Carl Nielsen: Sinfonien Nr. 1 - 6


  • Die Frage ist nun ja offenbar positiv entschieden worden. ;)


    Ich freue mich schon auf dein Resümee, lieber Norbert, auch vergleichend mit den alten EMI-Aufnahmen.


    Lieber Joseph,
    naja, gut Ding will halt Weile haben... ;)


    Ich werde hier berichten, wenn ich alle Aufnahmen durchgehört habe und bin schon jetzt gespannt, ob meine Höreindrücke denen teletons entsprechen...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Heute erreichte mich aus Frankreich folgende Aufnahme:



    Nielsen: Symphonie Nr. 4 "Das Unauslöschliche"
    Hallé Orchestra
    Sir John Barbirolli
    1959


    Es handelt sich hierbei tatsächlich um die Weltersteinspielung der wohl berühmtesten Nielsen-Symphonie in Stereo, wie das (sehr knappe) Beiheft verrät. Zurecht wird darauf verwiesen, daß Nielsen lange Zeit im allmächtigen Schatten von Sibelius stand (und irgendwie noch immer tut, auch wenn es bedeutend besser wurde). Erst seit den 50er Jahren begann man, seine Symphonien wirklich gezielt aufzunehmen. Barbirollis Pioniertat von 1959 ist hier ein Markstein.


    Nachfolgend die Spielzeiten:


    I. 11:22
    II. 4:59
    III. 9:47
    IV. 9:07


    Alles in allem eine flotte Aufnahme. Im Kopfsatz ist Barbirolli anderthalb Minuten, im 3. Satz gar zwei Minuten schneller als Karajan. Im 2. Satz sind sie nahezu gleich schnell. Lediglich im Finalsatz braucht Sir John etwa 20 Sekunden länger.


    Eine sehr emotionale Interpretation, typisch Barbirolli eben. Die Pauken sind sehr präsent abgebildet und liefern sich ein mitreißendes Duell. Gewiß eine der empfehlenswertesten Aufnahmen der "Unauslöschlichen", die ich kenne.


    Die Tonqualität ist für das Alter sehr gut und auch heute noch überdurchschnittlich.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Josef,


    Barbirolli ist wirklich ein Dirigent der fern jeder Routine seine Nielsen - Sinfonie Nr.4 interpretiert.


    Ich habe nämlich gerade durch eine Empfehlung (von Swjatoslaw) Barbirollis spätere BBC-Aufnahme von 07/1965 erhalten und gestern erstmalig genossen:



    BBC, 07/1965 (Nielsen 4), 1968 (Sibelius 3), ADD


    Auch wenn diese Aufnahme orchestral nicht den Perfektionissmus von neueren Aufnahmen (Blomstedt, Roshdestwensky) hat, so ist das Hörerlebnis trotzdem fantastisch. :!: Die Pauken sind vor den ersten Geigen, neben dem Dirigenten aufgestellt, was ich hier absolut passend finde. Die Pauken als Soloinstrument neben dem Dirigentenpult ! Die klingen dadurch sehr direkt - ja manchmal hat man den Eindruck - natürlicher und besser als das ganze Orchester. Klasse !
    Ich hatte mal ein Konzert mit Sibelius 1 in der Beethovenhalle Bonn mit Georges Pretre erlebt, wo er die Pauken auch neben sich aufgestellt hatte. Ich kann nur sagen : :thumbsup: Whow !
    Von der Aufnahmetechnik ist ja bei der BBC-Aufnahme aus der Royal-Albert-Hall nicht alles im Lot: Der 2. ruhigere Satz ist plötzlich höher ausgesteuert (und rauscht deutlich höher) als die übrigen Sätze. :angel: Aber das sind Marginalien, wenn man diese Barbirolli-Wucht erleben darf.


    :!: Es gibt noch eine (dritte) unveröffentlichte Barbirolli-Aufnahme der Nielsen 4 mit den Berliner PH von 1970. Wäre interessant, wenn diese tatsächlich orchestral perfektere Aufnahme (laut Hörbericht) mal veröffentlicht wird.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Es kann vorkommen, dass man jahrelang einen Komponisten links liegen lässt. Was Carl Nielsen betrifft, war das bisher bei mir der Fall. In meiner Sammlung habe ich eine einzige Aufnahme mit den Werken dieses Dänen: Eine NAXOS-Aufnahme der Konzerte. Diese ist allerdings hervorragend. Dann stiess ich auf diese günstige BOX mit 10 CD-Scheiben: sehr viel Nielsen für sehr wenig Geld. Da ich keine Vergleichsaufnahmen besitze, muss ich es mit der Erwähnung bewenden lassen. Douglas Bostock dirigiert das Royal Liverpool Philharmonie Orchestra. In Beitrag 26 in diesem Thread kommt diese Aufnahme bereits vor.

