielungen der 2. und 9. Sinfonie ans Herz legen:



    Es gäbe natürlich noch viel mehr hervorragende Gielen CDs, aber ich denke, für den Beginn reichen die Tipps... ;)

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Die Aufnahmen aus den 1980ern sind etwas "trocken", das gefällt mir aber ganz gut.


    Ich würde noch Bruckner 5 + 7 und die CD mit Mozarts Sinfonie Nr. 33 und Haydns 99 und 104 empfehlen. Allerdings sind diese vermutlich alle nur noch second hand zu finden.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Freiburg, 30.10.2014. Der Dirigent Michael Gielen wird einem Bericht der Badischen Zeitung zufolge ab sofort aus gesundheitlichen Gründen keinerlei Konzerte mehr geben. Insbesondere die deutliche Verschlechterung seines Sehvermögens habe ihn zu dieser Entscheidung gebracht, so der öffentlich-rechtliche Sender Südwestrundfunk (SWR). Gielen ist Ehrendirigent des SWR-Sinfonieorchesters Baden-Baden und Freiburg. Für das geplante Konzert Anfang Dezember in Freiburg übernimmt für ihn der Niederländer Reinbert de Leeuw, ein für Ende März angesetztes Konzert wird von Ingo Metzmacher dirigiert werden.


    Michael Gielen wurde 1927 in Dresden geboren. Im Jahr 1940 emigrierte er zusammen mit seiner Familie nach Argentinien. Dort studierte er Musik und Philosophie. Anschließend begann er seine Laufbahn als Korrepetitor am Teatro Colón in Buenos Aires. Spätere berufliche Stationen führten den Dirigenten unter anderem an die Wiener Staatsoper, an die Königliche Oper in Stockholm, zum Belgischen Nationalorchester in Brüssel sowie an die Niederländische Oper in Amsterdam. Zwischen 1977 und 1987 war Gielen Direktor der Oper Frankfurt. Bevor er im Jahr 1986 das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg übernahm, war Gielen Chefdirigent des Cincinnati Symphony Orchestra. Seit 1999 ist der 87-Jährige ständiger Gastdirigent des SWR Sinfonieorchesters. Darüber hinaus trat er noch regelmäßig bei den Donaueschinger Musiktagen auf.


    Quelle: http://magazin.klassik.com/new…eendet%20Dirigierkarriere

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    – Luís de Camões

  • Schade, ich habe ihn in Berlin häufig und gerne erlebt, in Konzerten mit dem BSO (heute Konzerthausorchester) und der Staatskapelle Berlin, auch in der Oper mit "Pelleas" und - naja - "Norma".

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Sehr schade! - Ich hatte gerade Karten für ein Konzert mit dem NDR-Sinfonieorchester in 6/2015 gekauft. - Na ja, jedenfalls freue ich mich, ihn in den vergangenen Jahren noch einige Mal auf dem Podium gesehen zu haben und wünsche ihm noch ein paar Jahre im wohlverdienten Ruhestand.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Hoffen wir jedenfalls, dass ihm noch ein paar Jahre Ruhestand vergönnt sind, nicht so wie bei einigen Ruhestandsmeldungen, denen wenige Monate später der Nachruf folgte...


    Wünschenswert wäre auch, dass zahlreiche Aufnahmen aus den 1980ern vom SWR oder Hänssler wieder zugänglich gemacht würden. Hänssler hat sich verständlicherweise auf die neueren und die Mahler-Aufnahmen beschränkt, es gibt aber noch zB
    -sämtliche Beethovensinfonien, Violinkonzert (mit Tetzlaff), Missa solemnis
    -Brahmsssinfonien, Doppelkonzert, Haydn-Var., Klavierquintett (Schönberg)
    - Haydns 99+104
    - Mozarts 33, 36, 39, 40
    - Tschaikowsky 6.
    - Bruckner 3-9, wobei 4,5,7,9 nicht lieferbar/wiederaufgelegt sind
    - Janacek Glagol. Messe + Taras Bulba
    - Regers Klavierkonzert
    - Bachs Magnificat + eine Kantate, Bach/Webern Ricercar
    - diverses aus der (klass.) Moderne, von dem ich nicht genau weiß, ob das bei Hänssler teils als Füller dabei ist, oder ob es sich um Neuaufnahmen handelt.

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  • Bei mir stehen auch noch Ravels "Daphnis et Chloe" und "Shcostakowitsch 12. Symphonie" im Regal. Was ihn gerade an dieser vielgescholtenen Symphonie interessiert haben mag?


