Candide - Höhepunkt in Bernsteins Schaffen?

  • Liebe Taminos,


    ich höre mit großem Genuß Candide von Leonard Bernstein. Sicher ist es eher eine große Nummern-Revue als ein komponiertes Werk, aber das kommt der literarischen Vorlage ja durchaus nahe.
    Die Virtuosität, mit der Bernstein aus vermeintlich banalen Themen durch Verbindung von Wort und Musik kleine Pretiosen geschaffen hat ("Words, words" oder die Auftritte der Old Lady), nötigt mir Respekt ab und verschafft immer wieder aufs Neue Vergnügen. Die knallbunte Plakativität der Musik stört mich dabei überhaupt nicht.


    Wie seht Ihr die Komposition? Welche Passagen hört Ihr am liebsten?


    LG,


    Christian

  • Heute erst gekauft:



    Hadley, Anderson, Ludwig, Green, Gedda, Jones,
    London SO, Bernstein
    Label: DGG , DDD, 89



    Allein schon die Ouvertüre reisst einen vom Stuhl.


    Das andere muß ich mir noch genauer anhören!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    die gleiche habe ich auch (es gibt auch wenig Alternativen bis jetzt). Das Highlight der Aufnahme ist für mich eindeutig Christa Ludwig - ein Traum voll Aberwitz!
    June Anderson müht sich redlich und mit Erfolg, aber es gibt bessere als sie in der Rolle der Cunégonde: etwa Diana Damrau.
    Der Sprechgesang von Adolph Green ist auch sehr nett eingesetzt.


    LG,


    Christian

  • Lieber Christian,
    an Alternativen scheint es keinen Mangel zu geben, inzwischen gibt es mehrere Einspielungen, die es noch zu entdecken gibt, z.B. diese



    (Gesamtaufnahme in englischer Sprache mit deutschen
    Zwischentexten von & mit Loriot / Livemitschnitt aus
    der Berliner Philharmonie)
    Hadley, Lipovsek, Koke, Gazheli, Chafin, Johannsen, Sevenich,
    Ernst Senff Chor, Deutsches SO Berlin, Stahl


    Sound: stereo & multichannel (Hybrid)
    Label: Capriccio , DDD, LA


    allein schon wegen der deutschen Zwischentexte von Loriot müßte sich die Anschaffung lohnen!


    (steht schon auf meinem Wunschzettel)

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Christian,


    heute scheint der Tag der Musical-Operetten zu sein, denn gerade eben habe ich etwas zu MY FAIR LADY geschrieben, wie Du auch.


    Zum CANDIDE hatte ich mir schon länger einen eigenen Thread vorgenommen gehabt, weil mir das Stück noch vor der FLEDERMAUS und neben Offenbachs LA VIE PARISIENNE auch aus inhaltlichen Gründen die ideale Wahl für den Jahreswechsel zu sein scheint. Nun bist Du mir zuvor gekommen. Ich muss aber um etwas Geduld bitten, denn zu diesem Stück gibt es wirklich sehr viel zu sagen, und dafür ist es heute zu spät. Unter anderem auch, dass es sehr wohl zahlreiche Alternativen zu der maßstäblichen Bernstein-Aufnahme gibt - schon wegen der vielen Fassungen, die das Stück durchgemacht hat, bevor man sich allgemein auf die letzte von Bernstein einließ, die am besten funktioniert.


    Die liegt auch der musikalisch ordentlichen, aber mit anderen in der musikalischen Qualität nicht vergleichbaren Version zugrunde, die Harald empfohlen hat, die aber dennoch wegen der wunderbaren Kommentare Loriots die für rein deutschsprachige Hörer empfehlenswerteste ist.


    Lieblingsstücke? Welche sind es nicht? Die Ouvertüre, "Glitter and be Gay", "What a Day for an Autodafé" "What's the Use" und natürlich "Make Our Garden Grow" fallen mir sofort ein, aber das ist ungerecht gegenüber den köstlichen anderen Stücken. Für mich ist das Bernsteins bestes Bühnenwerk, obwohl die WEST SIDE STORY mitreißenderes Theater bietet.


    Bis demnächst in diesem Theater also


    :hello: Rideamus

  • Lieber Grande, ich höre natürlich am liebsten das geniale "Glitter and be gay". Absolut umwerfend-ich glaube eine bessere Nummer für schauspielerisch begabte Koloratursoprane gibt es in der gesamten Musikliteratur nicht!


    Ich habe bisher Nathalie Dessay, Edita Gruberova, Diana Damrau, Dawn Upshaw und eine meiner Deutsch-Schülerinnen(die hoffentlich damit in Deutschland an einem Theater engagiert wird) erlebt-Jede macht das auf ihre eigene Art phantastisch. :jubel: :jubel: :jubel:

  • Liebe Fairy,


    dann fehlt Dir definitiv noch die sehr komische Version von Kristin Chenoweth auf dieser DVD, die es derzeit leider nur in Amerika zu geben scheint, und auf der unter Marin Alsops vorzüglicher Leitung des New York Philharmic Orchestras Patty LuPone eine wunderbare Alternative zu Christa Ludwigs unschlagbarer Old Lady auf die Bretter stellt:



    Immerhin kannst Du Dir das "Glitter an be Gay" unter ihrem Namen und/oder CANDIDE auf Youtube ansehen und -hören.


    Da gibt es noch eine ganze Reihe anderer Ausschnitte aus CANDIDE, darunter das "Glitter and be Gay" von Nathalie Dessay.


