Was ist eigentlich Musik?

  • Alfred

    Zitat

    Musik ist organisiertes (oder geordnetes) Geräusch. Einer weitere Möglich keit wäre: "gewolltes, nicht zweckgebundenes Geräusch" - damit meine ich beispielsweise das Erklingen einer Autohupe, ohne daß sie im Straßenverkehr eingesetzt wurde


    Wobei ein rein gedanklich vorgestelltes Geräusch auch schon Musik für mich wäre; ohne
    dass ich die Diskussion mir schon komplett durchgelesen hätte...


    :hello:

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler


  • So geht's mir auch. Sobald HolgerB mir erklärt hat, warum Brahms Musik ist, melde ich mich wieder... :no:

  • Lieber Robert,


    Du vergißt, daß Holger ja zuerst gefragt hatte! Leider nicht sich selbst (was drolligerweise auch bisweilen dann Sinn macht, wenn man zunächst keine Antworten in Sicht hat - man klärt zumindest mal die eigne, völlig buntgemischte Fragestellung, die zwischen definitionalen, kulturgeschichtlichen und genuin ästhetischen Problemen oder Pseudoschwierigkeiten immer dorthin oszilliert, wo man sich vor echter Hinterfragung eigner Halbheiten sicher wähnt), sondern ersteinmal die anderen... ;)



    Alex. :hello:

  • Morgen,


    ich habe mich tatsächlich gefragt, ob hier die Frage unter Einbezug von Bob Dylan, Metallica, Manowar, Madonna, Udo Jürgens und den vielen anderen, die weltweit in Musik machen, gemeint sein kann oder gemeint sein darf. Der Musikwissenschaft hat jemand jedenfalls in einer MERKUR-Ausgabe vor wenigen Monaten den Vorwurf gemacht, dass diese Wissenschaft sich nie bis Bob Dylan etc. vorgearbeitet hat. Kunst oder Nicht-Kunst oder als Kunst nichtig oder nichts als eine Nichtung von Kunst. Wieso ist oder war Musik denn überhaupt sofort Kunst?


    Was ist Musik - nur die abendländische Kunstmusik?


    Genealogisch scheint mir diese Antwort auf die Frage "Was ist Musik" naheliegend, und unter Einschluß von Bob Dylan etc.:


    "Musik ist vegetativ-animalische Lebensenergie, mehr oder weniger durch Geist veredelt und ins Akustische transformiert, von wo das Etwas weiteren Transformationen überlassen ist."


    So kann man mit Blick auf Beethovens Streichquartette als Gebilden von "Emotion und Ästhetik" sprechen (Vegetativ-animalisches und Geist), von Manowar oder Metallica aber mindestens erwarten, dass es im Hören dieser Musik zu einer Akustik kommt, die einen umhaut, 120 dB, und in den Sack durchschlägt.


    Musik ist eben ein Allerwelts-Phänomen. Wieviel Musik ist doch jenseits der gemeinten Kunstmusik!? Und, wenn nun die Allerweltstechnik zur Musik herüberrückt, die Mittel mitschleifend, ist es, das solche Etwas, dann erst Musik, wenn es sich den - welchen - Gestaltgesetzen unterwirft?


    Freundlich
    Albus

  • Lieber Albus,


    Zitat

    Der Musikwissenschaft hat jemand jedenfalls in einer MERKUR-Ausgabe vor wenigen Monaten den Vorwurf gemacht, dass diese Wissenschaft sich nie bis Bob Dylan etc. vorgearbeitet hat.


    Das ist Quatsch! Ich weiß nicht, wer das gesagt haben soll, aber Seminare und Veröffentlichungen sprechen eine eindeutige Sprache.


    Zitat

    Genealogisch scheint mir diese Antwort auf die Frage "Was ist Musik" naheliegend...


    Genalogisch sollten wir das nicht betrachten, das endet immer damit, daß man Entstehungsbedingungen mit Wesensbestimmungen, Herkunft mit Definition verwechselt.


    Zitat

    Musik ist vegetativ-animalische Lebensenergie, mehr oder weniger durch Geist veredelt und ins Akustische transformiert, von wo das Etwas weiteren Transformationen überlassen ist


    Auf dieses "mehr oder weniger" kommt denn doch einiges an. Außerdem halte ich es für mißlich, von einer nachträglichen "Transformation ins Akustische" zu reden! Der Phänomenbestand, der uns nur vorliegen kann, ist das zur akustischen Realisation vorgesehene Material. Alles, was zum kognitiven, emotionalen oder rein volitiven "Ursprung" dieses Vorliegenden gelangen will, ist zunächst einmal - ohne genauere und mühsam erarbeitete Analyse der möglichst gesamten sozialen, ästhetischen und gedankengeschichtlichen Struktur, in die eine bestimmte Musik eingebettet ist - wüste Spekulation. Daneben wird hier wieder der zeitliche Ursprung mit dem sachlichen Kern verwechselt und kurzgeschlossen...


    "Vegetativ-amimalisch" soll wohl auch bedeuten, daß man sich die Mühe des Nachdenkens sparen darf, weil der gemutmaßte Urgrund allen musikalischen Seins per se nur "kreatürlich angegangen" werden kann? Dann sollten wir uns allerdings auch schenken, solche Ur-Empfindungen in dürre Worte zu kleiden, und lieber mit archaischen Zuckungen und Verrenkungen, meditativer Anbetung oder bestenfalls mit einer ad-hoc-entworfenen Form von Gegenmusik "antworten"...


    Der Versuch einer Reaktivierung animistischer und animatistischer Kultgebaren ist ja auch nichts Neues...


    Zitat

    So kann man mit Blick auf Beethovens Streichquartette als Gebilden von "Emotion und Ästhetik" sprechen (Vegetativ-animalisches und Geist), von Manowar oder Metallica aber mindestens erwarten, dass es im Hören dieser Musik zu einer Akustik kommt, die einen umhaut, 120 dB, und in den Sack durchschlägt.


    Bitte wóhin???


    Zitat

    Musik ist eben ein Allerwelts-Phänomen.