    Was ich noch anmerken muss: Seit dem Eintreffen dieser BOX läuft Nielsen ständig in meinen vier Wänden...
    .

    Walter Benjamin hatte auf seiner Flucht einen Koffer bei sich. Was würdest du in deinen Koffer packen? Meiner ist gepackt.



  • ja, wirklich, der Nielsen liegt ewig im regal, aber man hört einmal rein undkriegt die Nase nicht voll. Jetzt läuft schon die ganze Woche wieder was von ihm. Besonders die 1. hat es mir sehr angetan. Aber auch die 2. und 3. Danach lässt es sehr nach für mich. Ich besitze eine GA Herbert Blomstedt Danish Radio symphony Orchestra. Sonst nichts.
    ich kann gar nicht verstehen, dass er so im SChatten von Sibelius steht. Er spielt doch in derselben Liga! Und er hat auch dieses wunderbar schwere Nordische.
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

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  • Hallo, Klaus!


    Ich will Dir gar nicht widersprechen, was die erste, zweite und dritte Sinfonie anbelangt.


    Doch - :angel: - ich finde längst die anderen drei noch faszinierender. Setz Dich hin und lass die Fünfte auf Dich wirken, ihre raffinierte Binnenspannung, die ungewöhnlichen Orchesterfarben, die bitonalen Wendungen ... Hör nicht nur so nebenbei, sondern intensiv!


    Ansonsten ist dieser Thread ja schon recht lang ...


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Werd ich machen! Versprochen!
    Aber zur Länge des Threads: Vergleich das mal mit dem entsprechenden Sibelius, was da abging!
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • zweimal die 5. gehört. Ja. Irgendwie.
    Bitonale Stimmungen werde ich wahrscheinlich nie hören, habe auchkeine Ahnung was das ist. Aber es gefällt mir immer besser. Und :
    Du hast da etwas angesprochen, was ich in letzter Zeit vernachlässigt habe. (Es wäre einen Thread wert). Ich höre in letzter Zeit Musik so nebenher. Lasse mich gar nicht mehr ganz ein.
    Wie ist das denn bei den anderen? Nur sitzen und hören? Oder dabei lesen? Im Forum schreiben? Spielen?


    :?:
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Freut mich, Klaus!


    Bitonal: Wenn Du - vor allem in der Akkordik, aber auch im melodischen Ablauf - zwei verschiedene Tonarten zur gleichen Zeit wahrnehmen kannst. Das bewirkt natürlich eine gewisse Schärfe und Modernität der Musik.


    Musik hören - konzentriert oder nebenbei? Da gibt es sicher schon Threads dazu. Ich brauche beides; ich brauche viel Musik. :)


    Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Mit den Nielsen-Sinfonien sehe ich das ähnlich wie WolfgangZ - die Sinfonien Nr.4 , 5 und 6 würde ich auch noch vor den ersten Dreien einordnen. Ich finde nicht, dass die 6Sinfonien im Schatten von Sibelius stehen. Sie stehen parallel daneben und werden zumindest von mir gleichermaßen geschätzt.


    Klaus, mit Blomstedt (EMI) hast Du eine gute GA. Die mit Blomstedt / San Francisco SO (Decca) hat insgesamt noch mehr Power und ist von meinen GA neben Bernstein (SONY) mein Favorit (siehe entsprechende Beiträge und 83 in diesem Thread) !
    :rolleyes: Aber bitte Klaus, tue mir den Gefallen und höre die Nielsen - Sinfonien nicht mal eben so nebenbei (wie Du es in beitrag 98 darstellst) - das geht nicht, denn da bekommst Du nichts mit - Nielsen muss man konzentiert geniessen!


    :hello: Höre Dir mal in Ruhe die Sinfonie Nr.4 an; lass Dich überraschen; lass Dich im letzten Satz von dem Paukenduell wegpusten - und dann berichte mal von deinen Hörerlebnisssen ! Ich sage Dir schonmal vorab - Whow!



