Bruckner-Dirigenten - gestern und heute

  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Und ein "Bruckner-Dirigent" muß nicht notwendig eine Zyklus eingespielt haben (siehe meinen Einwand oben). Vor allem die älteren nicht (meine Güte, allein die Editionsfragen...).


    Wohl wahr, siehe zum Beispiel Carlo Maria Giulini, der für die Deutsche Grammophon nur die Sinfonien 7-9 aufgenommen hat (und früher die 2. und 9. für EMI). Des Weiteren existieren noch einige Live-Mittschnitte der Sinfonien 7-9.


    Manche Sinfonien Bruckners wird Giulini noch nicht einmal dirigiert haben. Ich weiß aus dem Gedächtnis zum Beispiel, daß er große Vorbehalte gegen die 5. Sinfonie hatte (aber leider nicht mehr, worin sie bestanden).


    Nichtsdestotrotz gilt Giulini als "Bruckner-Dirigent".


    Zitat

    Hatten wir hier eigentlich schon Bruno Walter bei den Brucknerdirigenten?


    Hier auf Seite 2...


    Bruno Walter hat für CBS (Heute: Sonymusic) die Sinfonien 4, 7 und 9 aufgenommen, es existieren zudem noch einige Live-Mitschnitte (siehe Amazon).


    Bei Bruno Walter muß man wissen, daß man die Stereo-Aufnahmen nicht zwingend mit den früheren Live-Aufnahmen vergleichen kann.
    1957 erlitt Bruno Walter einen Herzinfarkt, der musikalisch zur Folge hatte, daß Walters Tempi danach wesentlich langsamer wurden.


    Zum Vergleich:


    und


    1954: 17'35'', 16'59'', 08'58'' und 12'16''
    1961: 20'46'', 19'25'', 10'21'' und 13'53''


    Bei der 9. gibt es ähnliche Tempounterschiede. Ich habe mir eben gerade einen Live-Mitschnitt aus 1953 geordert, bei dem Walter für das Adagio keine 20 Minuten benötigt (bei seiner Studioaufnahme von 1959 sind es 23'17'').


    Anders als Norrington zum Beispiel (dessen Aufnahme der 7. Sinfonie Bruckners für mich im ersten Satz verhetzt klingt) verstand es Walter, schnelle Tempi mit Spannung zu füllen, sie organisch wirken zu lassen.
    Das Adagio der 7., bei dem Walter auch 1961 noch sehr zügig unterwegs war, hat "Größe" und "Wärme" und verdeutlicht Bruckners Trauer über den Tod Wagners erheblich mehr als bei manchem Dirigenten, der für das Adagio fünf bis zehn Minuten länger benötigt.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von Thomas Pape
    Ich komme gerade aus der Kölner Philharmonie, Markus Stenz hat B4 dirigiert. Es gibt in Köln die Möglichkeit, bei den Gürzenich-Konzerten sofort nach dem Konzert einen Mitschnitt (ungeschnitten latürnich) zu kaufen.


    Darum beneide ich euch Kölner. Sowas sollte es überall geben. Wäre technisch gewiß machbar (und sogar gewinnbringend).


    Darf ich fragen, wie teuer diese Mitschnitte dann sind?


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões


  • Aber gerne. Es gibt da unterschiedliche Preise, beginnend bei der Kopie auf einen mitgebrachten Stick (5 Euro). Die Regel ist eine Doppel-CD für 10 EURO, wenn man sie ins Programmheft packt. Für 12 EURO bekommt man sie in einer Jewel-Box.


    Mitschnitte sind allerdings aus urheberrechtlichen Gründen nur von den Gürzenich-Konzerten verfügbar. Die WDR-Konzerte werden ausgestrahlt und können mit dem virtuellen WDR-Radiorekorder aufgezeichnet werden.


    Bei dem gestrigen Konzert gab's dann auch nur den zweiten Teil als "Go-Live"-CD. Ein Mitschnitt des ersten Teils mit Lisa Batashvili war nicht möglich.


    Ob das Ganze gewinnbringend ist vermag ich nicht zu sagen; der technische Aufwand ist allerdings enorm.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Wer die ideale Bruckner-Interpretation sucht, sollte m.E. die schlechte Klangqualität der vierziger und frühen fünfziger Jahre akzeptieren und Furtwängler hören. Etwas Besseres gibt es meiner Meinung nach nicht. Dabei bin ich durchaus Bruckner-verwöhnt, habe sehr viele Aufnahmen anderer Dirigenten in meiner CD-Sammlung, von jeder Sinfonie (mit Ausnahme der "Nullten") zwischen 3 und 12 Versionen. Und ich habe seit meiner Teenager-Zeit immer wieder Luxus-Interpretationen live erleben dürfen: Klaus Tennstedt mit dem NDR-Sinfonieorchester, fast 15 Jahre lang Günter Wand mit dem NDR-Sinfonieorchester, Sir Georg Solti mit dem Chicago Symphony Orchestra, Bernard Haitink mit den Wiener Philharmonikern, Sir Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern. Besonders erwähnenswert ist die Interpretation der Achten durch Herbert Blomstedt, der bei den Berliner Philharmonikern für den erkrankten Nikolaus Harnoncourt sehr kurzfristig einsprang. Ganz toll war auch Haitink mit den Wiener Philharmonikern und ebenfalls der Achten im Konzerthaus Berlin. All das war gigantisch schön und beeindruckend. Aber Furtwänglers Klangzauber, diese Magie, die von jedem Ton bei ihm ausging, ist einfach eine Welt für sich. Irreal schön, Gänsehaut pur. Vielleicht seine größte Bruckner-Leistung ist die Achte in der 1949er Aufnahme:



    Eine "Desert Island"-CD (m.E. zu den 10 wichtigsten Orchester-CDs aller Zeiten gehörend).