    Hm, Musik ist vielleicht eine basale Außergewöhnlichkeit. Aber keine hochambitionierte Allerweltserscheinung... jedenfalls nicht in dem Sinne, daß es keiner merken würde, wenn nun der einfallsloseste Dreck mit pseudointellektuellem Firlefanz getarnt als "Musik" verkauft werden soll. Es gibt Kriterien, ob die für alle einsehbar sind, ist nochmal eine andre Sache.


    Zitat

    Wieviel Musik ist doch jenseits der gemeinten Kunstmusik!?


    Wer meint welche Kunstmusik?


    Zitat

    Und, wenn nun die Allerweltstechnik zur Musik herüberrückt, die Mittel mitschleifend, ist es, das solche Etwas, dann erst Musik, wenn es sich den - welchen - Gestaltgesetzen unterwirft?


    Der große, große Irrtum aller "Genealogen": Musik ist immer bereits gestaltet, "Gestaltgesetzen" unterworfen. Diese werden nicht erst nachträglich an Musik herangetragen. Ungeformte Musik ist, so weit sind sich alle einig, nicht als solche anzusprechen. Da hat man eben dann Begriffe wie "Geräusch" und andere dafür.


    Abgesehen davon verstehe ich den Satz beim besten Willen nicht ganz...



    Alex. :hello:

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  • Zitat

    Origibnal von Kurzstueckmeister
    Ja, genau, was ist ein "Gestaltgesetz"?


    In der Psychologie gibt´s das, in der sog. Gestaltheorie, begr. v. Max Wertheimer, sogar eine ganz einflußreiche Richtung, Blütezeit 20er bis 50er Jahre. Aber man sollte solche Strukturanalyse konkreten menschlichen Wahrnehmens nicht einszueins auf ein (in unserem bescheidenen Zusammenhang hier) erst noch zu umreissendes Phänomen "Musik" übertragen...


    Das ist ja, was ich immer wieder sage: Ein hübsches Wort birgt noch nicht automatisch einen schicken Gedanken in sich.



    Alex. :hello:

  • Abgesehen von der Frage, was Musik sei, stellt sich die Frage, wozu man antworten soll.


    Versuchen womöglich die einen, irgendein gemeinsames Merkmal aller Musik anzuführen (dtv), meinen die hauptsächlich an der Fragestellung Interessierten, das sei eine Konstruktion zur Rehabilitation der Neuen Musik (Hä? - Rehabilitation?)


    Diese wünschen sich eine Definition, die Stockhausen ausschließt (mindestens). Allerdings ist ihnen bislang gar nichts eingefallen. Die Musen und Zeus hauen wohl z.B. für Mozart auch nicht mehr hin, da Mozarts Kulturkreis zu Mozarts Lebzeiten weitgehend christianisiert war.


    Während hier das Ziel ist, etwas als außerhalb der Musik zu definieren, um damit klarzumachen, dass es schlecht sei, hält die andere Seite bisweilen solches Aus-dem-Rahmen-Fallen für eine besondere Qualität (FLUXUS). Wenn wir also diskutierten, ob FLUXUS Musik sei (was man könnte), würde auch kein Ziel erreicht.


    FLUXUS (Alfred ist uns Wurscht)

  • Lieber Peter,


    vorab vielen Dank für Deinen Willkommensgruss zu so früher Stunde!


    Ich kann Deine Argumentation nachvollziehen und stimme ihr zu. Ich persönlich bin einfach nicht gleichermassen in der Lage, so konzis zu formulieren und verbleibe dann lieber im Allgemeinen.


    Ich bin selbstverständlich auch nicht einverstanden mit der polemischen Art und Weise von Holgers Rundumschlag gegen alles „Neutönerische“ , und gerade seine Verbalinjurien gegenüber Henzes Idiom scheinen auch mir Ausdruck allzu subjektiver Unsachlichkeit zu sein.


    Was ich an seinem Verdruss nachvollziehen kann, ist der Umstand – wenn ich es richtig interpretiere – dass es ihm nicht gelingen will, der Art und Weise wie z.B. Henze die Klänge organisiert einen Gewinn (im Sinne von nährendem Genuss) abzuringen.


    Dass dieser gewinn/genussbringende Effekt nicht alleiniger „Sinn und Zweck“ der Kunst ist, ist mir persönlich sehr wohl klar.
    Ob es Holger klar ist, mag er selbst beantworten.
    Denn was auch ich dezidiert nicht akzeptieren kann, ist der Umstand, dass man aus einem subjektiven Empfinden heraus ein allgemeine Gültigkeit postuliert.


    Bei meiner eigenen Beschäftigung mit der Musik/Kunst, geht es auch mir persönlich selbstverständlich nicht primär um die Genese von „Schönheit“ oder gar „Lebenshilfe“ !


    Aber ich habe keine Hemmung zuzugeben, dass ich mir nach der Arbeit mit Pettersson, Krenek, Wellesz und co. (ganz heimlich) auch mal eine Sinfonie von Schmidt-Kowalsky zu Gemüte führe. :untertauch:
    Einem solchen anachronistischen Produkt würde ich den Kunstrang sicherlich auch nicht absprechen wollen.


    Ebenso unseriös ist es, unserer berüchtigten Helikopteraktion aus subjektiven Gründen nicht den Kunstrang zuzugestehen.
    Wenn wir uns allein des Umstandes bewusst werden, wie lange wir jetzt schon darüber diskutieren!
    Wenn das nicht Sinn und Zweck der Kunst ist!


    (N.B. als Anektote: Stockhausens Helikopterquartett sollte vor einigen Jahren anlässlich einer Biennale in Bern aufgeführt werden. Das Happening kam leider nicht zu Stande: Ich kenne die genauen Gründe nicht, aber man munkelt, das „Schweizerische Pentagon“, welches direkt neben dem Areal der Hochschule für Musik steht, habe (verständlicherweise) sein Veto eingereicht: Man kann ja nie wissen, wie gefährlich so ein „Fliegendes Streichquartett“ ist... :D)


    Ich grüsse Dich herzlich aus Bern


    Walter

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Während hier das Ziel ist, etwas als außerhalb der Musik zu definieren, um damit klarzumachen, dass es schlecht sei, hält die andere Seite bisweilen solches Aus-dem-Rahmen-Fallen für eine besondere Qualität (FLUXUS). Wenn wir also diskutierten, ob FLUXUS Musik sei (was man könnte), würde auch kein Ziel erreicht.