    Leider gilt das nicht für das fast unschlagbare Original Barbara Cooks auf der originalen Broadway-Aufnahme, die leider ansonsten nicht auf der Höhe anderer Aufnahmen steht:



    Wie gesagt: zu CANDIDE gibt es noch enorm viel zu sagen. Demnächst werde ich dazu gerne etwas beitragen.


    :hello: Rideamus

  • Zum 50. Jahrestag der Uraufführung von Leonard Bernsteins Opernadaptation "Candide" nach Voltaires philosophischem Roman hat Robert Carson die komische Oper im Pariser Théâtre du Châtelet neu inszeniert. ARTE zeigte vor einigen Monaten eine Aufzeichnung vom Dezember 2006 in HD-Qualität mit William Burden in der Titelrolle.


    Zitat

    Als Leonard Bernstein 1956 sein Musical "Candide" nach Voltaire komponierte, hatte er bereits Filmmusiken, Sinfonien und Quartette geschaffen, schrieb die "West Side Story" und arbeitete in Mailand mit Maria Callas zusammen. Das "Candide"-Libretto à la Broadway hält sich in Geist und Text einschließlich Voltaires "Stellungnahmen" eng an den Roman. Die Anspielungen auf Fanatismus, die Leiden des Krieges und die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen sind zeitlose Themen und haben an Aktualität nichts eingebüßt.
    Bereits die Ouvertüre ist ein musikalisches Feuerwerk, das Atmosphäre und Rhythmus für das gesamte Bühnenwerk vorgibt. Verschiedene Einflüsse sind spürbar wie von Mahler, Schostakowitsch und in den Arien des Tenors sind Anklänge an Puccini zu hören.


    Regie: François Roussillon;
    Komponist: Leonard Bernstein;
    Inszenierung: Robert Carsen;
    Dirigent: John Axelrod
    Mit: Choeur du Théâtre du Châtelet, William Burden (Candide), Anna Christy (Kundigunde), Lambert Wilson (Dr. Pangloss / Martin / Voltaire), Kim Criswell (alte Frau), David Adam Moore (Maximilian), Jeni Bern (Paquette), John Daszak (Gouverneur / Vanderdendur),
    Ensemble Orchestral de Paris
    180 Min.
    Oper, Frankreich 2006, ARTE F


    Ich habe das ganze auf der Festplatte, aber leider bis heute keine Zeit zum Ansehen gehabt!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo,


    Glitter and be gay, für einen Koloratursopran mit guter schauspielerischen Begabung wohl eines der schönsten, doch auch sehr schwierigen Partie. Ich bin froh es in das Programm unseres Ensembles zu haben, da wir nun eine hervorragende Koloratursopranistin haben, man könnte meinen, dass dieses Stück für sie geschrieben ist.


    Liebe Grüsse :hello:

  • Diese Inszenierung mit ihrer etwas billigen Amerika - Kritik fand ich sehr enttäuschend (hatte aber leider die erste Hälfte verpasst). Ich glaube die gab es auch in Mailand (oder war es ein anderes Opernhaus?).


    Übrigens schreibt sich die hervorragende Kim Criswell, die fast alleine das Ansehen und vor allem -hören lohnte, ohne ein H hinter dem C. Sie ist das Beste, was seit Ethel Merman der Musicalbühne an eindrucksvoll rührendem Organ geschenkt wurde und wird bei uns leider viel zu wenig beachtet. Ich lobte sie mal in dem Thread über DIE LORELEY anhand der Version George Gershwins.


    :hello: Rideamus

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  • Etwas ot, aber eine meiner Favoritinnen:



    Vor ein paar Jahren war sie mal bei Simon Rattles Silvesterkonzert in Berlin!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hallo,
    die von Harald vorgestellte Aufnahme von Candide aus London unter der Leitung von Bernstein ist für mich insofern traurig, als damals in London eine Erkältungs und Grippewelle tobte und Bernstein sich ansteckte.
    Dies war für ihn der letzte Sargnagel.
    :hello:
    Michael

  • Hallo Michael,


    kann man das wirklich so direkt miteinander in Beziehung setzen? Bernstein hat ja meines Wissens nach der Aufnahme noch fast ein Dreivierteljahr gelebt und u.a. im folgenden Sommer (die Aufnahme entstand im Dezember davor) in Tanglewood ein letztes Konzert gegeben, bei dem er wirklich schon sehr schwach war, wovon man bei der Videoaufzeichnung der CANDIDE . Aufnahme nichts merkt.


    Es wäre zwar eine traurig schöne Legende, dass die beste Aufnahme seines vielleicht schönsten Werkes sein letzter Sargnagel war, aber ich fürchte, er hat danach noch viele geraucht. Das wäre aber bei einem CANDIDE-Thread OT.


    Trotzdem danke für den Hinweis, dass diese Einspielung seines Schmerzenskindes tatsächlich Bernsteins letzte große Aufnahme war.


    :hello: Rideamus

  • Zitat

    Original von Rideamus
    Immerhin kannst Du Dir das "Glitter an be Gay" auf Youtube ansehen und -hören, nämlich hier: http://de.youtube.com/watch?v=feh-qea54GE


    Da gibt es noch eine ganze Reihe anderer Ausschnitte aus CANDIDE, darunter das "Glitter and be Gay" von Nathalie Dessay.