    Einen Namen, der in diesem Thread ein wenig früher mal fiel, möchte ich aber auch gern aufgreifen: Heinz Wallberg. Anfang der 80er Jahre hörte ich im Norddeutschen Rundfunk eine Konzertübertragung, es gab als abschließendes Werk nach der Pause die 1. Sinfonie von Bruckner in der Linzer Fassung. Das haute mich so um, dass ich es kaum beschreiben kann. Der Dirigent war Heinz Wallberg. 2005 bekam ich ein ganz besonderes Geburtstagsgeschenk: eine CD, welche direkt von den Originalbändern des Norddeutschen Rundfunks kopiert wurde. Ein Mitschnitt dieser (nicht im Handel erhältlichen) damaligen Aufführung der Ersten mit Heinz Wallberg und dem NDR-Sinfonieorchester. Und ich war erneut begeistert. Solch eine Durchhörbarkeit der Stimmen, solch ein furioses Finale, solcher "drive", solch vor Kraft strotzendes Blech in den Tuttipassagen, solche entfesselten Paukenwirbel, solche in jedem Detail schlüssige Interpretation!


    Die einzige im Handel erhältliche CD mit Wallberg und einer Bruckner-Sinfonie, nämlich die Achte mit den Duisburger Sinfonikern

    haut mich demgegenüber nicht so sehr vom Hocker. Aber die Erste unter seiner Stabführung ist und bleibt ein wohlgehüteter Schatz in meiner Sammlung.


    Ein toller Bruckner-Dirigent - neben Furtwängler, Wand, Solti, Haitink, Chailly, Mrawinsky, Karajan, Horenstein, Blomstedt, Rattle, um nur ein paar wenige zu nennen - ist auch Klaus Tennstedt. Ich erfreue mich gerade heute abend an seiner Dritten mit dem Sinfonieorchester des BR

    Insbesondere das Finale geht mächtig los. Dicke Empfehlung!

    2 Mal editiert, zuletzt von Swjatoslaw ()

  • Hallo Swjatoslaw,


    die Furtwängler-Aufnahme ist auch bei Audite erschienen:


    Furtwängler überrascht durch einen ungewohnt "feurigen" Ansatz. Es ist in der Tat eine ausgesprochen gelungene Aufnahme.


    Deine Nennung von Tennstedt kann ich nur teilweise nachvollziehen bzw. unterstützen.


    Die von Dir angesprochene Aufnahme der 3. kenne ich nicht, habe aber durchaus gute Kritiken gelesen, so daß ich das "Versäumnis" wohl nachholen werde.
    Hingegen nenne ich folgende Doppel-CD mein Eingen:



    Die 4. wurde mit den Berliner Philharmonikern aufgenommen und klingt derart "fett", daß selbst Karajans plakativer "breiter Pinsel" bei der 4. unglaublich filigran erscheint.
    Für mich ist das eine langsame Fehlinterpretation (Spielzeit über 70 Minuten; 1881 Version, Haas)), die durch einen Beckenschlag im Finale noch "abgerundet" wird.


    Ein ganz anderes Kaliber wartet mit der 8. auf. Hier bevorzugt Tennstedt ein aufgerauhtes Klangbild und ausgesprochen flüssige Tempi. Das ist eine Einspielung, die ich gerne höre.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von Norbert
    Deine Nennung von Tennstedt kann ich nur teilweise nachvollziehen bzw. unterstützen.
    Die von Dir angesprochene Aufnahme der 3. kenne ich nicht, habe aber durchaus gute Kritiken gelesen, so daß ich das "Versäumnis" wohl nachholen werde.


    Ich verstehe das durchaus, Norbert. Von Tennstedt habe ich relativ wenig CDs, obwohl ich ihn in Hamburg von 1979 bis 1981 als Chefdirigent des NDR-Sinfonieorchesters regelmäßig live erlebte und eigentlich immer begeistert war. Seine (Studio-)Einspielungen gefielen mir im Vergleich zu seinen Konzerten aber schon damals nicht so gut. Ich bin auf diese Hänssler-CD mit dem am 4. November 1976 entstandenen Live-Mitschnitt der Dritten Bruckner mit Tennstedt und dem Sinfonieorchester des Bayerischen Rundfunks auch nur deswegen gestoßen, weil ich meinen Bestand der Dritten erweitern wollte. Vor dieser Anschaffung bestand er (nur) aus folgenden CDs:


    - Rafael Kubelik, SO des BR (rec. 1979)
    - Riccardo Chailly, RSO Berlin (rec. 5/1985)
    - Günter Wand, SO des NDR (rec. 1/1992)
    - Nikolaus Harnoncourt, Concertgebouworkest Amsterdam (rec. 12/1994)

    Weil ich neugierig auf mehr war, hörte ich mich bei jpc durch die dort verfügbaren Hörbeispiele aller möglichen Interpretationen hindurch: und blieb bei Tennstedt hängen. Das Finale war dort so großartig gespielt! Und ich kann, nachdem ich die CD angeschafft habe, bestätigen, dass auch der Rest sich lohnt.


    Mir ist völlig klar, dass Spielzeitenvergleiche immer ein wenig hinken. Aber trotzdem nenne ich mal die Werte von Tennstedt, Wand und Chailly. Alle verwenden die 3. Fassung von 1889, so dass man einigermaßen sinnvoll vergleichen kann (Harnoncourt legt hingegen die Fassung von 1877 zugrunde). Der Vergleich in Zahlen:


    1. Satz:
    Tennstedt 19:42
    Chailly 20:45
    Wand 20:55


    2. Satz:
    Wand 13:10
    Tennstedt 14:41
    Chailly 15:51


    3. Satz:
    Wand 6:44
    Tennstedt 6:51
    Chailly 7:03


    4. Satz:
    Tennstedt 10:55 (!)
    Chailly 12:23
    Wand 12:42


    Nach meinem subjektiven Eindruck hat - von den mir verfügbaren, immer noch zu wenigen - Einspielungen Tennstedt die beste Dritte vorgelegt, gefolgt von der sehr klangschönen Chailly-Aufnahme.


