Sinn oder Unsinn - Regietheater

  • Zitat

    Wie kann man textgetreue "Umsetzung" von Regieanweisungen fordern und gleichzeitig Wieland Wagners Nachkriegsinszenierungen schätzen?

    Soll das ein Argument sein?

  • Soll das ein Argument sein?

    Nein, eine Frage. Das erkennt man an dem Fragezeichen.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Hallo Symbol !


    Alles was Du bisher in dieser diskussion geschrieben hast ist mMn richtig und " krampfhaft " ist da gar nix !

    Es gibt immer Gutes und Schlechtes, nicht nur beim Wein , sondern auch bei der Regie, auch beim RT.


    Aktuell habe ich in Duisburg die Neuproduktion des Holländer gesehen . Die Handlung hatte mit dem Libretto nur noch wenig zu tun, war aber in sich stimmig und passte zur Musik ! Hat mir gut gefallen !


    Gruß


    Dirk

  • Das ist ja beim Hören einer Opern-CD auch nicht anders. Da kann man dann nur zuhören, den Text mitlesen oder dem Klavierauszug folgen. Die Regie macht man im Kopf.

    Das kann man natürlich alles tun, aber man kann diese Form der Opernrezeption doch nicht als "werkgerechtes Musiktheater" verkaufen. Darum ging es aber. Hier wird immer wieder eine angebliche "Entstellung" beklagt, aber mehr "Entstellung" als Theater, bei dem das Theater weggelassen wird, dürfte schon rein theoretisch schwer vorstellbar sein ;).

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Zitat

    ...aber mehr "Entstellung" als Theater, bei dem das Theater weggelassen wird, dürfte schon rein theoretisch schwer vorstellbar sein

    Aber nicht doch.


    Wenn man etwas weglässt, ist es einfach nicht da.


    Entstellung ist reale Verzerrung, wie sie so mancher beim Regietheater häufiger vorfindet.

  • Das kann man natürlich alles tun, aber man kann diese Form der Opernrezeption doch nicht als "werkgerechtes Musiktheater" verkaufen. Darum ging es aber. Hier wird immer wieder eine angebliche "Entstellung" beklagt, aber mehr "Entstellung" als Theater, bei dem das Theater weggelassen wird, dürfte schon rein theoretisch schwer vorstellbar sein ;).

    Das stimmt natürlich, ich habe das aber auch nicht behauptet. Es ist ein Weg, eine Oper gut kennenzulernen, also ein Kompromiss.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Wie kann man angebliche "Fäkalsprache" kritisieren, sich aber gleichzeitig ihrer Anwendung gegen einen Künstler auf einer Premierenfeier rühmen?

    Wie schlecht muß man in der Schule gewesen sein, wenn man nicht einmal richtig lesen kann. Wo steht, daß ich mich meiner Fäkalsprache gerühmt hätte? Wenn man heftig jemanden kritisiert, braucht das nicht Fäkalsprache zu sein, auch der Tonfall und eine gemäßigte Wortwahl sind Mittel eines Protestes. Obwohl es mich manchmal juckt, meine Gedanken auch auszusprechen. Das hatte ich geschrieben:

    "Anschließend hatte der Intendant nicht den Mut, die groß angekündigte Premierenfeier abzusagen. Hier kam es zu Tumulten, fast zu Handgreiflichkeiten gegen das Regieteam. Und bei dieser Gelegenheit habe ich auch Luft abgelassen und dem Regisseur gesagt, wofür ich ihn halte. Meine Worte waren nicht die schlimmsten, andere bedienten sich noch drastischerer Ausdrücke."

    Ich stelle mich nicht auf eine Stufe mit Böhmermann oder Meese, mit Krömer oder Castorf.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Hier wird immer wieder eine angebliche "Entstellung" beklagt, aber mehr "Entstellung" als Theater, bei dem das Theater weggelassen wird, dürfte schon rein theoretisch schwer vorstellbar sein ;) .

    Dann hätten ja die Opernkomponisten, zumindest diejenigen, die seit Erfindung der Tonträger aktiv waren, lauthals gegen Opernaufnahmen protestieren müssen, weil ihren Werken damit ein wesentliches Element fehlte. Es ist mir aber nicht bekannt, dass beispielsweise Richard Strauss gegen die Ersteinspielung seines "Rosenkavaliers", die oberdrein auch noch gekürzt war, Einwände erhoben hätte.