    Rideamus


    ich habe mir gerade mal vier Versionen auf youtube angeschaut und komme zur vorläufigen Platzierung dieser Ausschnitte:


    4. Sumi Jo
    3. Diana Damrau
    2. Kristin Chenowith
    1. Nathalie Dessay


    Sumi Jo ist mir zu konservativ (für das StücK), die anderen drei sind, wie schon Fairy sagte, jede auf ihre Art super.
    Damrau scheint mir gesanglich leicht vorne, Chenowith schaupielerisch, Dessay bietet in beiden Bereichen die ausgewogenste Leistung, deshalb Platz 1.
    Allein schon für diesen Blick und das Lachen am Schluß des Stückes gebührt ihr der Spitzenplatz. :jubel:


    Grüsse
    Achim :hello:

  • Von »Candide« besitze und schätze ich die oben von Harald Krahl gezeigte Einspielung unter der Leitung Bernsteins. Wundervolles Werk und die Interpretation läßt - zumindest für mein Empfinden - keine Wünsche offen.


    »Candide« ist sicherlich ein Höhepunkt in Bersteins Schaffen. Ob es allerdings der Höhepunkt ist, wage ich doch zu bezweifeln - da ist Berstein einfach zu vielseitig gewesen und sein Gesamtwerk zu sehr von einer (intendiert) diasporitischen Formen- und Stilvielfalt bestimmt, um von dem Höhepunkt sprechen zu können. Für mich etwa gehören die ersten zwei Symphonien, die Serenade für Violine und Streicher, das späte Concerto for Orchestra (»Jubilee Games«), »Facsimile«, »Dybbuk«, »Trouble in Tahiti«, »Mass« und naklar die »West Side Story« gleichwertig neben »Candide«.


    Wenn ich denn wirklich ein Werk benennen sollte, daß ich für den Höhepunkt in Bernsteins Schaffen halten würde, so wäre dies - so problematisch und heterogen das Werk letztlich auch sein mag - die zweite Fassung von »A Quiet Place«. Hat sicherlich nicht solche Hits wie »Candide« oder die »West Side Story«, aber es ist irgendwie doch die Summe, die IMO gelungene Synthese seines bühnenmusikalischen Schaffens - und ein zutiefst erschütterndes Werk zudem.


    Aber es ist natürlich eine Frage der jeweils angelegten Kriterien und auch des persönlichen Geschmacks.


    Ganz herzlich,
    Medard

  • Als ich gestern Christians Frage las: Welche Passagen oder Stücke aus "Candide" gefallen euch? - viel mir spontan ein Song ein:


    "I can cook too" - gesungen von Tyne Daly


    Ich wollte das schon stolz melden, da fiel mir ein, dass es aus einem ganz anderen Stück von Lennie Bernstein stammt, nämlich aus "On the Town" - falsche Baustelle


    und dass ausser der Ouvertüre von Candide eigentlich nichts in meinem musikalischen Gedächtnis abrufbar war. Nachdem ich jetzt versuche, mich eingehender mit Candide zu beschäftigen, fällt mir der Zugang zu dem Werk doch schwerer, als ich geglaubt hatte.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hier nun mein versprochener Artikel zum Thema dieses Threads, den ich mal als Einführung zu einem solchen begonnen hatte, mit dessen Einrichtung mir der Großinquisitor dankenswerterweise und sehr passend zum Autodafé des Candide zuvor kam. Wenn Don Basilio möchte, kann er gerne die Daten und Inhaltsangabe in den Operettenführer kopieren bzw. hinüber ziehen.


    CANDIDE
    Komische Operette in zwei Akten
    Gesangstexte: Richard Wilbur mit Ergänzungen von John La Touche, Dorothy Parker, Lillian Hellman, Leonard Bernstein, Stephen Sondheim, und John Wells
    Buch: Lillian Hellman, überarbeitet von Hugh Wheeler nach Voltaire
    Orchestrierung: Leonard Bernstein, Hershy Kay und John Mauceri
    UA: 1.12.1956, New York.
    Dt. EA: 1976, Volksoper Wien.
    Spieldauer: 2,5 - 3 Stunden


    Personen
    Candide – unehelicher Neffe des Barons Thunder ten-Tronck
    Cunegonde – die eheliche Tochter des Barons
    Maximilian – deren Bruder
    Dr. Pangloss – Philosoph und Schürzenjäger
    Alte Dame – weltläufige Russin
    Paquette – Dienstmädchen
    Der Gouverneur – Statthalter von Buenos Aires
    Cacambo - Halbblut
    Martin – Skeptiker
    Voltaire - in späteren Fassungen der Erzähler
    70 weitere Kleinrollen, die von 10 Damen und 12 Herren, darunter die Darstel-ler der Genannten, gespielt werden können.


    Handlungsort und –zeit: Westfalen und der Rest der Welt, Mitte des 18. Jahrhunderts. Die Daten und Handlungsbeschreibung folgen Bernsteins endgültiger Fassung von 1989.


