Gesungenes Latein - welche Aussprache?
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Original von musicophil
Versuche mal das Wort "construction". Da wird der Buchstabe "u" eher Richtung "ö" als "ü" ausgesprochen.
LG, PaulNö, das u in construction ist ein ü
Austria
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Original von Austria
ö würde einem "eu" entsprechen.Nö, das u in construction ist ein ü
Liebe Rentnerin,Wird "ö" in "können" als ""keunen" ausgesprochen?
Marc hat vermutlich Recht. Auch da ist es regionalbedingt. Nord-Frankreich kann man überhaupt nicht vergleichen mit Süd-Frankreich. Die Mundart ist komplett anders. Und Paris ist wieder ein Sonderfall.LG, Paul
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schon, paul, aber es gibt auch ein sogenanntes schulfranzösisch, wie hochdeutsch.
und austria meint natürlich in französisch geschriebenes "eu" wie in "feu".
wie schprischt tü das oos? -
Zitat
Original von musicophil
Liebe Rentnerin,Mein Nick ist Austria.
ZitatWird "ö" in "können" als ""keunen" ausgesprochen?
Es gibt im Französischen (sowie im Deutschen) zwei "ö":
- z.B. Europe: offenes "ö"wie z.B. in "können"
- z.B. feu: geschlossenes "ö" wie z.B. in "Flöhe"
Keines der beiden "ö"'s steht jedoch in irgendeinem phonetischen Zusammenhang mit einem "ü" (wie von Dir vermutet).ZitatMarc hat vermutlich Recht.
Marc hat sogar ganz sicher recht.
ZitatAuch da ist es regionalbedingt. Nord-Frankreich kann man überhaupt nicht vergleichen mit Süd-Frankreich. Die Mundart ist komplett anders. Und Paris ist wieder ein Sonderfall.
Frankreich hat alles in allem ca. 100 Départements, wovon jedes mehr oder weniger seinen eigenen Dialekt hat. Wir reden eben hier nicht von "Mundart", sondern von "Hochfranzösisch" im Vergleich zu "Hochdeutsch".
Austria
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Ich habe Austria eine PN geschickt und mich entschuldigt.
Ich hatte tatsächlich nicht verstanden, daß sie jenen französischen Vokal "eu" meinte, wie schon Observater erklärte.Damit ist für mich dieses Mißverständnis erledigt.
LG, Paul
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Damit ist für mich dieses Mißverstand erledigt.
für mich auch - wir haben einander wieder lieb
Austria -
Eine "identische" Aussprache wird es wohl nicht geben - Italienisch und Französisch haben sich zwar aus dem Latein entwickelt, aber haben damit wohl noch so viel zu tun wie das Deutsche mit dem Germanischen.
Viele Gruppen (auch sogenannte "Mittelalterbands"), die sich mit mittelalterlicher Musik beschäftigen, stehen vor eben diesem Problem... das V wird z.B. immer als U gesprochen.
Der leichte Folgelaut beim X ist auch umstritten (da es ja vom griechischen Chi kommt)...
Ich stimme denen zu, die die Werke in dem lateinischen Idion der Gegend singen, in der die entsprechenden Werke entstanden sind.
Die Carmina Burana mit ihrer Mischung aus mittelhochdeutschen und lateinischen Texten würde wohl am besten mit einem "deutschen" Latein aufgeführt; italienische Chorwerke entsprechend im litalienischen Idiom. -
Hallo ClauS,
ich frage mich sehr, ob ein italienischer, englischer oder französischer Chor sich für die Carmina Burana ernsthaft die deutsche Aussprache (Simus jussu Züpridis) aneignen würde, und eben unter dem Aspekt frage ich mich, ob der im Eingangsbeitrag von mir genannte Aussprache-Eiertanz (schließlich muss man nicht nur bedenken, in welcher Region, sondern auch zu welcher Zeit das Werk entstanden ist, was auch wieder Auswirkungen auf die Aussprache mit sich bringt) nicht an den eigentlich wichtigen Fragen wie grammatisch korrekter Aussprache vorbeigeht.