    Zu Bostock:


    Hallo moderato,


    ich habe bereits viele Kritiken über die superpreiswerte Bostock-GA gelesen (die gibt es ja auch in Einzelausgaben). Der Beitrag 26 vom Ex-tamino wulf hört sich positiv an. Doch überwiegen die Kritiken, die diese GA für eher schwächer halten.
    Für den Megasupergünstigpreis müsste man das eigendlich selber mal ausprobieren, denn seine 10CD-Box mit Engischen Orchesterwerken ist von der Interpretetion und Klangqualität erste Sahne.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • ...Ich höre in letzter Zeit Musik so nebenher. Lasse mich gar nicht mehr ganz ein.
    Wie ist das denn bei den anderen? Nur sitzen und hören? Oder dabei lesen? Im Forum schreiben? Spielen? :?:


    Mal so, mal so. Der klassische Sonntag, wie heute: FAS lesen, frühstücken, Kaffee trinken und nebenbei/ dabei/ gleichzeitig Musik hören und genießen. Wenn Musik mehr Aufmerksamkeit braucht, dann holt sie sich die bei mir, und die Zeitung wird weggelegt.
    Neben dem "aktiven Zuhören" geht der passive Genuss bei mir auch bei vielen Stücken, so z.B. bei Strauss' "Aus Italien", welches gerade läuft, während ich diese Zeilen tippe. Oder Schubert Klavierstücke vorher. Dabei hatte ich auch noch versucht, harmonia mundi zu kontaktieren, bin aber an deren beschi**ener Website gescheitert (ich möchte das "verdruckte" Booklet der letzten Lewis-Einspielung reklamieren...).
    Nielsen geht oft auch nebenher. Allerdings lohnt es sich selbstverständlich sehr, dessen Sinfonien konzentriert zu hören. Bei Mahler kann ich ohnehin fast nix nebenher machen. Außer aufräumen, dabei kann ich gut zuhören. Lesen ist aber nicht drin...
    Beste Grüße ins off topic,
    Accuphan

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Wie befohlen habe ich eben noch mal den letzten Satz der 4. gehört und mich von den Pauken wegpusten lassen.
    Hat auch wunderbar geklappt. Toll. die Pauken sind wirklich phänomenal. Und übrigens fand ich nach mehrmaligen Hören auch die beiden letzten Symphonien doch auch sehr besonders. Sie gefallen mir immer besser.
    Aber die 1. ist mir momentan doch am liebsten.


    Aber dass Nielsen nicht im Schatten von Sibelius stehen soll? Naja. fragt doch mal irgendwelche Leute, wen von beiden sie kennen. Ich bin sicher, Sibelius wird mit großem Abstand gewinnen.


    Ich selber kenne ihn auch noch nicht wirklich lange. Sibelius aber sehr wohl.


    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Bereits in Beitrag 90 hatte Josef diese CD zur Sprache gebracht; dabei aber nur auf die Sinfonie Nr.4 abgehoben.


    Gestern war ich platt, als ich die Aufnahmen der Sinfonie Nr.2 mit Morton Gould / Chicago SO hörte; sowie genau so umwerfend die Sinfonie Nr.4 mit Jean Martinon / Chicago SO - Beide fabelhaft klingenden Aufnahmen sind 1966 entstanden und unterscheiden sich klanglich nicht von Digitalaufnahmen (kein Analograuschen !). Die nur ein Jahr zuvor entstandene, sicher auch von der Interpretation sehr geglückte Barbirolli-Live-Aufnahme (siehe Beitrag 93), klingt dagegen zu historisch und in den Streichern dünn und quäkig - einzig die Pauken sind dort auch sehr gut eingefangen.


    Die Sinfonie Nr.2 mit ihrem 4 Tempramenten fand ich bisher ganz nett, aber eben nicht so herausragend, wie die Sinfonien Nr. 4 und 5.
    Morton Gould, den ich auch als Komponist sehr hoch schätze, scheint eine besondere Vorliebe für die Zweite zu haben. Er legt hier eine Interpretation hin, die die Zweite qualitatziv gleich ein paar Stufen höher hebt und das Werk von den ersten Takten an zu begeisterndem Hinhören veranlasst. Fetzig mit Feuer ohne jeden Trauerrand legt er eine packende Interpretation hin, wie ich dieses Werk noch nicht gehört habe: 8:52 - 3:56 - 10:01 - 6:35 = 29:24.
    Eine ebenso gut klingende Digital-Aufnahme im Vergleich ist hier Roshdestwensky (Chandos, 1992, DDD) - aber mit einer ausufernden Gesamtspielzeit von 35:32 klingt Roshdestwensky dagegen langweilig !