    Handlung
    Auf Schloss Thunder-ten-thronckh in Westfalen, einem merkwürdigen Land, in dem man eine unverständliche Sprache spricht und täglich Schweinefleisch isst, ist man rundum glücklich (Westphalia Chorus). Hier werden Maximilian und Cunegonde, die Kinder des Barons und seiner ebenso fetten Frau, ge-meinsam mit Candide, dem unehelichen Neffen des Barons, und dem Dienst-mädchen Paquette von dem Philosophen Dr. Pangloss unterrichtet. Candide und Cunegonde lieben einander und sind guter Dinge, obwohl Candide von dem eitlen Maximilian als Bastard verachtet wird (Life is Happiness Indeed). Pangloss hat sie von seiner These überzeugt, dass sie in der besten aller möglichen Welten leben (The Best of all Possible Worlds). Kaum haben Candide und Cunegonde seine Lehren memoriert (Universal Good), nehmen sie sich ein Beispiel an Pangloss, der Paquette Privatunterricht in Sexualkunde erteilt und sich dabei die Syphilis holt (Oh Happy We). Dabei werden sie ertappt, und der anmaßende Candide wird vom Hof gejagt. Betrübt meditiert er über sein Schicksal (It Must be So) und wird dabei für die bulgarische Armee requiriert, die gerade Westfalen überfällt (Reprise: Westphalia und Schlachtmusik). Der Baron und seine gesamte Familie werden hingemetzelt. Traurig sucht Candide in den Trümmern nach den Überresten seiner Geliebten (Candide’s Lament). Ziellos umherirrend, trifft er auf einen syphilitischen Mann mit künstlicher Nase. Er erkennt Pangloss, der unter dem Messer des Chirurgen wieder lebendig wurde. Pangloss tröstet Candide (Dear Boy).


    Ein Kaufmann nimmt die beiden mit nach Lissabon, wo ein Vulkanausbruch gerade Tausende das Leben kostete. Sie werden verhaftet und der Inquisition überstellt. Die veranstaltet ein Autodafé, dessen Publikum fröhlich die Verbrennung der angeblichen Ketzer fordert (What a Day for an Autodafé). Pangloss versucht vergeblich, sich zu retten, indem er die groteske Ahnentafel seiner Syphilis rezitiert. Er wird gehängt. Candide kommt mit dem Leben davon und wird nur ausgepeitscht. Er begibt sich wieder auf Wanderschaft (Candide Begins His Travels). Er gibt sich selbst die Schuld an seinem Missgeschick (It Must Be Me).


    Candide kommt nach Paris, wo eine geheimnisvolle Kurtisane sich abwech-selnd dem Erzbischof und dem reichsten Juden der Stadt widmet (Paris Waltz). Es ist Cunegonde, die ihr Schicksal beklagt, aber auch nicht ihr Entzücken über die Juwelen verbergen kann, die man ihr zu Füßen legt (Glitter and Be Gay). Als Candide ihr begegnet und beide einander erkennen, sind sie fassungslos (You were Dead, you Know?). Cunegondes treusorgende Begleiterin, die alte Dame, kommt hinzu und warnt sie vor dem Eintreffen der Liebhaber Cunegondes. Zu spät. Candide muss beide erstechen. Mit Cunegondes Schmuck flie-hen die drei nach Cadiz. Unterwegs erzählt ihnen die alte Dame ihre Lebens-geschichte, die sie von Russland nach Spanien führte und eine Gesäßhälfte kostete (I am Easily Assimilated). Candide und Cunegonde werden beraubt, während sie gespannt zuhören. Da die Pariser Polizei ihn noch immer sucht, nimmt Candide das Angebot des Halbbluts Cacambo an, in Südamerika für die Jesuiten zu missionieren. Gemeinsam verabschieden sie sich von der alten Welt und wenden sich der schönen Neuen Welt zu (Quartett Finale).


    2. Akt: Auch in Südamerika ist man überzeugt, dass alles zum besten steht (Reprise: Universal Good). Cunegondes Bruder Maximilian und Paquette, die sich wunderbarerweise haben retten können, kommen als Sklavinnen verkleidet in Buenos Aires an, dessen Gouverneur sich in den schönen Maximilian verliebt. Als er seinen Fehler erkennt, wendet er sich Cunegonde zu und macht ihr sogar den von ihr geforderten Heiratsantrag (My Love). Eilends schickt die alte Dame Candide fort, indem sie vorgibt, die Pariser Polizei sei ihm noch im-mer auf den Fersen. Gemeinsam feiern die beiden Frauen ihre Überlegenheit über die Männer (We are Women). Candide flieht mit dem treuen Cacambo in den Dschungel, wo sie sich einer Pilgertruppe anschließen (The Pilgrim’s Procession u. Allelujah). Inzwischen ist kaum mehr erstaunlich, dass es sich bei den Anführern der Pilgergruppe um Maximilian und Paquette handelt. Maximilian hat von seinem alten Adelsstolz nichts verloren und ist empört, als Candide ihm erneut seine Liebe zu Cunegonde gesteht. In dem sich daraus entwickelnden Scharmützel ersticht Candide auch Maximilian und flieht mit Cacambo tiefer in den Dschungel hinein.


    Drei Jahre sind vergangen. Cunegonde, die alte Dame und der Gouverneur langweilen einander. Cunegonde wirft ihm vor, sie noch immer nicht geheiratet zu haben (Quiet). Indessen haben Candide und Cacambo das legendäre Eldorado entdeckt (Introduction to Eldorado). Es ist noch wunderbarer und viel goldhaltiger als Westfalen. Candide aber ist ohne Cunegonde unglücklich. Er will mit etlichen juwelengeschmückten Goldschafen nach Buenos Aires zurückkehren und seine Geliebte auslösen. Die Einwohner von Eldorado halten ihn für verrückt, helfen ihm aber (The Ballad of Eldorado). Unterwegs verliert Candide fast alle Schafe, aber er erreicht mit zweien sein Ziel. Aus Angst vor der französischen Polizei schickt er Cacambo mit einem Schaf zu Cunegonde, die er in Venedig treffen will.