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Original von Draugur
wie meinst du das mit dem "X"? Wo findest du ein X im Lateinischen?Lex, Rex, judex, codex, ...
Zitatden eigentlich wichtigen Fragen wie grammatisch korrekter Aussprache vorbeigeht.
Ich stehe gerade auf dem Schlauch, was das wohl sein soll?
Ulli
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Original von Ulli
Rex, ...Autsch, bitte diese Frage vergessen, bin gerade im Prüfungsstress und weiß nicht, was ich schreibe. Ich muss gleich wieder anfangen zu lernen. Zum Glück ist es nicht Latein.
Mit grammatisch korrekter Aussprache meine ich das ganz zu Anfang beschriebene "excelsis"-Problem (Endsilbe lang oder kurz).
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Zitat
Mit grammatisch korrekter Aussprache meine ich das ganz zu Anfang beschriebene "excelsis"-Problem (Endsilbe lang oder kurz).
Auch: Autsch... :O jetzt sind wir quitt!
ZitatOriginal von Draugur
Autsch, ...Dafür jetzt die passende Anekdote:
Bei den ersten Räuber- + Verbrecher-Banden äh... Banken schrieben die Bankiers oft und gerne das V für die römische Zahl 5 [zugleich der geschriebene Buchstabe U] an der unteren Spitze leicht gekreuzt - besonders bei der Herausgabe von Krediten. Als der Schuldner sein Darlehen zurückzahlen musste, las man sehr gerne dann ein zu kurz geratenes X für die römische Zahl 10 daraus. So hatte die Bank einen Gewinn von 100% eingestrichen und dem verärgerten Kunden ein X für ein U vorgemacht.
Noch heute werden bei Darlehensverträgen an der Stelle, wo der Kreditnehmer seine Unterschrift hinpflanzen soll, für den Kunden ein oder sogar mehrere Xe angebracht...
Ulli
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X im Lateinischen ist ganz klar "ks", das erkennt man anhand der Grammatik: z. B. Rex (Stamm reg- + Nominativendung -s).
Das V ist eigentlich ein Halbvokal, also ein U.
Aber die historisch korrekte Aussprache wird sowieso nicht angewendet; also schließe ich mich der Meinung der Vorredner an und plädiere für diejenige Aussprache, die in der Herkunftsregion des jeweiligen Stückes verbreitet war. Auf meiner Carmina-Burana-Aufnahme singt übrigens der London Philharmonic Choir ganz brav "semper kreszis et dekreszis" oder auch "veris leta fazies"! :] -
Hut ab, das hätte ich nicht gedacht.
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Habe dieser Tage auf YouTube bei einer lateinischen Messe, von "Les Arts Florissants" gesungen, Kritik geübt, weil die franz. Künstlergruppe das "u" wie "ü" ausgesprochen hatte. - Der Autor hat sich gerechtfertigt, indem er eine Verwandtschaft zwischen dem Franösischen. und dem Lateinischen sah. -
Natürlich ist die Wurzel ein und dieselbe! - Trotzdem glaube ich, dass
das Lateinische als direkter Vorläufer des Italienischen gelten dürfte, und daher das "u" tatsächlich wie "u" auszusprechen ist. -
Schließlich ist es im Italienischen ja auch so. -Dass der Selbstlaut "u" im Französischen anders ausgesprochen wird, ist wohl Zeichen einer eigenen phonetischen Entwicklung.
Mit frankophilen Grüßen,
Melisma
P.S. Bin nicht sicher, ob darüber bereits geschrieben wurde. - Habe nicht alles gelesen.
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Salü
Es geht hier eigentlich nicht um 'richtig' oder 'falsch', sondern darum, wie es beispielsweise im 18. Jahrhundert gehandhabt wurde. Die Quellen beweisen, daß das Lateinische in Frankreich französisch, in Italien und 'Deutschland' (inkl. Österreich) zeitweilig eher italienisch ausgepsrochen wurde.
Die historisch informierte Aufführungspraxis, kurz: HIP, nimmt diese Handhabe zum Anlass, um die Werke möglichst 'authentisch' aufzuführen - egal, ob dies nun falsch ist oder nicht...