    Was allerdings die Komponisten jeglicher Epoche zu den heutigen Auswüchsen des RT sagen würden, wage ich mir lieber nicht vorzustellen....

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

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  • Ganz einfach: Viele RT-Inszenierungen erträgt man einfach nur mit geschlossenen Augen... Da ist dann, wenn man auf ein Live-Erlebnis Wert legt, eine konzertante Aufführung die einzige Alternative. Ich halte das schon lange so. Und wenn ich dann doch ein Bild brauche, hilft eine gute DVD/Blue Ray weiter.


    Diese Antwort auf meine Frage zur "Werktreue" konzertanter Opernaufführungen fasst die Problematik eigentlich gut zusammen: es geht schlicht um Geschmack, denn mit welchem Zustand der Augen eine Person eine Inszenierung erträgt, ist kein objektiver Maßstab für deren Qualität.


    Man kritisiert modernes Musiktheater, weil es angeblich nicht "werkgerecht" sei, denn dort wird solcher Frevel begangen wie die Verlegung von Zeit und Ort des Librettos. (Ich habe versucht zu erfahren, wieso ausgerechnet Zeit und Ort sakrosankt sein sollen, aber andere Elemente des Textes nicht, was irgendwie noch nicht beantwortet ist, aber sei es drum...)


    Dieses ohnehin nicht gerade auf sehr festen Säulen stehende argumentative Gebäude fällt nur leider dann in sich zusammen, wenn die gleiche Klientel konzertante Opernaufführungen rühmt, weil diese halt per definitionem nicht "werkgerecht" sein können (weil eine Oper eine Oper und kein Oratorium ist). Außerdem widersprechen sie dem Postulat der Unantastbarkeit von Zeit und Ort des Librettos, denn in einem Konzertsaal des Jahres 2022 spielt z. B. der "Tristan" laut Libretto nicht, egal wierum man es liest, dreht, oder ob man es mit Zitronensaft beträufelt.


    Dies offenbart, dass das Ausgangsargument gegen das zeitgenössische Musiktheater daran schäwchelt, dass man versucht, ein Geschmacksurteil zu objektivieren. Eine Ästhetik gefällt einem nicht - wunderbar, das darf man selbstverständlich so empfinden. Man darf auch selbstverständlich für sich entscheiden, dass man grundsätzlich kein "Rheingold" in einem Laborszenario sehen möchte oder keinen "Lohengrin" in einem Klassenzimmer - alles in Ordnung. Aber: man verhebt sich beim Versuch, diese Empfindungen ins Kleid objektiver Argumente gegen solche Inszenierungen zu hüllen.


    Persönlicher Geschmack sollte jedem jederzeit unbenommen sein, nur eignet er sich halt nicht gut, um den Wert künstlerischer Erzeugnisse im gegenseitigen Austausch zu erörtern. Ich mag beispeilsweise den "Rosenkavalier" nicht sonderlich. Das sagt weder über das Stück noch über Strauss oder Hofmannsthal irgendetwas nennenswertes aus.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Dann hätten ja die Opernkomponisten, zumindest diejenigen, die seit Erfindung der Tonträger aktiv waren, lauthals gegen Opernaufnahmen protestieren müssen, weil ihren Werken damit ein wesentliches Element fehlte.


    Nein, weil ihnen sicherlich klar war, dass eine Musikaufnahme eine Musikaufnahme und keine musiktheatralische Aufführung ist.


    LG :hello:

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  • Aber nicht doch.


    Wenn man etwas weglässt, ist es einfach nicht da.


    Entstellung ist reale Verzerrung, wie sie so mancher beim Regietheater häufiger vorfindet.

