Alle sprechen über dasselbe Musikwerk

  • Warum diese bezaubernden Werke keine eigene Opuszahl erhielten, wird mir ein ewig Rätsel bleiben

    Eigentlich nicht. Wie schon weiter oben erwähnt wurede, waren sie das Werk eines 15 jährigen, der damals noch "bei Neefe in die Lehre ging"

    Sie wurden damals nicht veröffentlich und erst in Beethovens Nachlass gefunden. Jugendwerke waren der Musikwissenschaft immer schon verdächtig, ein gewisser Einfluß von Mozart ist hörbar - was sich nicht gut mit dem Bild eines "Originalgenies" vereinbaren lässt - und so.....


    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Ein entzückendes kleines Werk. Es hat seine

    Ist das eher eine Sammelausgabe oder eine echte Gesamtedition, auf die Du Dich beziehst? Es sind ja in den letzten Jahrzehnten diverse Gesamtausgaben in verschiedenen Auflagen erschienen.


    Wirklich vollständig sind die Gesamteditionen ja meist auch nicht, wegen der Problematik zahlreicher Fragmente und auch aus anderen Gründen.


    Aber da müssen dann die Klavierquartette trotzdem unbedingt dabei sein. Bei den "sämtlichen Meisterwerken" ist das natürlich etwas anderes, auch wenn ich es trotzdem nicht verstehe.

    Es handelt sich um diese Ausgabe https://www.discogs.com/master…artette-Streicherquintett (ich höre viel Musik über Schallplatte). Diese enthält die von Ulli bereits genannten Aufnahmen der Klavier-Quartette mit Eschenbach und Mitglieder des Amadeus-Quartetts.


    Jetzt zum Hauptthema: ich finde das Werk entzückend. Mein ungeschultes Ohr meint zu hören, dass hier (noch) kein Meister am Werke ist (die lange, langsame Einleitung könnte fast ein eigeständiges Werk sein) aber die Musik macht einfach Spaß. Vielleicht ist das der Grund, warum sie nie eine Opuszahl erhielt, nicht weil sie ein Jugendwerk, sondern weil sie nicht ernsthaft genug ist. Ich glaube auch mehr Einfluss von Haydn zu hören als von Mozart-aber was weiss ich, bin ja kein Musikwissenschaftler. Beim Zuhören wurde ich erinnert an eine Anekdote über (glaube ich) Aldo Ciccolini. Er soll nach einem Konzert als Zugabe den ersten Satz von Beethoven's erste Klaviersonate gespielt haben-die kaum einer aus dem Publikum wiedererkannte. Danach sagte er ganz schelmisch "Früher Beethoven, Mittlerer Beethoven, Später Beethoven-was soll das alles, Beethoven ist immer Beethoven".

    Gruß,


    Kostas

  • Danke Euch, Thomas und Kostas!


    Von einer modernen Gesamtausgabe kann man dann wohl nicht sprechen.

    Zitat von Alfred Schmidt

    Wie schon weiter oben erwähnt wurede, waren sie das Werk eines 15 jährigen, der damals noch "bei Neefe in die Lehre ging"

    Klar - aber meines Erachtens klingen sie reifer und eigenständiger als etwa das Jugend-Klavierkonzert, das natürlich schöne Melodik bietet.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Mein ungeschultes Ohr meint zu hören, dass hier (noch) kein Meister am Werke ist (die lange, langsame Einleitung könnte fast ein eigeständiges Werk sein) aber die Musik macht einfach Spaß.

    Ja, die langsame Einleitung könnte vom Ausmaß und der Gewichtung her als eigenständiger Satz gewertet werden (z.T. wird er das auch), wenn er nicht nicht auf der Tonika enden würde (wie übrigens bei der Mozartsonate auch). Als meisterhaft empfinde ich die Werke aber insgesamt durchaus, da muß man erstmal Vergleichbares von einem 15jährigen in der Zeit finden (z.B. etwas später bei Mendelssohn); mit mittlerem/späten vB sollte man natürlich nicht vergleichen.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Zitat

    Zur Feier ihres 100jährigen Bestehens präsentiert die Deutsche Grammophon Gesellschaft nun die COMPLETE BEETHOVEN EDITION.

    Die Deutsche Grammophon Gesellschaft wurde am 6. Dezember 1898 gegründet und dem Vorwort von Karsten Witt - dem damaligen Präsidenten - zur 1997 vorbereiteten Edition habe ich den zitierten Text entnommen. Weiß der Geier, wie ich an dieses „Buch“ gelangt bin, die CBE habe ich jedenfalls nie besessen. Doch das Buch ist mir einiges Wert: zum einen enthält es eine zweisprachige (deutsch, englische) aufschlussreich bebilderte Kurzbiographie verschiedener Autoren und zum - für mich - wesentlichen Teil einen kompletten Werkkatalog, sortiert nach Genre mit allen Opus-, WoO- und Hess-Nummern, Entstehungszeit, Uraufführung, Erstausgabe, Widmungsträgern und Auffindbarkeit in der CBE.