    In Surinam trifft Candide den notorischen Pessimisten Martin, der ihn wegen seines Optimismus verspottet (Words Words Words). Er tauscht sein letztes Schaf gegen ein Schiff, mit dem er zurück nach Europa segelt (Bon Voyage). Natürlich sinkt das verrottete Schiff unterwegs. Martin ertrinkt mit den meisten Passagieren. Auf einem Rettungsfloß trifft Candide fünf abgesetzte Könige, die aus ihrem Schicksal gelernt haben und künftig nur noch in Demut Gott dienen wollen. Kein Geringerer als Pangloss hält sie dazu an (The King’s Barcarolle).


    Schließlich erreicht das Floß Venedig, wo jedermann maskiert ist und beim Glücksspiel Karneval feiert (Money, Money, Money). Paquette hat es in Vene-dig zur Ersten Kurtisane und Maximilian zum korrupten Polizeipräsidenten gebracht. Cunegonde ist Animierdame geworden, während die alte Dame im Auf-trag des Casinoinhabers das Rouletterad manipuliert. Sie beklagt ihr Los, nicht mehr auf eigene Rechnung arbeiten zu können (What’s the Use). Candide ist von der traurigen Geschichte der maskierten Frauen berührt, während Pangloss unerkannt die Bank sprengt (Venice Gavotte). Plötzlich fallen alle Masken. Candide erkennt Cunegonde und Pangloss und ist total desillusioniert. Er nimmt sie dennoch mit und unterhält sie von seinem geschwundenen Geld (Nothing More Than This), weigert sich aber zu sprechen. Ein unsichtbarer Chor belehrt sie, dass das Leben weder gut noch böse ist (Universal Good). Schließlich findet Candide seine Sprache wieder und verkündet, dass er künftig die Welt und Cunegonde nur für das lieben will, was sie wirklich sind. Er hält um Cunegondes Hand an. Diese will fortan mit eigener Hände Arbeit ihr Brot verdienen und den Garten bestellen (Make Our Garden Grow).


    Entstehung
    Die Entstehungsgeschichte von Bernsteins „komischer Operette“ (so seine noch immer optimale Kennzeichnung der Urfassung) und ihrer vielfältigen Verwandlungen ist eine der komplexesten des modernen Musiktheaters. Sie beginnt 1759 mit der Publikation der satirischen Novelle Voltaires, die einen Literaturskandal auslöste, weil sie Gottes Schöpfung als ein Gebilde von Dummheit und Grausamkeit entlarvte. Das Buch kam auf den Index des Vatikans, wurde vielerorts verboten und in Genf sogar öffentlich verbrannt. 1933 kam ein Ballett nach diesem Stoff mit Musik von Genevieve Pitot und John Coleman an den Broadway, das aber nur 8 Aufführungen erlebte und bald vergessen war. Bald nach dem Zweiten Weltkrieg schlug Lillian Hellman Bernstein die gemeinsame Entwicklung eines Musicals nach diesem Stoff vor. Beide begannen 1954 mit der Arbeit an CANDIDE, dessen heuchlerische Beschwörung des „Alles ist gut“ ihnen als passender Kommentar zu den Beschwichtigungsübungen der amerikanischen Politik im Schatten der aktuellen Hexenjagd auf vermeintliche Kommunisten erschien, von der auch Hellman über ihren Mann, den auf die Schwarze Liste geratenen Kriminalromanautor Dashiell Hammett, betroffen war. Die Übertragung der pikaresken Struktur der Erzählung Voltaires in eine stringente Komödie erwies sich jedoch selbst für eine erfahrene Dramatikerin wie Hellman als eine unlösbare Aufgabe. Obwohl sie mindestens 14 Fassungen des Buches schrieb, blieb das Buch episodisch und erregte wenig Anteilnahme an seinen Helden. Die Proben und Testaufführungen verliefen zwischen stürmisch und panikartig, und viele Nummern wurden umgestellt oder gekürzt, darunter sehr direkte Anspielungen auf die Hexenjagd McCarthys in der Autodafé-Szene. Was danach an den Broadway gelangte, war durch die vielen Kürzungen verwirrender als je zuvor und wurde von Publikum und weiten Teilen der Kritik abgelehnt, obwohl Letztere Bernsteins Musik durchaus zu schätzen wusste.


    Wichtige Neufassungen waren die Revision durch Harold Prince für die Wiederaufnahme am Broadway, in der er das Stück buchstänlich in einen Zirkus mit meghreren Arenen verwandelte, um die das Publikum herum saß. Eine weitere Einrichtung von John Mauceri für die schottische Oper hinterließ ebenfalls markante Spuren in Bernsteins endgültiger Einrichtung. Zu diesen Veränderungen im Detail später mehr.