    In diesem Sinne habe ich auch nichts dagegen, wenn ein Komponist seine Musik als Nichtmusik definiert, ein Autor sein Werk als Nicht-Literatur etc. Ich sehe darin allerdings mehr eine Geste, als eine Grundsatzerklärung. Diese kann sehr unterschiedlich motiviert sein - akzeptiert wird sie in der Regel von der Nachwelt ohnedies nicht (wie man schon bei Dada sehen kann).


    Fruchtbar finde ich es eher, wenn man bei einem Kunstwerk wertet, nicht wenn man seine Wertung als Kunstwerk negiert. Nur wenn man die innere Ordnung eines Werkes nicht erkennt, so heißt dies noch lange nicht, dass es sie nicht gibt.


    Liebe Grüße Peter

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  • Zitat

    Original von Walter Heggendorn
    Ebenso unseriös ist es, unserer berüchtigten Helikopteraktion aus subjektiven Gründen nicht den Kunstrang zuzugestehen.
    Wenn wir uns allein des Umstandes bewusst werden, wie lange wir jetzt schon darüber diskutieren!
    Wenn das nicht Sinn und Zweck der Kunst ist!


    (N.B. als Anektote: Stockhausens Helikopterquartett sollte vor einigen Jahren anlässlich einer Biennale in Bern aufgeführt werden. Das Happening kam leider nicht zu Stande: Ich kenne die genauen Gründe nicht, aber man munkelt, das „Schweizerische Pentagon“, welches direkt neben dem Areal der Hochschule für Musik steht, habe (verständlicherweise) sein Veto eingereicht: Man kann ja nie wissen, wie gefährlich so ein „Fliegendes Streichquartett“ ist... :D)


    Lieber Walter,


    ich hatte - aus Unkenntnis - das Helikopter-Quartett auch eher unter dem Etikett "Happening" verbucht - und muss nun sagen, dass ich da arg daneben gegriffen habe. Die Ernsthaftigkeit und die Intensionalität, mit der das Werk geschrieben und am Ende realisiert worden ist, befindet sich an einem Punkt weit ab von einem Happening. Aber das könnte man ausführlicher im Stockhausen-Thread erörtern. Nur als Beispiel für künstlerische Willkür, ja künstlerischen Größenwahnsinn taugt es nicht. Das kann man hier immerhin äußern.


    Liebe Grüße Peter

  • Tag erneut,


    zur Gestalttheorie in der Musikwissenschaft siehe:
    http://www.amazon.de/s/ref=nb_…C+and+Computing&x=18&y=22


    Darunter auch in geduldiger Anwendung auf Musik von Stockhausen.


    Darf denn nun Derartiges (Gegenwartskulturelles) wie Madonna, Metallica, Motörhead und all die anderen aus dem Pop/Rock-Segment unter den gesuchten Begriff von Musik gerechnet werden oder nicht? Musik nur als Hochkutur wie Sprachkultur? Mit: Sprache nur als Sprachkultur im Sinne von Text von kulturellem Rang?


    Gibt es in dem gesuchten Verständnis (oder Begriff) von Musik keine Banalitäten?


    Freundlich
    Albus


    NS: 1. Ich hoffe der Link funktioniert. 2. Der 'Sack' ist der Leib des Hörers.
    A.

  • Zitat

    Original von Albus
    Darf denn nun Derartiges (Gegenwartskulturelles) wie Madonna, Metallica, Motörhead und all die anderen aus dem Pop/Rock-Segment unter den gesuchten Begriff von Musik gerechnet werden oder nicht?


    Natürlich, lieber Albus, was sonst? Märsche, Volkslieder und Schlager sind eben auch "nur" Musik ...


    Liebe Grüße Peter

  • Lieber Peter,


    völlig d`accord. Ich fand es schade, dass das Werk nicht zum Fliegen kam.
    Soviel ich weiss, war es sehr wohl stimmig eingebettet in in einen grösseren Rahmen.


    Wenn ich von "Projekt verständlicherweise abgelehnt" spreche, meine ich durchaus: "Aus Unkenntnis" und in der Vortstellung eines "reinen Spektakels". Aber ich bin über die näheren Umstände, wie schon gesagt, nicht im Bild. (Wobei sich tatsächlich die Frage stellen lässt, wie sinnvoll es ist, die Aktion über dicht besiedeltem Gebiet durchzuführen).
    Aber ich befinde mich nun wirklich im OT. Sorry.


    Mit lieben Grüssen aus Bern


    Walter

  • Graf Wetter vom Strahl schrieb :


    Zitat

    Und kläglich düst die Murmel mir...!


    Na wenn es nur die Murmel ist .... ;)


    Alfred Schmidt schrieb :


    Zitat

    Wenn ich aber die Musik den "schönen Künsten" zurechne - dann verbieten sich viele Werke der "radikalen Moderne" von selbst.
    Ich lege mich hiebei auf keine Notensystem etc fest - alles was greausig klingt ist "für mich" keine Musik mehr - sondern SCHLECHT organisiertes Geräusch.


    Genau so sehe ich es auch.
    Nachdem Robert Stuhr immer bei mir anfragt, warum ich das nicht für Musik halte.
    Er möchte dazu eine Erklärung !
    Übrigens habe ich das bereits in meinem ersten Beitrag in diesem Thread so geschrieben :
    "Für mich ist das alles nur eine Verbindung von einzelnen Tönen die mir nichts sagt " 8o


    Zitat

    Aber wozu all die Diskussion: Musik wird angenommen - oder nicht.


    Und daher belasse ich es nun auch dabei ....


    Denn selbst Robert Stuhr ( und das ist der mit den Fachleuten ) kann mir keine Antwort auf meine Frage geben ....
    Andere wohl schon !
    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von HolgerB
    Denn selbst Robert Stuhr ( und das ist der mit den Fachleuten ) kann mir keine Antwort auf meine Frage geben ....
    Andere wohl schon !