    Doch zurück zum Werk. Als Statistik-, Tabellen- und Zahlenaffiner ein Vergleich der beiden Werke von Mozart und Beethoven - anstelle von „Satz“ verwende ich ohne irgendwelche Ansprüche „Teil“:


    TeilMozart: Violinsonate KV 379Beethoven: Clavierquartett WoO 36
    IAdagio +EingangsmotivAdagio assai +Eingangsmotiv

    G-DurEs-Dur

    2/42/4
    33 + 16 Takte (gesamt 49)gesamt 69 Takte
    IIAllegroAllegro con spirito
    g-molles-moll
    3/43/4
    56 + 87 Takte (gesamt 143)90 + 106 Takte (gesamt 196)
    IIIAndantino cantabileCantabile
    Thema mit 5 Variationen und CodaThema mit 6 Variationen und Coda
    G-DurEs-Dur
    2/42/4
    6x16 + 33 Takte (gesamt 129)7x16 + 32 Takte (gesamt 144)


    Übereinstimmungen farblich hervorgehoben. Auch die „Gewichtung“ der Sätze nach Taktzahlen (ohne Wdh.) sowie der jeweilige Charakter des Satzes/Teils stimmt ziemlich genau überein.


    Ein Vergleichshören ist interessant!

    :hello:

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  • Da ich selber wohl nur über je eine einzige Einspielung der drei Quartette auf CD verfüge, die überdies nicht historisch informiert sind - wenn ich mich nicht täusche -, habe ich die in der Tat sehr ausgedehnte langsame Einleitung in den beiden von Ulli verlinkten Aufnahmen (mit Lüthi e.a. und mit Il Tetraone) mal am Stück gehört. Die zweite Aufnahme wirkt auf mich ein wenig heller, vielleicht auch variabler im Ansatz, aber das mögen Augenblicksunterschiede sein, zu denen ich morgen vielleicht gar nicht mehr stehen will - wer weiß.


    Auf meine Einspielung(en) werde ich gerne die Tage zurückkommen.


    Kostas meint hier Haydn eher zu hören als Mozart. Ja, da bin ich dabei, das liegt an der nervöseren Agogik, der weniger leicht zu berechnenden Verzierungstechnik, den etwas weniger eleganten, ein wenig schrofferen Verknüpfungen im Figurenwerk. Doch könnte es nicht sein, dass genau hier der junge Beethoven an- und sich damit von Mozart sogar noch etwas stärker absetzt als von Haydn? (Im Hinterkopf habe ich da gerne die Klaviersonate op. 2/2, den Finalsatz mit der Bezeichnung Grazioso. Das hat was Rokokohaftes oder man denkt an den Sturm und Drang - diese Vorhalte aus elf oder auch deutlich mehr Noten, wo man nie so genau weiß, ob und wie sie ins Metrum integriert sind. Aber es ist Beethoven, und ganz gewiss kein Mozart, der sich an Carl Philipp Emanuel Bach erinnern würde. Es wirkt verspielt, scherzhaft, vielleicht parodistisch. Wenn schon, dann eher Haydn, aber auch der würde sich, meine ich, so nicht äußern.)


    Damit wir uns nicht falsch verstehen: Ich sage nicht, dass Beethoven in diesem frühen und ersten Klavierquartett respektive eben in der Adagio-Einleitung sonderlich an Rokoko-Figuren erinnert - und vielleicht ist mein Vergleich bei op. 2/2 auch zu geschmäcklerisch. Was ich sagen will: Das Werk klingt hier im ersten Satz, erster Teil, nach Beethoven und dann kommt nach einiger Zeit Haydn und Mozart kommt vielleicht auch noch ... ;)

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  • [...] mit mittlerem/späten vB sollte man natürlich nicht vergleichen.

    Da könnte der fünf Nummern weiter oben von Kostas zitierte Aldo Ciccolini dezent geschwätzelt haben. Keine Ahnung, ob man das irgendwo so äußert. In Franken heißt es " a weng a Gschmarri". Für Wien seid Ihr zuständig ...


    Nein, Beethoven ist nicht immer der gleiche Beethoven. Das wäre ja noch schöner.

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  • Es handelt sich um diese Ausgabe https://www.discogs.com/master…artette-Streicherquintett (ich höre viel Musik über Schallplatte).