    Ich versuche ehrlich, das zu verstehen, aber es fällt mir schwer: Es dürfte doch wohl Einigkeit darüber bestehen, dass das Geschehen auf der Bühne wesentlicher Bestandteil eines Musiktheater-Kunstwerks ist (bestünde diese Einigkeit nicht, und man wäre statt dessen der Meinung, das Theater sei ein unerheblicher Teil, den man auch einfach weglassen könne, dann wäre ja die ganze Diskussion über das sogenannte Regietheater überflüssig). Obwohl also auch Du mutmaßlich dieser Meinung bist, liegt nach Deinen Worten keine Entstellung dieses Musiktheater-Kunstwerkes vor, wenn man einfach auf das Theater verzichtet. Gilt dasselbe dann auch z.B. für eine Opernaufführung ohne Sänger, bei der nur das Orchester spielt? Oder umgekehrt für eine ohne Orchester und nur mit Sängern? In beiden Fällen hätte man ja auch "nur" etwas weggelassen, was ja nach Deiner Definition keine "Entstellung" ist.


    Das hatte ich geschrieben:

    "Anschließend hatte der Intendant nicht den Mut, die groß angekündigte Premierenfeier abzusagen. Hier kam es zu Tumulten, fast zu Handgreiflichkeiten gegen das Regieteam. Und bei dieser Gelegenheit habe ich auch Luft abgelassen und dem Regisseur gesagt, wofür ich ihn halte. Meine Worte waren nicht die schlimmsten, andere bedienten sich noch drastischerer Ausdrücke."

    Es tut mir leid, wenn ich Dich falsch verstanden habe, aber Du hattest (in dem Teil, den Du in Deinem Selbstzitat ausgelassen hast) noch geschrieben, dass Fäkalsprache "ansonsten" nicht zu Deinem Vokabular gehörte. Das klang für mich so, als hättest Du hier eine Ausnahme gemacht. (Nebenbei bemerkt, und weil Du schon hier darüber spekulierst: Meine Schulnoten waren nicht in allen Fächern überragend aber ganz passabel.)


    Dann hätten ja die Opernkomponisten, zumindest diejenigen, die seit Erfindung der Tonträger aktiv waren, lauthals gegen Opernaufnahmen protestieren müssen, weil ihren Werken damit ein wesentliches Element fehlte.

    Na dann ist doch alles gut: Ihr habt mich davon überzeugt, dass Opernkomponisten das Bühnengeschehen für kein "wesentliches Element" von Opern halten. Dann gibt es ja auch keinen Grund, sich über dieses Geschehen aufzuregen, und wir können die Diskussion beenden.

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  • Konzertante Aufführungen einer Wagner-Oper sind nicht im Sinne Wagners. Das weiß jeder, der sich die Mühe gemacht hat, Wagners theoretische Schriften zu lesen, insbesondere Oper und Drama. Wagner vertritt nämlich - so radikal wie er ist - das Prinzip der uneingeschränkten szenischen Präsenz. Alles, was nicht auf der Bühne gezeigt wird, ist auch nicht dramaturgisch relevant. Eine Wagner-Oper, die nicht szenisch aufgeführt wird, ist nach Wagner also kein Drama mehr und also eigentlich sinnlos. Das zu tun, ist demnach ein massiver Eingriff und Verstoß gegen die Intentionen Wagners.

  • Dies offenbart, dass das Ausgangsargument gegen das zeitgenössische Musiktheater daran schäwchelt, dass man versucht, ein Geschmacksurteil zu objektivieren. Eine Ästhetik gefällt einem nicht - wunderbar, das darf man selbstverständlich so empfinden. Man darf auch selbstverständlich für sich entscheiden, dass man grundsätzlich kein "Rheingold" in einem Laborszenario sehen möchte oder keinen "Lohengrin" in einem Klassenzimmer - alles in Ordnung. Aber: man verhebt sich beim Versuch, diese Empfindungen ins Kleid objektiver Argumente gegen solche Inszenierungen zu hüllen.

    Sehr treffend formuliert! :!::)

  • Was allerdings die Komponisten jeglicher Epoche zu den heutigen Auswüchsen des RT sagen würden, wage ich mir lieber nicht vorzustellen....


    Bei Komponisten, die vor längerer Zeit verstorben sind, ist das eine hypothetische Frage, die insofern weitgehend sinnlos ist. Der einzige vor längerer Zeit verstorbene Komponist, für den die Frage Sinn machen könnte, dürfte Richard Wagner sein, da er zumindest sehr umfangreiche theatertheoretische Schriften hinterlassen hat. Es steht Dir frei, "Oper und Drama" vollständig zu studieren, um zu einer begründeten Vermutung zu gelangen, was Wagner hypothetischerweise über heutiges Theater sagen würde.