Ulli
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Wenn dem so ist, Ulli, dann solls so sein! - Mir erscheint der Vokal "ü" für "u" nicht logisch, zumal ein Umlaut! - Klingt gequetscht und eingeengt! -
Aber das ist vielleicht nur mein subjektives Empfinden.Sonnige Grüße,
Melisma
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...de güstibüs...
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Ich hatte vergangenen August einen Meisterkurs bei der Sopranistin Althea-Maria Papoulia, und die sagt, dass es in verschiedenen Ländern ganz einfach unterschiedliche Aussprachetraditionen gibt, auf die man sich einstellen muss. Ein geübter Sänger weiß, dass er eine lateinische Messe in Italien anders singt als in Deutschland, Frankreich oder England. Jedes Land hängt an seinen Hörgewohnheiten.
Ich gebe aber zu, dass mir das Zuhören auch oft schwerfällt, wenn beispielsweise englische Chöre lateinische Messen mit "Kiiiirie" beginnen. :wacky: -
Darf ich zu dem "Kiiiiiiiiiiiiiirie" gleich etwas anmerken: Die Tatsache, dass wir Deutschen und Deutschsprachigen ein "y" wie "ü" ausprechen, ist alleine unser deutsches Problem!
Im französischen Alphabet heißt der Buchstabe "y" = i-grec (zu Beutsch "griechisches i"!) - Daher wird im Französischen a priori das "y" wie "i" ausgesprochen! -
Und im Häbräischen wird es ebenso wie "i" ausgesprochen, habe ich mir sagen lassen.Musikalische Grüße,
Melisma
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Im Italienischen "Ipsilon", wenn ich mich recht erinnere.
Auch die italienische Aussprache von C und G finde ich gewöhnungsbedürftig ("Tschelo oder Virdjine"). Aber andererseits: die Regeln für C oder G vor Vokalen oder Konsonanten gibt es in vielen romanischen Sprachen. Warum also soll das im Lateinischen nicht so gewesen sein? Ich wünschte, ich könnte mal ein Hörbuch der Briefe des Plinius finden, gelesen vom Autoren...
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Das griechische "ypsilon" wurde sicher irgendwann mal wie "ü" ausgesprochen. Ich kann aber nicht sagen, wann. Im klassischen Griechisch war es, anders als die Schulaussprache lehrt, wohl noch ein "u" (vgl. kybos - cubus u.ä.; im Latein kommt es höchstens in Fremdwörtern vor und wurde wohl gewöhnlich durch u, nicht i ersetzt?) und heute ist es ein i. (auch in Diphthongen: Achilleus nicht "Achillois" sondern eher "Achílä-us") Man kommt aber phonetisch nur über eine Art ü vom u zum i. Aber ob dieser Übergang schon um die Zeitenwende stattfand oder erst später, weiß ich nicht, keine Ahnung ob Philhellene noch mitliest, der könnte wohl was dazu sagen.
Auf Spanisch heißt es ebenfalls "i griega", aber das sagt nicht viel übers Griechisch, außer daß in diesen Sprachen ab irgendwann im späten Mittelalter oder so, als überhaupt jemand in der Landessprache zu schreiben begann, y und i gleichlautend waren.
JR
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Zitat
Original von Travinius
Im Italienischen "Ipsilon", wenn ich mich recht erinnere.Auch die italienische Aussprache von C und G finde ich gewöhnungsbedürftig ("Tschelo oder Virdjine"). Aber andererseits: die Regeln für C oder G vor Vokalen oder Konsonanten gibt es in vielen romanischen Sprachen. Warum also soll das im Lateinischen nicht so gewesen sein? Ich wünschte, ich könnte mal ein Hörbuch der Briefe des Plinius finden, gelesen vom Autoren...
Zwar entspricht, worauf oben schon einige hingewiesen haben, die oft übliche "deutsche" Aussprache nicht dem klassischen Latein, aber die Frage nach der Aussprache des c-Lautes ist meines Wissens unzweideutig beantwortet: zu Plinii Zeiten wurden alle c's als "k" ausgesprochen, auch vor hellen Vokalen. Man weiß das aus der Schreibweise von römischen Namen in griechischen Texten (griechisch war ja im 1. Jhd. noch die verbreitete Verkehrssprache im Mittelmeerraum). "Caesar" wird "Kaisar" wiedergegeben "Cicero" "Kikero" usw.