    Lieber Kostas, Du hats zur falschen Box gegriffen. Die Klavierquartette sind in jener mit den Klaviertrios: https://www.discogs.com/de/mas…ster-Christoph-Eschenbach


    Eine schöne Aufnahme ist das allemal.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • In der Tat eine Entdeckung. Nachdem ich alle angehört habe, hat mir eigentlich nur die Aufnahme mit EschenbachAmadeus gefallen, weil hier schon etwas von der beethovenschen Kraft und Dynamik zu spüren ist. Wahrscheinlich war "sich sklavisch an den Notentext halten" doch die richtige Wahl. Bei den anderen Aufnahmen stellt sich bei mir das Gefühl ein, dass da eine gewisse Mattigkeit herrscht, vor allem bei den Streichern.

    Diese Bemerkungen solltet ihr nicht mit die Goldwaage legen, denn diese Musik ist von meiner Musikwelt sehr weit entfernt.

    Dennoch: mit 15 Jahren, Respekt! Da war ich gut in Leichtathletik, Fußball und Englisch, was Beethoven bestimmt nicht so gut konnte.:untertauch:

    Manchmal ist wenig immer viel! (Thorsten Legat)

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  • Fündig bezüglich des ersten Klavierquartetts wurde ich nun im Regal nur mit der oben bereits sowohl optisch wie auch akustisch verlinkten Aufnahme des Amadeus-Quartetts, die 1970 entstanden ist. Die beiden anderen Nummern des WoO 36 sind ebenso enthalten, sowie das Streichquartett nach der Klaviersonate op. 14/1. Für den Klavierpart zeichnet Christoph Eschenbach verantwortlich.


    Es ist eine geradlinige und kraftvolle Einspielung ohne überzogene Romantizismen, mit durchaus unaufdringlichem Vibrato, mit der ich bestens leben kann, obgleich ich historisch informierte Aufnahmen schon auch bevorzuge. Die Klangqualität ist direkt, aber auch sie stört mich nicht.


    Von den drei Werken ist das erste gewiss das originellste, strukturell, vielleicht auch was die anderen musikalischen Parameter anbelangt. Beethoven selbst soll aber das Quartett in C-Dur noch mehr geschätzt haben, da er thematisches Material in frühen Klaversonaten entnommen hat - so der Hinweis im Harenberg-Kammermusikführer. Beim Hauptthema des langsamen Satzes ist das etwa eindeutig festzustellen.


    Im Übrigen - das wäre noch nachzutragen - empfinde ich den mittleren (oder zweiten Teil des Kopfsatzes), also den Allegro-Satz in es-Moll - man beachte die Tonart! - als in seiner dunklen Erregung unbedingt auf das Klaviertrio op. 1/3 vorausweisend. Letzteres wurde ja damals als zu neuartig vom Publikum abgelehnt, während man keine Probleme hatte mit den beiden anderen frühen Trios aus op. 1.


    :cheers: Wolfgang

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  • Beethoven selbst soll aber das Quartett in C-Dur noch mehr geschätzt haben, da er thematisches Material in frühen Klaviersonaten entnommen hat - so der Hinweis im Harenberg-Kammermusikführer. Beim Hauptthema des langsamen Satzes ist das etwa eindeutig festzustellen.

    Stimmt; der Beginn des langsamen Satzes des C-Dur-Quartetts ist identisch mit dem langsamen Satz von op. 2 Nr. 1. Material des ersten Satzes findet sich im Kopfsatz der Claviersonate C-Dur op. 2 Nr. 3 wieder (Seitenthema).


    Für das C-Dur-Quartett soll lt. englischer Wiki Mozarts Violinsonate KV 296 Pate gestanden haben; das werde ich näher untersuchen.

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    (Hexa dixit)

  • Für das C-Dur-Quartett soll lt. englischer Wiki Mozarts Violinsonate KV 296 Pate gestanden haben; das werde ich näher untersuchen.

    Geht es um das hier?


    KV 296 hatte ich mal als 2. Klarinettist in einer Bearbeitung für Klarinettenduo gespielt. Mein Partner wurde später Profi-Saxofonist und Hochschuldozent. Außerdem habe ich das Stück natürlich auf CD als Violinsonate.


    Also mit dem obigen Klavierquartett hat KV 296 kaum was zu tun. Außer vielleicht der grundlegende Aufbau bzw. die transportierte "Stimmung".


    Auffallend beim Klavierquartett ist übrigens das Thema (3. Thema?) bei 1:15


    Woher kenn ich das???

  • Gute Frage! Mir geht es ganz genauso. Das ist ein markantes Thema - auf jeden Fall!


    :jubel: EDIT: Ab Takt 27 im Kopfsatz der Klaviersonate op. 2/3. Keine Ahnung, wie lange ich selbst hätte suchen müssen, denn prinzipiell konnte ich mir gut vorstellen, dass das Zitat grob in dieser Gegend wieder auftauchen würde. Aber der Kammermusikführer von Reclam war mit seinem Hinweis auf Werk und Satz schneller [;)]!