    Ich weiß nicht, ob es mir - gleichsam "urheberrechtlich" - gestattet ist, eine in einem anderen Thread genannte Meinung eines anderen Tamino-Mitglieds hier in diesem Thread zu zitieren? Falls nein, bitte ich die Moderation, diese Passage zu löschen. Agon hat in dem Thread "Was hört Ihr gerade?", in welchem ich gestern ebenfalls die Tennstedt-Aufnahme der Dritten erwähnte und lobte, folgendes geschrieben:


    Zitat

    Original von Agon
    Die von Dir gehörte Tennstedt-Aufnahme habe ich auch, und ich kann Dir nur beipflichten: eine Super-Aufnahme, spannend, dynamisch, orchestral 1A. Tennstedt holt mit seiner Emotionalität mal wieder alles aus einer Komposition heraus.
    Gruß,
    Agon


    Wie gesagt: ich hoffe, ich durfte das hier erwähnen und Agon ist mir deswegen nicht böse.


    Ein Zitat dieser Länge ist in jedem Falle zulässig - so der Autor genannt wird.
    MOD 0001 Alfred

    2 Mal editiert, zuletzt von Swjatoslaw ()

  • Hallo,


    bei den Bruckner-Dirigenten vermisse ich die Aufnahmen aus Berlin, Wien, Chicago und Cleveland mit Abbado, Barenboim und von Dohnanyi, keine exemplarischen Bruckner-Dirigenten, aber hervorragende Einzeleinspielungen.




    Grüße aus Burgdorf


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Die Mrawinsky-Einspielung der Neunten, live mitgeschnitten am 30. Januar 1980,

    ist hier schon mehrfach genannt worden:


    Zitat

    Original von Thomas Pape
    Bei den Russen sollte man übrigens die Herren Svetlanov ( B8 ) und Mrawinski ( B9 ) auf der Agenda haben. Allein die spezifische Art sowjetischer Orchester, mit dem Blech zu arbeiten ist ein Fazinosum besonderer Güte.


    Zitat

    Original von teleton
    Mrawinsky´s Bruckner 9 ist Klasse, hat Klasse, ich schätze diese Aufnahme hoch, weil er fern jeder Langeweile zupackend agiert. ;) Ein "Bruckner-Klang" im Sinne der Wiener Klassik ist das jedoch nicht.


    Unerwähnt blieb bisher aber Mrawinskys Aufführung der Achten, welche 1959 im Studio entstand und problemlos zu erwerben ist

    Demgegenüber ist der Mrawinsky-Live-Mitschnitt der Siebten aus dem Jahr 1967 nur noch zu Mondpreisen erhältlich.

    Ich finde diese Version der Siebten aber sehr spannend, wie ich überhaupt Mrawinsky (der bereits 1940 Bruckner zu dirigieren begann, was damals in der UdSSR eher unüblich war) für einen herausragenden Bruckner-Dirigenten halte.

    Einmal editiert, zuletzt von Swjatoslaw ()

  • 5194.jpg


    Takashi Asahina hat den kompletten Zyklus bei Exton eingespielt.
    Obwohl Bruckner Spezialist,fand er hier bisher noch keine Erwähnung,vielleicht weil er im fernen Japan lebt?
    Aber Suzukis Bach Einspielungen aus Japan sind hier ja auch nicht unbekannt.



    Jaap van Zweden ist dabei,für Exton einen weiteren Bruckner Zyklus aufzunehmen.

    mfG
    Michael

  • Zitat

    Original von Schneewittchen
    Takashi Asahina hat den kompletten Zyklus bei Exton eingespielt.
    Obwohl Bruckner Spezialist,fand er hier bisher noch keine Erwähnung,vielleicht weil er im fernen Japan lebt?


    lebte - asahina starb 2001. laut holger grintz gibt es 91 (!) offizielle bruckner-aufnahmen von ihm. auf john berkys bruckner-website finden sich allein 15 achte und 14 neunte.


    ich kenne jeweils nur eine achte und eine neunte, beide mit "seinem" osaka philharmonic. die interpretationen sind imo recht gut, sein ansatz ist eher von der "weihevollen natur", mit moderaten tempi und sehr emotional, weniger analytisch geprägt. man merkt sofort, dass hier einer arbeitet, der bruckner "versteht". ich höre beide aufnahmen immer wieder gerne.


