Warum komponierte Schubert kein Klavierkonzert?

  • Salut,


    in Schuberts Opern wirst Du, Joe, nichts wesentlich anderes als "instrumentierte Lieder" finden... und wenn doch: ist es sehr ANSTRENGEND, es zu hören. Die Zeit war noch nicht reif dafür, nun ist es zu spät... Schubert hat höchstens den richtigen Zeitpunkt verpasst, das ist alles.


    Leider.


    Den 'Fierabras' zum Beispiel kann man nicht - wie Mozarts oder Rossinis 'Figaro' - im Hintergrund dudeln lassen, man muss ihn mit Libretto, Video [live] oder Partitur, am besten jedoch mit geschlossenen Augen GENIESSEN.


    :jubel:


    DEN hast du übrigens noch nicht, Alfred, oder??


    LG
    Ulli



    P.S. Ich finde es übrigens nennenswert, in welche Nuancen sich dieser Thread entwickelt [hat].

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von pianoflo
    @ JR: Du kennst also keine Oper von Schubert, aber unterstellst von vornherein, dass diese nicht gut sein können? Das halte ich dann doch für sehr gewagt


    Ich unterstelle gar nichts. Die Opern waren in knapp 200 Jahren zu keinem Zeitpunkt im Repertoire, Versuche in den letzten Jahrzehnten sie zu etablieren, blieben erfolglos (ganz anders als bei der Wiederentdeckung vonMonteverdi oder Händel, mit ihrer dem 19. u. frühen 20. Jhd. eher fernen Ästhetik). Ich habe von "Fierrabras" wohl mal sogar Auszüge im Radio gehört, allerdings keine Erinnerung daran.
    Mit "gescheitert" meinte ich eigentlich nur, dass seinerzeit keine zur Aufführung kam oder irgendwelche Resonanz fand. Das gilt zwar auch für die 9. Sinfonie, aber die ist im Repertoire, seit sie von Schumann und Mendelssohn ausgegraben wurde.
    Bei einem Komponisten vom Rang und Bekanntheitsgrad Schuberts müssen die dramaturgischen Probleme dieser Stücke beträchtlich sein, d.h. die musikalischen Qualitäten übertreffen, sonst wäre diese Entwicklung nicht zu erklären. Dass Schubert kein Dramatiker ist, hört man jedem seiner Instrumentalstücke an. Er konnte ein gewisse Art von Drama in einer Ballade wie Erlkönig erzeugen. Aber das gibt noch keine Oper.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Dass Schubert kein Dramatiker ist


    ?(


    Das habe ich überlesen...

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo JR


    Mein Statement bezog sich ursprünglich auf eine ganz andere Frage und du hast dich in eine Nebenbemerkung "verbissen". Wir kommen also ein wenig vom Thema ab, aber seis drum, es ist wichtig genug.



    Zitat

    Schuberts Opernprojekte sind allerdings alle gescheitert...


    Das kann man so sehen, aber eigentlich stimmt es nicht. Man muss sich Schuberts Lebensumstände in Erinnerung rufen. Da lebte, arbeitete und starb in Wien ein begnadeter Komponist fast unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Er war nur einem relativ kleinen Kreis von Musikkennern ein Begriff, vor allem durch seine Lieder ein wenig allgemein bekannt. Kein Komponist von Rang (und schon gar nicht von seinem) hat so viele seiner wichtigsten Werke überhaupt nie aufgeführt gehört! Franz Schubert ist eine der größten und zugleich tragischsten Figuren der Musikgeschichte. Und dieser Schubert träumte davon, ein erfolgreicher Opernkomponist zu sein und schrieb Opern nach "Textbüchern" dilettierender Freunde, ohne je eine konkrete Chance gehabt zu haben, dass diese auch wirklich ordentlich aufgeführt würden. So kann keine brauchbare Oper entstehen.