    Und noch ein EDIT: Ich hätte das Thema sogar mithilfe meines Dictionary of Musical Themes von Barlow und Morgenstern (London 1949, 1978) ausfindig machen können. Da war ich schon oft erfolgreich dank des relativ intelligenten Suchsystems, hätte aber nicht erwartet, dass bei einer frühen Klaviersonate Beethovens auch das zweite Thema des ersten Satzes eine Zeile lang abgedruckt sein würde. Doch die zwei Takte haben genügt und sie sind ja auch, meine ich nach wie vor, schlicht markant.


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • EDIT: Ab Takt 27 im Kopfsatz der Klaviersonate op. 2/3. Keine Ahnung, wie lange ich selbst hätte suchen müssen, denn prinzipiell konnte ich mir gut vorstellen, dass das Zitat grob in dieser Gegend wieder auftauchen würde. Aber der Kammermusikführer von Reclam war mit seinem Hinweis auf Werk und Satz schneller

    Klar, das schließt dann gleich an die vorhergehenden (Überleitungs-) Takte an, die auch weitestgehend identisch sind:

    Material des ersten Satzes findet sich im Kopfsatz der Claviersonate C-Dur op. 2 Nr. 3 wieder (Seitenthema).

    8-)

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  • Geht es um das hier?

    Genau.

    Also mit dem obigen Klavierquartett hat KV 296 kaum was zu tun. Außer vielleicht der grundlegende Aufbau bzw. die transportierte "Stimmung".

    Wie die englische Wikipedia darauf kommt, ist mir auch eher schleierhaft; aber ich schaue mir das nochmals an:


    Zitat

    Beethoven modeled his piano quartets after a set of Mozart violin sonatas published in 1781, with Beethoven's C major work written in the same key and borrowing some thematic material from Mozart's Violin Sonata No. 17, K. 296

    Die Kongruenzen von WoO 36 Nr. 1 zu KV 379 sind evident und frappant - dazu jedoch kein Sterbenswörtchen; eher wird auf eine Vorausahnung der „Eroica“ verwiesen. Na ja ...

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  • Übereinstimmend sind Takt 15 im Kopfsatz von KV 296 mit Takt 11 im Kopfsatz von WoO 36 Nr. 3 - aber das ist eher flüchtig, gleichwohl im Kontext der Kongruenzen bei 379/WoO36-1 nicht von der Hand zu weisen. Was den Kopfsatz betrifft, war es das dann m. E. auch schon.


    Formale Übereinstimmung auch im Mittelsatz: F-Dur 3/4, wobei Beethoven den Satz dann bekanntlich anderweitig unterbrachte (f-moll-Sonate). Beiden Werken folgt ein Rondo Allegro ⊄; ähnlich ist dann T. 30 im Finalsatz von KV 296 zu T. 75ff. im Finalsatz von WoO 36 Nr. 3. Das verrät mir mein kenner scannerhafter Blick in die Noten.

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  • Beethovens Gesamtwerk war das erste, das ich in meiner Hörbiographie relativ integral kennenlernte. Relativ weil ich mich in meiner jugendlichen Ignoranz lange nicht um die WoO scherte. Erst bei späterer Beschäftigung mit Beethoven fiel mir auf, dass ich hier einige großartige Werke verpasst hatte. Die Klavierquartette WoO 36 gehören dazu. Ich stieß auf sie, weil mir in einem meiner Lieblingsfilme vor etlichen Jahren eine wunderschöne Melodie begegnete, die ich nicht zuordnen konnte. Es war der langsame Satz der Klavierquartett-Variante von Op. 16 in "Der talentierte Mr. Ripley". Das lenkte meine Aufmerksamkeit überhaupt auf die Existenz von Beethovenschen Gattungsbeiträgen für diese Besetzung. Inzwischen gehören Op. 16a und WoO 36 fest zum Kanon der Kammermusik Beethovens...


    Das Es-Dur-Quartett gefällt mir sehr gut. Die Satzreihenfolge finde ich bemerkenswert. Als würde es eine auskomponierte langsame Einleitung mit einem kurzen Allegro-Teil in zwei Sätzen geben und dann noch ein Variationssatz ohne Scherzo und Finale. Natürlich kann man auch sagen es fehlt ein zu erwartender Kopfsatz und der Rest geht auf mit Variations-Finale. EDIT: Jetzt las ich Ullis Einleitung, welche Variante 1 nahe legt. In meiner Einspielung mit dem Klaviertrio Hannover wurden auf der CD tatsächlich zwei Nummern draus gemacht.