    Da es um "Komponisten jeglicher Epoche" geht, kann ich noch ein paar Beispiele für noch lebende oder aber erst vor einigen Jahren verstorbene Komponisten beisteuern. Ligeti hat mal eine Produktion von "Le Grand Macabre" abscheulich gefunden, Lachenmann wäre von einer Produktion vom "Mädchen mit den Schwefelhölzern" beinahe mal abgereist, hat sich dann aber doch noch mit dem Regisseur versöhnt. Das Gegenbeispiel ist Rihm. Er vertritt die grundsätzliche Auffassung, dass Komponisten ihre Werke in die Welt entlassen und ist daher für das, was man hier "Regietheater" nennt, m. W. durchaus sehr offen. Kurzfassung auf Basis dieser Stichproben: das Bild scheint uneinheitlich zu sein.


    LG :hello:

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  • Zitat

    Ich versuche ehrlich, das zu verstehen, aber es fällt mir schwer: Es dürfte doch wohl Einigkeit darüber bestehen, dass das Geschehen auf der Bühne wesentlicher Bestandteil eines Musiktheater-Kunstwerks ist

    Es gehört vom Grundsatz natürlich dazu, aber ...


    Wenn einem durch die Inszenierung das Musiktheater-Kunstwerk schon öfters komplett vermiest worden ist, weil diese nur billige Effekthascherei darstellt und wie ein Störfaktor empfunden wird, kann man durchaus Verständnis dafür entwickeln, daß mancher darauf notgedrungen gerne verzichtet. Kommt dann noch der angesprochene Effekt dazu, daß durch fehlende visuelle Reize Text und Gesang besser aufgenommen werden, weil aus dem Zuschauer/Zuhörer ein reiner Zuhörer geworden ist, sollte man das ruhig mal ausprobieren.

  • Wenn einem durch die Inszenierung das Musiktheater-Kunstwerk schon öfters komplett vermiest worden ist, weil diese nur billige Effekthascherei darstellt und wie ein Störfaktor empfunden wird, kann man durchaus Verständnis dafür entwickeln, daß mancher darauf notgedrungen gerne verzichtet.


    Das Problem ist wohl nicht so sehr das mangelnde Verständnis für subjektive Befindlichkeiten, sondern der Versuch, diese Befindlichkeiten zu objektivieren. Es steht Dir selbstverständlich frei, ein szenisches Geschehen als "Störfaktor" zu empfinden, nur ist es dann ein ziemlich gewagter Schritt, diese Empfindung zum objektiv belegbaren Mangel der Inszenierung erklären zu wollen.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Als Spaßvogel glaube ich, die Logik der RT-Gegner ist hier ungefähr so (und für jeden Karnevalisten zumindest verständlich ^^ ) : Wenn man schon kein Auto mit Alkohol im Blut fahren darf, dann lieber ein kastriertes, alkoholfreies Bier trinken als gar kein Bier. (Eine Alternative, die für mich nicht in Frage kommt; ich trinke nur Bier mit Promille - fahre aber auch kein Auto! :D )

  • Lieber Holger, mit dem Bier sind wir einer Meinung! Bier ohne Alkohol ist wie ein Auto ohne Räder. Allerdings fahre ich gerne Auto. Immer noch, auch mit 80.

    Zur Logik der RT-Gegner. Ich kaufe eine Schachtel Pralinen in der Erwartung, darin Lauensteiner oder belgische Pralinen, auch Lindt zu finden, je nach Hinweis auf der Verpackung. Ich mache sie auf und finde darin getrocknete tierische Exkremente (ich will ja in diesem Falle auch den Fäkalienausdruck nicht benutzen). Das wäre nicht so toll. Ein RT-Anhänger findet das vielleicht gut!? Fürchterlicher Inhalt, aber gut verpackt? Und die Erwartung nicht erfüllt, sondern gemogelt?

    Ich glaube, auch er wird empört sein, aber ich weiß, er wird schon eine passende Antwort aus der Zauberkiste finden.


    Vielleicht sind wir alle Spaßvögel und freuen uns einfach am freundlichen Streit?