    In gleichem Niveau geht es mit der Sinfonie Nr.4 und der Helios-Ouvertüre, hier mit dem Franzosen Jean Martinon und dem fabelhaft disponiertem Chicago SO (das nicht nur zu Reiners Zeiten TOP war (wie Josef schreibt), sondern auch die langen Jahre unter Solti) weiter. Auch Martinon hat den gleichen packenden Ansatz wie M.Gould, da wird nichts zerdehnt, sondern mit packender Emotion vorgetragen: 10;15 - 4:21 - 10:19 - 7:44 = 32:39. Fabelhafte Streicher im ersten Satz, insgesamt das bekannt hohe Niveau der Blechbläser beim Chicago SO und traumhafte Pauken ! Die Pauken im 3.und 4.Satz mit ihrem Duell sind umwerfender und präsenter denn je zuvor gehört. Dazu ds bestklingende Chocago SO - was will man mehr ? Die beiden genialen Paukensolisten werden im Textheft genannt.


    :thumbsup: Damit halte ich diese Hammmeraufnahmen der Sinfonien Nr.2 und 4 für die ultimativen Aufnahmen:



    RCA, 1966, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Mal ganz grundsätzlich: Ich mag Nielsen, doch das ist beeindruckende nordische Musik. dennoch erscheint es mir doch mehr als ein Zufall zu sein, dass Sibelius deutlich bekannter ist.
    Es gibt bei ihm doch eine schwere, eine tiefgründigkeit, die Nielsen nie ereicht. Nielsen spielt mit einigen Ideen auf eine unnachahmliche Weise und das ist toll und kann man man immer wieder hören. Aber es ist doch immer ein klein wenig "sophisticated". Etwas abgehoben. Wo Sibelius auf die Unendlichkeit deutet, da erklärt Nielsen. Und dadurch ist Sibelius für mich (und offensichtlich nicht nur) deutlich größer.

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Zustimmung. Mir geht es genauso. Nielsen ist sicher sehr gut, aber Sibelius ist einfach eine Liga für sich.
    Bei den dänischen Komponisten tendiere ich mittlerweile eher zu Langgaard. Besonders seine 1. Symphonie ist wunderbar.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Von Carl Nielsen habe ich seit Kurzem diese schöne Box mit Paavo Berglund und dem Royal Danish Orchestra:



    Ich dachte, es sei eine gute Gelegenheit, sie mit einer Erinnerung zu verbinden. Carl Nielsen wurde am 9. Juni 1865 geboren.


    Heute ist sein 150. Geburtstag.



    Liebe Grüße


    Willi :(

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Zur Zeit wird auch die Neuaufnahme der Symphonien und Konzerte live aus New York unter Alan Gilbert viel gelobt.

  • CHANDOS hat seit Neuestem diese Neuaufnahme der Nielsen-Symphonien mit dem BBC Philharmonic unter John Storgards im Programm, kenne ich noch nicht, bestelle ich aber ... solche Veröffentlichungen sind ein "Must have" für mich :D:D




    :P:P aber die von lutgra gezeigte Box unter Gilbert mit den New Yorkern und auf einer :P Extra-Platte noch mit Nielsens Solo-Konzerten als Dreingabe ist auch nicht so unübel ... also eigentlich habe ich sie vor zwei Minuten bestellt :untertauch::untertauch: der Storgards kommt dann halt demnächst 8-)


    Grüße
    Garaguly

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  • Zur Zeit wird auch die Neuaufnahme der Symphonien und Konzerte live aus New York unter Alan Gilbert viel gelobt.


    Ich habe mir die Aufnahmen der 1. und 4. Sinfonie bestellt



    und bin auf das Hörergebnis gespannt.


    Auch Sakari Oramo hat zusammen mit dem Royal Stockholm Philharmonic Orchestra alle Sinfonien eingespielt:



    Ich besitze die Aufnahme der 4. und 5. Sinfonie und kann die Lobeshymnen, z.B. auf klassik-heute.com ("neues Maß aller Dinge"), nicht ganz nachvollziehen.