    Es ist - wie immer - schwieriger, gute Fragen zu stellen als Antworten zu geben. Auf eine so allgemeine Frage (wenn sie nicht von vorne herein als ein Fangfrage gestellt wurde, wie Alfred vermutet) kann man nur mit so hoher Abstraktion antworten, dass es für den Normalverbraucher unverständlich wird.


    Man kann es auch auf Alltagssprachliches herunterbrechen, allerdings mit den üblichen Einschränkungen. Das alles ist hier versucht worden, wenn es nicht zufrieden stellt, so nur deshalb, weil da sich eine falsche Erwartung dazwischen stellt.


    Man kann sich nicht auf diese Art "beweisen" lassen, dass etwas nicht zur "Musik" gehört oder nicht. Im weitesten Sinne ist sogar alles Musik - da ist der Hinweis aus den Standpunkt des Betrachters durchaus angebracht.


    Im engeren Sinne wird man erst einmal bestimmen müssen, was den allgemeinen Sinn hier einengt. Wird unter Musik "Klassische Musik" verstanden, gibt es eine Mehrzahl von Musik, die nicht unter diese Kategorie fällt (wie etwa vieles der Unterhaltungsmusik). Setzt man gar eine bestimmte Epoche der Musikgeschichte, einen bestimmten Kulturkreis o.ä. als Kriterium fest, wird die Antwort auch nur diese Epoche, diesen Kulturkreis betreffen - man nimmt sich so selbst die Antwort, die man haben möchte.


    Komponistenäußerungen wird man kaum ohne Kontext zitieren können, war es hier ein Sarkasmus, da eine (falsche) Bescheidenheit, dort ein Politikum - kontextlos geschehen solche Äußerungen nicht. Als Prüfstein stelle ich hier einmal Ravels Äußerung zu seinem Bolero hier wieder ein:


    Ich habe nur ein einziges Meisterwerk komponiert - den Bolero. Leider völlig ohne Musik.


    Was ist nun Musik, wenn nicht der Bolero? Was meinte nun der Meister hier?


    Liebe Grüße Peter

  • Hallo, miteinander, lieber Peter!


    Ich habe nur ein einziges Meisterwerk komponiert - den Bolero. Leider völlig ohne Musik.


    Ich denke, das war wohl auch Selbstironie französischer Prägung (auch meine bisweilige Form der Selbstironie :D) - eine Mischung aus echter und falscher Bescheidenheit, aus Skepsis und dem Fischen nach Komplimenten, hinter der das Bewusstsein steckt, etwas Geniales mit dem Mittel der Primitivität geschaffen haben ...


    Wobei ich biographisch nichts weiter weiß ... vielleicht weiß jemand mehr.


    :) Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • nu ja, wenn alles Musik ist, ist ebensogut auch nichts Musik - es ist hier nicht so wie in anderen Wissenschaftszweigen, in denen die "community" darüber entscheidet, wie en vogue gerade bestimmte Lehrsätze sind. Die Erde ist flach und sie steht im Mittelpunkt des Universums? Henze und Stockhausen machen Musik und nicht nur Lärm?


    Anders als in der Physik, wo es gewisse Testkriterien - wie die Erfüllung von Prognosen - gibt, anhand derer man beurteilen kann, ob ein Lehrsatz eher mit den Beobachtungen übereinstimmt als nicht, gibt es in der Musik keine intersubjektiven Beobachtungen. Hie gibt es NUR das Auge des Betrachters, das entweder Schönheit sieht oder eben nicht - und mich mit dem Durchhören von offenkundigem Mist zu beschäftigen, dazu fehlen auch mir Zeit und Leidensbereitschaft - ich finde es daher schon extrem wacker, manche Stücke bis zur Hälfte durchgehört zu haben! Nach den ersten Takten (??) sehnt man sich schon nach dem Stop-Knopf, alles natürlich streng subjektiv, ich beanspruche mal wieder keine Allgemeingültigkeit!!


    Aber wenn man schon nicht so illiberal sein will, dem "Komponisten" abzusprechen, er sei der Meinung, er habe Musik verursacht, warum dann so illiberal, dem Hörer die Meinung abzusprechen, er habe nicht ???

  • Zitat

    Original von m-mueller
    nu ja, wenn alles Musik ist, ist ebensogut auch nichts Musik


    So ist es, wenn man vom Ohr des Betrachters ausgeht - was zeigt, wohin das führt.



    Zitat

    - es ist hier nicht so wie in anderen Wissenschaftszweigen, in denen die "community" darüber entscheidet, wie en vogue gerade bestimmte Lehrsätze sind. Die Erde ist flach und sie steht im Mittelpunkt des Universums?


    Natürlich gibt es eine "community", die darüber entscheidet, was Musik ist. Wer Henzes und Stockhausens Werke als Nicht-Musik bezeichnet, steht außerhalb dieser "community". Er wird sich auf den bekannten "gesunden Menschenverstand" berufen, das ist dann so üblich.



    Zitat

    Henze und Stockhausen machen Musik und nicht nur Lärm?


    Ich hoffe, dass Du die Frage nicht im Ernst gestellt hast, sonst muss ich daran zweifeln, dass Du überhaupt etwas von den beiden Komponisten kennst. Für die Menschen mit gesunden Menschenverstand weise ich nur darauf hin, dass die beiden in allen mir bekannten Nachschlagewerken als Komponisten bezeichnet werden, so etwa in der Standardenzyklopädie Musik in Geschichte und Gegenwart. Wer natürlich schlauer ist ...



    Zitat

    Anders als in der Physik, wo es gewisse Testkriterien - wie die Erfüllung von Prognosen - gibt, anhand derer man beurteilen kann, ob ein Lehrsatz eher mit den Beobachtungen übereinstimmt als nicht, gibt es in der Musik keine intersubjektiven Beobachtungen. Hie gibt es NUR das Auge des Betrachters, das entweder Schönheit sieht oder eben nicht


    Das trifft so nicht zu, sonst könntest Du die Musik- (und Literatur-)wissenschaft gleich abschaffen. Selbstverständlich gibt es intersubjektive Beobachtungen. Mit einem Aspekt dieser Beobachtungen beschäftigt sich die Musiksoziologie.