    Das einleitende Adagio hat dieses ergreifend-träumerische vieler frühen langsamen Sätze Beethovens. Es ergänzt sich wunderbar mit dem wilden, etwas trotzigen Moll des Allegros. Zwei konstitutive Elemente für (den frühen) Beethoven! Im Finale fällt mir ebenfalls auch (und gefällt mir!), dass die Stimmführung wandert, jeder darf mal ran. Der beiläufige Schluss ist möglicherweise das Mozartischste an diesem Werk. Beethoven findet dann ja doch recht schnell Gefallen an gewichtigen Codas...


    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Die Satzreihenfolge finde ich bemerkenswert. Als würde es eine auskomponierte langsame Einleitung mit einem kurzen Allegro-Teil in zwei Sätzen geben und dann noch ein Variationssatz ohne Scherzo und Finale. Natürlich kann man auch sagen es fehlt ein zu erwartender Kopfsatz und der Rest geht auf mit Variations-Finale. EDIT: Jetzt las ich Ullis Einleitung, welche Variante 1 nahe legt. In meiner Einspielung mit dem Klaviertrio Hannover wurden auf der CD tatsächlich zwei Nummern draus gemacht.

    Ganz ähnlich ist das bei den beiden frühen Cellosonaten op. 5; bei der F-Dur Nr. 1 ist die Qualifizierung als langsame Einleitung m. E. eindeutig, bei der g-moll Nr. 2 kommen wir wegen ihrer zeitlichen Ausdehnung gleichsam WoO 36 Nr. 1 ins Trudeln: manche Aufnahmen stückeln auch hier in 2 „Sätze“, manche nicht: so man den Schnitt nicht hört, ist das ja wurscht tofu. Für mich sind die beiden Cellosonaten ebenfalls nur zweisätzig mit jeweils langsamer Einleitung. Indiz (eigentlich sogar: Beweis) dafür sind die dünnen Doppelstriche mit attacca-Hinweis am Ende der jeweiligen Einleitungen, die Tempo- und ggfs. Tonartenwechsel anzeigen: eben keine (fetten) Schlußbalken.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Ganz ähnlich ist das bei den beiden frühen Cellosonaten op. 5; bei der F-Dur Nr. 1 ist die Qualifizierung als langsame Einleitung m. E. eindeutig, bei der g-moll Nr. 2 kommen wir wegen ihrer zeitlichen Ausdehnung gleichsam WoO 36 Nr. 1 ins Trudeln: manche Aufnahmen stückeln auch hier in 2 „Sätze“, manche nicht: so man den Schnitt nicht hört, ist das ja wurscht tofu. Für mich sind die beiden Cellosonaten ebenfalls nur zweisätzig mit jeweils langsamer Einleitung. Indiz (eigentlich sogar: Beweis) dafür sind die dünnen Doppelstriche mit attacca-Hinweis am Ende der jeweiligen Einleitungen, die Tempo- und ggfs. Tonartenwechsel anzeigen: eben keine (fetten) Schlußbalken.

    Stimmt, die Cellosonaten sind auch in meinem Kopf eindeutig zweisätzig.

    Hier habe ich mich zuerst von der Track-Einteilung der CD beeinflussen lassen. Aber der Schnitt stört nicht, ist also tofu wurscht!

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

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  • Ich habe mir die Werke erstmals intensiver angehört. Meiner Meinung nach gibt es heute eindrucksvollere Aufnahmen als , die die besitze (Amadeus Quartett /Eschenbach)

    Am besten gefallen hat mir die Nr 3 und zwar in DIESER Aufnahme. Da sollte ein Plattenproduzent zugreifen !!!

    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Beethovens Kammermusik ist mit Ausnahme der Violinsonaten, der späten Cellosonaten, einiger Klaviersonaten und der Großen Fuge Neuland für mich. In den WoO gibt es viel zu entdecken, einer meiner Lieblinge ist z.B. der einfache und unscheinbare Kanon "Im Arm der Liebe ruht sich's wohl", WoO 159 (mein Prüfungsstück im allerersten Dirigierkurs im 1. oder 2. Semester meines Studiums). Doch auch der Dauerbrenner "Für Elise" (WoO 59) lässt sich hier finden, ebenso wie auch das frühe Es-Dur Klavierkonzert (WoO 4) oder die Variationen über "Bei Männern, welche Liebe fühlen" für Cello und Klavier (WoO 46).


    Nun aber zum Es-Dur-Klavierquartett WoO 36 Nr. 1:

    Im Rahmen einer Brilliant-Beethoven-Box besitze ich die Aufnahme des Cummings String Trio mit Anthony Goldstein am Klavier, die ich als meine einzige Aufnahme vornehmlich gehört habe.


    Auch ich bin positiv vom Werkaufbau mit langsamem Beginn, schnellerer 2. Hälfte des 1. Satzes und abschließendem Variationssatz überrascht, das ist mal etwas Neues! Der erste, langsame Teil konnte mich von Beginn an packen. Interessant die vielen Läufe und Verzierungen, das lässt sich alles gut und ohne Probleme anhören, einfach schöne Musik!

