MODEST MUSSORGSKY
(1839 – 1881)
KHOVANSHCHINA
Musikalisches Volksdrama in fünf Aufzügen
Die „Khovanshchina“ ist Modest Mussorgskys vorletzte Oper. Der Arbeit an Libretto und Musik erstreckte sich vom Sommer 1872 bis in das Jahr 1880 und wurde von Mussorgsky als äußerst langwierig und mühsam empfunden. Schon der Untertitel des Werkes weist auf den hohen Anspruch und die große Anlage hin: Mussorgsky wollte nichts Geringeres als ein „musikalisches Volksdrama“, ja eigentlich DAS Musikdrama für das russische Volk schreiben. Zu diesem Zweck arbeitete er sich durch einen gewaltigen Berg geschichtlicher Abhandlungen und Chroniken. Mehrfach hatte er das Gefühl, in dem herangezogenen geschichtlichen Material förmlich zu ertrinken. Viel ist seit dem erstmaligen Erklingen der Oper 1886 - übrigens in einer bearbeiteten Fassung Nicolai Rimski-Korsakows (hierzu in einem späteren Posting mehr) - über Handlung und Dramaturgie der Khovanshchina diskutiert worden, vor allem die Frage, ob Mussorgsky sich an seinem riesenhaften Plan „überhoben“ habe (auch hierzu in einem späteren Posting mehr).
Es ist tatsächlich nicht leicht auf den Punkt zu bringen, worum es in diesem Werk eigentlich geht. Bis heute werden Lösungen zu der Frage angeboten, ob und wie sich die Teilhandlungen der einzelnen Aufzüge wohl zu einem Einheit stiftenden Sinn des Ganzen zusammenführen lassen. Lässt sich in dem Werk ein halbwegs stringenter Handlungsstrang im Sinne einer an westlichen Erzählformen orientierten Dramaturgie ausmachen? Wollte Mussorgsky mit dieser Oper überhaupt eine abgeschlossene Botschaft verkünden? Muss man „Russe“ ein, um das Werk vollständig verstehen zu können? Spricht Mussorgsky hier wesentlich in Symbolen? Erinnert uns das an Dostojewski, dessen Romane zuweilen dem Vorwurf ausgesetzt sind, nicht sorgfältig und stringent konstruiert zu sein? - Eine sinnvolle Inhaltsangabe zu verfassen, ist jedenfalls nicht einfach und kaum sinnvoll in Kurzfassung zu leisten. Ich verweise daher auf einschlägige Darstellungen in Operführern.
Trotz aller dramaturgischen Fragen ist die Khovanshchina musikalisch ein überaus faszinierendes Werk. Sie gilt einerseits als Mussorgskys „russischste“ Oper, andererseits darf man sie aus gewissen Gründen aber auch seine „italienischste“ nennen! Hinzu kommt eine ganz eigene musikalische Erzählweise Mussorgskys (auch hierzu in einem späteren Posting mehr). Infolge der zahlreichen, frappierenden Anklänge an Verdi erscheint es verwunderlich, dass die Khovanshchina in der Popularität bei uns hinter dem Boris Godunow zurücksteht, der meines Erachtens insgesamt musikalisch schwerer zugänglich ist. Daneben bietet die Khovanshchina wunderbar atmosphärische Vorspiele, wirkungsvolle Chöre und hinreißende Lieder (auch hierzu in einem späteren Posting mehr). Populär ist daneben vor allem der „Tanz der Perserinnen“.
Loge