    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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  • Zur Logik der RT-Gegner. Ich kaufe eine Schachtel Pralinen in der Erwartung, darin Lauensteiner oder belgische Pralinen, auch Lindt zu finden, je nach Hinweis auf der Verpackung. Ich mache sie auf und finde darin getrocknete tierische Exkremente (ich will ja in diesem Falle auch den Fäkalienausdruck nicht benutzen). Das wäre nicht so toll. Ein RT-Anhänger findet das vielleicht gut!? Fürchterlicher Inhalt, aber gut verpackt? Und die Erwartung nicht erfüllt, sondern gemogelt?

    Ich glaube, auch er wird empört sein, aber ich weiß, er wird schon eine passende Antwort aus der Zauberkiste finden.


    Irgendwie hast Du es mit der Fäkalsphäre (eigentlich müsstest Du Bieito verehren ^^) - wollen wir das vielleicht zu Datteln (statt Exkrementen) modifizieren? ;)


    Dann frage ich mich, wieso Du Dich zwar über die Datteln beklagst, Dich zugleich aber nicht nur damit abfindest, dass die Pralinenschachtel leer ist (Stichwort konzertante Opernaufführung), sondern dies auch noch zur tollen Sache hochstilisierst.


    Das ist aber eigentlich eine obsolete Frage, weil die Analogie nicht funktioniert. Eine Pralinenschachtel und Pralinen sind letztlich Gegenstände, die (anders als eine Oper) keiner Aufführung durch Personen bedürfen und insofern auch nicht der Notwendigkeit künstlerischer Interpretation unterliegen.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • wollen wir das vielleicht zu Datteln (statt Exkrementen) modifizieren? ;)

    Das ist okay. Datteln esse ich auch. Nur habe ich bisher nicht gewußt, daß die Bezeichnung "Exkremente" der Fäkalsprache zuzuordnen ist. Ich hielt dies Bezeichnung bisher für vornehm :no:. Man sieht, im Forum kann man noch viel lernen zum Begriff "Gutes Benehmen". Aber Bietio muß trotzdem nicht sein, dann lieber Exkremente zum Düngen.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Nur habe ich bisher nicht gewußt, daß die Bezeichnung "Exkremente" der Fäkalsprache zuzuordnen ist.


    Ich schrieb von "Fäkalsphäre", nicht von "Fäkalsprache" - und mit dem Bereich des Fäkalen haben Extremente ja nunmal etwas zu tun.


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Das moderne Regietheater bedient sich zuweilen des Fäkalen. Wie meinte Kurt Rydl: "Man muss den 'Parsifal' nicht am Pissoir beginnen." Weiter oben im Thread wird uns gleichwohl erläutert, das Urinieren auf der Bühne könne durchaus ästhetisch sein. Nun dürfte sich der Anteil an Undinisten im Publikum freilich in Grenzen halten. An den Rest sollte man aber auch denken.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Symbol fragt:

    Zitat

    Hilf' mir bitte auf die Sprünge. Wie kann man bei einer Opernproduktion mangelnde "Werktreue" bemängeln und sich dann zugleich daran erfreuen, wenn bei einem Stück, das von seinem/-n Autor/en (Komponist, Librettist) als "Musiktheater" konzipiert worden ist, das "Theater" einfach weggelassen wird?


    Etwas Emphatie braucht es schon, um diesen Unterschied zu verstehen. Sonst helfen dann aber auch keine Erklärungsversuche.


    Symbol schreibt:

    Zitat

    Das Problem ist wohl nicht so sehr das mangelnde Verständnis für subjektive Befindlichkeiten, sondern der Versuch, diese Befindlichkeiten zu objektivieren. Es steht Dir selbstverständlich frei, ein szenisches Geschehen als "Störfaktor" zu empfinden, nur ist es dann ein ziemlich gewagter Schritt, diese Empfindung zum objektiv belegbaren Mangel der Inszenierung erklären zu wollen.


    Da stimme ich gerne zu, nur wurde das nicht behauptet, sondern ein Beispiel zum Verständnis aufgezeigt.

  • Scheinbar ist Emphatie nicht deine Stärke, um diesen Unterschied zu verstehen. Da helfen dann aber auch keine Erklärungsversuche.