    Zitat

    - und mich mit dem Durchhören von offenkundigem Mist zu beschäftigen, dazu fehlen auch mir Zeit und Leidensbereitschaft


    Ich bitte Dich, Dich in Deinen Ausdrücken zu mäßigen. Das ist hier ein Klassikforum und kein Stammtisch. Wenn Du nicht die Fähigkeit hast, zeitgenössische Musik zu hören und zu genießen, wie das nicht wenige hier im Forum tun, dann ist das Dein Unvermögen, aber nicht das der genannten Komponisten. Zu diesem Unvermögen kann man stehen, auch ohne dass man beleidigend wird.



    Zitat

    - ich finde es daher schon extrem wacker, manche Stücke bis zur Hälfte durchgehört zu haben! Nach den ersten Takten (??) sehnt man sich schon nach dem Stop-Knopf, alles natürlich streng subjektiv, ich beanspruche mal wieder keine Allgemeingültigkeit!!


    Ich bezweifele, dass Du ein Stück auch nur bis zur Hälfte durchgehört hast. Angehört vielleicht - obwohl ich das auch nicht glaube - durchgehört sicher nicht. Wenn Du in die Noten von Henzes erster Sinfonie schaust, wirst Du dort ebenso Taktstriche sehen wie in seinem Requiem. Immerhin das wirst Du durch einfachen Augenschein feststellen können, solltest Du wissen, wie Taktstriche aussehen.



    Zitat

    Aber wenn man schon nicht so illiberal sein will, dem "Komponisten" abzusprechen, er sei der Meinung, er habe Musik verursacht, warum dann so illiberal, dem Hörer die Meinung abzusprechen, er habe nicht ???


    Liberalität hat immer etwas zu tun, unterschiedliche Meinungen zu tolerieren, das heißt nicht, sie zu teilen. Hier wird keine Meinung abgesprochen, allenfalls die Reichweite dieser Meinung beurteilt. Die Höflichkeit gebietet es immerhin, nicht etwas als Mist zu bezeichnen, was von nicht wenigen hier geschätzt und geliebt wird.

  • Zitat

    Original von m-mueller
    Aber wenn man schon nicht so illiberal sein will, dem "Komponisten" abzusprechen, er sei der Meinung, er habe Musik verursacht, warum dann so illiberal, dem Hörer die Meinung abzusprechen, er habe nicht ???


    HolgerB und auch Dir (falls Dein Beitrag ernst gemeint sein sollte) sei Eure "Meinung" unbenommen.


    Leider handelt es sich aber nicht um eine auf Hörerfahrung, Beschäftigung mit dem Komponisten und seinen Absichten/Mitteln und durch Erläuterung der ästhetischen Kriterien des Hörers plausibel dargestellte Meinung (die man teilen kann oder auch nicht), sondern um dumpfe Ressentiments, die miserabel begründet und auf billigem Niveau formuliert unter die Leute gebracht werden. HolgerB zB hat bis heute nicht erklärt, warum er Brahms für Musik hält und Henze nicht. Gedankliche Arbeit überläßt er lieber den anderen.


    Nicht die Meinung wird abgelehnt, sondern das als Meinung verkleidete Vorurteil, die primitive Respektlosigkeit.

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  • Zitat

    Original von m-mueller
    nu ja, wenn alles Musik ist, ist ebensogut auch nichts Musik - es ist hier nicht so wie in anderen Wissenschaftszweigen, in denen die "community" darüber entscheidet, wie en vogue gerade bestimmte Lehrsätze sind.


    Es hat doch niemand behauptet, daß "alles" Musik sei, oder?
    Sondern höchtens alles, was mindestens eine bestimmte Gruppe als solche anerkennt.
    Wenn Musik für jeden etwas anderes ist, ist das übrigens kein bißchen befriedigender als wenn alles und nichts Musik ist... ;)


    Zitat


    Anders als in der Physik, wo es gewisse Testkriterien - wie die Erfüllung von Prognosen - gibt, anhand derer man beurteilen kann, ob ein Lehrsatz eher mit den Beobachtungen übereinstimmt als nicht, gibt es in der Musik keine intersubjektiven Beobachtungen.


    Das es in der Musik keine "Lehrsätze", keine Prognosen und auch keine Beobachtungen im wissenschaftlichen Sinne gibt und auch gar kein derartiger Anspruch erhoben wird, führt der Vergleich nicht sehr weit. (Wenn man eine Unterschied zwischen "Community" und Wissenschaft haben will, muß man nur sehen, welche "Wissenschaft" diesen Anspruch zwar oft großspurig erhebt, ihn dagegen nur sehr selten erfüllt, sondern leider allzu oft irgendwo zwischen Bauernfängerei und Kaffesatzlesen (um nicht noch despektierlichere Professionen, die sich gleichwohl aufdrängen, zu nennen) angesiedelt zu sein scheint. Das wurde in den letzten Monaten mal wieder mit schlagkräftiger empirischer Wucht deutlich...)


    Zitat


    Hie gibt es NUR das Auge des Betrachters, das entweder Schönheit sieht oder eben nicht - und mich mit dem Durchhören von offenkundigem Mist zu beschäftigen, dazu fehlen auch mir Zeit und Leidensbereitschaft - ich finde es daher schon extrem wacker, manche Stücke bis zur Hälfte durchgehört zu haben! Nach den ersten Takten (??) sehnt man sich schon nach dem Stop-Knopf, alles natürlich streng subjektiv, ich beanspruche mal wieder keine Allgemeingültigkeit!!


    Das geht nicht. Du gibst zuerst ein Urteil mit offenbar allgemeinem Anspruch ab, dann relativierst Du es selbst wieder. Was nun?
    Mal abgesehen davon, daß es nicht unbedingt um Schönheit geht, es ist jedem unbenommen, etwas häßlich zu finden, sondern um Musik. "Hänschen Klein" und "Fiesta Mexicana" sind selbstverständlich auch Musik, es geht doch noch gar nicht um Schönheit oder Anspruch.


    Zitat


    Aber wenn man schon nicht so illiberal sein will, dem "Komponisten" abzusprechen, er sei der Meinung, er habe Musik verursacht, warum dann so illiberal, dem Hörer die Meinung abzusprechen, er habe nicht ???


