Es wurde hier ja schon viel geschrieben, dass Regietheater sehr mies ist. Aber gerade der Anfänger weiß vielleicht nicht immer sofort, ob es sich in einer konkreten Aufführung um Regietheater handelt oder "normal". Ich versuche mal, dies durch ein paar exemplarische Szenen der Opernliteratur einfach und anschaulich zu verdeutlichen, sodass auch jeder Anfänger bei einem Opernbesuch sodort weiß, ob er klatschen oder "Buh-buh" rufen soll. Ich denke, dass die Verunsicherung ob dieser Frage nicht sein muss. Vielleicht fallen dem Einen oder Anderen Spezialisten ja auch ein paar Beispiele eindeutiger Regietheatermerkmale ein, die er hier lehrreich vorstellt.
Ich beginne mit Richard Wagners "Das Rheingold", direkt die erste Szene. Anweisung des Komponisten:
(Auf dem Grund des Rheines. Woglinde, Wellgunde, Flosshilde ...walle zur Wiege! Wagalaweia! Wallala weiala weia!..."
Wie ich meine, kann man bei genauem Hinschauen leicht erahnen, dass es sich hier zumindest um eine geringe verfälschende Umsetzung der beabsichtigten Vorgaben handelt, die beim Publikumbesucher ein Gerichtserröten wie auch zumindest dreimaliges "Buh-buh" durchaus rechtfertigt. Warum?
1. Sofort ins Auge tritt die Anzahl der Singenden. Woglinde, Wellgunde und Flosshilde sind, wie im Libretto vorgesehen, eindeutig 3, in der Szene unseres Beispiels singen aber 7.
2. Laut Anweisung handelt es sich um Rheintöchter. Auf dem Bild sehen wir jedoch allesamt Burschen, zumindest sollen sie zweifelsfrei durch die Kleidung männliche Charaktere darstellen. Töchter können aber nicht männlich sein.
3. Nach Wagner sollen die Rheintöchter im Rhein schwimmen. Wir sehen jedoch kein Wasser, außerdem haben die Darsteller Schuhe an und stehen auf dem Boden.
Wer länger sucht, wird noch mehr Anhaltspunkte für falsche Umsetzungen der Librettoangaben finden, für den Anfang will ich es jedoch bei den am schnellsten ins Auge stechenden Fälschungen belassen und hoffe, dass dem neugierigen Opernnovizen jetzt schon etwas klarer wird, wie man Regietheater erkennen kann. Regietheater gibt es übrigens nicht nur bei Wagner, sondern auch bei Komponisten wie Strauss oder gar Mozart. Dafür werden sich demnächst auch noch Beispiele finden lassen.
Uwe