Lieber Gerhard,
ich habe es genau wissen wollen und mir den ganzen Tannhäuser zugemutet, damit ich nicht Voreingenommenheit vorgeworfen bekomme. Aber es hat wenig genützt.
Natürlich hätte ich mir am liebsten nach dem Fleischberg (nein: Fettberg!) des Venusbergs den ganzen Rest erspart. Aber ich wollte auch die Harteros nicht versäumen. Und wie du weißt, neigen Opernnarren zum Masochismus, auch beim Lesen im Forum. Da genügt es, festzustellen, dass der Anteil der Unkundigen und Sensationshungrigen im Publikum, dem Mainstream entsprechend, zugenommen hat, und schon wird man der Publikumsbeschimpfung bezichtigt.
Zu deiner Frage: Ich habe am Schluss tatsächlich nichts von Protest mitbekommen. Das hat mich angesichts der gebotenen Peinlichkeiten (nicht nur seitens der Regie) zu meiner fatalistischen Bilanz gebracht. Und ich habe keine Veranlassung, daran etwas zu ändern. Aber traurig macht es mich schon, dass Zumutungen wie Castellucci (und auch Vogt, ausgerechet in diesem neben dem Tristan schwersten Kaliber an Heldenpartien) keinerlei lautstarken Widerspruch mehr bei einem Publkum findet, das viel Geld für teure Karten ausgibt. Da gilt wohl inzwischen auch: Was teuer ist, muss auch gut sein. Schickimicki!
Am schlimmsten an der Sache finde ich, dass ein Intendant wie Bachler dergleichen nicht verhindert - oder wenigstens beim Entgleisen die Notbremse zieht. Der müsste es eigentlich besser wissen. Hat auch er schon resigniert? Aus Überzeugung kann er es schwerlich mittragen. Und es ist ja auch eine Demütigung für einen Dirigenten wie Petrenko - und eine Blamage für das Nationaltheater. Ein weites Feld...
Herzliche Grüße von Sixtus