Wenn der Mist überlebt - die überschätztesten Komponisten der Musikgeschichte

  • Lieber Raphael,

    Zitat

    Irgendwie fühle ich mich besonders von deinen Worten angepflaumt (ohne das persönlich übelzunehmen) und sehe mich daher im Zugzwang!


    ich habe Dich nicht angepflaumt.
    Du hast Deinen Standpunkt eingenommen und ich habe meinen eingenommen, das ist kein anpflaumen.


    Ich finde es ja auch prima, daß Du genauso wie ich ein großes Herz für vernachlässigte Komponisten und/oder Werke hast.


    Ich gebe Dir in Deinen Argumenten für ein häufigeres Aufführen unbekannterer Kompositionen recht.


    Nur gehört das m.E. in einen thread, der sich mit unterschätzten Komponisten auseinandersetzt.


    Hier ging es nur um Komponisten, welche der eine oder andere als überschätzt ansieht, und in diesem Sinne habe ich auf einige Beispiele reagiert.


    Gruß,
    Michael

  • Zitat

    Original von pbrixius


    Meines Erachtens sind Bach, Mozart und Beethoven bei weitem überschätzt ... Bevor nun jemand vom Glauben abfällt: ... als das, was sie in der heutigen Rezeption über ihre bewundernswerten Kompositionen hinaus darstellen. Aussagen wie "Bach hat kein schlechtes Werk geschrieben" (nicht nur Ulrich Schreiber verbreitet diese Mär), machen deutlich, dass unser Werturteil so an die genannten gebunden ist, dass wir ihnen gegenüber blind sind, so blind, dass wir ihnen vieles zuschreiben, was ihnen nicht gebührt. Auf der anderen Seite macht die ungestüme Genie-Verehrung uns vor allem blind vor dem Werk der vielen Zurückgesetzten, wie dem so schmerzlich unterschätzten Ritter Gluck, Komponisten wie Kraus, Weber und so vielen anderen.
    Liebe Grüße Peter


    Lieber Peter,


    vielen Dank für die klaren und wohltuenden Worte, v.a. in Bezug auf Werturteile. :yes:


    :hello:

  • Lieber Peter,

    Zitat

    Meines Erachtens sind Bach, Mozart und Beethoven bei weitem überschätzt ... Bevor nun jemand vom Glauben abfällt: ... als das, was sie in der heutigen Rezeption über ihre bewundernswerten Kompositionen hinaus darstellen. Aussagen wie "Bach hat kein schlechtes Werk geschrieben" (nicht nur Ulrich Schreiber verbreitet diese Mär), machen deutlich, dass unser Werturteil so an die genannten gebunden ist, dass wir ihnen gegenüber blind sind, so blind, dass wir ihnen vieles zuschreiben, was ihnen nicht gebührt.


    Es freut mich, daß es doch jemanden gibt, der den Sinn dieses Lästerthreads begriffen hat.
    1. Stufe: Drauflos Lästern
    2. Stufe: Überlegen, warum man wen lästert.
    3. Stufe: Überprüfen, ob die Lästerurteile in Bezug auf das Gesamtwerk oder nur in Bezug auf ein (zu viel gespieltes) Einzelwerk halten.
    4. Stufe: Relativierung des Gesamtschaffens eines Komponisten.
    Letzten Endes: Klareres Bild über einen Komponisten - den man immer noch ablehnen mag, jetzt aber mit Begründung.
    :hello:

    ...

  • Hallo,


    Ich denke Peter hat Recht indem die großen Komponisten allzu oft als unantastbare Halbgötter betrachtet werden an denen nicht im geringsten gerüttelt werden darf (manchmal traut man sich auch hier nicht zu offenbaren das man diesem und jenen Werk nichts abgewinnen kann weil dann gleich die
    jeweilige Anhängerschar angerauscht kommt um einem eins verbal über die Rübe zu ziehn ;) )


    Den hier erwähnten Mendelssohn sehe ich aber eher sogar als unter- wie überschätzt und mit dieser Meinung bin ich nicht alleine (hab ich schon des öfteren von manch Dirigenten, Mussikwissenschaftlern usw. gelesen bzw. gehört) Das er jetzt natürlich durchs Jubiläumsjahr besonders oft auf Spielplänen aufzufinden ist liegt wohl in der Natur eines solchen aber im Regelfall wird er
    eigentlich unter seinem Wert gehandelt indem man ihn nur als oberflächlichen
    Melodiker abstempelt und objektiv gesehn viel mehr an Substanz in vielen seiner Kompositionen steckt (vor allem einige seiner Chorwerke sowie mittlere bis späte Kammermusik) Bzgl. Epigone würde er auch als ein schlechtes Beispiel herhalten, er hat sich von Anfang an relativ wenig von dem damals äußerst beliebten Beethoven beeinflussen lassen...vor allem weil sein Kompositionslehrer C.F.Zelter seine Musik nicht mochte und mit ihm lieber Werke v. C.P.E.Bach, Haydn und dergleichen durchstudierte was ihn auch nachhaltig prägte und immer mehr auch zu seiner eigenen Stilistik fand.