    Aber machen wir ein kleines Gedankenexperiment. Nehmen wir an, Schubert hätte so lange gelebt wie Beethoven. Er hätte also nach Beethovens Tod noch ca. 20 Jahre gehabt, in denen er der erste Komponist Wiens gewesen wäre. Früher oder später hätte er zwangsläufig eine prominente Rolle im Wiener Musikleben eingenommen. Das hätte unter anderem dazu geführt, dass seine Werke auch aufgeführt worden wären. Vor allem seine große C-Dur-Symphonie hätte nach menschlichem Ermessen großen Erfolg erzielt. Nehmen wir weiter an, er hätte sich dann auch darum bemüht, seine Opern zur Aufführung zu bringen und noch dazu das Glück gehabt, an ein paar Theaterpraktiker zu geraten, mit deren Hilfe die Texte inhaltlich und dramaturgisch überarbeitet worden wären. Unter günstigen Sternen hätten wir da jetzt wunderbare Werke.
    Man darf nicht vergessen, dass "Alfonso und Estrella" die erste durchkomponierte Oper in deutscher Sprache ist und bis 1994 warten musste, um überhaupt vollständig aufgeführt zu werden. Seither gab es mehrere Inszenierungen, die die grundsätzliche Lebensfähigkeit des Werkes unter Beweis stellten. Ich weiß nicht, wie ironisch Ullis Bemerkung gedacht war, aber fast drei Stunden herrlichster Schubert-Musik sind in keiner Weise anstrengend, sondern eine Droge, die nur mit Wagner vergleichbar ist.


    Richtig ist, dass Schubert kein Operndramatiker im Sinne und im Range Mozarts war. Aber das 19. Jahrhundert zeigte, dass sich Oper neben dem Mainstream auch auf andere Weise entwickeln konnte. Drei typische Beispiele dafür wären Genoveva, Tristan und Boris (später dann auch Pelléas). Alle genannten Opern sind im herkömmlichen Sinn dramaturgisch ganz schlechte Werke, aber sie zeigen ihre Stärke in einer inneren Dramaturgie, die anderen Gesetzen unterliegt. Und gerade darin war Schubert grundsätzlich ein Großmeister (wie nahezu alle seine Kompositionen beweisen). Gerade die Genoveva ist in unserem Zusammhang interessant, eine unbekannte, wenig beachtete Oper, die aber von einer kleinen Schar von Musikkennern sehr hoch eingeschätzt wird. Die Zukunft wird zeigen, ob sie ein Schläfer bleibt, oder vielleicht doch einmal wie Phönix aus der Asche emporsteigen wird. Die Genoveva ähnelt wohl dem am meisten, was wir von Franz Schubert hätten erwarten können. Das was Schumann mit der Genoveva vollbracht hat, hatte Schubert aber im kleinen Finger.


    Unser kleines Gedankenexperiment gibt uns letztlich auch die Antwort darauf, wie es um Schubertsche Solistenkonzerte gestanden hätte. Solistenkonzerte wurden damals überwiegend von Solisten für den eigenen Bedarf oder von bekannten Komponisten im Auftrag von bekannten Solisten komponiert. Schubert konnte keine Konzerte für sich schreiben, war zu unbekannt, als dass ein berühmter Solist an ihn herangetreten wäre, kannte selber auch keinen und wollte letztendlich kein Solistenkonzert für die Schublade schreiben. Wäre er berühmt geworden, hätten sich sehr wahrscheinlich genug Gelegenheiten ergeben. Wenn man solche Symphonien schreiben kann, sollte auch ein Konzert in Reichweite sein, wesentlich mindere Komponisten haben schöne Konzerte geschrieben (wenn ich es mir recht überlege, so scheint Johannes Brahms z.B. auch kein übertrieben talentierter Konzertkomponist gewesen zu sein; seine Klavierkonzerte sind als sperrig berüchtigt und mit dem Violinkonzert trieb er Joseph Joachim zur Verzweiflung - dennoch gilt es heute als eines der schönsten der Gattung).




    Zitat

    Lieder konnte er praktisch von Anfang an, aber wirkliche überzeugende Instrumentalmusik ist ihm erst recht spät gelungen...


    Seltsame Bemerkung, recht spät heißt bei Schubert, dass er als Endzwanziger Dinge konnte, die ganze Heerscharen von Komponisten überhaupt nie zustande brachten...