Beim g (oder "ng") weiß ich es nicht, es war aber lange "hart", wie wieder an den Beispielen oben (rex (reg+s), regis) deutlich wird. Wann die Laute weich geworden sind, weiß ich nicht.JR
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Lieber Johannes ,
ich stimme Deinen bisherigen Ausführungen zu .
Caesar , als bekanntestes Beispiel im Lateinunterricht , ist wohl nach allgemein anerkannter Meinung Kaisar ausgesprochen worden .
Es dürfte schon zu Caesars und auch Plinius' Zeiten eine Hochsprache und verschiedene Dialekte gegeben haben .
Dies ist übrigens in anderen romanischen Sprachen ebenso .
Am besten zu verfolgen ist dies wohl an und in der französischen Sprache . Der kürzlich verstorbene Ethnologe , Anthropologe C. Lévi - Strauss hat erklärt , dass das beste Französisch von J. J. Rousseau und Chateubrinad stammen soll . Da die Franzosen stets grossen Wert auf die Reinerhaltung ihrer Sprache zu recht wert gelegt haben wird die Académie Francaise als Oberste Instanz praktisch immer in Zweifelsfällen bemüht .
In Deutschland ist dies vor allem seiot dem gewürge um die rechtschreibreform bis heute nicht mehr so möglich , in dem man bedenkenlos sagen kann : was im Duden steht stimmt .
Die NZZ hat schon vor rund zehn Jahren umfagreiche Fachartikel dazu verfasst, die sehr viel Sinn machen .
Interessant ist auch , dass etwa Portugiesen Italiener ( heute ) zumindest sprachlich recht gut verstehen können . Nicht aber umgekehrt . Dies hat sehr viel mit der Phonetik zu tun . Mit dem Vergleich Italienisch zu Spanisch tut man sich schon deswegen schwer , weil im Spanischen viele aus dem Hocharabischen stammende Wörter enthalten sind aufgrund der Geschichte Spaniens .
Um zur Aussprache der Klassischen Lateins zurückzukehren bedarf es in erster Linie vor allem mehr als nur aufs Vokalpauken ausgerichtete Lateinlehrer . Man muss erwaqrten können , dass auch bei Lehrern , die Sprachen unterrichten ein Sprachgefühl vorhanden ist .
Es ist schon ärgerlich genug wie schwach sehr viele Lehrer im praktischen Latein , Französisch oder Englisch ( geblieben ) sind .
Wir sollten nicht immer die einfachste "lösung" ( sie natürlich keine Lösung ist ) bevorzugen ( auch nicht beim Gesang ! ) .
Wie lebendig Sprache ist , das lässt sich in den letzten 20mJahren sehr gut am Umgangsdeutsch seit der sog. Wiederverieinigung feststellen .
Es gibt nach meinen Beobachtungen und Höreindrücken enorm viele umgangssprachliche Formulierungen , die heute in dem Westen schon fester Bestanteil der Alltagssprache geworden sind . Umgekehrt habe ich dies etwa zwischen Eisenach und Dresden nicht feststellen können .
Vielleicht liegt dies auch daran , dass ( zu ) viele Menschen aus dem Osten eber "rüber machen" .
U d wenn wir die Geschichte des eigenen Familiennamens studieren , da gibt es sowohl bei der Schreibweise wie der Aussprache selbst im Ursprungsland Böhmen ein Auseinanderdriften von Aussprache wie Schreibweise und Betonung ( hier mit zig Variationen ) .
Aus meinem Abitur - Thema zum Fach Englisch ( "Das Englisch in der Bibel und em der Journalisten" ) weiss ich noch sehr genau , welche enormen praktischen Veränderungen es im Laufe der Zeit gegeben hat .
Sprachen sind auch so spannend , weil sie ständig im theoretischen wie praktischen Fluss sind .