    Ich finde hier wird jedenfalls zu leichtfertig mit dem Begriff "Mist" umgegangen - ich denke auch der von einigen hier bezeichnende Mist der bekannteren Komponisten ist noch allemal anhörbar wenn er natürlich auch nicht jedem gefällt. Welche Begriffe müßte man sich dann erst noch für manche einfältige Mainstreammusik im Popularbereich ausdenken? 8o
    (Ich will mich hier lieber nicht in irgendwelchen Superlativ-Gedankenspiele üben, das würde den Mods hier wahrscheinlich missfallen :D)Alles in Allem sehe ich es ähnlich wie Alfred - es gibt sicher viel mehr Komponisten die unterschätzt werden als umgekehrt.


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

  • Zitat

    Original von âme
    Den hier erwähnten Mendelssohn sehe ich aber eher sogar als unter- wie überschätzt und mit dieser Meinung bin ich nicht alleine (hab ich schon des öfteren von manch Dirigenten, Musikwissenschaftlern usw. gelesen bzw. gehört) Das er jetzt natürlich durchs Jubiläumsjahr besonders oft auf Spielplänen aufzufinden ist liegt wohl in der Natur eines solchen aber im Regelfall wird er
    eigentlich unter seinem Wert gehandelt indem man ihn nur als oberflächlichen
    Melodiker abstempelt und objektiv gesehn viel mehr an Substanz in vielen seiner Kompositionen steckt (vor allem einige seiner Chorwerke sowie mittlere bis späte Kammermusik)


    Sehe ich ähnlich, jedenfalls im Grundsatz. Mendelssohn wird eher unterschätzt. Wie Michael schon sagte, hatte er außerdem ziemlich erheblichen Einfluß auf andere klassizistische Romantiker, wie etwa Niels Gade.


    Zitat


    Bzgl. Epigone würde er auch als ein schlechtes Beispiel herhalten, er hat sich von Anfang an relativ wenig von dem damals äußerst beliebten Beethoven beeinflussen lassen...vor allem weil sein Kompositionslehrer C.F.Zelter seine Musik nicht mochte und mit ihm lieber Werke v. C.P.E.Bach, Haydn und dergleichen durchstudierte was ihn auch nachhaltig prägte und immer mehr auch zu seiner eigenen Stilistik fand.


    Er hatte sich mit 18 Jahren aber schon so weit von Zelter emanzipiert, daß er sich die kühnsten Werke Beethovens, nämlich die späten Quartette zum Vorbild für seine Quartette op.12 & 13 nahm, während noch auf Jahrzehnte viele Musiker diesen Werken völlig ratlos gegenüberstanden.


    Aber im Jubiläumsjahr sollte man Mendelssohn lieber in seinen Werken gewidmeten threads diskutieren.


    viele Grüße


    JR

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    (Bob Dylan)

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  • Zitat


    Sehe ich ähnlich, jedenfalls im Grundsatz. Mendelssohn wird eher unterschätzt. Wie Michael schon sagte, hatte er außerdem ziemlich erheblichen Einfluß auf andere klassizistische Romantiker, wie etwa Niels Gade.


    Welcher sich ja auch nicht gerade großer Bekannt- und Beliebtheit erfreut . Ich finde, die Leipziger Schule führt ein wenig ins Leere. Wo ist da die Zukunft, die Inspiration für wirklichen Fortschritt? Weder sind diese klassizistischen Romantiker progressiv, noch animieren sie zu Progression, oder? Kompositorisches Können und ästhetisches Empfinden spreche ich ihnen sehr gerne zu!!


    Raphael

  • Lieber Raphael,

    Zitat

    Ich finde, die Leipziger Schule führt ein wenig ins Leere.


    Aber übersieh' bitte nicht, wieviel Wagner von Mendelssohn gelernt hat. An Wagners Wiege stehen Mendelssohn, Marschner und Weber, erst dann kommt Meyerbeer, der, ebenso wie Bellini und Donizetti, ein Intermezzo bleibt.
    :hello:

    ...