    Musik
    Voltaires Steilvorlage für eine starke stilistische Divergenz nutzte Bernstein mit Gusto für einen rasanten Streifzug durch alle möglichen Formen europäischer Musik, zu denen natürlich auch zahlreiche Tanzrhythmen gehören. Angefangen von der brillanten Potpourri-Ouvertüre, die keinen Vergleich mit den besten Vorspielen von Suppé oder Offenbach zu scheuen braucht, über die karikierten Bachchoräle in Westfalen, das an einen verzweifelt komischen „Don Carlos“ gemahnende Autodafé, Pangloss’ Syphylis-Stammbaum frei nach Gilbert und Sullivan, oder Glitter and be Gay, seine humoristische Hommage an die Koloraturschaustücke der französischen und italienischen Oper, bis hin zu dem an Johann Strauß gemahnenden Ensemblewalzer What’s the Use, gibt es kaum ein Opern- oder Operettenformat, das Bernstein hier nicht seiner eigenen Musiksprache und Motivarbeit anpasst. Nicht zuletzt diese Füller musikalischer Glanzstücke macht es so schwer, die - technisch leicht zu kürzende - Handlung aus bühnenpraktischen Gründen zu kürzen, denn der Verlust auch nur einer Nummer wäre ein empfindlicher. Nach rein musikalischen Kriterien kann CANDIDE deshalb das Prädikat der letzten großen Operette des 20. Jahrhunderts, und m. E. einer der besten überhaupt, beanspruchen.


    Bernsteins endgültige Fassung, die er kurz vor seinem Tod in einer konzertanten Fassung einspielte, lässt fraglos die Musik am besten zur Geltung kommen. Vielleicht ist es tatsächlich die beste Lösung, die Handlung des Stücks in die Fantasie des Hörers zu legen, denn was der Erzähler in wenigen Sätzen zusammenfassen kann, erzwingt ausgespielt einen Dialogumfang, der dem ungekürzten Werk die Dimensionen einer Wagner-Oper aufzwingt. Dies aber würde die Aufmerksamkeit des Zuschauers überfordern, denn der „infernalischen Witz“, den einst Madame de Stael schon Voltaires Novelle zuschrieb, erfordert zum vollen Genuss höchste Aufmerksamkeit für Text und Musik.


    Der besinnliche Schlusschor und das thematisch bewusst einfach gehaltene, aber gewaltig anschwellende Finale, dessen Schlussworte Voltaire wörtlich zitieren, riskieren einen Stilbruch. Den gibt es aber schon bei Voltaire, und Bernstein übernahm ihn gern um aus der verzweifelten Resignation zu dem abschließenden Hoffnungsschimmer zu finden, mit dem Bernstein trotz seiner skeptischen Lebensphilosophie immer sein Publikum entlassen wollte.


    Wirkung
    Die Uraufführung im Dezember 1956 wurde zwar zu einem Erfolg für Bernsteins Partitur, deren berauschende Ouvertüre rasch Eingang in das Repertoire vieler Orchester fand. Das Stück selbst aber erlebte nur 73 Aufführungen. Bernstein selbst war jedoch davon überzeugt, dass seine Partitur Besseres verdiente, und so beteiligte er sich an insgesamt sieben Revisionen, die zum Teil gravierende Änderungen der Partitur beinhalteten. An der erfolgreichsten Bearbeitung durch Harold Wheeler und den Regisseur Harold Prince, die 1973 abseits des Broadways debütierte und später dorthin wechselte, war Bernstein selbst jedoch kaum beteiligt, obwohl er sie sanktionierte. Wheeler und Prince inszenierten das Stück mit durchweg jungen Protagonisten als Musicalzirkus, der, von Voltaire selbst erzählt, inmitten des Publikums stattfand. Diese Fassung, zu der Stephen Sondheim zahlreiche Überarbeitungen der Songtexte beisteuerte, brachte es auf immerhin 740 Aufführungen. Da sie zudem den Vorteil einer Orchestrierung Hershy Kays für nur 13 Instrumentalisten hatte, wurde sie zur Grundlage der meisten internationalen Inszenierungen, darunter der deutschen Erstaufführung. Seither hat Bernsteins eigene Einrichtung des Werkes für seine letzte Einspielung jedoch neue Maßstäbe gesetzt und wird in aller Regel als Grundlage der zum Glück immer zahlreicher werdenden Aufführungen herangezogen.


    (c) 2007 Rideamus


    Meine Lieblingsaufnahmen wurden fast alle schon genannt. aber etwas mehr zu ihnen und den übrigen, von denen mindestens bislang keine einzige von denen, die ich kenne, belanglos oder gar völlig daneben geraten ist (welcher Operette war das schon gegönnt?), hebe ich mir, darauf hoffend, dass dieser Thread weiterhin noch Interesse findet, für ein ein andermal auf.


    :hello: Rideamus

  • Kennengelernt habe ich Candide, als wir im Chor ein Medley daraus gesungen haben und ich war sehr begeistert von der Musik. Dann habe ich im Studium eine Arbeit geschrieben, die sich mit der Popularität des Werkes beschäftigte. Anders als die West-Side-Story hat Candide etliche Bearbeitungen bzw. Versionen über sich ergehen lassen müssen, da Publikum und Interpreten es so wollten. Warum?


    Die Musik ist genial, daran liegt es nicht. Meiner Meinung nach liegt es an dem Libretto und der Vorlage (Satire) von Voltaire: unsere Helden, Candide, Cunegonde, die Old Lady etc. entwickeln keine tiefen Charaktere für die wir Emphase empfinden können, sondern stolpern vielmehr wie Comicfiguren aus einer Szene in die nächste. Gerade noch totgeglaubt, tauchen sie frischen Mutes plötzlichwieder auf. Wie viele solcher kleinen Episoden letztlich passieren, ist dann auch nicht entscheident, so dass Kürzungen leicht möglich sind.


    Dass Voltaire gerade die kulturelle Einöde Westfalens wählt, ist mir als gebürtige Westfälin ein besonderer Spaß und die Verballhornung der Härte der deutschen Sprache aus fanzösischer Sicht in dem Namen Tundertentrunck ein Genuß.