    greetings, uhlmann

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  • Hallo liebe Forianer,


    ich habe heute Nacht schon mal einen längeren Beitrag geschrieben, der dann aber irgendwie im Orkus verschwand. Nun will ich es kürzer machen.
    Wenn ich Günter Wand (aus meiner Kenntnis) an die Spitze der verstorbenen Bruckner-Dirigenten setze, ist das wahrscheinlich kein so revolutionärer Tipp. Keiner hat meiner Ansicht nach so viele referenzwürdige Bruckneraufnahmen vorgelegt wie er, zumindest was die Stereo-Ära betrifft. Jochum hat nach meinen Informationen schon in der Mono-Zeit reichlich Bruckner eingespielt, er folgt in meiner Liste auch auf Platz zwei.
    Wands herausragende Leistung besteht m.E. darin, dass er in drei aufeinanderfolgenden zeitlichen und örtlichen Ebenen komplette oder weit fortgeschrittene Zyklen aufgenommen hat, wobei lediglich der erste in den 70er-Jahren mit dem Kölner RSO im Studio entstand und schon beim Erscheinen Referenzstatus erhielt und der zweite (80er, 90er Jahre in Hamburg mit dem NDR-RSO) und der dritte mit den Berliner Philharmonikern (in den 90er-Jahren-Jahrtausendwende) komplett aus Live-Aufnahmen entstanden. Hinzu kommen noch etliche Aufnahmen mit dem Deutschen Sinfonie-Orchester in Berlin, den Münchener Philharmonikern und dem Stuttgarter RSO. Im ganzen ist hervorzuheben, dass er ausschließlich Originalausgaben verwendete.
    Jochum hat sich große Teile seines Lebens mit Bruckner beschäftigt. Seine Mono-Aufnahmen kenne ich nicht, aber einige seiner Berliner Stereo-Aufnahmen (8., 9.) und den Zyklus mit der Staatskapelle Dresden, der mich, ähnlich wie bei Wand, durch seine große Geschlossenheit, den famosen Bläserklang und die Dynamik überzeugt.
    Drittens möchte in Celi nennen, der ja vor seinem Münchner Zyklus (mit der neuen Langsamkeit - Zen-Buddhismus - ???) schon einen Dreiviertelzyklus mit dem Stuttgarter RSO vorgelegt hat- sehr überzeugend.
    Über die noch lebenden Dirigenten werde ich zeitnah einen eigenen Beitrag schreiben. ich traue dem Braten nicht.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo, ihr Lieben,


    nun zu meinen drei Favoriten unter den lebenden Dirigenten.
    Auch da möchte ich mit einem beginnen, der schon 80 Jahre alt ist: Nikolaus Harnoncourt. Er hat ja, in einer guten Tradition stehend, lange gewartet, bis er sich Bruckner zuwandte; auch Karajan war schon in den 60ern, als er seinen Brucknerzyklus aufnahm, ebenso Günter Wand. Günter Wand hatte bis zu der Gesamtaufnahme mit dem Kölner RSO dei Fünfte Bruckner überhaupt noch nicht aufgenommen. Wie er sich selbst äußerte, habe er vor der Sinfonie stets großen Respekt gehabt.
    Von Hanrnoncourt können wir nur hoffen, dass er seinen Brucknerzyklus noch vollendet.
    Als Zweiten lebenden Dirigenten möchte ich Kent Nagano nennen, der bei SHMF 2002 für den kurz zuvor verstorbenen Günter Wand einsprang und eine ganz faszinerende 3. Sinfonie in der Urfassung vorlegte. 73 Minuten dauerte das Live-Konzert und zeigte, dass die Dritte auch in der Urfassung trotz der "Wagner"-Zitate ein ganzer Bruckner ist. Mittlerweile habe ich die 6. von ihm auch schon, über die man ähnlich Gutes sagen kann. Die 4. werde ich mir bald zulegen. Auch hier wollen wir hoffen, dass es so weiter geht.
    Als dritten schließlich möchte ich einen Dirigenten nennen, von dem ich gestern in der Essener Philharmonie eine phänomenale "Matthäuspassion" live erleben durfte: Philippe Herreweghe. Als ich heute nacht zum ersten Mal diesen Beitrag posten wollte, der jetzt im Orkus weilt, hatte ich Herreweghes Aufnahme von Bruckners 7. auf den Ohren. Welch eine mitreißende Codea im Kopfsatz und im Finale. Fortsetzung folgt?
    Ich will es hoffen.


    Liebe Grüße aus Rosendahl


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Hallo liebe Forianer,


    einen weiteren Dirigenten möchte ich hier ins Spiel bringen, dessen Gesamtaufnahme Bruckners ich seit ihrem Erscheinen in meiner Sammlung habe: Stanislaw Scrowaczewski, dem es in den 90er Jahren und Anfang des neuen Jahrtausends, aus dem eher unbekannten Sinfonieorchester des Saarländischen Rundfunks eine solche Leistung herauszuholen. Er lässt mit zügigem Tempo musizieren und der warme Klang der Streicher und vor allem der ausgezeichnete Klang der Blechbläser gefallen ungemein, erinnert an die ebenso ausgezeichnete Leistung der Blechbläser der Staatskapelle Dresden unter Eugen Jochums Gesamtaufnahme.
    Als Gesamtaufnahme gehört m.E. diese Einspielung mit in die erste Reihe, editorisch allemal, enthält sie doch nicht nur die "Nullte" in d-moll, sondern auch noch die sogenannte "Studiensymphonie" in f-moll (WAB 99) und zusätzlich die Ouvertüre in g-moll sowie das von Scrowaczewski arrangierte Adagio aus dem Streich-Quintett F-dur.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Durchaus erwähnenswert ist auch Daniel Barenboim, zumindest bei der 5. Symphonie. Diese Aufnahme von 1991 mit den Berliner Philharmonikern würde ich insgesamt als "sehr gut" einstufen. Der direkte Vergleich mit Karajan 1976 (selbes Orchester) zeigt dann auch die Unterschiede: Nicht so breit und pathetisch wie dieser, wobei ich im Direktvergleich dann doch Karajan vorziehen würde.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Hallo Joseph,


    auch wenn es viele nicht wahrhaben wollen - Barenboim sollte tatsächlich auch als Brucknerdirigent ernstgenommen werden ! das hast Du gut erkannt.


    Ich selber kenne seine neueren Aufnahmen mit den Berliner PH aus den 90er-Jahren nicht.
    ** Aber seine erste GA entstand mit dem Chicago SO (DG, 1974-1981, ADD/DDD).
    Daraus kenne ich einige Aufnahmen die wirklich aufhorchen ließen. Insgesamt aber recht uneinheitlich - die frühen Sinfonien lagen ihm in dem Zyklus besser. Die Fünfte war mittelmäßig bis gut.
    Hervorzuheben ist die wahnsinnig gute Klangtechnik der DG mit dem Chicago SO (immer 9-10) bei dieser GA.