  • Hmm...da ist was dran. Gut, ich gebe klein bei...^^
    Dieser Thread heißt ja auch "Wenn der MIST überlebt" - als MIST ist Mendelssohn wohl wirklich nicht zu bezeichnen...


    Vielleicht ist ein Thead "Die überschätztesten Werke" interessant, bzw sinnvoll, da jeder Komponist mal Hoch- wie Tiefpunkte hat. Hier muss man alles etwas über einen Kamm scheren und über den Daumen peilen, während man auf ein Werk bezogen sachgemäßer argumentieren kann! Nur eine Anregung - welche Werke ich nennen würde fällt mir spontan nicht ein! ;)


    Raphael

  • Zitat Edwin:
    ...
    "Aber übersieh' bitte nicht, wieviel Wagner von Mendelssohn gelernt hat. An Wagners Wiege stehen Mendelssohn, Marschner und Weber, erst dann kommt Meyerbeer, der, ebenso wie Bellini und Donizetti, ein Intermezzo bleibt."



    Hallo Edwin,


    ich verstehe Deine Argumentation, mache Sie mir aber in dieser (einseitigen) Stringenz nicht zu eigen. (siehe anderen Thread...)


    Du argumentierst aus der Position: Alles was zum kompositorischen Fortschritt beiträgt ist gut, der Rest ist nicht gut oder wie hier "überbewertet".


    Ich vermute, Du bewertest Weber, Mendelssohn-Bartholdy, Marschner usw. nicht allein aus der Sicht der "Wegbereiter" Wagners, von denen ansonsten nicht viel zu halten sei?


    Bis dann.

  • Zitat

    Im Vergleich dazu kann ich mir die Popularität der Metamorphosen kaum erklären - das ist musikgewordene, gepflegte Langeweile erster Güte. ... ist in meinen Ohren spannender als die blöden Weber-Metarmorphosen.


    - Selten so einen Käse gelesen ! Kann man wirklich nicht mehr erwarten ? -


    ?( Auf der einen Seite wirft der Schreiberling dieser unsinnigen Zeilen amfortas vor Debussy nicht zu verstehen, wenn dieser (in meinen Augen den Langweiler) Elgar als unterschätzt aufführt.
    :no: Auf der anderen Seite scheint er selber Hindemith nicht verstanden zu haben, wenn er die Metharmorphosen als blöd und als gepflegte Langeweile bezeichnet.


    ;( Ich kann nur vermuten das beim Schreiber eine schlechte Aufnahmen daran schuld ist, die bei ihm zur Verkennung dieses Meisterstückes geführt hat.



    *** Ich habe die Metharmorphosen erstmalig in den 80er-jahren LIVE in der Beethovenhalle Bonn kennengelernt - der Dirigent war Zdenek Macal.
    Das war ein erlebnisreiches und höchst spannendes Konzert an das ich gerne zurückdenke. Die Metharmorphosen und vieles andere habe ich mir umgehend auf LP in der TOP-Aufnahme mit Szell (CBS) besorgt und war fortan Hindemith - Fan.
    Was Macal an packender Rhythmik aus den 4Sätzen herausholte habe ich auf CD später nur mit Ormandy (EMI) und Bernstein (CBS/SONY und DG)wiedergehört.


    Achte doch mal besonders im 2.Satz Turandot-Scherzo, wie meisterlich die Themen verarbeitet und umgekehrt werden. Dabei fegen einem höchst spannend die Pauken um die Ohren. Das ist "erste Sahne" mit Spannung und Gänsehaut pur.


    :hello: Ein Werk das bei Dir zu unrecht unterschätzt ist !
    Ich hatte bei deinen Zeilen nicht den Eindruck, dass bei Dir Hindemith unterschätzt ist, aber eines seiner Hauptorchesterwerke hast Du unterschätzt.


    Überschätzt ist Hindemith als Komponist meines erachtens nirgenwo.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

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  • Lieber Keith,

    Zitat

    Du argumentierst aus der Position: Alles was zum kompositorischen Fortschritt beiträgt ist gut, der Rest ist nicht gut oder wie hier "überbewertet".


    Das ist etwas zu kurz gegriffen. Ein Beitrag zum musikalischen Fortschritt erzeugt nicht automatisch ein gutes Werk. Oder anders gesagt: Ein Werk kann für den musikalischen Fortschritt wichtig sein (weil es diverse Parameter einführt), ohne selbst ein gutes Werk zu sein.


    Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen. Messiaens "Mode de valeurs et d'intensités" ist eines der wichtigsten Werke der neueren Musikgeschichte, denn von ihm leitet sich die gesamte serielle Bewegung ab. Messiaen selbst hielt das Werk für ein Nebenwerk - und ich kann nicht umhin, ihm zuzustimmen. Rein musikalisch ist das eine erstaunlich trockene Etude. Nichts desto weniger kommt man, befaßt man sich mit der Musik des 20. Jahrhunderts, um dieses Werk nicht herum. Also: Wichtig, aber nicht gut.


    Anders gesagt: Der Fortschritt ist für mich ein wesentliches Kriterium, dass ein Komponist in der Musikgeschichte Aufnahme findet. Dieser Fortschritt ist aber kein Qualitätskriterium.
    Wobei der Fortschritt halbwegs objektivierbar ist, während die Frage der Qualität weitgehend subjektiv bleibt.
    Ich persönlich kann mit Mendelssohn beispielsweise absolut nichts anfangen; ebenso ergeht es mir übrigens mit Liszt. Dennoch kann ich nicht umhin, für beide Komponisten einen Fixplatz in der Musikgeschichte einzufordern, weil sie ihr wesentliche Facetten hinzugefügt haben.
    :hello:

    ...

  • Hallo teleton,
    so ganz unrecht hat Wulf in meinen Augen nicht. Die handwerklich gut gemachten "Metamorphosen" sind für mich ein aalglatter Reißer mit, das will ich nicht unterschlagen, einem Satz, den ich rückhaltlos bewundere - und zwar das "Turandot"-Scherzo. Das muß man komponieren können! Fabelhaft. Aber der Rest ist für mich Konfektionsware und als solche tatsächlich nicht sehr spannend.
    Wenn ich das nun etwa vergleiche mit der ungeheuren "Nobilissima Visione", diesen grandiosen "Symphonischen Tänzen", in denen, trotz klassizistischer Bändigung, noch das Feuer des Expressionismus lodert, oder der monumentalen Sinfonie in Es, nicht zu reden von der späten sehr verinnerlichten Messe oder der "Harmonie der Welt" (die Sinfonie gibt nur oberflächlich einen Eindruck von der Größe dieses Werks), dann, pardon, stinken die wohlfeilen "Metamorphosen" doch ab. Sozusagen sind sie die "Carmina burana" Hindemiths, aber nicht sein "Prometheus".
    :hello:

    ...

  • Hallo teleton,


    kein Grund gleich so aufgebracht zu sein. ;)


    Zunächst sei gesagt, daß ich die Metamorphosen im Konzert kennenlernte, vllt. war es das Turandot-Scherzo, ich weiß es nicht mehr, aber es gab auch eine "Metamorphose", die michzu begeistern wusste.
    Lag es nun am Konzert? Die Begeisterung der Leute, die Kritiken, mein Konzertparnter bescheinigten ein fabelhaftes Spiel und eine spannende Interpretation. Also versuchte ich Abbitte zu leisten und hörte mir damals das Werk noch einmal von CD an - ich glaube in der Int. unter Ormandy.
    Wieder nichts, bzw. kaum was. Es tut mir leid für dieses Werk, aber ich kannte Nobilissima Visione und die Pitsburgh Symphony zuvor, da konnten die Met. nicht mithalten, besodners im Vergl. zum erstgenannte Werk.


    Nun zu Deinem Vorwurf gegenüber meinem Vorwurf. Zunächst hat amfortas einen Komponisten mit einem anderen verglichen, ich habe lediglich Werke ein -und desselben Komponisten verglichen.


    ad Debussy: Wer die Werke La Mer und Jeux, wirkliche orchestrale Hauptwerke im Schaffen des Komponisten, die ihn auf der Höhe zweier Kompostionswelten zeigen - den noch dionysisch-impressionistischen Debussy möchte ich mal sagen und dem späten asketisch, zurückgenommenen, "ornamentbefreiten" Debussy - und das gleich setzt mit der Qualität von Elgars Orchesterwerken (die ja nicht die schlechtesten) sind, der hat IMO Debussy nicht vertsanden, v.a. wenn er versucht ein Werk wie Jeux nach Kriterien abzuklopfen, die dort nicht mehr greifen.