    Der schnelle Teil hat einen tollen Schwung, das macht richtig Laune! Besonders gefällt mir hier auch die linke Hand des Klavieres, die auch mal melodisch tätig werden darf. Spannend finde ich hier, dass gegen Ende im Klavier einige Läufe auftauchen, die an den langsamen 1. Teil erinnern. Passend dazu beruhigt sich die Musik auch tempotechnisch zum Satzende, was diesen geteilten ersten Satz für mich trotzdem auf eine gewisse Art und Weise "rund" macht.


    Den Variationssatz finde ich insgesamt schwächer als den ersten Satz. Sicher kein schlechter Satz, er vermag mich aber nicht so sehr zu packen. Es gibt mir etwas zu wenig Abwechslung, insbesondere in der mMn oft langweiligen linken Hand des Klaviers (außer in Var. 5). Dazu kommen die ermüdenden Wiederholungen.

    Interessant ist, dass direkt Variation 1 im ungewöhnlichen Pizzicato beginnt. Ansonsten passiert hier wenig. Variation 2 klingt schön mit den Triolen und Synkopen der 1. Violine, weiter gibt es aber nichts Außergewöhnliches. Für jemanden wie mich, der selber u.a. Viola spielt, lässt die 3. Variation aufhorchen, hier wird melodisch auch mal richtig was geboten und die Viola kann im Adagio zeigen, was gesanglich in ihr steckt, toll!

    Die 4. Variation hat dann einen schönen Schwung, ist mit Ausnahme des Kontrasts zur vorangehenden Variation aber leider auch eher uninteressant.

    Variation 5 ist dagegen richtig klasse, das ist der hitzköpfige, stürmische Beethoven im Klavier, den ich schätze! Und endlich, endlich ist auch mal in der linken Hand Action. Variation 6 perlt dann wirklich schön in der rechten Hand des Klaviers und ist ein gewisses entspannteres Kontrastprogramm zwischen der Krachervariation 5 und dem abschließenden Allegretto, kommt mir dadurch aber auch manchmal ein bisschen unterkühlt vor.

    Die Coda macht dann noch einmal richtig Dampf und Spaß, witzige Idee mit den Dynamikkontrasten! Der Schluss hat mich beim Ersthören sehr überrascht, da er doch unerwartet kommt. Das hat aber was, sehr charmant und humorvoll!

    In diesem Satz merkt man wohl am ehesten, dass Beethoven erst 15 war und noch zu lernen hatte, trotzdem wirklich beeindruckend für sein junges Alter!


    Liebe Grüße

    Amdir

  • Nun mein Eindruck vom Es-Dur Quartett WoO 36/1. Ich hörte es in der Version mit der Van Swieten Society. Tatsächlich konnte mich die Einspielung mit Eschenbach und dem Amadeus Quartett nicht zufriedenstellen. Für mich herrschte ein vollständiges Ungleichgewicht in der Instrumentierung (dauernd das Klavier in Führung), die viel zu viel der schönen Musik überging. Die Einspielung auf historischen Instrumenten scheint da eine natürliche Begrenzung zu definieren, die die Musiker eher zwingt, die verschiedenen Stimmen zu einer Musik zusammenzuführen.


    Den Van Swietens scheint es zu gelingen






    Der langsame Einleitungssatz des Quartettes ist schon etwas Herausragendes, was den Anspruch für den Rest ziemlich hoch stellt. Hier haben wir schon Beethovenschen Klang, obwohl die Verarbeitung gerade in der Klavierstimme für mich noch nicht ganz so in die Zukunft weist. Das für Beethoven später so wichtige Zergliedern der Melodie und Rhythmuselemente findet nicht wirklich statt, obwohl man es immer zu ahnen meint. Ähnlich wunderbar der zweite Satz. Beim dritten Satz experimentiert Beethoven offensichtlich mit der Variationsform. Die Variationen erinnern ein wenig an die späteren voni Haydn in seinem Op. 76/3, ohne auch nur annähernd diesen Reiz zu erreichen. Irgendwann in der Mitte durchbricht Beethoven den Cantus Firmus artigen Variationsstil, eine klare Schwäche, weil er eigentlich aus diesem Impuls nicht zu machen versteht. Auch für mich, und hier muss ich meinem Kollegen Amdir recht geben, klar der schwächste Satz des Quartettes!


    Warum hat Beethoven nun nicht daraus sein Opus 1 gemacht? Da kann ich nur spekulieren, Trotz aller Befähigung macht das Werk einen etwas unfertigen Eindruck, selbst, wenn man die offensichtliche Schwäche des dritten Satzes außen vor ließe. Beethovens Ansprüche waren eben damals schon ungeheuer. Hört man sein fast zehn Jahre später entstandenes Opus 1, seine Klaviertrios, wird einem bewusst, wo er hinwollte. Schon sein Opus 1 steht da als vollendetes Meisterwerk. Das können die Klavierquartette trotz allen Charmes nicht leisten.