    ;):yes: Ich hatte mich dann damals in den 80ern für den CD-Kauf aber dann doch für die Karajan-Aufnahmen (DG) entschieden. :] Die geben mir bis heute doch mehr als viele Andere --- und die Fünfte mit Karamalz ..... whow - that´s Bruckner !

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich war offengestanden entsetzt, als ich im Oktober 2009 die Bruckner Besprechung über Volkmar Andreae ( der trotz seines für meine Begriffe recht raschen Tempos, den großen Bogen findet ) im Fono Forum, geschrieben von Werner Pfister gelesen hatte, weil dort im Vergleich nur auf die Aufnahmen der Dirigenten Herbert von Karajan, Giuseppe Sinopoli, Bernhard Haitink, Daniel Barenboim und Günter Wand verwiesen wurde.
    Gewiß Günther Wand und Daniel Barenboim zu Vergleichszwecken heranzuziehen war für mich noch nachvollziehbar, aber Herbert von Karajan, Bernhard Haitink und Giuseppe Sinopoli, das käme ja nach meinem dafürhalten einer Diskussion nach dem besten Lohengrininterpreten geführt nur mit den Sängern Kollo, Hofmann und Seiffert gleich.
    Genauso gut hätte man hier auch noch die Namen Oswald Kabasta und Roberto Paternostro heran ziehen können, die mich beide nicht überzeugen, obwohl ich der Meinung bin, ersteren sollte man gehört haben, letzteren muß man nicht unbedingt kennen.
    Ich habe bei der Musik Bruckners verstärkt den Eindruck, wer seinen Wagner nicht gut dirigiert , der versagt nach meinem dafürhalten auch bei Bruckner.
    Bestes Beispiel hierfür sind Otto Klemperer, Wilhelm Furtwängler, Bruno Walter, Hans Knappertsbusch, Jascha Horenstein, Hermann Abendroth, Reginald Goodal, sie alle waren begnadete Wagnerdirigenten und sind gleiches auch im Brucknerfach.
    Bei Daniel Barenboim muß ich noch einmal konzentriert reinhören bevor ich mir hier ein Urteil erlaube.
    Weniger um- bzw. mitgerissen hat mich die Brucknerbox unter der Leitung Sir Georg Soltis.
    Ich bevorzuge ich hier zu dem noch Carlo Maria Giulini, Günter Wand und Hans Georg Jochum
    Die ersten Brucknerschritte begannen mit den beiden Eugen Jochum-Boxen, nachdem ich aber Sergiu Celibidache ( zuerst die EMI dann die DG ) gehört hatte, fand ich diese eher unbefriedigend bzw. verglichen mit letztgenannten ein wenig oberflächlich und ich schließe hier die bei Tahra ( die Rede ist von Eugen Jochum ) veröffentlichten Aufnahmen mit ein.
    Daher ist für mich der überzeugendste Brucknerdirigent eindeutig Sergiu Celibidache.
    Und so sehr ich Carl Schuricht auch schätze, aber bitte nicht bei Bruckner bzw. Wagner hier ist er mir entschieden zu schnell.
    Eliahu Inbal muß ich offen bekennen empfinde ich ebenso weniger prickelnd wie Dennis Russel Davies ( im Brucknerfach wohlgemerkt ).
    Bruckners 5. mit Thielemann muß ich bekennen ließ mich auch aufhorchen, aber auch Yannick Nezet-Seguin erweckte mein Interesse, hier möchte ich gern mehr hören.

  • Zitat

    Original von Sven Godenrath

    Genauso gut hätte man hier auch noch die Namen Oswald Kabasta und Roberto Paternostro heran ziehen können, die mich beide nicht überzeugen, obwohl ich der Meinung bin, ersteren sollte man gehört haben, letzteren muß man nicht unbedingt kennen.
    Ich habe bei der Musik Bruckners verstärkt den Eindruck, wer seinen Wagner nicht gut dirigiert , der versagt nach meinem dafürhalten auch bei Bruckner.
    .


    Lieber Sven
    Ich lese Deine Beitraege gerne....und bin doch des oefteren erschrocken.
    Du hast es bei Deinen profunden Kenntnissen doch gar nicht noetig (wie Herr Pfister ueber Andreae) Dich zu verallgemeinernden Aussagen hinreissen zu lassen.


    Beispiel PATERNOSTRO: Wie kommst Du dazu zu sagen >> wer seinen Wagner nicht gut dirigiert, der versagt (!!)...bei Bruckner????


    Ich habe zwischen 1996 und 2000 ca ein gutes Dutzend Auffuehrungen der einzelnen RING-Teile in Kassel unter Paternostro gehoert. Meines Erachtens ist er ein hervorragender WAGNER-Dirigent....BRUCKNER kenne ich noch nicht von ihm.


    Koenntest Du bitte so freundlich sein und Deine These ueber Paternostro etwas nachvollziehbar begruenden. ??? Ich bitte darum.



    Gruss,,,,,,,,,,"Titan"

  • Zitat

    Original von Sven Godenrath
    .
    Genauso gut hätte man hier auch noch die Namen Oswald Kabasta und Roberto Paternostro heran ziehen können, die mich beide nicht überzeugen, obwohl ich der Meinung bin, ersteren sollte man gehört haben, letzteren muß man nicht unbedingt kennen.
    Ich habe bei der Musik Bruckners verstärkt den Eindruck, wer seinen Wagner nicht gut dirigiert , der versagt nach meinem dafürhalten auch bei Bruckner.
    Bestes Beispiel hierfür sind Otto Klemperer, Wilhelm Furtwängler, Bruno Walter, Hans Knappertsbusch, Jascha Horenstein, Hermann Abendroth, Reginald Goodal, sie alle waren begnadete Wagnerdirigenten und sind gleiches auch im Brucknerfach.



