Prominente und ihre Abneigung gegen das Regietheater in Bonmot und Zitat

  • Die Hauptsache ist doch, daß die Opernauffführung oder das Konzert einem Selbst gefallen hat. Wie ich schon häufiger geschrieben habe, man muss sich nicht immer auf eine Seite schlagen. Und ob Kaspar eiin rosa oder llila Hemd trägt ist doch eigentlich bellanglos.

  • Zitat

    MSchenk: So ein Beispiel zeigt doch höchstens, dass der betreffende Regisseur eine (wesentlich) andere Auffassung vom Stück hat, als z.B. Du, Gerhard oder vielleicht auch ich.


    Na, Michael! Wenn ich Verdis "Ein Maskenball" im Opernhaus erleben möchte, dann möchte ich nicht diesen Abklatsch der schönen Verdi-Oper ertragen. Dann müßte es in der Vorankündigung des Opernhauses etwa heißen: Oper "Ein Maskenball" nach Verdi, in der Fassung einer irren Phantasie des Regisseurs YXZ....! Damit wären Interessenten, die einen genußvollen Opernabend erleben möchten, schon vorher gewarnt! Ich gehe schon nicht mehr auf noch schlimmere, auch schon vorher erwähnte Beispiele ein.

    MfG

    W.S.

  • Lieber Wolfgang,


    ich nehme an, du (und nicht nur du) hast meine Anspielung verstanden. Das kann man natürlich nicht von jedem erwarten. Die Welt ist voller begriffsstutziger Narren.


    Wie sagt man in Wien: Überhaupt nicht injoriern!
    Bis Sonntag!

  • ich nehme an, du (und nicht nur du) hast meine Anspielung verstanden.


    Ich nicht! Ich habe nicht einmal eine Solche gefunden ... ?(

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Wenn ich Verdis "Ein Maskenball" im Opernhaus erleben möchte, dann möchte ich nicht diesen Abklatsch der schönen Verdi-Oper ertragen. Dann müßte es in der Vorankündigung des Opernhauses etwa heißen: Oper "Ein Maskenball" nach Verdi, in der Fassung einer irren Phantasie des Regisseurs YXZ....!


    Wenn man sich so etwas partout nicht »antun« will und es muss nicht gerade die Premiere sein, dann hat man heutzutage doch die Möglichkeit, sich vorher zu informieren. Also wo ist das Problem? (Wenn ich bei Brahms die Geigen, dem Willen des Komponisten entsprechend, nur mit Darm- und nicht mit Stahlsaiten hören will, bin ich auch nicht besser dran – warum regt sich niemand auf, dass hier der Wille des Komponisten so eklatant missachtet wird?)

  • Lieber Dieter,


    wenn man heute Brahms nicht mehr mit Darmseiten spielt (außer bei den Original-Instrumenten- Verfechtern), dann nicht deshalb, weil man den Willen des Komponisten missachtet, sondern weil es inzwischen im Instrumentenbau eine Weiterentwicklung gegeben hat.


    Es ist durchaus zweifelhaft, ob Brahms (u.v.a.) heute die alten Instrumente bevorzugen würde. Von Beethoven ist z.B. bekannt, dass er jede Neuerung bei den Trompeten begrüßt hat. Das ist eine andere Ebene als der Respekt des Regisseurs vor dem Willen des Komponisten.


    Bei diesen Dingen sollten wir nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern auf dem Teppich bleiben. Mein bevorzugter Teppich sind die modernen Instrumente.


    Herzliche Grüße von Sixtus

  • Aus einem Interview mit dem Altmeister Harry Kupfer:


    Sie sind ein Urgestein des Regietheaters. Mögen Sie die Arbeiten Ihrer jüngeren Kollegen?


    Vieles ist da eine Fehlentwicklung. Wenn ich merke, dass sich ein Regisseur nur selbst befriedigt, bin ich nach zehn Minuten draussen. Die meisten Regisseure haben keine Ahnung von Musik und inszenieren aus dem Reclamheft, Sie wissen nicht, dass der Komponist seine Absichten zum Text in der Musik dargelegt hat. Wenn man das nicht dechiffrieren kann, ist die Inszenierung sinnlos.
    Dieser Beitrag würde übrigens auch in den OPER-Thread von Sixtus passen.

  • wenn man heute Brahms nicht mehr mit Darmseiten spielt (außer bei den Original-Instrumenten- Verfechtern), dann nicht deshalb, weil man den Willen des Komponisten missachtet, sondern weil es inzwischen im Instrumentenbau eine Weiterentwicklung gegeben hat.