    Es fehlen die Abführungszeichen bei Hörer.
    Ich finde die Art, mit der man auf einem Gebiet wie der Musik sich nonchalant über alle mit ein bißchen Expertise, besonders die ausführenden Musiker, erhebt, wirklich erstaunlich. Man muß ja nicht vor Autoritäten buckeln, aber sich selbst derart zu überschätzen...


    Die Musiker, die Boulez, Carter oder Stockhausen spielen, sind meistens dieselben (mag bei einiger elektronischer Musik anders sein, aber das ändert nichts), die sonst auch Bach, Brahms oder Mahler spielen.
    Wollt Ihr allen Ernstes Boulez, Gielen, Rattle oder Aimard ihre Urteilskraft in muskalischen Dingen absprechen, wenn sie offensichtlich Stockhausen, Henze oder Carter ebenso als Musik anerkennen und aufführen wie Mozart oder Strawinsky? Haben die Ausfallserscheinungen und erkennen nicht mehr, daß das eine Musik ist, das andere jedoch nicht? Warum soll das Urteil eines Laien hier sogar mehr gelten als das der Musiker?


    Es liegt hier ja nicht der Fall einer schlechten Prognose, einer Ignoranz oder sogar Beförderung einer kritischen Situation vor wie im Falle der Wirtschaftswissenschaft der letzten paar Jahre. Wenn Professor A Ergebnis x prognostiziert und wiederholt schlechtere Ergebnisse als Kaffeesatzlesen oder Raten produziert, kann der Laie das feststellen und entsprechend stutzig werden (soziologisch ist das natürlich trotzdem noch Wissenschaft, vielleicht kann man auch keine besseren Prognosen erreichen, aber dann sollte man es eben lieber ganz lassen).
    Aber hier wird nichts Derartiges getan. Sondern es gibt eine Gemeinschaft von Musikern, eine Menge von Konzerten usw. und da wird halt mal Mozart, mal Henze gespielt, ohne daß ein großer Unterschied gemacht würde. Nur ein paar Zuhörer meinen hier Unterschiede nicht nur in dem, was ihnen gefällt oder nicht, zu sehen, sondern zwischen Musik und Nichtmusik. Die Aufgabe von Musikern sind aber nicht Prognosen darüber, was Dir oder mir gefällt und was nicht.


    Es ist vielleicht eine Aufgabe für Psychologen herauszufinden, warum man sich nicht damit zufriedengibt, festzustellen, daß einem etwas nicht gefällt, sondern darauf besteht, daß es "gar keine Musik" sei. (Gerade wenn man im Nebensatz wieder Schönheit im Auge des Betrachters einräumt, bleibt das schwer verständlich.)


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von pbrixius
    So ist es, wenn man vom Ohr des Betrachters ausgeht - was zeigt, wohin das führt.


    in der Tat, das führt zu einer Stärkung des Subjektivismus



    Zitat


    Natürlich gibt es eine "community", die darüber entscheidet, was Musik ist. Wer Henzes und Stockhausens Werke als Nicht-Musik bezeichnet, steht außerhalb dieser "community". Er wird sich auf den bekannten "gesunden Menschenverstand" berufen, das ist dann so üblich.


    Ich habe mich gar nicht auf den gesunden Menschenverstand berufen, der ja nun tatsächlich unmittelbar zur flat-earth-society führt Aber wenn Du eine Community definierst, von der Du mich gleich großzügigerweise ausnimmst: wer soll das sein? Alle Musikhörer ? Sicherlich nicht, da fände Stockhausen vermutlich einen Zuspruch von unter 1 Promille. Alle "ernsthaften" Klassikhörer ? Vermutlich gibt es auch bei den Konzertbesuchern keine Mehrheit für 12-Töner. Die "ernsthaften klassischen" Musiker ? Ja, mag sein, daß diese dem mehrheitlich zustimmen würden, das wäre aber tatsächlich nicht meine Community, schon deshalb, weil ich bei den meisten Dingen, die ich konsumiere, nicht die Produzentensicht einnehme.


    Ich glaube eher, daß es hier verschiedene Teil-Communities gibt, die sich nach dem Kriterium ähnlichen Geschmacks zusammenfinden. Und daran ist aus meiner Sicht auch nichts auszusetzen. Ich streite hier lediglich für das Recht, auch gegenüber scheinbaren oder tatsächlichen Experten den Standpunkt einnehmen zu dürfen, bestimmte Tonfolgen nicht für Musik zu halten, ohne gleich als dumpf, unreflektiert oder Schlimmeres diffamiert zu werden. Und dieses Recht schließt ein, daß sich Holger oder ich oder irgendwer auf den Standpunkt zurückziehen können, bestimmte Tonfolgen nicht zu mögen, nur deshalb, weil wir sie nicht mögen. Zudem stimmt es nicht, daß ich von den Schrägen nichts gehört hätte - Aus meiner Sicht reichlich genug, um mir ein Bild machen zu können.


    Ich finde es auf der anderen Seite außerordentlich anmaßend, eine Liste von Komponisten vorzustellen, die man alle erst mal durchgehört haben muß, um überhaupt mitreden zu dürfen. Das ist hier ja schließlich kein reines Experten- oder Kritikerforum.



    Zitat


    Liberalität hat immer etwas zu tun, unterschiedliche Meinungen zu tolerieren, das heißt nicht, sie zu teilen. Hier wird keine Meinung abgesprochen, allenfalls die Reichweite dieser Meinung beurteilt. Die Höflichkeit gebietet es immerhin, nicht etwas als Mist zu bezeichnen, was von nicht wenigen hier geschätzt und geliebt wird.


    d´accord, aber warum hier mal wieder mit zweierlei Maß gemessen? Schau Dir mal die Smilies an, da kann man irgendwas "zum Kotzen" finden, wovon ja insgesamt durchaus reger Gebrauch gemacht wird. "Mist" ist dagegen ja wohl fast schon eine zärtliche Beurteilung...

  • Zitat

    Original von m-mueller


    in der Tat, das führt zu einer Stärkung des Subjektivismus


    Wie bitte? Was soll denn das sein? Nein, der Weg geht in die schlichte Beliebigkeit, da man das unterschiedliche Vor-Wissen, die unterschiedliche Erfahrung und die Sachkenntnis des Hörers aushebelt.