    Und auf dem Nachtisch liegt gerade dieses Buch:


  • Zu seinem heutigen Geburtstag habe ich aus meiner Sammlung die GA-DVD der Beethoven-Symphonien herausgesucht:



    Heute feiert Michael Gielen seinen 88. Geburtstag.


    Herzlichen Glückwunsch!


    Willi :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Eine vermutlich höchst interessante GA der Bruckner-Symphonien kommt auf uns zu:



    Mir war nicht bewusst, dass Gielen alle 9 Symphonien aufgeführt hat. :thumbsup:

  • Ich frage mich auch, wo sie 1 und 2 auf einmal aufgetrieben haben (anscheinend in Saarbrücken) und gleichzeitig auch, warum die noch nie vorher veröffentlicht worden waren. 4,5,7,8 und 9 gab es auf Intercord bzw. teils EMI, 3 und 6 etwas später auf Hänssler. Allerdings interessieren mich 1 und 2 nicht genügend, um die Box, von der ich den Rest größtenteils schon habe, anzuschaffen.

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  • Ich zitiere mich mal selbst aus dem "Neuerscheinungs-Thread":


    Zitat

    Die Box wird ein "Pflichtkauf" für mich sein, auch wenn ich so gut wie alle Aufnahmen schon besitze - bis auf die ersten beiden Sinfonien und die 4., die ich einmal besaß, aber dann aus unerfindlichen Gründen wieder verkaufte und seit Jahren einigermaßen erschwinglich suche.


    Die 4. Sinfonie ist bei Gielen übrigens in der immer noch selten zu hörenden Erstfassung von 1874 eingespielt worden, also ohne das bekannte "Jagdscherzo".


    Zudem gibt es in der Box einige Erstveröffentlichungen. Wenn die Angaben auf der Rückseite stimmen, dann wird auch die 8. Sinfonie in der Erstfassung gespielt. Ich weiß, dass Gielen diese öfter im Konzert spielte. Bisher erhältlich war auf CD die Haas-Fassung, die Gielen "vom instrumentatorischen Standpunkt ein bisschen weiter bearbeitet" hatte (Originalzitat).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich gehe davon aus, daß man von einer Veröffentlichung ALLER Sinfonien abgesehen hat, weil einige schon digital, andere indes noch Analogaufnahmen sind, - ein NO-GO vor 25 oder 30 Jahren. Vielleicht sind auch noch ein paar Live-Mitschnitte dabei: "IGITT IGITT" hätte der Klassikkörer der Vergangenheit da gesagt - und die Box wäre in den Regalen liegengeblieben....
    Das Mischen von Aufnahmen Analog-Digital- Stereo-mono-Live-Studio-historisch kam erst um ca 2000 in Mode - und ich war richtig empört als ich das sah - notabene da auf manchen CDs jeglicher Hinweis auf zweit- oder drittklassige Tonqualität fehlte.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich sehe keinen Hinweis auf Live-Aufnahmen. Von den vorher einzeln veröffentlichten ware höchstens die 6. live (bin nicht sicher, evtl. auch die 3.), alle anderen (4, 5, 7-9) sind meiner Erinnerung nach digitale Studio-Aufnahmen (späte 1980er, evtl. frühe 1990er).


    Der Grund wird zum einen darin liegen, dass ein Vertrag von Intercord oder später Hänssler mit dem damaligen SWF bestanden hat, nicht aber mit dem Saarländischen Rundfunk. Und zum anderen vielleicht darin, dass man sich von einzelnen CDs der ersten beiden Sinfonien (die fast nur im Rahmen von GA auftauchen, Celi hat sie ganz weggelassen und Wand auch nur einmal eingespielt) nicht viel Absatz versprochen hat.

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    (Bob Dylan)

  • Ich gehe davon aus, daß man von einer Veröffentlichung ALLER Sinfonien abgesehen hat, weil einige schon digital, andere indes noch Analogaufnahmen sind,


    Ich glaube, dass man erst im Nachgang überhaupt auf die Idee kam, aus bei Rundfunkanstalten vorhandenen Aufnahmen eine GA zu kreieren, denn andere GA (Mahler, Beethoven) sind ja entsprechend geplant und durchgeführt worden. Wir haben also vermutlich eher eine Situation wie bei Furtwänglers Beethoven GA. Da ich bisher nur zwei Bruckner-Aufnahmen von Gielen habe (5 und 7, wenn ich recht erinnere), lohnt sich für mich die Box auf jeden Fall. Und im Gegensatz zu meinen Vorrednern sind mir die ersten beiden Symphonien durchaus sehr wichtig und kein überflüssiges Anhängsel.