    Lieber Sven


    Sogar im Urlaub, in Illinois und Missouri, am schönen (aber) "muddiy Missisippi"
    läßt mich Dein Artikel nicht los. Deshalb möchte ich Dich nochmals freundlich bitten, auf meine Frage einzugehen, die ich gestern formuliert habe. Es ging um den Qualitäts-Zusammenhang betreffs der Dirigierkunst.....wobei Du eine Handvoll Dirigenten angibst, die gute WAGNER - Dirigenten sind und folglich auch bei Bruckner für gute Interpretationen zuverlässig seien.
    Wie kommst Du dazu so unterschiedliche Dirigenten (wie die oben zitierten)
    als >>begandete Wagner - Dirigenten << über einen Kamm zu scheren, ohne zumindestens ansatzweise zu argumentieren, ein paar Details zu nennen ???? (von der Verknüpfung zu Bruckner, die eine sicherlich interessante HYPOTHESE ist -aber auch nicht mehr) mal ganz abgesehen)


    Meine Bitte um Aufklärung bezieht sich vorallem auf die gemachte Verknüpfung bezüglich der Dirigierkunst auf Robert Paternostro.


    Danke im Voraus...................und Gruesse von "Titan"

  • Lieber Titan!


    Ich habe mit keinen einzigen Worte erwähnt, das Roberto Paternostro kein guter Wagnerdirigent ist.
    Ich wies lediglich daraufhin, das ich die Argumentation von Herr Pfister angesichts seiner Auslassungen mehr als nur etwas fragwürdig finde.
    Zumal er für mein Dafürhalten alle entscheidenden Brucknerdirigenten und ich stehe mit dieser Meinung glücklicherweise nicht alleine da, ignoriert hat.
    Daher meine Erwähnung der Namen Kabasta und Paternostro, die beim besten Willen wohl nicht als wegweisend in Sachen Bruckner angesehen werden können.
    Natürlich bin ich auch mit der Walküre, dem Siegfried und der Götterdämmerung unter Roberto Paternostro vertraut. Das Rheingold ist meines Wissens leider noch nicht erschienen.
    Ich habe auch nicht geschrieben das Roberto Paternostro ein schlechter Bruckner Dirigent ist.
    Ich habe lediglich geäußert, das er mich nicht überzeugt, insbesondere was die Symphonien 7-9 anbelangen, dort geht er mir einfach zu wenig in die Tiefe, sie berühren mich einfach nicht, ich habe das Gefühl hier wird einfach so durch die Musik hindruchgegangen, nicht wie er sie fühlt, sondern wie er es gelesen und gelernt hat.
    Seine Ringmitschnitte finde ich angesichts der doch sehr großen Auswahl, Moralt, Keilberth, Knappertsbusch, Krauss, Stiedry, Furwängler auch nicht gerade so überwältigend von der Orchestralenaussdeutung her.
    Er rangiert hier für mich auf dem selben Niveau wie Lothar Zagrosek und Hans Swarovsky, die natürlich nicht schlecht sind, die mich aber auch nicht so überzeugt haben.
    Vieles hätte auch etwas mitreißender klingen können.
    Der Kommentar über gute Wagnerdirigenten bezog sich auf die unten erwähnten, Klemperer, Knappertsbusch, Furtwängler, Walter, Horenstein, Abendroth, Goodal, die ich im Wagner , wie auch im Brucknerfach als exemplarisch hinstellen möchte.
    Desweiteren fügte ich noch die Namen Celibidache, Hans Georg Jochum und Carlo Maria Giulini an, als zweite Gruppe von begnadeten Brucknerdirigenten von denen meines Wissens bis heute noch keine Wagenropern erschienen sind, mit denen aber zum Teil Wagnervorspiele veröffentlicht worden sind, die ich aber deswegen nicht als Wagnerdirigenten bezeichnen möchte und daher separat abgehandelt habe.
    Bei diesen Dirigenten stimmt der große Bogen, hier stimmt das Timing, hier ist der Klang bei jedem ein ganz spezieller, ein individueller nichts klingt als ob man es schon 1000 mal gehört hätte.
    Hier schwingt noch " ein großer Geist" mit, etwas was mir bei vielen technisch hochgerüsteten Aufnahmen die teilweise schnippselweise entstanden sind fehlt, sie klingen für mich Tot.
    Vielleicht auch hier der Grund warum ich viele moderne Aufnahmen, sofern es sich nicht um richtige Mitschnitte handelt allesamt sterbenslangweilig finde.
    Bei vielen vermittelt sich mir das Gefühl hier wurde weniger an die Musik, an das Werk, sondern in erster Linie an den Geldbeutel gedacht.
    Es ist aber auch die große Kraft die diese Dirigenten gerade was die Musik Bruckners anbelangt vermitteln können.
    Natürlich bin ich nicht mit allen Brucknerinterpretationen der letzten 100 Jahren vertraut, so mußte ich mich auf die beschränken, die mir bekannt sind und habe daraufhin meine Argumentationskette aufgebaut.
    Und mir ist beim besten Willen leider nicht ein einziger Dirigent bekannt, der mich zwar bei Wagner überzeugte, bei Bruckner hingegen nicht und umgekehrt.
    Wie ist das denn bei dir?


    Gruß


    Sven

  • Guten Tag allerseits!


    Meine Bruckner-Aufnahmen werden von Jochum, Wand und Barenboim dirigiert.