    Empathie ist eine wichtige emotionale Fähigkeit, die aber nichts mit dem Verständnis eines logischen Arguments zu tun hat. Deswegen bitte nochmal: Wie kann eine konzertante Opernaufführung (also Musiktheater ohne Theater) "werktreu" sein? Wenn Du dafür keine logische Erklärung hast, sondern erwartest, dass ich mich in den Gefühlshaushalt anderer Leute begebe, hast Du schlicht keine Antwort auf diese Frage (unabhängig von meiner Begabung oder Nicht-Begabung zur Empathie).


    Diese Frage sei um die (sehr gute!) Frage von ChKöhn ergänzt: Wenn man die szenische Darbietung einer Oper so ohne weiteres komplett weglassen kann, warum erregt man sich dann überhaupt noch über die Gestaltung dieser szenischen Darbietung?


    Da stimme ich gerne zu, nur wurde das nicht behauptet, sondern ein Beispiel zum Verständnis aufgezeigt.


    Keineswegs, weil ein Beispiel eine konkrete Sache sein müsste. In diesem Fall wäre das dann wohl der Vergleich zwischen der szenischen und der konzertanten Aufführung einer bestimmten Oper, der hier aber nicht erfolgt ist. Es wurde lediglich allgemein (also gerade im Gegenteil zu einem Beispiel) angeführt, dass man selbst sich aufgrund der Ästhetik des zeitgenössischen Theaters bei der konzertanten Aufführung irgendwie wohler fühlt.


    LG :hello:

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  • Filioque - Das Regietheater im Lichte der Dogmengeschichte

    Ein Dialog zwischen Dr. Pingel und Monsignore Pingel


    LaRoche sagt (# 230): vielleicht sind wir alle Spaßvögel. Dass man die ganze RT-Debatte auch lustig finden kann, versuche ich in meinem Satirethread (Dr. Pingel´s satyrische Brosamen, #254) darzustellen.

    Dort findet sich Teil 1, Teil 2 folgt, am selben Ort.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Eine sehr gute Frage, gilt aber für beide Seiten.

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Eine sehr gute Frage, gilt aber für beide Seiten.

    Nein, für mich gilt das nicht, denn ich habe nicht behauptet, man könne die szenische Darbietung einfach weglassen. Die Widersprüche, die sich aus einer solchen Behauptung in Verbindung mit der Forderung nach "Werktreue" ergeben, müssen schon diejenigen auflösen, die sie aufstellen.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Lieber Holger, mit dem Bier sind wir einer Meinung! Bier ohne Alkohol ist wie ein Auto ohne Räder. Allerdings fahre ich gerne Auto. Immer noch, auch mit 80.

    Lieber La Roche,


    da hast Du noch viiiiel Zeit, Mein Vater ist inzwischen 96 (!) und fährt noch Auto - vor 2 Jahren hatte er sich ein neues gekauft! :)

    Zur Logik der RT-Gegner. Ich kaufe eine Schachtel Pralinen in der Erwartung, darin Lauensteiner oder belgische Pralinen, auch Lindt zu finden, je nach Hinweis auf der Verpackung. Ich mache sie auf und finde darin getrocknete tierische Exkremente (ich will ja in diesem Falle auch den Fäkalienausdruck nicht benutzen). Das wäre nicht so toll. Ein RT-Anhänger findet das vielleicht gut!? Fürchterlicher Inhalt, aber gut verpackt? Und die Erwartung nicht erfüllt, sondern gemogelt?

    Ich glaube, auch er wird empört sein, aber ich weiß, er wird schon eine passende Antwort aus der Zauberkiste finden.

    Ich glaube das ist eher wie beim Märchen vom Froschkönig. Für das junge Mädchen als RT-Liebhaberin ist der Frosch kein Frosch, sondern ein verwunschener Prinz, weil sie sich wünscht und erwartet, von einem Prinzen wieder geküsst zu werden. Bei ihrer konservativen alten Stiefmutter dagegen, die partout keine nassen Frösche küssen will, weil sie das Wünschen verlernt hat und deshalb eklige und hässliche RT-Frösche, die als schöne Prinzen gesehen werden wollen, nicht erkennen kann, bleibt der Frosch ein Frosch. Es kommt also nur darauf an, sich das Richtige zu wünschen. Oder abstrakt als Fabelweisheit ausgedrückt: Die Wünsche und Erwartungen machen aus den Dingen erst das, was sie sind. ;)


    Schöne Grüße

    Holger

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