    ad Hindemith: Kurz: ich halte die Metamorphosen nicht für eines seiner Hautpwerke, wohl für eines seiner bekanntesten Orchesterwerke, aber wenn es danach ginge, müsste ich auch (ich übertreibe ein wenig) Beethovens Für Luise für ein Hauptwerk halten. Ich gehe mal davon aus, daß wir das beide nicht tun und Du auch nicht Sturm laufen wirst, lieber Wolfgang, wenn ich sagen würde, das sicher handwerklich gut gemachte nette Stückchen langweile mich eher. Warum? Ganz einfach, weil ich Beethoven "verstehen" kann auch ohne die Luise, die sicher nicht das opus summum Beethovens ist, in der der ganze Beethovensche Kompositionskosmos konzentriert zusammengefasst ist.
    Genauso empfinde ich das bei Hindemith: ein sicher gut gemachtes Werk, aber kein wirklich 100%iger Hindemith, kein Werk, bei dessen "Ablehnung" ich den Komponisten und sein Aussagen nicht verstehen würde.


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Lieber Wulf,
    sozusagen wäre es besser gewesen, er hätte Debussys "La mer" mit Elgars "Sea pictures" verglichen... :hahahaha: :hahahaha: :hahahaha:
    :hello:


    :D - gute Idee: müsste mir letztere mal wieder zu Gemüte nehmen, kann mich da an nichts erinnern (vielleicht habe ich die noch gar nicht gehört??)....


    :hello:

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  • Zitat


    ...
    Anders gesagt: Der Fortschritt ist für mich ein wesentliches Kriterium, dass ein Komponist in der Musikgeschichte Aufnahme findet. Dieser Fortschritt ist aber kein Qualitätskriterium.
    Wobei der Fortschritt halbwegs objektivierbar ist, während die Frage der Qualität weitgehend subjektiv bleibt.
    Ich persönlich kann mit Mendelssohn beispielsweise absolut nichts anfangen; ebenso ergeht es mir übrigens mit Liszt. Dennoch kann ich nicht umhin, für beide Komponisten einen Fixplatz in der Musikgeschichte einzufordern, weil sie ihr wesentliche Facetten hinzugefügt haben.
    :hello:


    Hallo Edwin,


    gegenüber einem anderen Thread hört sich dieses für mich wesentlich "kompromißbereiter bzw. milder" an...


    "...halbwegs objektivierbar...". Ja, aber nur für die Zeit, die wir kennen und dann nur "halbwegs". Was danach kommt wissen auch wir nicht. Vielleicht knüpft zukünftig doch noch jemand an Brahms an... (diesen mußte ich noch einmal anbringen...). ;)


    Ein Unterschied der Betrachtung seitens Dir und mir ist m. E. die Ausgangsposition: Du bist Komponist, ich nicht.


    Für positiv überbewertet bzw. überschätzt halte ich immer noch: G. Puccini. Sein Weg der Oper war ein Weg zum Musical und zu einer m. E. nicht guten Entwicklung der (italienischen) Gesangskunst. Ein Fortschritt, aber was für einer...!


    Interessant ist auch die Meinung Toscaninis über Puccini...z. B. im zuletzt ausgestrahlten Portrait über Toscanini bei Arte (spielerisch nachgestellte Szenen nach Tonbandaufnahmen). Obwohl Toscanini der "Puccini-Dirigent" seiner Zeit war, ist sein Urteil über ihn alles andere als positiv.


    Bis dann.

  • Zitat

    Original von keith63


    gegenüber einem anderen Thread hört sich dieses für mich wesentlich "kompromißbereiter bzw. milder" an...


    "...halbwegs objektivierbar...". Ja, aber nur für die Zeit, die wir kennen und dann nur "halbwegs". Was danach kommt wissen auch wir nicht. Vielleicht knüpft zukünftig doch noch jemand an Brahms an... (diesen mußte ich noch einmal anbringen...). ;)


    Es haben ja seinerzeit genügend angeknüpft. Genauso wie Mendelssohns Klassizismus Vorbild und Ausgangspunkt für eine ganze Reihe von jüngeren Komponisten gewesen ist, legte Brahms mehr oder minder den Stil für die "konservativen" oder die frühen Werke der in den 1860-70er Jahren geborenen Komponisten fest, z.B. Strauss (freilich nur die frühe Kammermusik, die Burleske oder das Violinkonzert), Zemlinsky, Schönberg, Reger und zig weniger bekannte. Oder auch Dvoraks oder Glasunow aus der älteren Generation. Quantitativ ist dieser Einfluß sehr viel deutlicher als etwa der von Bruckner, der eher eine Außenseiterrolle einnimmt, trotz seiner Schüler Rott und Mahler. Daß viele von den "Brahmsjüngern" in einer Zeit rapider Entwicklung wie dem Fin de siecle sehr bald darüber hinausgegangen sind und wir die, die das nicht taten, oft als wenig interessant ansehen, ist eine andere Sache.