    Zitat

    Weber, der dagegen theaterbegabt war und vergleichsweise gute Bedingungen für Opern hatte, wurde allein durch miese Libretti so gehandikapt, dass eigentlich nur der Freischütz übrigbleibt.
    Da kommt übrigens einer meiner Wünsche: ein nicht-schwindsüchtiger Weber mit einem vernünftigen Librettisten, nicht Helmina von Chezy


    Du bist wirklich der Meinung, dass Weber eine Theaterbegabung war? Ich habe da so meine Zweifel. Er hatte nämlich einen "vernünftigen" Librettisten, der ihm den Freischütz schrieb, den Weber auch kongenial vertonte. Von dessen Erfolg überwältigt glaubte Weber den Löwenanteil daran seiner Kompositionskraft zu verdanken und suchte für das nächste Werk einen billigeren Librettisten, damit er weniger von seinem Gewinn abgeben musste. Die Überlegung an sich zeigt, dass Webers Sinn fürs Operntheater nicht allzu gut ausgeprägt war. Eine erfolgreiche Oper ist immer ein gelungenes Teamwork mit dem Komponisten im Zentrum. Dass er Helmine von Chezy erkor, kann noch als Fehlgriff durchgehen, aber dass er angesichts des fertigen Textbuches nicht die Notbremse zog und seine schönste Musik an eine offensichtliche Totgeburt verschwendete, stellt ihm kein gutes Zeugnis in Sachen Theaterinstinkt aus.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Hallo Johannes,


    Zitat

    Original von Johannes Roehl
    -je (mindestens) ein Klarinetten- und ein Cellokonzert von Schubert
    -dito für Brahms


    Es ist zwar nun nicht ganz von Brahms, aber neulich stolperte ich über Luciano Berios Orchestrierung der Brahms'schen Sonate für Klarinette und Klavier f-moll op. 120 Nr.1 - vielleicht mag das als Ersatz dienen, auch wenn der Orchestersatz nicht von Brahms selbst ist. Man findet die Fassung auf einer CD voller Orchestertranskriptionen von Berio, u.a. auch das recht bekannte "Rendering" nach Schuberts Fragment D.936A, gespielt von Fausto Ghiazza und dem Orchestra Sinfonica di Milano Giuseppe Verdi unter Chailly.


    Beste Grüsse,


    C.

    Die wirkliche Basis eines schöpferischen Werks ist Experimentieren - kühnes Experimentieren! (Edgar Varèse)

  • Hallo


    Zitat

    JR schrieb:
    Lieder konnte er praktisch von Anfang an, aber wirkliche überzeugende Instrumentalmusik ist ihm erst recht spät gelungen.


    Ich komme gerade vom Anhören der 3. und 5. Symphonie von Franz Schubert. Laut Textbeilage schrieb Schubert sie als 18- bzw. 19-jähriger. Nun, keine Frage, dass die beiden letzten Symphonien in einer anderen Liga spielen, aber mir will beim besten Willen kein Komponist einfallen, der mit 18 Jahren eine vergleichbare Symphonie geschrieben hat.


    Mir fällt überhaupt nur einer ein, der so etwas gemacht hat, und selbst wenn ich mir jetzt einen Anpfiff von Ulli einhandle, meine ich, dass die Symphonien des 18-jährigen Mozart noch nicht so gut sind (oder sagen wir diplomatischer: auf keinen Fall besser).

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus


    Mir fällt überhaupt nur einer ein, der so etwas gemacht hat, und selbst wenn ich mir jetzt einen Anpfiff von Ulli einhandle, meine ich, dass die Symphonien des 18-jährigen Mozart noch nicht so gut sind (oder sagen wir diplomatischer: auf keinen Fall besser).


    Salut,


    wieso solltest Du einen Anpfiff von mir bekommen? Du könntest genauso gut die beiden Mendelssohn'schen Doppelklavierkonzerte zum Vergleich heranziehen... dazu kommt noch, dass es sich um eine ganz andere "Zeit" handelt, in der diese Werke alle komponiert wurden. Als "Ausgleich" dafür gibt es keine Opern des 11jährigen Schubert oder Mendelssohn. Einen Vergleich von Komponisten halte ich für nicht durchführbar...