    Soweit ich weiß, wollte Brahms aus klanglichen Gründen ausdrücklich, dass seine Werke nur mit den alten Darm- und nicht mit den neuen Stahlsaiten, die damals aufkamen, gespielt werden.



    Es ist durchaus zweifelhaft, ob Brahms (u.v.a.) heute die alten Instrumente bevorzugen würde. Von Beethoven ist z.B. bekannt, dass er jede Neuerung bei den Trompeten begrüßt hat.[quote='Sixtus','index.php?page=Thread&postID=588219#post588219']Und auch bei den Klavieren war er ja immer ganz scharf auf die neuen Broadwoods.

    Seit einer Hammerklavier-Diskussion im letzten Jahr, wo mich verschiedene Beiträge, auch von Holger, aber insbesondere von Johannes Roehl, zu einem neuen Verständnis gebracht haben (ich wollte ihm das schon längst einmal schreiben), sehe ich das auch offener – freilich scheint mir das bei Brahms, wenn er das so eindeutig geäußert hat, doch weniger »verhandelbar« zu sein (es sei denn, dass sich heutige Stahlsaiten ganz anders anhören als die zu seiner Zeit). Trotzdem sind für mein Hörempfinden die alten Instrumente meistens »richtiger«.

  • Aus einem Interview mit dem Altmeister Harry Kupfer:
    Die meisten Regisseure haben keine Ahnung von Musik und inszenieren aus dem Reclamheft, Sie wissen nicht, dass der Komponist seine Absichten zum Text in der Musik dargelegt hat. Wenn man das nicht dechiffrieren kann, ist die Inszenierung sinnlos.


    Dem kann man wohl nur zustimmen. Ich habe mich entsprechend ja auch schon mal im Zusammenhang mit Jonathan Meese geäußert.

  • Zitat

    "Ich habe kein Problem damit, wenn die physischen Aspekte einer Inszenierung unbehaglich sind. Unbehagliches hat mir nie etwas ausgemacht. Was mich an einer Oper stört ist alles, über das der Regisseur einen sechsseitigen Artikel für das Programmheft schreiben muss, in dem er den Leuten erklärt, was sie sehen.

    Zeig’ es uns... wir sind keine Idioten!"

    Zitat

    "Ich habe kein Problem mit Regietheater, wenn es intelligent gemacht ist und einen bestimmten Aspekt der Geschichte findet, der wirkliches intellektuelles Gewicht hat. Ich habe auch überhaupt kein Problem damit, eine Inszenierung zu aktualisieren. Aber ich fange an, immer weniger tolerant zu werden. Ich schätze, mein Mist-Alarm schrillt, wenn man fragen muss, „Wenn du mir es in sechs oder sieben Wochen Proben nicht erklären kannst, wie glaubst du wird es jemand verstehen, der eine Karte kauft und nichts von diesem Hintergrundwissen besitzt?"

    Stuart Skelton, Interview für Bachtrack, 2017



    Zitat

    "Zum Teil bezahlen wir jetzt die Zeche für das, was wir der Oper in den letzten Jahrzehnten angetan haben."

    Jonas Kaufmann, Interview Sunday Times, 2022 via Die Presse



    Zitat

    "Ich glaube, dass unser Theater, was die Regie betrifft, seit langer Zeit einen fatalen Irrweg eingeschlagen hat ..... letztendlich führt dieser Weg auf Dauer zu einem unvermeidlichen Scheitern."

    "Ich habe nicht das Gefühl, dass Intendanten, Dramaturgen und besonders die Regisseure wirklich an diesem Miteinander von Theater und Musik interessiert sind."

    Zitat

    "Die Antwort kann nicht sein, dass wir den ausgetretenen Weg des dahinsiechenden deutschen Regietheaters unbeirrt immer weitergehen."

    Zitat

    "Bei vielen, um nicht zu sagen bei den meisten der heutigen Regisseure vermisse ich aber diese gründliche Vorbereitung. Etwas drumherum zu erfinden oder es auf primitive Weise zu aktualisieren, ist im eigentlichen Sinn des Wortes keine Kunst."

    Philippe Jordan, Interview Kurier, 2022



    Gregor

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  • Zitat

    Jonas Kaufmann, Interview Sunday Times, 2022 via Die Presse

    Kaufmann war sich aber lange Zeit nicht zu schade, in Produktionen von Kuseij und Marthaler aufzutreten.


    La Traviata, Paris 2007 - Regie: Marthaler


    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

  • Kaufmann war sich aber lange Zeit nicht zu schade, in Produktionen von Kuseij und Marthaler aufzutreten.