    Noch einmal Dank an Ulli , dass ich die Gelegenheit nutzen durfte, in die Anfangszeit dieses Genies hineinzuhören.

  • Das Klavierquartett WoO 36 Nr. 1 war mir bislang gar nicht geläufig. Der 15jährige Beethoven klingt zunächst ganz wie Mozart, so dass man ihn mit Mozart verwechseln kann. Er komponiert - sehr schön - im empfindsamen Stil. Was auffällt, ist der sehr virtuose Klavierpart. Wenn man bedenkt, dass solche Kammermusik damals eher zum Spielen als zum Hören gedacht war, ist das schon sehr anspruchsvoll. Man merkt: Das hat ein Klaviervirtuose komponiert! Das Klavier spielt die erste Geige. 😄 (Bezeichnend heißen die späteren Sonaten "Sonate für Klavier und Violine" und nicht "Sonate für Violine und Klavier".) Beethoven als Beethoven erkennt man dann im scherzohaften schnellen Teil. Da gewahrt man das Energische, Beethovens schroffe Akzente und seine Eigenwilligkeit. Das hätte Mozart so nie komponieren können. Den Schluss bildet - bemerkenswert - ein Variationssatz. Beethoven hat eine große Affinität zur Variationsform und ist ihr großer Meister unter den Klassikern. Hier zeigt er sich gefällig und artig empfindsam - da ist noch nichts vom aufmüpfigen Humor der Eroica-Variationen zu spüren.


    Fazit: Beethoven auf dem Weg zur Selbstfindung, noch in den Fußstapfen Mozarts. Empfindsam, eingängig, gefällig. Schön zu hören. Aber auch noch nicht richtig "erwachsen". Jedenfalls eine interessante Entdeckung. :)

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  • Das hätte Mozart so nie komponieren können.

    Hm. Jein. Hast Du mal mit KV 379 verglichen? Das ist m. E. auch recht ähnlich rabiat-aufwühlend, ich würde die Sonate sogar als „Sturm und Drang“-orientiert einstufen.


    Fazit: Beethoven auf dem Weg zur Selbstfindung, noch in den Fußstapfen Mozarts

    Für „Mozarts Geist aus Haydns Händen“ war es zwar noch ein paar Minuten zu früh, aber irgendwie passt es schon hier. :S

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
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  • Hm. Jein. Hast Du mal mit KV 379 verglichen? Das ist m. E. auch recht ähnlich rabiat-aufwühlend, ich würde die Sonate sogar als „Sturm und Drang“-orientiert einstufen.

    Ohne Frage gibt es bei Mozart "Sturm und Drang". (Ich hatte nur nicht die Zeit, Mozart und Beethoven zu vergleichen.) Die Ähnlichkeit ist verblüffend. Wobei ich sagen muss, dass ich den wunderbaren 1. Satz von KV 379 reifer und tiefer finde als den 15jährigen Beethoven (reingehört habe ich bei ASM und Lambert Orkis). Weswegen das natürlich kein Vorwurf ist - für einen 15jährigen ist das erstaunlich! ;) Bei Mozart fällt auf, dass er im "Sturm und Drang"-Teil sehr viele Seufzermotive benutzt. Dadurch wird das Drängen sehr affektiv aufwühlend. Bei Beethoven fehlen diese Seufzermotive. Und weil sie fehlen, wirkt die Musik "gestischer" als Mozart, obwohl bei Mozart auch Gesten da sind. Oder anders ausgedrückt: Mozart ist rhetorischer, affektiver, Beethoven subjektiver, "Ich"-betonter.


    Mein Lieblings-Sturm-und-Drang-Stück bei Mozart (ich liebe diese Sonate :) ) ist das Presto aus der Klaviersonate KV 310 - hier gespielt von Emil Gilels in Salzburg (DGG) (das gibt es auch auf DVD aus Ossiach mit Bild und Ton):


    Mozart: Piano Sonata No. 8 in A minor, K.310: 3. Presto (Live)


    Schöne Grüße :hello:

    Holger

  • Sorry für die eintägige Verspätung, hier ist nunmehr meine Auswahl für ein neues Stück zur Diskussion.


    Wie zuvor bereits erwähnt handelt es sich um die Ouvertüre im italienischen Stil C-Dur DV 591 von Franz Schubert.