    Die "frühen" Mozart'schen Sinfonien können ja auf keinen Fall dem Idealbild einer früh-romantischen Sinfonie entsprechen, da sie noch nicht "entwickelt" war. Mozart reiht sich hier allenfalls mit seinen Frühwerken neben Johann Christian Bach usw. ein und ist auch hier keinesfalls stets besser, höchstens anders und "frühreif".


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Salut


    Zitat

    Einen Vergleich von Komponisten halte ich für nicht durchführbar...


    Ja und Nein. Der direkte Vergleich hinkt natürlich in der Regel über alle Maßen. Aber man kann durchaus die musikalische Entwicklung verschiedener Komponisten miteinander vergleichen. So gilt z.B. die Ouvertüre zum Sommernachtstraum des 17-jährigen Mendelssohn wohl zu Recht als Highlight in musikalischer Erfindungskraft und Ausdrucksfähigkeit für einen derart jungen Komponisten.


    Aber es ging um JRs formulierte Schwäche des jungen Schuberts bei Instrumentalmusik. Und wenn ich mir die Symphonien des Teenager Schubert ansehe, kann ich nur sagen: diese "Schwäche" hätte ich gerne gehabt! Mir erscheint Schuberts 3. musikalisch seiner großen C-Dur näher verwandt zu sein als eine vergleichbare Mozart-Symphonie einer seiner letzten 6.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Salut,


    Zitat

    Original von Theophilus
    So gilt z.B. die Ouvertüre zum Sommernachtstraum des 17-jährigen Mendelssohn wohl zu Recht als Highlight in musikalischer Erfindungskraft und Ausdrucksfähigkeit für einen derart jungen Komponisten.


    Natürlich. "Aber" ebenso muß man den Hut ziehen vor einem 11- oder 12jährigen Wolfgang Amadeus Mozart, welcher in der Lage war, eine abendfüllende und von Erfolg gekrönte Opera seria zu komponieren. Stilistisch ist natürlich der Sommernachtstraum nicht mit Bastien und Bastienne auf eine Ebene zu stellen, dafür hatte Mendelssohn ganz andere musikalische Voraussetzungen - nicht technischer oder geistiger Art, sondern vom Zeitgeist her betrachtet. Hätte Mozart 100 Jahre später gelebt, hätte er vielleicht Richard Wagner platt gemacht... immerhin hatte Mozart auch beste Ambitionen zur "Teutschen Oper".



    Zitat

    Aber es ging um JRs formulierte Schwäche des jungen Schuberts bei Instrumentalmusik. Und wenn ich mir die Symphonien des Teenager Schubert ansehe, kann ich nur sagen: diese "Schwäche" hätte ich gerne gehabt!


    Ich auch! ;) Man muß hier wohl differenzieren, wie Schubert gearbeitet hat. Schubert war ein sehr pingeliger Instrumentator - so hat er zumeist seine Orchesterwerke zunächst als "Klavierfassung" entworfen, mit einigen Andeutungen zur Instrumentation versehen, und teilweise sehr viel später erst instrumentiert. Das kann man sehr gut an den Klavierentwürfen zur "10ten" ablesen. Psychologisch betrachtet würde man sagen, Schubert habe aus der Instrumentation ein Problem gemacht, wo keines ist.



    Zitat

    Mir erscheint Schuberts 3. musikalisch seiner großen C-Dur näher verwandt zu sein als eine vergleichbare Mozart-Symphonie einer seiner letzten 6.


    Auch das empfinde ich gleich. Wobei m. E. ein "typischer Schubert" leichter herauszuhören ist, als ein "typischer Mozart".


    bien cordialement
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Salut


    Zitat

    Hätte Mozart 100 Jahre später gelebt, hätte er vielleicht Richard Wagner platt gemacht...


    Was heißt da vielleicht ???

    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus
    Salut



    Was heißt da vielleicht ???

    ;)


    Mir stellt sich die Frage, ob Mozart nicht eher in Richtung "Operette" tendiert wäre und somit sich eher im Bereich "Musik für's Volk" engagiert hätte... Wir hatten ja bereits hier im Forum die Diskussion, ob Mozart "Tristan und Isolde" hätte komponieren können. Sicher hätte er das, aber genauso sicher kann man sein, dass das Ergebnis mit dem Wagners nicht vergleichbar gewesen wäre... in welcher Hinsicht auch immer.