    Zitat

    Aber wenn Du eine Community definierst, von der Du mich gleich großzügigerweise ausnimmst: wer soll das sein? Alle Musikhörer ? Sicherlich nicht, da fände Stockhausen vermutlich einen Zuspruch von unter 1 Promille.


    Da irrst Du Dich aber entschieden. Ich kann ja mal gerne bei der Abteilung Statistik nachfragen. Wobei weiter zu fragen ist: xx Prozent/Promille von wem? Die Befürworter von Stockhausen sind auf jeden Fall keine kleine Minderheit, da solltest Du Dich erst einmal orientieren. Das gleiche gilt für Henze.


    Die community, die ich im Auge habe, ist die Gemeinschaft der Musikkenner, von der Du Dich mE allerdings durch einiges eklatantes Nichtwissen selbst ausgeschlossen hast. Wie kann man behaupten, dass es da keine Taktstriche gibt, wenn man keinen Schimmer von der Musik hat, über die man zu sprechen vorgibt. Denn Du schreibst nicht etwa über die Musik Stockhausens oder Henzes, sondern über Deine Projektionen, die Du unrichtigerweise mit diesen Namen benennst.


    Um es mal gleich zu sagen: Es gibt eine Menge zeitgenössischer Musik, mit der ich meine Probleme habe. Vieles ist in Fluss und manches wird man erst eine Generation später mit dem genügenden Abstand einschätzen können. Aber die beiden genannten gehören eindeutig zu der Zahl derer, die man auch in hundert Jahren, sollte es da noch eine Menschheit geben, rezipieren wird - und zwar, um es deutlich zu sagen - als große Kunst des 20. Jahrhunderts. Dafür gibt es eine Vielzahl von Kriterien, von denen einige schon an anderer Stelle genannt wurden.


    Zitat

    Alle "ernsthaften" Klassikhörer ? Vermutlich gibt es auch bei den Konzertbesuchern keine Mehrheit für 12-Töner. Die "ernsthaften klassischen" Musiker ? Ja, mag sein, daß diese dem mehrheitlich zustimmen würden, das wäre aber tatsächlich nicht meine Community, schon deshalb, weil ich bei den meisten Dingen, die ich konsumiere, nicht die Produzentensicht einnehme.


    Ich kann nun wirklich nachvollziehen, was Du mit Produzentensicht meinst, da bist Du sicher hier im falschen Forum. Wie kommst Du denn etwa bei Henze auf die Bezeichnung "Zwölftöner"? Ich sage ja - null Ahnung :no:



    Zitat

    Ich streite hier lediglich für das Recht, auch gegenüber scheinbaren oder tatsächlichen Experten den Standpunkt einnehmen zu dürfen, bestimmte Tonfolgen nicht für Musik zu halten, ohne gleich als dumpf, unreflektiert oder Schlimmeres diffamiert zu werden.


    Offensichtlich kannst Du ebenso schlecht lesen, wie Du hören kannst. Keiner hat Dich als dumpf charakterisiert - Du blickst eben nur nicht durch, was Musik angeht. Dafür hast Du von anderem sicher viel Ahnung ....


    Zitat

    Und dieses Recht schließt ein, daß sich Holger oder ich oder irgendwer auf den Standpunkt zurückziehen können, bestimmte Tonfolgen nicht zu mögen, nur deshalb, weil wir sie nicht mögen.



    Kein Mensch will von Dir, dass Du das mögen sollst, was Du nicht magst. Aber ich habe von Dir weder Substantielles über das gelesen, was Du magst, noch über das, was Du nicht magst.


    Zitat

    Zudem stimmt es nicht, daß ich von den Schrägen nichts gehört hätte - Aus meiner Sicht reichlich genug, um mir ein Bild machen zu können


    Ich sag ja, Du hörst nicht zu. Sonst hättest Du den Begriff Zwölftonmusik weder bei Stockhausen noch bei Henze - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen - gar nicht ins Spiel gebracht.


    Zitat

    Ich finde es auf der anderen Seite außerordentlich anmaßend, eine Liste von Komponisten vorzustellen, die man alle erst mal durchgehört haben muß, um überhaupt mitreden zu dürfen. Das ist hier ja schließlich kein reines Experten- oder Kritikerforum.


    Du kannst bei allem und jeden mitreden, wenn Du aber Unsinn schreibst, weil Du von einer Musik keine Ahnung hast, wird man Dir das auch schreiben dürfen.



    Zitat

    Schau Dir mal die Smilies an, da kann man irgendwas "zum Kotzen" finden, wovon ja insgesamt durchaus reger Gebrauch gemacht wird. "Mist" ist dagegen ja wohl fast schon eine zärtliche Beurteilung...


    Dass ich von dem Kotzmännchen noch nie Gebrauch gemacht habe und seinen Gebrauch kritisiere, ist Dir wohl bislang entgangen.
    :no: :no: :no:


    Liebe Grüße Peter

  • Tag,


    auf den Artikel von Gunter Scholtz im HWBPh Band 6/242-257 war schon hingewiesen worden. Die Literatur ist schier endlos, welches leitende Interesse man auch gerade wählen mag (ein Etwas wird zu einem Bestimmten erst durch die jeweils gesetzte Sprache). Beiseite.


    Mir war Musik immer lebendige Ordnung, auch als Mittel zur Ordnung. Vor Jahrzehnten wählte ich nacheinander für Ordnungszwecke Brahms' Klavierkonzerte. Natürlich Nr. 1 anfangs, der massiven Einleitung wegen; daran direkt anschließend Konzert Nr. 2. War das Cello-Solo erst erreicht, war die Ordnung der Jünglings-Kräfte wieder hergestellt.


    Dank dieser Ordnungsmacht der Musik - was eine antike Einsicht war - gelang das Einfädeln in nächtliche geistige Versuche ganz entschieden deutlich besser als ohne diesen Außenhalt durch Musik.