    Von einem guten Freund habe ich mir die Naxos-Box ausgeliehen - die Kenner wissen jetzt, wer die Sinfonien leitet: Georg Tintner.


    Ich muß sagen, daß mir Tintners Einspielungen sehr gut gefallen. Leider fehlt der Box das Beiheft, mein Freund hat es verloren. Ich erfuhr allerdings, daß der Dirigent zu jeder Sinfonie eine kleine Einführung gibt - klein, wie bei Naxos ja üblich. Und seine Interpretationen beruhen - auch das sagte man mir - auf den "Urfassungen" Bruckners


    Ich habe versucht, näheres über den Dirigenten aus dem Internet zu erfahren, aber da ist leider nicht viel. Selbst die Wikipedia begnügt sich mit einem Kurz-Lebenslauf und den einzelnen Karrierestationen. Erschüttert war ich über folgenden Hinweis:


    Zitat

    Einem Internet-Beitrag entnommen:
    Im Alter von 82 Jahren springt Georg Tintner 1999 vom Balkon seines Appertments in Halifax (11. Stock) in den Tod. Er hatte Krebs. Seine Frau Tanya sagte in einem Interview über Tintners Tod: „He'd had cancer for some time and been in a lot of pain. While he could still make music, he kept going. He realized he couldn't give anymore, so he took what was, to him, the honourable way out.


    Die Bruckner-Aufnahmen lassen zumindest auf einen sehr guten Dirigenten schließen - der hierzulande nicht bekannt war. Bis zu diesem "Kennenlernen" hatte ich den Namen noch nie gehört.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ich habe mit Georg Tintner Bruckners Vierte und Sechste. Bin auch zufrieden, es sind meine einzigen Aufnahmen mit dem Royal Scottish National Orchestra.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Hi


    Georg Tintner war mit Sicherheit DIE Bruckner-Entdeckung auf CD der 90er-Jahre. Er spielte Bruckner ähnlich wie Celibidache, nur ohne Hokuspokus. ;)


    Über ihn findet sich etwas mehr auf der NAXOS-Homepage, wie es dort auch die Beschreibungen zu den Bruckner-Symphonien gibt. Neben der Bruckner-Box gab es auch eine Tintner-Edition, die es noch fast vollständig als Einzel-CDs zu erwerben gibt.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von musikwanderer


    Ich muß sagen, daß mir Tintners Einspielungen sehr gut gefallen. Leider fehlt der Box das Beiheft, mein Freund hat es verloren. Ich erfuhr allerdings, daß der Dirigent zu jeder Sinfonie eine kleine Einführung gibt - klein, wie bei Naxos ja üblich. Und seine Interpretationen beruhen - auch das sagte man mir - auf den "Urfassungen" Bruckners


    Das ist leider nicht ganz korrekt. Lobenswert ist in der Tat, daß Tintner bei der 3. und 8. Sinfonie die "Urfassung" dirigierte, allerdings nicht bei der 4., der "Romantischen". Hier spielte Tintner, warum auch immer, die "gängige Version" von 1878/80 und nicht die "Urfassung" von 1874.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Bei den begnadeten Wagner bzw. Bruckner Dirigenten muß ich zu meiner Schande gestehen. das ich Rudolf Kempe unterschlagen habe.
    Ich bitte hierfür nachträglich, nicht wie es bei der Bahn üblich ist um Verständnis angesichts der vielen guten Aufnahmen, sondern um Entschuldigung.
    Gestern habe ich mir übrigens die 7. unter Mariss Jansons Live gekauft, bei dem neuen Live Hochpreislabel, natürlich nicht zum Originalpreis und war offengestanden schockiert.
    Für meine Ohren hat es Herr Jansons tatsächlich geschafft aus dieser Sinfonie Filmmusik zu machen, so eingeebnet klang diese.
    Frage: Geht es anderen genauso, oder bin ich hier vielleicht zu kritisch?

  • Zitat

    Werner Pfister gelesen hatte, weil dort im Vergleich nur auf die Aufnahmen der Dirigenten Herbert von Karajan, Giuseppe Sinopoli, Bernhard Haitink, Daniel Barenboim und Günter Wand verwiesen wurde.


    Was soll der arme Herr Pfister machen?
    Zumal er sich irrt! Barenboim mit Bruckner geht m.E. gar nicht und Sinpoli sowieso nicht! Und Karajan konnte seinen Bruckner (Schon 1957 mit der 8. bei EMI!!) und Haitink kann es immer noch!

    Zitat

    Ich habe bei der Musik Bruckners verstärkt den Eindruck, wer seinen Wagner nicht gut dirigiert , der versagt nach meinem dafürhalten auch bei Bruckner.


    Das könnte man so sehen, aber das verkleinert Bruckners Bedeutung unnötig und die Aussage stimmt sowieso nicht!
    Denn Celibidache konnte Wagner gar nicht, weil er keine Opern konnte und wollte! Einfach nur ein paar Orchesterstücke zu dirigieren, das geht nun wirklich nicht!
    Und ob Wand Wagner konnte, sei dahingestellt.
    Knapperstbusch dirigierte die falschen Partituren und das noch schlampig und und und..
    Also der Zusammenhang will sich mir nur insofern einstellen als das ich folgende These durchgehen lassen würde: Wer ein großer Dirigent ist oder war, der wird/wurde sowohl mit Wagner als auch Bruckner fertig.

    Zitat

    und Hans Georg Jochum

    Wer soll das sein, doch nicht etwa Eugen Jochum??

    Zitat

    Daher ist für mich der überzeugendste Brucknerdirigent eindeutig Sergiu Celibidache.


    OK. Einwände siehe oben! (Wagner) Da trittst Du Dir selbst aufs Argument.