    LG
    Ulli

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  • Zitat

    Original von Theophilus



    Ich komme gerade vom Anhören der 3. und 5. Symphonie von Franz Schubert. Laut Textbeilage schrieb Schubert sie als 18- bzw. 19-jähriger. Nun, keine Frage, dass die beiden letzten Symphonien in einer anderen Liga spielen, aber mir will beim besten Willen kein Komponist einfallen, der mit 18 Jahren eine vergleichbare Symphonie geschrieben hat.


    Mir fällt überhaupt nur einer ein, der so etwas gemacht hat, und selbst wenn ich mir jetzt einen Anpfiff von Ulli einhandle, meine ich, dass die Symphonien des 18-jährigen Mozart noch nicht so gut sind (oder sagen wir diplomatischer: auf keinen Fall besser).


    Ich habe leider keine Zeit, weiter auszuholen (bin auch die nächsten 3 tage weg, daher später vielleicht mehr), daher kurz:
    1. Ich stimme den von Ulli gegeben Einschränkungen zu, weil dei Gattung Sinfonie zwischen 1775 und 1815 eine ziemliche Entwicklung durchgemacht hat hat, dennoch finde ich z.B die "kleine" g-moll oder die benachbarte A-Dur in diesen Rahmen gelungener als das meiste der ersten 6 Schubert-Sinfonien.
    Mit 19 schrieb Mozart die Violinkonzerte, mit 21 Jahren KV 271. Letzeres entspräche IMO in der Bedeutung etwa einer mit Anfang 20 von Schubert erfolgreich zu Ende komponierten "Unvollendeten" (Ebenso bin ich der Ansicht, dass die Instrumentalmusik des 16-20jährigen Mendelssohn eher besser ist als die des gleichaltrigen Schubert)


    2. Darum ging es mir weiter oben gar nicht. :D Ich meinte eher die Schwierigkeiten, auf die die vielen fragmentarischen Werke Schuberts hindeuten, nachdem er offenbar nicht mehr willens war locker-flockig a la Mozart und Haydn zu komponieren. Es ging ja um ein Klavierkonzert und da kann ich mir ein solches höchstens im Stil des Forellenquintetts vorstellen, nicht in dem der späten Sonaten, weil die so unkonzertant sind, wie es nur geht. Die extreme Breite und Flächigkeit dieser Werke hat ja dazu geführt, dass sie erst in der Mitte des 20. Jhd. verbreitet auf Klavierabenden gespielt wurden, so konträr lagen sie dem Konzertgeschmack von 1830 bis ca. 1920. Gerade das, was das Besondere an Schuberts späten Sachen ist, macht den Stil m.E. für ein Solokonzert schlecht geeignet (dasselbe gilt wohl für Bruckner, kann sich jemand ein Brucknersches Klavierkonzert vorstellen?). Wie schwierig es ohnehin war nach Beethoven und Mozart Klavierkonzerte zu komponieren, sieht man an den zwar brillanten, aber doch etwas leichtgewichtigen Stücken Webers und Mendelssohns



    viele Grüße


    JR

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    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Es ging ja um ein Klavierkonzert und da kann ich mir ein solches höchstens im Stil des Forellenquintetts vorstellen, nicht in dem der späten Sonaten, weil die so unkonzertant sind, wie es nur geht. und Mendelssohns


    JR


    hihi,


    die letzten Klaviersonaten könnten ebenso Skizzen zu Sinfonien sein, so wie die Skizzen nicht ausgeführter Sinfonien ebenso als Klaviersonaten im Spätstil Schuberts durchgehen würden...


    Es wäre eine interessante Aufgabe für Studis, die letzten Klaviersonaten Schuberts als Sinfonie Schuberts zu instrumentieren...


    Hätte man Schubert den Auftrag erteilt, ein Klavierkonzert zu komponieren, hätte er dies bestimmt nicht abgelehnt. Ein Klavierkonzert in Stile des Forellenquintettes ist sicherlich wünschenswert - aber zu späterer Zeit hätte Schubert dies bestimmt anders gemacht: Ich denke er wäre zimelich nahe an Schumanns a-moll-Konzert herangekommen, wobei sich natürlich die Frage stellt, ob dies wünschenswert ist...