  • Unglaublich, aber wahr:


    Heute wird Michael Gielen 90 Jahre alt!


    Leider kann er nicht mehr dirigieren - die Gesundheit macht wohl nicht mehr mit (besonders das Gehör).


    Vor ca. zwei Jahren hätte er hier in Frankfurt Mahlers Sechste mit seinem ehemaligen SWR-Orchester dirigieren sollen. Leider kam es nicht dazu, und es sprang Ingo Metzmacher ein. Wie sich dann herausstellte, war das keine gute Entscheidung.


    Trotzdem konnte ich noch tolle Konzerte mit Ihm hören: Bruckners Sechste, Mahlers Fünfte und die komplette Zehnte, eine Schubert-Messe, Schumanns Rheinische, Mozarts Jupiter. Sowie immerhin zwei Opern: Verdis "Macbeth" und Schrekers "Der ferne Klang" (beides in der Staatsoper Berlin in der Regie des damaligen Intendanten Peter Mussbach). Besonders der Verdi ist mir absolut unvergesslich.


    In Frankfurt wird Michael Gielen natürlich wegen seiner Ära an der Oper für immer unvergessen sein. Ich hoffe sehr, daß sie auch an Ihn erinnern und Ihn ehren wird, denn das Haus zehrt auch heute noch von seiner damaligen Leistung.


    Alles Gute, Michael Gielen!



    1995: Michael Gielen und Peter Mussbach bei der Probenarbeit zu Alban Bergs Lulu (Salzburger Festspiele).

  • Eine schöne Würdigung des großen Dirigenten. :)


    Anlässlich seines Geburtstags hat der SWR bisher fünf Folgen der "Michael Gielen Edition" herausgegeben:


    [


    Ich weiß nicht, wie viele Folgen der Edition es noch geben wird, aber zumindest sein Beethoven und sein Mahler werden mit Sicherheit wohl noch veröffentlicht.


    Ich besitze Vol. 2 und Vol. 4, kenne zudem fast alle Brahms-Aufnahmen und kann ibs. die Bruckner Box voller Überzeugung empfehlen.


    Nicht nur, weil die Bruckner Box vier Neuveröffentlichungen erhält (Sinfonien 1, 2, 8 und 9), sondern auch, weil sich Gielens Interpretationsstil von "flüssig, drängend" zu "monumental, fast brutal" (Sinfonien 8 und 9) änderte, ist diese Box nicht nur für Gielen Fans interessant.


    Die Sinfonien 4 und 8 werden in der selten zu hörenden Erstfassung dirigiert; insbesondere die Sinfonien 5 und 6 setzen für mich Maßstäbe in Bezug auf Durchhörbarkeit und Präzision, an die sich jeder andere Dirigent messen lassen muss.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Nachtrag: Kaum schrieb ich es, schon liefert der andere Werbepartner Vol. 6 mit Gustav Mahler. ;)


    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • "Der Versuch, die Intelligenz zu benutzen beim Musizieren,
    aufgrund der Analyse in die Praxis zu gehen,
    ist ein eminent politischer Akt.
    Und das so beliebte Musizieren aus dem Bauch heraus
    ist auch einer."


    (Michael Gielen)

  • Nicht nur, weil die Bruckner Box vier Neuveröffentlichungen erhält (Sinfonien 1, 2, 8 und 9), sondern auch, weil sich Gielens Interpretationsstil von "flüssig, drängend" zu "monumental, fast brutal" (Sinfonien 8 und 9) änderte, ist diese Box nicht nur für Gielen Fans interessant.

    Ja, lieber Norbert, "monumental, fast brutal" kann man wirklich zu dieser Neunten Bruckner von 2013 (live) sagen. Ich finde sie apokalyptisch im besten Sinne. Schockhaft, intensiv, epochal. Das dürfte eines seiner letzten Dirigate gewesen sein. Ich will gar nicht dran denken, wie diese Sechste Mahler mit Ihm in Frankfurt hätte werden können...


    Ich weiß nicht, wie viele Folgen der Edition es noch geben wird,

    Hier gibt es eine Übersicht:


    https://www.gielen-edition.de/


    Das finde ich einen sehr bemerkenswerten Ausspruch, lieber Helmut Hofmann. Man darf ja auch nicht vergessen, von wem Michael Gielen geprägt wurde: Fritz Busch, Erich Kleiber, Arnold Schönberg, Ernst Krenek, Maurizio Kagel und Bernd Alois Zimmermann.

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