Beste Grüsse
Frank
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Original von r.liedl
Ich hatte vergangenen August einen Meisterkurs bei der Sopranistin Althea-Maria Papoulia, und die sagt, dass es in verschiedenen Ländern ganz einfach unterschiedliche Aussprachetraditionen gibt, auf die man sich einstellen muss. Ein geübter Sänger weiß, dass er eine lateinische Messe in Italien anders singt als in Deutschland, Frankreich oder England. Jedes Land hängt an seinen Hörgewohnheiten.So empfinde ich es auch - und so wird es auch von vielen Chorleitern in der Praxis gehandhabt. Die Musik ist nun mal auch im Hinblick auf den Klang der Sprache komponiert, daher ist die Aussprache eben doch nicht unerheblich. Französisches Latein ist schon arg gewöhnungsbedürftig. Aber am schlimmsten finde ich italienisches Latein, hier ist die Sprache nach meinem Gefühl sehr aufgeweicht, die ganze Härte der Konsonatik geht verloren zugunsten eines verschliffenen Klangs. Und leider wird sowas gerade im Unterhaltungsbereich gern für zusäötzliche Schmalzelemente genutzt. Ich sage nur "Panis angelicus.." (man denke sich hier die italienische Ausprache..) :kotz:
Es gibt übrigens auch eine nordische Aussprache des Lateins, die sich jedoch sehr stark an der deustchen Aussprache anlehnt.
Liebe Grüße, der Thomas.
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Ich habe Latein (in deutscher Aussprache) gelernt, aber nicht singen.
Ich verstehe von der ganzen Diskussion um die Aussprache eher wenig, denn für mich spricht man es im Deutschen so aus, wie wir es kennen (oder gelernt haben), die Italiener sprechen es so aus, wie sie einen italienischen Text aussprechen würden und die Engländer ebenso. Franzosen sind da wohl eine Ausnahme, ich habe deren Latein Aussprache noch nie gehört, obwohl mir ihre Sprache sehr gut gefällt.
Mag sein, daß ich ganz daneben liege, aber nehmen wir mal die ganz großen Werke deutscher Meister punkto lateinischen Gesang: die Hohe Messe von Bach und die Missa Solemnis von Beethoven, singt da alle Welt wie die Engländer?
LG Michael.PS: Vielleicht sollte man im Vatikan anfragen, dort müsste man es wissen.
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Ich habe einige HIP-Aufnahmen der Messe h-moll kurz daraufhin geprüft:
Die meisten sprechen das y von Kyrie wie "i " aus und beim xc von excelsis höre ich ein "sch".
Ortners Arnold-Schönberg Chor singt ein klassisches "ü" bei Kyrie und auch ein "eks" bei excelsis.
Der Kammerchor Stuttgart singt zwar "eks" aber -merkwürdig genug- auch "i", was mir irgendwie inkonsequent vorkommt.
Der Japaner Masaaki Suzuki orientiert sich erstaunlicherweise an der für uns klassischen deutschen Ausprache, wobei das "ü" von Kyrie -für mich zum Glück- nicht ganz so deutsch gelingt, also ein bisschen "i" auch noch enthalten ist.Das ist dann schon fast wie in Norwegen. Da ist y wirklich eine 50/50-Mischung aus "ü" und "i", also ein Laut, den es in der deutschen Sprache gar nicht gibt. Manche Deutsche brauchen Jahre, bis sie ihn draufhaben, weil man den Mund zu einer Schnute formen muss, was einem Deutschen irgendwie blöd vorkommt, wenigstens anfangs...
Wenn ich es richtig sehe, konnten wir hier also keine eindeutige Ausspracheregel feststellen.
Ich weiss auch nicht, ob mir die Vorstellung behagt, dass ein deutscher Chorleiter im Guido-Stil daherkommt und seinen Leuten hinsichtlich der Ausprache mitteilt: "Hier ist Deutschland". Allein schon weil die Profi-Orchester und Chöre heutzutage immer internationaler besetzt sind, käme mir eine solche Begründung etwas zu spiessig vor.
