Kommen wir wieder zum Thema - das ein für meine Person bedeutendes ist:
Fortschrittsglaube in der Musik.
Das würde bedeuten, daß Berg, Webern, Ligeti, Schostakowitsch und Henze - um nur einige aus dem bunten Haufen zu nennen - ein Fortschritt (im Sinne von "besser") gegenüber Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert wäre.
Das kann und will ich nicht akzeptieren - seit über einhundert Jahren hat die klassische Musik vom Publikum entfernt - sie hat den "Mut zur Häßlichkeit" - ein Mut den ein Großteil des (Klassik!!)Publikums nicht mittragen will. (Ähnlich sieht es in der Malerei und in der bildenden Kunst aus)
Eine "Mafia der Moderne" bringt es zwar nicht zuwege zeitgenössische Kompositionen am Klassikmarkt zu etablieren (Ich spreche jetzt von breiteren (Klassik)-Publikumsschichten, nicht von "Klassischer Subkultur") - aber sie hat es immerhin geschafft ihre Kritiker mundtot zu machen, sodaß jeder, der den "Fortschritt in der Musik" (bzw der Kunst überhaupt) in Zweifel zieht - als rückständig, langweilig, unbedeutend -und letztlich sogar als dumm und lächerlich hingestellt wird. Kaum ein junger Interpret von heute, der nicht öffentlich bekennen MUSS, daß er die "Musik unserer Zeit" regelrecht liebt.
Dieses Forum wurde unter anderem dazu gegründet, daß jedermann frei bekennen kann, wenn ihm die tonale Tonsprache anderer Jahrhunderte besser gefällt, als jene von heute.
Die Konsequenz aus diesem Ansatz könnte sein, daß man zunächst in den Archiven nach Raritäten sucht. Aber es muß auch möglich sein, dort fortzusetzen - mit oder ohne "Weiterentwickling" wo die "Klassiker" aufgehört haben. Ein Gedankengang der skurril erscheinen mag - den ich aber mit aller Kraft unterstütze.
Ich kenne immerhin VIER Komponisten, bzw Projekte, die diesen Weg gehen, teilweise mit großem Erfolg:
Franz Xaver Frenzel
Pseudonym für den österreichischen Komponisten Friedemann Katt.
Er schreibt Werke im Stile des Barock. Als Spaß getarnt verkauft er seine Werke auf CDs und übernimmt auch Aufträge von Staatsoberhäuptern.
Wiener Walzer Werkstatt
Das Komponistentrio Reutterer/Müller/Bergmann schreibt Werke im Stile der Gebrüder Strauß, welche dann auch vom "Wiener Geigen-Quartett"
(Mitglieder der Wr. Philharmoniker bzw des RSO Wien) zur Aufführung gebracht werden, bzw auf CD gebannt wurden.
Ulli Blees,
dessen Klavierkonzert, das auf meine Anregung hin entstand, und in der Tonsprache des 18. Jahrhunderts komponiert wurde, wenn alles klappt im Herbst von einem führenden deutsche Orchester aufgeführt wird.
Rappi
Dessen Tonsprache ich im frühen 19. Jahrhundert vermuten würde und nicht im 21.
Das dürfte allerdings nur die Spitze vom Eisberg sein.
Die "Modernen" werden lachen , lächeln, spotten oder sogar agressiv formulieren: diesen neuen Trend werden sie aber nicht verhindern.
Dem Publikum (und wieder meine ich das Klassikpublikum !!) ist es egal wie "revolutionär" ein Werk ist, welcher Kunstkniff hier erstmals angewandt wurde etc. - Es will unterhalten werden. Schon allein dieser Satz wird von vielen als ein Sakrilieg gesehen werden - Aber dennoch Unterhaltung ist letztlich das, wass Musik leisten sollte...
Freundliche Grüße aus Wien
Alfred