    Die unbändige Kraft, die von Blomstedt (EMI) bei der 4. oder von Kubelik (auch EMI bzw. heutzutage Warner) bei der 5. Sinfonie ausgehen, erreicht Oramo nicht ganz, wenngleich er sich sehr achtbar schlägt.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Mit Neuaufnahmen von bekannten Symphoniezyklen ist das ja auch so eine Sache. Letztendlich brauchen wir keine einzige mehr, sei es nun von Beethoven, Schumann und Brahms, von Bruckner und schon gar nicht von Mahler und Sibelius. Nielsen hat da noch am ehesten "Luft", aber auch hier gibt es natürlich mehrere Referenzeinspielungen gegen die es schwer ist wirklich Neues und vor allem Besseres zu sagen. Das gilt sicher auch für Oramos oder Gilberts neue Zyklen. Ich habe gerade die 3. von Gilbert dirigiert gehört und die zeigt das Dilemma. Das ist eine gute Aufnahme, schwungvoll und gut musiziert, eine Liveaufnahme, die die New Yorker Philharmoniker in guter Form und warmen Klangbild zeigt. All das wie auch die guten Solisten und die naturgetreue Abbildung durch die Tontechniker machen dies zu einer rundum gelungenen Aufnahme. Nur wenn mann dann die Einspielungen von Blomstedt in San Francisco oder Bernstein in Kopenhagen hört, ist es eben doch nur zweite Wahl. Wer also auch Aufnahmen der zweiten Reihe sammelt, ist hier sicher gut bedient; wer mit ein bis zwei Aufnahmen auskommt, braucht diese hier nicht unbedingt.

  • Eigendlich wäre es angebracht für die Nielsen-Sinfonien jeweils eigene Threads zu haben ... leider nicht vorhanden ...
    Hier geht es nun um die einzige Karajan-Aufnahme einer Nielsen-Sinfonie - der Sinfonie Nr. 4.


    Bisher sah ich keine Notwendigkeit mir die Karajan-Aufnahme zuzulegen, weil mich andere Aufnahmen und insbesondere die Bernstein-Aufnahme (SONY) voll überzeugt hatten.
    Hinzu kam die vernichtende Kritik für die Karajan-Aufnahme aus der STEREOPLAY in den 80er-Jahren vom Kritiker AB. Eigentlich hätte ich es wissen müssen, denn gerade wenn der an Karajan bezüglich Vehemenz etwas auszusetzen hatte, waren es immer gute Karajan-Aufnahmen!



    *** Was mir bei Karajan wieder einmal gefällt ist die hörbar gute Probenarbeit. So eine ausgewogene orchestral noble Qualität bekommt man nur hin, wenn man ausgiebig einstudiert hat und nicht mal eben so abspult und das Ergebnis dem Zufall überlässt -- das es zufällig gut oder nur mittelmässig wird. Karajan hat sich intensiv mit dem Werk beschäftigt!


    An den ersten drei Sätzen habe ich nichts negatives auszusetzen. Die sind sowohl vom Tempogefühl ausgewogen (nicht übermässig schnell) und inhaltlich sehr tief empfunden dargeboten. Karajan bietet interessante Lautstärkeabstufungen; auch dadurch wirken die 3 Sätze deutlich schwergewichtiger als so manche andere Interpretation. Toller Übergang zum 4. Satz mit recht guten Pauken, die doch im Vergleich zu einiger Konkurrenz nicht so prägnant (und solistisch) rüber kommen. Das hat weniger mit der Aufnahmequalität zu tun, die insgesamt sehr gut ist, sodass alle Orchestergruppen und die Blechbläser deteilreich zum tragen kommen. Karajan kommt es offenbar weniger auf den Effekt an. Das Wechselspiel zwischen den beiden Paukern kommt leider nicht so eindrucksvoll rüber, wie bei meinen nach wie vor ungebrochenen Favoriten Bernstein (SONY), Martinon (RCA) und Barbirolli (Live 1965, Royal Albert Hall).
    Die Coda hört sich bei Karjan ohne Vergleich wuchtig an. Aber er verschenkt den Effekt, dass die Pauken das kurze Motiv noch einmal gesteigert solistisch bis zu äussersten Stärkegraden darbieten. Diese entscheidende "Gänsehautstelle" verschwimmt mir einfach zu sehr im Fortissimo-Orchesterklang.
    Ich kann mir von daher einfach nur vorstellen, dass Karajan keine andere Aufnahme (von der Konkurrenz) gehört hat, denn so wirkt das "Finale des Finale" für mich verschenkt. Man höre meine 3 Favoriten dagegen an!
    Nun gut - so ist das eben Karajans Interpretation. Ich würde sie insgesamt im oberen Drittel einordnen.