Vielleicht sollte angesichts der unaufhaltsamen Globalisierung nicht der regionale Standpunkt, oder gar ein Regionalpatriotismus, sondern vielmehr der Geschmack ausschlaggebend sein.Möglicherweise auch dadurch, dass ich seine Choraufnahmen mit dem Collegium Vocale Gent musikalisch gesehen meistens sehr mag, hat sich im Laufe der Jahre mein Geschmack dahingehend entwickelt, dass ich die "Herreweghe-Ausprache" am besten finde, d.h. "i" und "sch"
Wenn es sich doch cool anhört, warum auch nicht?
Warum nicht wenigstens hier auch einmal einen etwas weniger bierernsten Zugang finden?
Kiirie finde ich persönlich cool, Kürie un-cool.
Oder muss man da erst in 200 Biblioteken dieser Welt geforscht haben und sich doppelt so viele - womöglich auch noch widersprüchliche- Expertenmeinungen eingeholt haben?
Wenn hinterher dann doch der Geschmack entscheidet, dann kann man hier ggf. etwas Zeit sparen...Und wie es bei Geschmacksfragen so ist:
Ob aufgrund solcher "unwissenschaftlichen" Aussagen andere Leute ihre kulturell hochgebildeten Köpfe schütteln mögen oder nicht, ist mir wurscht.
Ich habe da noch aus meiner Zeit in Deutschland Diskussionen in Laienchören ( meistens fast nur mit Lehrern besetzt, von denen immer auch irgendwelche Leute Latein unterrichteten) in Erinnerung, die ich wegen dieses pfauenartig-intellektuellen Aufplusterns furchtbar und lachhaft zugleich fand.
Und wehe, da wurde nicht der Unterschied zwischen Kirchenlatein und dem anderen Latein haarklein herausgearbeitet.
Zum Schluss kam sowieso das deutsche "ü" und das "eks" heraus, alles andere wurde als Unart der Unwissenden dargestellt.
Wenn ich da noch gesagt hätte, dass ich aber ganz viele Aufnahmen kenne, die von möglicherweise noch gebildeteren Leuten gemacht wurden, und bei denen es eben nicht "ü" ist, dann hätten sie mich zerissen... o Mann.
Ausserdem kannten sie diese Aufnahmen eh nicht....Wie gesagt, bei der überwiegenden Mehrheit der von mir angehörten Aufnahmen wird es auch so oder so ähnlich ausgesprochen, wie ich es auch mag, was jetzt aber nicht heissen soll, dass es deswegen allgemein und verbindlich "richtiger" wäre.
Meine momentane Lieblingsaufnahme der Messe ist ja die von Suzuki, und bei dem hört es sich recht deutsch an, d.h. wesentlich wichtiger sind mir ganz andere, musikalische Aspekte.Gruss
Glockenton -
Hallo,
vorletzte Woche hörte ich Thomas Hengelbrocks Balthasar Neumann- Chor und -Orchester mit Chorwerken des 17. und 18. Jahrhunderts.
interessanterweise hat er alle lateinisch gesungenen Werke jeweils in der Lautfärbung des Komponisten- Landes singen lassen: Bach so wie wir das Lateinische kennen, Vivaldis Magnificat mit italienieschem Akzent und - für ich zunächst kaum zu entschlüsseln - André Campra mit französischer Lautfärbung.Ist sowas sinnvoll oder nicht, was meint ihr? Mir ist schon klar, dass der Lautwert der Stimme - je nach Art des Vokals - sich ändert, aber ist das Grund genug?
Grüße
tukan
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Ich finde es sinnvoll, wenn Latein jeweils in der Lautfärbung des Komponisten-Landes gesungen wird,denn so hatte es sich der Komponist vorgestellt.
Mich stört es wenig,wenn es in verschiedenen Ländern anders ausgesprochen wird.
Wenn ich besonderen Wert auf deutsche Aussprache lege,wie zum Beispiel der lateinische Text bei Orffs Carmina Burana,dann greife ich zur CD mit Jochum.
Bei Werken mit deutschem Text bin ich wenig begeistert,wenn fremdsprachige Sänger/innen mit Akzent singen.Das stört mich jedenfalls mehr als die unterschiedliche lateinische Aussprache.Wenn Sänger/innen deutsch nicht akzentfrei singen können,sollten sie es ganz bleiben lassen.