    Eine Aufnahme mit Partitur findet man hier:



    Warum habe ich dieses Stück ausgewählt? Erstens habe ich einen starken persönlichen Bezug zu ihm. Zweitens finde ich es recht erfrischend, uns diese Seite von Schubert in Erinnerung zu rufen. Fernab von der Bedeutungstiefe von Schuberts Spätwerk erleben wir ihn hier fröhlich mit geradezu Rossini-esker Musik.


    Ich werde diese Woche kaum dazu kommen, hier mitzudiskutieren, aber es gibt ja genug andere, die sich über dieses wunderbare Werk Schuberts austauschen können. Nächste Woche bin ich dann wieder vermehrt dabei. :)


    LG :hello:

    "Was Ihr Theaterleute Eure Tradition nennt, das ist Eure Bequemlichkeit und Schlamperei." Gustav Mahler

  • Dazu gerne ein paar Randnotizen:


    Komponiert 1817. Besetzung: 2 Flöten, 2 Oboen, 2 Clarinetten, 2 Fagotte, 2 Hörner, 2 Trompeten, 2 Pauken und Streicher. Schubert selbst schuf eine Bearbeitung für Clavier zu vier Händen, also clavierhändig (D 597), was die Wichtigkeit des Werkes für Schubert offenbar unterstreicht:



    Im Deutschverzeichnis erfährt man:


    Zitat

    In einem öffentlichen Konzert am 1. März 1818 in dem Saale „Zum Römischen Kaiser“ in Wien, veranstaltet durch den Geiger Eduard Jaëll, wurde eine „ganz neue Ouvertüre von Hrn. Franz Schubert“ aufgeführt, bei der es sich sicherlich um eine der beiden, 590 oder 591, gehandelt hat; dies war die erste öffentliche Aufführung eines Werkes von Schubert [...]

    Youtubet man zu „Schubert 597“, wird häufig der Schwanengesang (D 957) präsentiert; Zahlendreher. Auch die andere Variante 795 führt interessanter Weise zu einem Liederzyklus („schöne Müllerin“).


    Der Orchestereinwurf bei 4:29 kommt mir bekannt vor, hier ab 3:47. Wundern tut's mich nicht: zunächst als Ouvertüre zur „Zauberharfe“ D 644, später dann zu „Rosamunde“ D 797 wiederverwertet, die mir ehrlich noch ein wenig besser gefällt.


    Das ist lustiger Schubert, wie man ihn eher nicht kennt, schon wahr; dennoch schuberttypisch sind die unvermittelten Sprünge zur Mediante, also von C-Dur zu E-Dur (z.B. 3:17/18; noch deutlicher 5:46/47) sowie die Bässe in der Coda (z.B. 7:40ff), die schon ein wenig auf die „große C-Dur“-Sinfonie hindeuten.

    Cnusper, cnusper, cnasam, qui cnusperat meam casam?
    (Hexa dixit)

  • Danke für den Vorschlag! Ein Schubert-Werk, das ich sehr selten höre. Aber eher weil ich es nicht so auf dem Schirm habe. Ich finde es klanglich eine reizvolle Mischung aus Italianata a la Rossini und aus gewohntem Schubert-Klang. Besonders der schnelle Hauptteil ist der melodischen Erfindung nach schon sehr Rossini, finde ich.

    Allerdings möchte ich die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass diese Art von Italianata bei Schubert auch kein Einzelfall oder Kuriosum ist. Das Rossini-Fieber hat er mitbekommen und in einigen Sinfonie-Sätzen tritt Italianata offen zutage. Das Finale der 3. Sinfonie (Presto vivace) mischt Haydnschen Kehraus mit italienischen Klängen. Und im Finale der kurz nach unserer Ouvertüre entstandenen 6. Sinfonie D 589 ist es offenkundig. Der Satz hat eher Potpourri-Charakter als Rondo- bzw. Sonatenform und ist in Melodik und Begleitung offen italienisch geprägt. Auch hier hat Rossini zugeschlagen. 1817/1818 waren Höhepunkte des Rossini-Fiebers in Wien. Es war die Zeit von 'Il barbiere di Siviglia" (1816), "La cenerentola" (1817), "La gazza ladra" (1817) und "Mosè in Egitto" (1818). Rossini-Klassiker wohin das Auge blickt.

    Ich finde Schuberts Weg sich dazu zu verhalten reizvoll: Einerseits offene Reminiszenz in den beiden Ouvertüren und auch in der 6. Sinfonie, andererseits geht der Schubert-Ton nie ganz verloren

    Zu den Ouvertüren und auch dem Finale der 6. Sinfonie fragt Wolfgang Stähr in seinem Essay zur 6. Sinfonie: Möchte Schubert Rossini huldigen oder möchte er ihm selbstbewusst entgegentreten und sagen: "Was du kannst, kann ich schon lange" oder möchte er am Erfolg der Euphoriewelle teilhaben und seine italienischen Werke groß aufgeführt sehen? Wahrscheinlich alles...

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

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