    Entscheidend aber für den oft zweifelhaften Erfolg ist aber meiner Meinung nach dieses: Am Ende der Aufführugn bleibt ein unversöhntes Gefühl zurück: Candide und Cunegonde haben soviel erlebt und überlebt und sind endlich vereint, da träumt sie von Bällen, Kleidern und Schmuck, Candide aber vom Gemüseanbau im eigenen Garten, Kindern und einem beschaulichen Leben. Die Frustration, sein Leben hinter einem Traum hergeeilt zu sein um letztlich zu sehen (wir sehen, ob Candide sieht, ist unklar), dass er zerplatzt, ist nicht das Gefühl, dass die Massen suchen, wenn sie aus einem Musiktheaterabend nach hause gehen.


    Wenn man Candide musikalisch auf die Operettentradition bezieht, die West-Side-Story auf den Jazz und die Chichester-Psalm auf, jiddische Musik, hat man drei fantastische Beispiele für die Wurzeln, aus denen Bernstein so farbige Musik geschaffen hat.


    Gudrun

    Kirchenmusikerin

  • Meiner Meinung nach ist Candide einer der wichtigsten Höhepunkte in Bernsteins Schaffen. Sollte man kennen! Meine heisse Empfehlung! Und natürlich das Original von Voltaire nebenher lesen! Die nicht unumstrittene Etikettierung "Musical" verhindert vielleicht den großen Durchbruch dieses urkomischen und musikalisch hochwertigen Werks.


    Zitat

    Original von Harald Kral

    allein schon wegen der deutschen Zwischentexte von Loriot müßte sich die Anschaffung lohnen!
    (steht schon auf meinem Wunschzettel)


    Das habe ich einst live erlebt, als sie auf Tournee in Frankfurt waren. Muskalisch ist Bernstein natürlich besser und auch die Texte von Loriot haben mich enttäuscht. Im HR-Fernsehen lief mal der Londoner Mitschnitt Bernsteins mit über das englische Original drübersynchronisierten deutschen Zwischentexten. Das war sehr viel lustiger als Loriots gestelzter Stil, der zwar in den Siebzigern der Gipfel deutschen Humors war, sich aber seitdem auch imerzu wiederholt. Ähnlich angestrengt finde ich über weite Strecken auch den Humor in Loriots "Ring ohne Worte".

  • Liebe Gudrun,


    zunächst einmal herzlich willkommen in diesem Forum. Es freut mich sehr, dass Du Dir zum Einstieg gerade diesen CANDIDE-Thread ausgesucht und ihn damit wiederbelebt hast.


    Was den Grund für den ursprünglichen Misserfolg des Werkes angeht, so hast Du m. E. vollkommen Recht. Es kommt nicht von ungefähr, dass das Werk konzertant oft erfolgreicher ist als in einer Inszenierung, denn diese fordert die Identifikation mit Charakteren und deren Schicksal. Die aber verweigert das Libretto konsequent. HInzu kommt der unschlüssige Ausgang, denn die etwas naive Reduktion auf das Glück im Häuschen mit Garten passt eher zum "Wirtshaus im Spessart" als zu der geballten Weltgeschichte Voltaires, die ihr voraus ging - auch wenn die Musik dazu hinreißend ist.


    Zum Glück hat es den Anschein, als hätte sich das Werk jetzt international im Repertoire eingebürgert, aber zuverlässig wird man das natürlich erst in einigen Jahrzehnten sagen können.


    :hello: Jacques Rideamus

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  • Zitat

    Original von Jacques Rideamus
    HInzu kommt der unschlüssige Ausgang, denn die etwas naive Reduktion auf das Glück im Häuschen mit Garten passt eher zum "Wirtshaus im Spessart" als zu der geballten Weltgeschichte Voltaires, die ihr voraus ging - auch wenn die Musik dazu hinreißend ist.


    :hello: Jacques Rideamus


    Ich glaube nicht, daß die Stoßrichtung Voltaires im "Il faut cultiver notre jardin" tatsächlich naiv oder gar unschlüssig ist, vielmehr als ein ironisch-modifizierender Gegenentwurf zu den Rousseau'schen Thesen zu verstehen ist. Womöglich zeichnet Bernstein das Idyll zu pastös.


    LG


    Christian


  • ... oder uns ist Rousseau einfach nicht mehr gegenwärtig genug um die Ironie dieses Ansatzes nachvollziehen zu können. Allerdings macht Bernstein in seiner Aufnahme tatsächlich ein ziemlich ungebrochenes, fast pastorales Idyll daraus, bei dem man die ursprüngliche und in dem Browadway Cast-Album noch eher zu ahnende Ironie aus dem Zusammenhang hinzu denken muss.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Meines Wissens geht es nicht um Rousseau, sondern um den Universalgelehrten Leipnitz, dessen Theorie (in etwa so: Wir leben in der besten aller möglichen Welten, denn wenn es nicht die beste wäre, hätte Gott sie besser geschaffen, daher ist alles was pssiert, die beste aller Möglichkeiten) ja in Person von Dr. Pangloss in die Geschichte sehr direkt einfließt. Habe ich mit Rousseau da etwas übersehen?