    Dann hat Kaufmann inzwischen seine Meinung geändert oder er zieht irgendwo eine Grenze was für ihn geht und was nicht.


    Sowas kennt man auch beispielsweise von Beczala, der sich ja auch schon negativ über so manches moderne Regietheater geäußert hat. Dennoch hat er beispielsweise die Salzburger-Michieletto-Bohème, in der er als Rodolfo aufgetreten ist und die als absolut modernes Regietheater gilt, seinerzeit verteidigt und davon gesprochen, dass die Bohème hier endlich mal entstaubt wurde.



    Gregor

  • Mittlerweile kann sich Herr Kaufmann auch aussuchen, wo er singt. Aber bei den Proben sagen dann bzw haben die Sänger die sich negativ zum RT geäußert haben, keine Einwände gegenüber dem Regisseur gehabt .

  • Ich verstehe das Problem nun wirklich nicht. Wieso sollte nicht auch ein Sänger, und sei es eine Weltberühmtheit wie Jonas Kaufmann, seine Meinung zu einem Thema über die Jahre ändern dürfen. Offenbar betrachtete er das RT früher eben nicht so kritisch wie mittlerweile. Oder er kann seine Meinung als großer Star nun eben deutlicher zum Ausdruck bringen als seinerzeit, was auf seine Art auch Bände spräche über die Zustände, unter denen nicht so berühmte Sänger ihr Brot verdienen.

    »Non sufficit orbis.« (Die Welt ist nicht genug.) – Philipp II./I. von Spanien und Portugal

  • Marek Janowski hat sich auch dazu geäußert.

    Sehr interessantes Gespräch


    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • um 11 Min.


    Toller Satz: "Ich sehe nicht ein, dass man aus der Notwendigkeit, Dinge auch szenisch neu zu konzipieren, ein Stück um den Kern seines Handlungsinhaltes bringen muss. Das ist der Punkt." Genau das ist auch für mich der springende Punkt.

  • Kaufmann war sich aber lange Zeit nicht zu schade, in Produktionen von Kuseij und Marthaler aufzutreten.

    Das ist durchaus erklärbar.

    Wie viele Leute arbeiten für Firmen. deren Produkte sie selbst nicht kaufen würden, deren Geschätsphilosophie ihnen zuwider ist.

    Aber sie bekommen dort ein Gehalt -und woanders würden sie nicht soviel verdienen - wenn überhaupt.


    Ich habe es beispielsweis so gehalten, das Firmeninteresse gegenüber dem Kunden zu wahren, mich aber selbst nie mit einer Firma zu identifizieren. ich habe immer viel gearbeitet - Überstunden gemacht, so sie erwünscht (und bezahlt !!) wurden - aber im innersten habe ich für MICH und meine Hobbys gearbeitet - und meinen späteren Pensionanspruch. die Firma selbst war mir egal.


    So wird es auch bei vielen Interpreten der Fall sein.

    Sie schweigen - und verdienen Geld

    Denn letztlich ist es das wofür sie singen und spielen

    Dabei haben sie mit Sicherheit eine eigene Meinung

    Und die sagen sie erst, wenn sie berühm und finanziell abgesichert sind

    und niemand ihnen mehr schaden kann


    Es muß ja frustrierend sein über Jahre all den Mumpitz mitzumachen, welchen sich Regisseure ausdenken !!:evil:


    mfg aus Wien

    Alfred


    Das TAMINO-KLASSIKFORUM-MANAGEMENT arbeitet 24 Stunden amTag - Sollte das nicht ausreichen, legen wir zusätzlich Nachtstunden ein.....

    Alfred Schmidt

  • Ich verstehe das Problem nun wirklich nicht. Wieso sollte nicht auch ein Sänger, und sei es eine Weltberühmtheit wie Jonas Kaufmann, seine Meinung zu einem Thema über die Jahre ändern dürfen

    Hier würde ich Joseph II. sofort zustimmen.


    Wieso sollte jemand im Laufe von fünfzehn Jahren seine Meinung nicht ändern dürfen? Ich habe das im Laufe eines Threadsverlaufes getan.


    Ich vermute da keinen niederen Motive.

  • "Opernhäuser werden schließlich nur noch Versuchsstationen zum Besten einer kleinen Schar von Wirrköpfen sein." (Erich Leinsdorf, Dirigent; zitiert nach: Richard Wagner Blätter, Bde. 1-2, 1977 , S. 80)

    »Non sufficit orbis.« (Die Welt ist nicht genug.) – Philipp II./I. von Spanien und Portugal