    Und wie Edwin selbst einräumt muß man nochmal trennen zwischen musikhistorischem Einfluß und Qualität. Ich hätte z.B. keine Schwierigkeiten, zuzugestehen, daß Liszt historisch bedeutsamer sein könnte als Mendelssohn oder Brahms, ungeachtet des gerade Ausgeführten. Aber ich wäre dennoch der Ansicht, daß Mendelssohn bessere Werke hinterlassen hat als Liszt. Dito bei Brahms vs. Berlioz... ;)


    :hello:


    JR

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  • Hallo Johannes,


    dem stimme ich zu.


    ...aber ich meinte zukünftige Anknüpfungen, d. h. ab heute (Gegenwartsmusik bzw. früheste Vergangenheit)...Ich hätte gern von aktuellen Komponisten direkte Anknüpfungen an Brahms.


    Vielleicht kannst Du mir auf 'symphonischem Terrain' einige benennen?


    Bis dann.

  • Zitat

    Original von keith63
    ...aber ich meinte zukünftige Anknüpfungen, d. h. ab heute (Gegenwartsmusik bzw. früheste Vergangenheit)...Ich hätte gern von aktuellen Komponisten direkte Anknüpfungen an Brahms.


    Vielleicht kannst Du mir auf 'symphonischem Terrain' einige benennen?


    Ich kenne mich in zeitgenössischer Musik nicht aus. Zum einen fände ich es eher seltsam, wenn heute jemand an Brahms anknüpfen würde. Die zeitgenössischen Komponisten knüpfen ja auch nicht gerade an Verdi oder Bruckner an...
    Zum andern wird dann Anknüpfen manchmal sehr weit gefaßt. Daß Schönbergs Klavierkonzert aus den 1940ern manchmal Brahms-nah klingt, kann man noch nachvollziehen, auch wenn es vielen schwerfallen wird. Aber es wurde, glaube ich, auch das Horntrio von Ligeti (aus den 1980er Jahren) mit Brahms in Verbindung gebracht, nicht nur wegen des Horns. Aber das ist keine Verbindung, die sich ohne weiteres erschließt. :rolleyes:


    :hello:


    JR

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  • Kommt eben ganz darauf an, wie eng man den Fokus legt.


    Ernest Ansermet schrieb: Als eine meiner größten Befriedigungen als Interpret habe ich es empfunden, als nach einem Konzert in Berlin, in dessen Rahmen ich "Sederunt principles" von Perotin (in der ausgezeichneten Bearbeitung von Rudolf v. Ficker) und "Le martyre de Saint-Sebastiaen" dirigierte, ein Kritiker seine Besprechung mit dem Titel "Ruhmestaten der französischen MusiK" überschrieb und die gesamte Presse erklärte sie habe zwischen dem ersten und dem letzten der großen französischen Musiker eine Verwandtschaft festgestellt.


    :hello:
    Wulf

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    [,,,] fände ich es eher seltsam, wenn heute jemand an Brahms anknüpfen würde.


    Nun, ein Beispiel fällt mir dazu ein:


    Mauricio Kagel: Variationen ohne Fuge über "Variationen und Fuge" über ein Thema von Händel für Klavier op. 24 von Johannes Brahms (1861/62)


    Ist allerdings auch nicht mehr ganz zeitgenössisch (1971/72 entstanden)


    Ein bewußtes Anknüpfen an weiter zurückliegende Komponisten wäre auch der Neoklassizismus (z. B. Strawinsky, der in seinem Violinkonzert bewußt auf Bach zurückgreift).

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Aber es wurde, glaube ich, auch das Horntrio von Ligeti (aus den 1980er Jahren) mit Brahms in Verbindung gebracht, nicht nur wegen des Horns. Aber das ist keine Verbindung, die sich ohne weiteres erschließt. :rolleyes:


    Die Verbindung ist ja von Ligeti selbst hergestellt worden und sie ist mir auch immer plausibel erschienen - man vergleiche die beiden Lamenti (Brahms dritter Satz, Ligeti vierter Satz).


    Nicht umsonst wurde das Werk ja dann auch als Rollback angegriffen.



    Viele Grüße


    Bernd

  • Zitat

    Original von Zwielicht


    Die Verbindung ist ja von Ligeti selbst hergestellt worden und sie ist mir auch immer plausibel erschienen - man vergleiche die beiden Lamenti (Brahms dritter Satz, Ligeti vierter Satz).