    Liebe Grüße
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Hallo JR


    Zitat

    Ebenso bin ich der Ansicht, dass die Instrumentalmusik des 16-20jährigen Mendelssohn eher besser ist als die des gleichaltrigen Schubert


    Ich habe keine gefunden außer der Ouvertüre zum Sommernachtstraum...???



    Zitat

    ...kann sich jemand ein Brucknersches Klavierkonzert vorstellen?


    Eigentlich nicht.


    Aber: Kann sich jemand ein Streichquintett von Bruckner vorstellen?


    Wohl niemand, der nur die Symphonien kennt...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus



    Ich habe keine gefunden außer der Ouvertüre zum Sommernachtstraum...???


    Das Oktett z.B. Selbst dei Streichersinfonien sind m.E. durchaus vergleichbar mit Schuberts früehen Sinfonien
    Ich weiß nicht genau, ob er vielleicht schon 21 war als er die Streichquartette a-moll und Es-Dur schribe. Die lehnen sich zwar stellenweise sehr eng an den späten Beethoven an, sind aber sehr beeindruckend, wenn man sich vor Augen hält, wie selten Komponisten des 19. Jhd. versuchten, an die späten Beethoven-Quartette anzuschließen.


    Zitat


    Eigentlich nicht.


    Aber: Kann sich jemand ein Streichquintett von Bruckner vorstellen?


    Wohl niemand, der nur die Symphonien kennt...


    Jedenfalls eher als ein Konzert.
    Ich bleibe dabei: Wollte man Schubert ein Klavierkonzert zuschreiben, müßte man soviel an seinem Charakter, seiner Lebensgeschichte und Umfeld ändern, dass höchst fraglich wäre, wieviel von dem Schubert, den wir kennen, noch übrigbliebe.
    Er hatte wohl kaum eine Chance, die späten Sinfonien aufzuführen, ähnlich hätte er auch ein Konzert in der vagen Hoffung auf eien Aufführung komponieren können, oder?


    viele Grüße


    JR

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  • Interessant...


    Meine Details zu den Uraufführungen über Schuberts Sinfonien tappen jetzt gerade irgendwo im Dunkeln. Sicher weiß ich jedoch, dass er seine Erste selbst uraufgeführt hat, zumindest wurde sie in seinem Beisein aus der Taufe gehoben. Mit der zweiten wird es ähnlcih gewesen sein. Genauso sicher erinnere ich mich aber auch, dass Schubert stets Hoffnung hatte, dass eine seiner Sinfonien gespielt würde - ohne diesen Antrieb hätten wir heute vielleicht nur vier oder fünf Sinfonien. Jedenfalls kann ich Schuberts Krise durchaus nachvollziehen: Sobald er Hoffnung auf eine Aufführung hatte, machte er sich erneut ans Werk, um dem Publikum "Besseres" aufzutischen - nicht die "alten Kammellen"...


    Zitat

    ähnlich hätte er auch ein Konzert in der vagen Hoffung auf eine Aufführung komponieren können, oder?


    Er hätte sicher. Zumindest im Fach "Oper" hat er ja durchaus auf Vorrat komponiert, obwohl auch diese zumeist nicht aufgeführt wurden.


    Ihr habt mich alle gelinkt... nun sind wir doch bei dem Thema "Warum komponierte Schubert kein Klavierkonzert?" angelangt. Mir soll's Recht sein... man muß die Themen nehmen, wie sie kommen.


    :hello:


    LG
    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    ..., niemand ist mittels Musik gründlicher in die Tiefenschichten menschlicher Psyche vorgedrungen als Mozart...


    Doch, einer schon. Franz Schubert hielt da locker mit, wenn auch auf ganz andere Weise. Mozart war letztlich doch der mehr apollinische, extrovertierte Typ, Schubert blickte mehr in die dunklen Abgründe der Seele.