    MfG Gudrun

    Kirchenmusikerin

  • Zitat

    Original von Gudrun Fliegner
    Meines Wissens geht es nicht um Rousseau, sondern um den Universalgelehrten Leipnitz, dessen Theorie (in etwa so: Wir leben in der besten aller möglichen Welten, denn wenn es nicht die beste wäre, hätte Gott sie besser geschaffen, daher ist alles was pssiert, die beste aller Möglichkeiten) ja in Person von Dr. Pangloss in die Geschichte sehr direkt einfließt. Habe ich mit Rousseau da etwas übersehen?


    Bestimmt nicht, obwohl Voltaire Rousseau auch nicht sehr schätzte, soweit ich weiß (was wenig genug ist). Bei Leibnitz gilt das Übersehen eher für mich. Danke für diesen wertvollen Hinweis.


    :hello: Jacques Rideamus

  • Candide ist ein Rundumschlag gegen einige Theorien, Leibniz steht sicher an erster Stelle. Rousseau allerdings wird auch der eine oder andere Seitenhieb mitgegeben. Ob das Ende tatsächlich ironisch gebrochen zu deuten ist, ist schwer zu sagen, jedoch stellt die menschliche Arbeit an der Natur einen gewissen Gegenentwurf zu Rousseaus Naturverständnis dar, das Voltaire bereits früher karikiert.


    LG


    Christian

  • Ergänzende Informationen:


    Wiener Erstaufführung (und Rundfunkmitschnitt) der Urfassung (konzertant):
    22. bis 28.4.1963 Funkhaus Wien
    Dirigent: Samuel Krachmalnick
    Chor und Orchester des ORF
    Einführende Worte und Spielleitung: Marcel Prawy
    Candide: Kurt Equiluz
    Dr. Pangloss: Heinrich Schweiger
    Kunigunde: Mimi Coertse
    Unter den weiteren Mitwirkenden: Heinz Holecek, Herbert Prikopa, Peter Nidetzky, Blanche Aubry u. a.


    Deutschsprachige Wiener Erstaufführung:
    31.7.1976 bis 4.9.1976 Stadthalle
    Dirigent: Adrian Manz
    Inszenierung: Larry Fuller (nach der Regie von Harold Prince)
    Dt. Fassung: Marcel Prawy
    Mit Heinz Ehrenfreund, Heinz Marecek, Christina Simon, Melanie Hollyday u.a.

    Freundlicher Gruß
    Alexander

  • Ich stöbere gerade ein wenig im Musical Forum herum und bin auf diesen schon sehr alten Thread gestoßen. Was mit auffiel, ist, dass immer wieder unklar blieb, ob denn Candice nun ein Musical oder eine Operette sei. Die Antwort findet sich meines Erachtens u. a. bei Wikedpedia.


    Zitat

    Candide ist in der Urfassung eine Operette in zwei Akten von Leonard Bernstein. Das Libretto stammt von Lillian Hellman. Es basiert auf dem satirischen Roman „Candide oder der Optimismus“ des französischen Philosophen Voltaire. Die Gesangstexte steuerten Richard Wilbur, John Latouche und Dorothy Parker bei. Uraufführung war am 1. Dezember 1956 am Martin Beck Theatre in New York City. Die Operette entpuppte sich als großer Flop. Nach nur 73 Vorstellungen wurde sie abgesetzt. Der Misserfolg lag jedoch nicht an Bernsteins Musik, sondern am Libretto Lillian Hellmans, das in keiner Weise Voltaires satirischer Vorlage gerecht wurde. Um das Stück für die Bühne zu retten, arbeiteten es siebzehn Jahre später Hershy Kay, der schon bei der Urfassung dem Komponisten beim Orchestrieren assistiert hatte, Hugh Wheeler (vollständig neues Libretto) und Stephen Sondheim (zusätzliche neue Gesangstexte) zu einem einaktigen Musical um. Dieses erlebte seine Uraufführung am 8. März 1974 am Broadway Theatre in New York und brachte es auf 740 Vorstellungen.
    ...
    Hershy Kay hat die Musik für die Musical-Fassung nahezu unverändert von der 1956 entstandenen Operette übernommen. An vielen Stellen klingt sie sehr opernhaft. Nicht umsonst wird das Werk hin und wieder auch als „komische Oper“ bezeichnet. Am ausgeprägtesten kommt die Verwandtschaft zur Oper in Kunigundes Lied Glitter And Be Gay / Mich umglitzert Gold zur Geltung, das schon in der Ouvertüre anklingt und streng genommen eine Arie für Koloratursopran ist. Aber auch die anderen Hauptrollen sind musikalisch so anspruchsvoll, dass sie mit ausgebildeten Opernsängern besetzt werden müssen. Das bekannteste Musikstück aus dem Werk ist jedoch die Ouvertüre. Viele Sinfonieorchester haben sie in ihr Repertoire aufgenommen. Sie erklingt daher auch oft im Konzertsaal und im Rundfunk.


    :) Uwe

  • Diese Fassung, zu der Stephen Sondheim zahlreiche Überarbeitungen der Songtexte beisteuerte, brachte es auf immerhin 740 Aufführungen. Da sie zudem den Vorteil einer Orchestrierung Hershy Kays für nur 13 Instrumentalisten hatte, wurde sie zur Grundlage der meisten internationalen Inszenierungen, darunter der deutschen Erstaufführung.


    Bei näherem Durchlesen ist mir noch dieses Zitat aufgefallen, das etwas im Widerspruch zu nachstehendem Ziitat steht:


    Zitat von Wikedpedia

    Hershy Kay hat die Musik für die Musical-Fassung nahezu unverändert von der 1956 entstandenen Operette übernommen.


    ?( Uwe

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