    Ich muß gestehen, daß ich das Ligeti-Trio, wiewohl auf CD und schon gehört, nicht präsent habe. Die Verbindung drängt sich freilich allein durch die Besetzung schon auf. Aber das Stück klingt für den, der nicht einigermaßen mit Musik nach 1950 vertraut ist, erstmal nicht wie Brahms, oder?


    Zitat


    Nicht umsonst wurde das Werk ja dann auch als Rollback angegriffen.


    Was ist das eigentlich für ein furchtbares Wort? Zuerst dürfte es mir begegnet sein, als Wertkauf plötzlich Walmart hieß...


    :hello:


    JR

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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl


    Ich muß gestehen, daß ich das Ligeti-Trio, wiewohl auf CD und schon gehört, nicht präsent habe. Die Verbindung drängt sich freilich allein durch die Besetzung schon auf. Aber das Stück klingt für den, der nicht einigermaßen mit Musik nach 1950 vertraut ist, erstmal nicht wie Brahms, oder?


    Sicher nicht. Aber wenn man das Brahms-Horntrio im Ohr hat, drängt sich nicht nur durch Besetzung und Klanglichkeit eine gewisse Ähnlichkeit auf, sondern auch durch einige "romantische" Gesten. Wobei Autosuggestion da sicherlich eine Rolle spielt.



    Zitat

    Was ist das eigentlich für ein furchtbares Wort? Zuerst dürfte es mir begegnet sein, als Wertkauf plötzlich Walmart hieß...


    Ich kenne das als Klassiker der us-amerikanischen Außenpolitik im Kalten Krieg (Zurückdrängen des sowjetischen Einflusses). Der politische Begriff war auch im Deutschen nach meiner Erinnerung mindestens in den 70ern und 80ern so geläufig, dass man ihn gelegentlich im übertragenen (bzw. eigentlichen) Sinn eingesetzt hat (also so wie ich hier für Ligeti: "Zurückdrängen der Moderne", besser wäre wohl Neokonservatismus, Postmoderne o.ä. gewesen).



    Viele Grüße


    Bernd

  • Also ganz ehrlich - "Mist" mag zwar provokant gemeint sein, aber dennoch - ich finde den Titel einfach nur anmaßend...
    Im Allgemeinen läuft eh alles wieder auf Subjektivismus hinaus...
    Der Eine sagt, der ist schlecht und "begründet", der andere sagt, der andere ist schlecht, und "begründet"...


    Und im Endeffekt ist wieder alles von der subjektiven Seite aus gesehen...


    Um zur Threadfrage zu kommen:


    Ich denke nicht wirklich, dass es "überschätzte" Komponisten wirklich gibt.
    Verseht mich nicht falsch, es werden immer wieder gewisse Werke überschätzt und todgespielt (Nachtmusik, Mozart),
    und oft verstellen gewisse Werke auch die Sicht auf andere, obwohl sie nicht wirklich "besser" sind (Schöpfung, Haydn)...


    Auf alle Fälle habe ich noch nie einen Komponisten gehört (und es dürften mitlerweile so an die 200 sein), den ich als "schlecht", "Mist", "minderwertig" oder "überschätzt" bezeichnen würde.
    Wie immer appelliere ich an die Kunst, so objektiv wie nur möglich Musik zu hören, weil einem dann erst wirklich bewusst wird, wie groß der Bogen eigentlich ist, der alle Musik umspannt...


    Wenn ich hier die Beiträge lese, dann beruhen die Abneigungen meistens auf eine gewisse Beschränktheit.
    Soll heißen, jemand, der Musik vom Barock bis zur Klassik hört, empfindet Komponisten der Romantik und der Moderne als überschätzt...


    Ehrlich gesagt finde ich solche Kleingeistigkeiten blöd...
    Ich verstehe nicht, warum man sich nicht einfach hinsetzen, den Kopf frei machen, und die Musik einfach auf sich wirken lassen kann...
    Ich weiß nicht, aber ich habe noch keinen Komponisten gehört, von der Gotik über Renaissance und Barock, über Klassik und Romantik, bis hin zur Moderne, der mich nicht gefesselt hat...


    Es mag Werke geben, im Opus einzelner Komponisten, die schwächer sind, aber das ist dann auch schon alles.