    Bitte wozu solche Einschränkungen??


    mich stört es schon sehr, wenn über Musik und Komposition geredet wird wie über irgendwelche sportliche Leistungen. -


    ob die Schifahrer mit Hermann maier mithalten können...das läßt sich mit der Stoppuhr und der Kamera zeigen...


    aber ob Wolf Lieder oder Bergs Wozzeck oder Puccini mit den Obengenannten mithalten können oder nicht, läßt sich nicht beweisen... da ist es möglich, es zu behaupten und zu bestreiten...


    für die Fanatiker kann eben niemand an Mozart oder Schubert heran... (Sorry, Ulli) andere sind froh, daß es auch andere Musik gibt...
    Aber die Vergleiche sind rein subjektiv und IMO völlig unnötig


    liebe Grüße,
    der wieder internetversorgte Tastenwolf

    Im übrigen bin ich der Ansicht, dass gepostete Bilder Namen des Fotografen, der dargestellten Personen sowie eine genaue Angabe des Orts enthalten sollten.
    (frei nach Marcus Porcius Cato Censorius)

  • Zitat

    aber ob Wolf Lieder oder Bergs Wozzeck oder Puccini mit den Obengenannten mithalten können oder nicht, läßt sich nicht beweisen... da ist es möglich, es zu behaupten und zu bestreiten...


    Hm, ich denke aber doch, dass es auch einer der Zwecke eines derartigen Forums ist, gerade solche Fragen zu diskutieren. Selbst wenn keine eindeutigen Ergebnisse herauskommen, können die Diskussionsteilnehmer aus guten Argumenten Gewinn ziehen.


    Mit ähnlichen Begründungen könntest du auch alle Bewertungen von Einspielungen abtun. Da heutzutage ohnehin alle Künstler die Noten richtig spielen können, bewegen sich alle Beurteilungen auf immaterieller Ebene, die schwer zu quantifizieren ist.


    Wenn du das aber alles weglassen willst, wird das Forum aber auf eine reine Faktenansammlung reduziert und verliert so den größten Teil seines Reizes.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Als ich diesen etwas älteren Thread-Titel las, fiel mir spontan ein Interview mit dem Pianisten Andreas Staier ein. In seiner alten Plattenfirma (fragt mich nicht welche das war...Teldec vielleicht?), hatte die Führungsriege gewechselt. Der neue CEO Classics (oder wie furchtbar neudeutsch sich diese Posten auch immer nennen...) hatte sich den bisherigen Einspielungskatalog Staiers einmal angeschaut und fragte den Pianisten dann, ob er nicht mal ein Klavierkonzert Schuberts aufnehmen möge....Staier ist heute bei einer anderen Firma!


    Gruß
    B.

  • Und im übrigen hat Schubert ja ein Klavierkonzert komponiert. Heißt "Wandererfantasie", geschrieben für Klavier und Orchester. Mitarbeiter war Franz Liszt, der dafür 10 Jahre Fegefeuer verdient hat.

    ...

  • Was ich gerne noch hätte:


    Mindestens eine späte Klaviersonate von Johannes Brahms.
    Er hat ja gleich in seinen frühen Jahren 1852 und 1853 3 Stück geschrieben, die von einer außerordentlichen Reife zeugen.
    Wie hätten da wohl Sonaten ab 1890 ausgesehen?


    Ja, und von Mendelssohn wäre klaviersonatentechnisch sicher auch noch was drin gewesen. :beatnik:



    Gruß, Peter.

  • Hallo,


    Zitat

    Original von petemonova
    Ja, und von Mendelssohn wäre klaviersonatentechnisch sicher auch noch was drin gewesen.


    Das war so eine Sache. Klaviertechnisch fand Mendelssohn sich oft in alten Formen verhaftet, und um sich nicht zu wiederholen, vermied er dann wohl den Bereich Klaviersonate.


    Wenigstens aber gibt es 3 Jugendklaviersonaten: zwei posthum veröffentlichte Werke (g-moll, Op. 105, da war er gerade mal 11 oder 12, und B-Dur, Op. 106) und eine E-Dur Sonate Op. 6.
    Es soll noch drei Klaviersonaten geben, die 1820 (im Alter von 11 Jahren) entstanden sein sollen. Die kenne ich aber nicht.