    DG, 1982, 1984, DDD


    OT, aber auch ein weiterer Pluspunkt für diese CD:
    Die gebotene Digitalaufnahme von Sibelius Tapiola halte ich für die Beste der 3 Karajan Aufnahmen:
    1. DG - 1965, ADD
    2. EMI - 1977, ADD
    3. DG - 1984, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Nielsen ist ein Komponist, den ich erst vor wenigen Jahren entdeckt habe, der mich aber sofort beim ersten Hören gepackt hat. Ich kenne bislang nur die bei BIS erschienenen Aufnahmen mit den Göteborger Symphonikern unter Myung-Whun Chung und Neeme Järvi, die auch die drei Konzerte für Violine, Flöte und Klarinette umfassen (letztere wären vielleicht auch einmal einen Thread wert):



    Ich fand diese Aufnahmen sowohl interpretatorisch als auch klangtechnisch überzeugend, aber mir fehlen natürlich die Vergleiche. Durch die Beiträge hier habe ich schon viele Anregungen für Zukäufe erhalten (fast schon zu viele). Nichts gefunden habe ich über die ziemlich neuen Aufnahmen von Sir Colin Davis mit dem LSO, die auf SACD erschienen und inzwischen auch in einer Box erhältlich sind:


    Auf Grammophone ist die Interpretation der 4. und 5. sehr gelobt worden, es war die Rede von "modern performances with real fire in their belly"; Davis bringe "animal excitement to the task", "a thrilling sense of discovery and existential danger"; "there is an onward thrust to these live accounts that blows away all but the most classic versions." Nun unterstelle ich Grammophone bei britischen Interpreten immer eine gewisse Voreingenommenheit, und "animal excitement" ist auch nicht gerade ein Prädikat, mit dem ich die mir bekannten Aufnahmen von Colin Davis beschreiben würde.


    Kennt jemand diese Einspielungen? Sind das neue Referenzen, oder besteht die Kritik doch nur aus heißer Luft?

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

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  • Lieber Bertarido,


    um es mal schlagwortartig auszuführen: Wesentlich "besseres" als die Nielsen Interpretationen von Myung-Whun Chung wirst Du auf dem ganzen Markt nicht finden. Neeme Järvi dirigiert die 4. und 6. Sinfonie ebenfalls auf einem sehr hohen Niveau, erreicht aber im Vergleich für mich längst nicht die Intensität Chungs.


    Aus der Davis Box kenne ich die 2. und 3. Sinfonie und fand sie aus dem Gedächtnis heraus vergleichsweise enttäuschend "blutleer". Mir hat das "excitement" gefehlt, das den Sinfonien 4 und 5 nachgesagt wird. Auch war ich mit der Klangqualität nicht ganz zufrieden. Es wurden zwar keine Fehler gemacht, aber auch hier war mir alles zu "brav", zu "neutral". Ich kenne ohnehin sehr wenige Aufnahmen aus der Barbican Hall (wo das LSO meistens spielt), die ich als außergewöhnlich gut bezeichnen würde.


    Ich persönlich würde andere Aufnahmen bevorzugen. Es gibt zum Glück genügend Alternativen...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler



  • Lieber Norbert,


    danke für Deine Einschätzung. Ich schaue mal, ob ich die Davis-Aufnahmen irgendwo im Internet zum Hineinhören finde, auch die von Storgard interessieren mich. Ansonsten werde ich mir als Alternative zu Chung wohl eine der Blomstedt-Einspielungen zulegen.


    Die Akustik in der Barbican Hall ist wirklich nicht gut, ich habe da auch schon einige Live-Konzerte gehört. Ganz davon abgesehen, dass das Barbican-Centre eine Architektursünde ist - der Weg von der nächsten Tube-Station dorthin ist immer recht gruselig.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Lieber Bertarido,


    mit Blomstedt triffst Du in jedem Fall eine gute Wahl.


    Ich persönlich bevorzuge eher die frühere EMI- (jetzt Warner-) Aufnahme mit dem Dänischen RSO, gestehe aber, dass die späteren Decca-Einspielungen aus San Francisco besser klingen und orchestral brillanter ausfallen und somit vielleicht als Kontrast zu Chung "besser" geeignet sind.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Eine weitere Gesamtschau der sechs Nielsen-Symphonien ist unterwegs zu uns, Paavo Järvi dirigiert das Franfurt RSO.



    Wir sind gespannt.

  • Da macht er ja einem Vater wieder einmal Konkurrenz.
    Bin auch gespannt - wer besser ist!


    ^^ Ich tippe auf Paavo ....


    Ich besitze die Neme Järvi _ GA (DG) - rundum ordentlich aber nicht herausragend ... das sollte bei Paavo eigendlich noch besser gehen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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