    Den einzigen Komponisten, den ich für "überschätzt" halte, weil er heute für das Genre bekannt ist, das nicht sein bestes ist, ist Richard Strauss.
    Ich empfinde nämlich seine Orchesterwerke (Sinfonische Dichtungen, Lieder, Metamorphosen) wesentlich konzentrierter und nicht so aufgeplustert wie seine Opern...


    Aber, wie gesagt, ich empfinde ihn auch nicht als mies, oder gar schlecht.
    Trotzdem gibt es viele Werke von ihm, die mich fesseln...


    Im Allgemeinen lese ich auch viele Abneigungen gegen Liszt...
    Was ich überhaupt nicht verstehe...
    Er hat doch ein beeindruckendes Opus hinterlassen:
    Klavierwerke (h-moll-Sonate :thumbsup: ), "Totentanz", "Elisabeth" und "Christus", "Les Préludes", die beiden Sinfonien "Faust" und "Dante", die "Graner Messe" und die "Ungarische Krönungsmesse"...
    Also ich weiß nicht, aber Liszt hat was ursprüngliches, was wildes, was mit Feuer im Hintern, das mich bei jedem Hören mitreißt...


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

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  • Lieber Hammel,


    ich würde auch im Traum nicht auf die Idee kommen, die Opern von Richard Strauss als wenig wertvoll anzusehen.
    Die Erkennungsszene aus 'Elektra', der Schlussgesang aus 'Daphne' oder die Überreichnung der 'Silbernen Rose' gehören für meine Begriffe zum Schönsten, was jemals komponiert wurde.


    ;)


    Für mich ist liturgische Musik (Messen) ein Ärgernis, würde sie aber nicht mit dem Prädikat 'Mist' belegen, sondern gehe einfach auf Distanz.


    :angel:
    Mit freundlichen Grüßen

  • Ein gewagter Vergleich: ich esse Kutteln, eines der schwäbischen Nationalgerichte nicht, habe sogar eine gewisse Abneigung dagegen. Ich verstehe aber gut, dass Kutteln für viele ein Lieblingsgericht sind und ich freue mich sogar, wenn es Ihnen schmeckt. Manchmal erliege ich sogar der Versuchung und probiere wie in diesem Gasthaus die schwäbische Spezialität zubereitet wird.
    Sollten wir nicht so ähnlich mit Komponisten, Musikstücken und unserer Meinung widersprechenden Diskussionbeiträgen und Partnern umgehen?
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    Was sind Kutteln? Sind das geschnetzelte Kuheuter. Als ich in Marokko in Urlaub war, habe ich abgeschnitte behaarte Ziegenköpfe an den Ziegenbärten gebündelt auf dem Fleisch- und Gemüsemarkt gesehen. Die Fliegen hatten ihren Spass daran. Für die Eimischen ist gesottener Ziegenkopf möglicherweise ein Leckerbissen.


    Muss ich das respektieren und hochachten oder darf ich auch missbilligend weggehen. Wo kommen wir dahin, wenn wir uns jeden Unfug und kommentarlos einverleiben. Ich habe meine positive Meinung zu Richard Strauss gesagt ohne zu erwearten, dass alle anderen sie teilen und genau so erklärt, dass ich eine Abneigung gegen Halleluja-Musik habe. Es darf doch jeder wählen oder nicht. Im Prinzip lasse ich jedem Tierchen sein Pläsierchen, möchte aber bei der Wertschätzung schon differenzieren.


    :angel:
    Engelbert

  • Lieber Engelbert,


    Kutteln ist die küchensprachliche Bezeichnung für den gewöhnlich in Streifen gescnnittenen Vormagen des Kalbes oder meinst des Rindes. Kutteln gehören zu den Innerein. Sie werden dann gekocht und mit einer herzhaften, braunen Soße serviert. Bei uns so beliebt, dass es z. B. bei Festen Gulaschkanonen voll Kutteln gibt und ganze Legionen damit beglückt werden. Die meisten sind davon so angetan, dass sie Nachschlag wollen.
    Also auf ins Schwäbische zum Kuttelessen. :D
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus


    Ich habe fast 20 Jahre in Konstanz am Bodensee gewohnt, mich aber nie dazu verleiten lassen, Kutteln zu essen. Allein der Name hat mich abgeschreckt. Dagegen Schwäbischer Wurstsalat mit Zwiebelscheiben gibt es hier in Hamburg ebenfalls nicht und der hat mir gutgeschmeckt. Allein der Name ist schon schmackhaft. Genau so wenig den Gewürztraminer zum Trinken. Saumagen habe ich auch noch nie gegessen.


    Freundlichen Gruß
    :angel:
    Engelbert

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