    Grüße,
    Daniel

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  • Zitat

    Original von Daniel


    Das war so eine Sache. Klaviertechnisch fand Mendelssohn sich oft in alten Formen verhaftet, und um sich nicht zu wiederholen, vermied er dann wohl den Bereich Klaviersonate.


    Ähnliches dürfte für Brahms gelten. Obwohl er ja Sinfonien und Kammermusik in der Sonatenform komponierte, schien ihm das Genre für Klavier solo wohl ausgereizt (immerhin ja auch eine Generation nach Mendelssohn, Chopin und Schumann)


    viele Grüße


    JR

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  • Zitat

    Original von Pius
    @ JR: Zu Schuberts Klavierkonzert: Ich denke da nicht an die Wandererfantasie, die mag ich selbst nicht so sehr, sondern an D 856 und D 860 als stilistische Vorbilder! Meinetwegen kanns auch ein Klavierquintett sein, das wäre beglückend genug (ja, es gibt D 667, aber das ist ein ganz anderer Stil).


    ... aber nehmen wir an, in Schuberts Leben wären einige Dinge anders gelaufen, er hätte länger gelebt und sich dann in den 1830er oder 1840er Jahren von, sagen wir, Franz Liszt pianistisch beraten lassen und dann tatsächlich ein Klavierkonzert geschrieben. Vielleicht hätte er die exzessive und virtuose Tonsprache der Wandererfantasie, der Fantasie für Violine und Klavier und der Flötenvariationen weiterentwickelt oder die große C-Dur-Sinfonie als Ausgangspunkt genutzt. Oder er hätte diese Stücke bereits in den 1820er Jahren als Basis für ein monumentales Klavierkonzert genommen, vielleicht mit einer gewissen Tendenz zu der unvorhersehbaren Formsprache der großen A-Dur-Sonate oder der unberechenbaren Dramatik der c-moll-Sonate...

  • Oh, ich entdecke diesen Anstoß zur Phantasieentfaltung erst jetzt.


    Wenn ich es mir aussuchen dürfte, hätte Beethoven wenige Jahre vor seinem Tod einen Auftrag bekommen, nochmals ein Bläsersextett (2cl, 2fg, 2hr) im Gefühl der späten Streichquartette zu komponieren - und hätte diesen Auftrag angenommen und ausgeführt.


    Diese wunderbare Art der Komposition im akustischen Gewand der Bläser, das wäre etwas...


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Lieber Ulli,


    Zitat

    Warum komponierte Mozart kein Trompetenkonzert?


    Warum hat noch keiner Dir gesagt, daß Du genau weißt, daß Mozart ein Trompetenkonzert schrieb. Es ist leider verschollen.
    Ist dies wieder sowas provozierendes von Dir? :D


    Auch ich möchte gerne von Mozart mehr: Trompetenkonzerte, Fagotkonzerte, Klarinetkonzerte. Kurz Bläserkonzerte. Aber auch Klavier- und Violinkonzerte sowie Orgel- und Harfekonzerten. Und natürlich Violoncelkonzerte.


    Auch von Haydn hätte ich so gerne mehr Konzerte gesehen. Und so wie er die Britische Volkslieder bearbeitete, hätte er auch Volkslieder anderer Länder bearbeiten dürfen. :yes:


    Beethoven hätte Konzerte für Blasinstrumente komponieren können.


    Und alle genannte Komponisten könnten mehr Messen komponieren. :yes:


    @ Pius:

    Zitat

    Dantes "Göttliche Komödie"


    Was mutest Du Komponisten zu? Die kannst kaum sebst das Buch lesen. (Ist übrigens zäääääääääh)


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von musicophil


    Warum hat noch keiner Dir gesagt, daß Du genau weißt, daß Mozart ein Trompetenkonzert schrieb. Es ist leider verschollen.
    Ist dies wieder sowas provozierendes von Dir? :D


    Salut,


    ich meinte ja nicht diesen Kinderquatsch, sondern ein Äquivaltent zu Joseph Haydns Konzert... so von etwa 1787 aufwärts... :D


    Na, zum Glück gibt's Vivaldi: Der hat nur ein Konzert geschrieben [und das gleich 800 Mal]... :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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