    Musik ist mir noch heute wesentlich eine tonliche Ordnungskraft. Heute wähle ich die Diabelli-Variationen mit Vorliebe. Der 'rohe' Marsch, der das fließende Thema distanziert, erzeugt Bindung, die gelöst aufgehoben ist, wenn die Nr. 32 (die Fuge) und die Nr. 33 verklungen sind. Dann sind die Kräfte (Psyche, G...?) wieder bereit.


    Freundlich
    Albus

  • Zitat

    Ordnungsregal von Albus
    Mir war Musik immer lebendige Ordnung, auch als Mittel zur Ordnung. Vor Jahrzehnten wählte ich nacheinander für Ordnungszwecke Brahms' Klavierkonzerte. Natürlich Nr. 1 anfangs, der massiven Einleitung wegen; daran direkt anschließend Konzert Nr. 2. War das Cello-Solo erst erreicht, war die Ordnung der Jünglings-Kräfte wieder hergestellt.


    Dank dieser Ordnungsmacht der Musik - was eine antike Einsicht war - gelang das Einfädeln in nächtliche geistige Versuche ganz entschieden deutlich besser als ohne diesen Außenhalt durch Musik.


    Lieber Albus,


    Ich weiß es, die Verführung wird bisweilen groß, noch halbbewußte Einsichten mit ansatzweis´ benannten eignen Grundbefindlichkeiten dergestalt zu mengen, daß sich die Welt in einem selbst zu spiegeln und man selbst in dieser wunderzart synthetisiert erst aufzugehen scheint...


    Ich weiß nun aber auch, daß es zu Zeiten nachgerad´ ein wenig unerlaubt sein kann, dem Fluß der hübschen Worte so sehr nachzugeben, daß drunter ihre Nachvollziehbarkeit bei nicht so zur Besprechungspoesie geneigten Lesern angefährdet sein kann...


    Nur freundlich und im Prosimetrum,
    Graf Wetter.

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Mal abgesehen davon, daß es nicht unbedingt um Schönheit geht, es ist jedem unbenommen, etwas häßlich zu finden, sondern um Musik. "Hänschen Klein" und "Fiesta Mexicana" sind selbstverständlich auch Musik, es geht doch noch gar nicht um Schönheit oder Anspruch.


    Lieber Johannes,


    für diesen Hnweis bin ich sehr dankbar, er soll noch einmal unterstrichen werden. Schon der Begriff der Schönheit ist ein nicht leicht zu fassender, wenn man sich außerhalb des Idealismus bewegt. Wenn sich Demokrit in Wielands Abderiten gegen einen beschränkten Begriff der Schönheit zur Wehr setzt, sollte das heute auch noch gelten. Um die Äfrikanerin als ebenso schön zu erkennen wie die Griechin braucht es ein wenig mehr als native Naivität, die sich bei den Abderiten (und nicht nur da) als Borniertheit äußert. Wer nur seine eigene Vorstellung von Schönheit zum Maß aller Dinge macht, wird in Sachen Ästhetik beschränkt bleiben, er wird gerade nicht die Schönheit entdecken, deren er bedarf.


    Aber die Kunst ist ja nicht nur einfach das Schöne. Seit der Antike wurde immer wieder in immer neuen Konstellationen etwa das Verhältnis von Schönem und Häßlichen austariert, da das Häßliche eben auch eine Grundvoraussetzung des Schönen ist, man im Häßlichen das Schöne erst entdecken kann, oft genug entdecken muss.


    Was im Laufe der Musikgeschichte - um nur einen Aspekt des Hässlichen in der Musik anzusprechen - als dissonant empfunden wurde, war ja stets unterschiedlich, um einen Tritonus als das wahrzunehmen, was er zeichenhaft über lange Zeit der Musikgeschichte war, brauchen wir heute das entsprechende Hör- und Imaginationsvermögen. Während Gluck, Beethoven und Wagner für ihre Zeitgenossen provokativ und dissonant waren (alle drei Vertreter einer heftig bekämpften Zukunftsmusik), sind sie für uns tonal gerade harmlos. Selbst der irritierende Tristanakkord, der damals die Empfindenden aufwühlte, ist für uns nett und anspruchslos.


    Der schöne BBC-Film über die Eroica demonstriert mustergültig die Anforderung an uns, die jedes neue Kunstwerk stellt. Der Gesellschaft, die sich da bei dem Fürsten Lobkowitz traf, war die Sprache Haydns vertraut und lieb - aber sie entzweit sich über Beethoven. Auch hier winkt jemand schon nach den ersten Takten ab - aber ein Konzert kann man nicht so schnell verlassen wie eine CD zum Schweigen bringen. Ob die Eroica Musik ist? Es gab Zeitgenossen, die da auch ihre höchst subjektive Meinung hatten. Heute macht man sich über sie lustig ...


    Liebe Grüße Peter

  • Zitat

    Original von pbrixius
    Ob die Eroica Musik ist? Es gab Zeitgenossen, die da auch ihre höchst subjektive Meinung hatten. Heute macht man sich über sie lustig ...


    Liebe Grüße Peter


    Ich nicht. :D


    Zitat

    Original von Albus
    eigentlich ist Musik einfach eine der weltweit verbreiteten Kulturtechniken. Das ist alles.


    Warte, ich erhöhe:


    Musik ist Musik ist Musik.


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf


    Musik ist Musik ist Musik.


    Eben.


    Und dazu den Schlusssatz des Eingangspostings von C. Huth:


    Zitat

    Das vorschnell ausgesprochene Werturteil "Das ist keine Musik!" ist nur insofern "praktisch", als dass es ermöglicht, eine Schublade ein für alle mal zuzumachen. Diese Praktikabilität ist aber doch eine eher zweifelhafte. Ich persönlich halte mir den Weg lieber offen.


    Das genügt doch.
    Da muss man hier doch nicht ellenlang die Schranken in den Köpfen als fundiertes Urteil ausgeben.
    Schließlich war die Frage deutlich erläutert.
    Es hieß nicht "Welche Stammtischparolen über die neue Musik wiederholen wir heute?" :D

  • Zitat

    Original von Wulf


    Ich nicht. :D


    Das "man" zu erläutern, fehlte mir heute Nachmittag leider die Zeit. Die Gelegenheit ergibt sich bestimmt, dies nachzuholen
    :D


    Liebe Grüße Peter

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