    Ich behaupte: Bruckner schnell bzw. flüssig zu spielen ist eine Kunst, ihn langsam zu spielen überhaupt keine!
    Das Wichtigste ist, dass die Form gewahrt bleibt. Siehe Klemp oder Schuricht, Andreae oder Walter oder Hvk oder Wand oder Dohnanyi oder Gielen oder oder oder....meinswegen auch Fu!

    Ich finde zudem, dass der ewig wiederkehrende konstruierte Zusammenhang Bruckner-Wagner, ein Zusammenhang, der Bruckner (un)absichtlich abwertet, schon vor mehr als 100 Jahren von Eduard Hanslick aufgelegt, nun wirklich nicht mehr angebracht ist.


    Zumal ich persönlich Wagner wirklich nur in homöopathischen Dosen ertragen kann. Bruckner aber stundenlang.
    Gruß S.

  • Zitat

    Original von s.bummer

    Wer soll das sein, doch nicht etwa Eugen Jochum??


    .Gruß S.


    Hallo s.bummer


    Gemeint ist der juengere Bruder von Eugen Jochum
    Georg-Ludwig JOCHUM.
    Ich halte ihn für den besseren Bruckner-Dirigenten der JOCHUMs


    Es gab vor einigen Wochen einige für mich neue Informationen ueber die "braune Vergangenheit" von G-L. Jochum, die mir nicht bekannt waren
    Den Link über den juengeren Jochum hatte ich meinem Artikel anbeigefügt.



    Liebe Gruesse nach Kiel............."Titan"

  • Asche auf mein Haupt, ich meinte natürlich auch Georg Ludwig Jochum, ein Gedächnisfehler, ich könnte im Erdboden versinken.
    Aber das hier im Zusammenhang Bruckner - Wagner die Bedeutung Bruckners verkleinert wird, dem kann ich überhaupt nicht zustimmen, dafür schätze ich seine Sinfonien viel zu hoch ein, natürlich nur wenn sie gut ausgedeutet werden.

  • Zitat

    Original von Sven Godenrath
    Ich war offengestanden entsetzt, als ich im Oktober 2009 die Bruckner Besprechung über Volkmar Andreae ( der trotz seines für meine Begriffe recht raschen Tempos, den großen Bogen findet ) im Fono Forum, geschrieben von Werner Pfister gelesen hatte, weil dort im Vergleich nur auf die Aufnahmen der Dirigenten Herbert von Karajan, Giuseppe Sinopoli, Bernhard Haitink, Daniel Barenboim und Günter Wand verwiesen wurde.
    ...


    Ich finde dein "Entsetzen" etwas übertrieben. Es ging um die Besprechung der Andreae-Box und um keine vergleichende Diskographie-Übersicht. Pfister hat doch lediglich einige Aufnahmen für einen Zeitenvergleich ausgewählt, um dem Leser ein Gefühl für Andreaes doch deutlich anderen musikalischen Ansatz zu geben. Dieser Vergleich wäre mit beliebigen anderen heute gängigen Einspielungen sehr ähnlich ausgefallen.


    Außerdem hat Pfister der Andreae-Box ohnehin die Höchstwertung gegeben. Mit dem expliziten Hinweis, dass der Hörer bereit sein muss, sich mit einer dem aktuellen "Langsam ist schön"-Ideal diametral entgegengesetzten Bruckner-Sicht auseinander zu setzen. Ich sehe in dieser Rezension keinen Fehler...


    ;)

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Mehr und mehr sehe ich in Eugen Jochum neben Karajan meinen persönlichen Favoriten.


    Zurecht benennt Raymond Clarke als die drei Referenzaufnahmen der Fünften von Bruckner Jochums allerletzte Aufnahme, Karajans Studioaufnahme aus den 70ern und Celibidache. Karajans Aufnahme wäre fast perfekt, wäre er nicht ein wenig zu schnell für meinen Geschmack. Celibidache und vor allem Jochum kosten das Adagio und das Finale völlig aus.


    Daß vielen hier Jochum als überholt und zu weihevoll-katholisch gilt, kann ich zwar verstehen, aber nicht nachvollziehen.


    Aufnahmen des jüngeren Jochum sind leider allesamt gestrichen und nicht mal mehr antiquarisch zu erhalten. Könnte mir jemand, der sie kennt, sagen, ob er in der Fünften die Blechbläser-Verstärkung in der Coda des Finale einsetzt? Die Aufnahme müßte von 1944 sein.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die Einstudierung samt Interpretation von Bruckner Sinfonien habe ich bisher sehr gerne mit Herrn Jochum seinen Einspielungen vorgenommen.
    Bei Wand bin ich bereits bei zwei Sinfonien (5 und 7) an Grenzen gekommen. Hier hat mir gerade in der 5. Sinfonie der Aufbau des Scherzos nicht zugesagt. Klang alles sehr gleich. Den Noten abhold, aber keine Spannung bzw. Steigerung ersichtlich.
    Die 5. konnte ich bereits dieses Jahr live von Bernard Haitink dirigiert in der Münchner Gasteig hören. Hier hat mir besonders der vierte Satz durch die absolute Ausarbeitung aller auftretenden Themen der ganzen Sinfonie beeindruckt. Dies ist nicht einmal bei Jochum so stark in den Vordergrund gekommen.


    Jochum hat für mich persönlich den Geist und die intensive Religiösität von Bruckner mit seiner ganzen Orchester"registrierung" erkannt und setzte diese auch souverän um.


    Übermorgen kann ich mir ebenfalls live ein Bild von Kent Nagano seiner Interpretationsweise machen. In der Basilika von Ottobeuren erklingt die 7. Sinfonie von Bruckner und Schubert seine "unvollendete".


    Es grüßt,
    Andrea

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