Der Dirigent Wilhelm Furtwängler - unvergänglich?

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Ich hatte irgendwo an anderem Ort schon erwähnt, daß ich die Aufnahme des Fünften Brandenburgischen Konzerts aus Salzburg mit Furtwängler am Klavier für sehr sehr empfehlenswert halte.


    Ah, prima, danke für die Rückmeldung! Hatte ich schon ganz vergessen. Dann werde ich wohl tatsächlich zugreifen…


    Ist die Orfeo-CD eventuell klanglich etwas besser aufbereitet als die von EMI?


    Gruß, Cosima


  • Ich habe beide Aufnahmen (Die EMI-Box könnte ich somit verschenken/Verkaufen...) - die Klangqualität scheint mir gleich gut zu sein.

  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Ich habe beide Aufnahmen (Die EMI-Box könnte ich somit verschenken/Verkaufen...) - die Klangqualität scheint mir gleich gut zu sein.


    Schau mal in Deine PN, bitte. =)

  • Hallo,


    nur eine kurze Rückmeldung bzgl. des 5. Brandenburgischen Konzertes mit Furtwängler ( :hello: ThomasBernhard):


    Ich freue mich sehr, dass ich diese Aufnahme nun mein Eigen nenne. Ich muss verrückt sein, denn dies ist aus klangtechnischer Sicht eine der miesesten Aufnahmen, die ich besitze, aber dennoch liebe ich sie. Sicherlich spielt eine Rolle, dass ich Furtwängler sehr zu schätzen lernte, eventuell spielt auch die Hintergrundgeschichte rund um den Disput mit Karajan eine Rolle. Vielleicht liegt aber auch einfach mein Gefühl richtig, das mir sagt, hier dieses berühmte Bach-Konzert in einer Intensität und Erhabenheit zu hören, wie ich es zuvor nicht kannte.


    Es ist mir gleich, ob man mich eine Spinnerin schimpft (und ich werde mich hüten, für diese Aufnahme eine Empfehlung auszusprechen!), aber Furtwängler und seine ungewohnt langsamen Tempi bringen mich Bach ein gehöriges Stückchen näher.


    Ich wünschte, ich wäre damals dabei gewesen und hätte Furtwängler spielen sehen können. Und wenn man sich so etwas wünscht, dann kann die Kopie auf dem Tonträger - trotz aller Schwächen - nicht schlecht sein.


    Gruß, Cosima

  • Hallo Cosima,


    mit Wohlwollen habe ich Deinen letzten Beitrag gelesen. Furtwänglers Aufnahme des 5ten BbgKonz hat in der Tat etwas Magisches, wenn auch die Klangqualität eher Unterwasserniveau erreicht. Wenn Dich die Verbindung Furtwängler/Bach interessiert versuch`s doch mal mit der Matthäuspassion aus dem Jahr 1954. Ausgesprochen langsame Tempi zeichnen seine Aufnahme aus, allein für den Schlußchor benötigt Furtwängler 8:18 Min. (Gardiner im Jahr 1988: 5:10 Min.), jedoch hat man nicht den Eindruch, daß die Aufführung etwa zerdehnt wäre. Und gerade die langsamen Tempi stehen einem Werk, wie der Matthäuspassion meines Erachtens sehr gut zu Gesicht. Ich mag daher im Übrigen auch nicht Gardiner, jedenfalls im Hinblick auf die Matthäuspassion. Ich gebe nur am Rande den Hinweis, daß auch der Eingangschor bei Gardiner ausgesprochen schnell abgesungen wird (6:59 Min.) - Furtwängler: 8:08 Min. -, nach mir vorliegenden Aufnahmen nur übertroffen von Cleobury (6:54 Min.) und Max (6:41 Min.), was - vorsichtig formuliert - eigentlich nur als Hinweis auf eine gewisse emotionale Distanz Gardiners zum Passionswerk Bachs begriffen werden kann.


    Frohe Grüße


    tom

  • Also, im großen und ganzen seid Ihr ja alle restlos begeistert von Furtwängler.
    Dann hebt jetzt mal massenhaft Steine auf.
    Habt Ihr sie alle wurfbereit in der Hand?
    Und legt Euch eine Tube Etrat-Gel in Griffweite, denn Ihr werden vom Werfen Muskelkater kriegen.


    Alles gemacht? Gut.


    Also: Ich kann Furtwängler absolut nichts abgewinnen. Ich halte seine Subjektivität für Bärendienste am Werk. Ich mag Dirigenten nicht, die Tempi retuschieren, ohne dass es dafür eine strukturelle Notwendigkeit gibt. Ich mag seinen breiten, wohlig weichen Klangteppich nicht, weil ich glaube, dass zumindest Beethoven und Wagner verrücktere, wildere Musik geschrieben haben als die, die Furtwängler daraus macht. Ich mag es nicht, wenn Musik zum Gottesdienst wird mit dem Dirigenten als verkündendem Priester.


    Und all jene, die sich mittlerweile noch nicht die vom vielen Werfen schmerzenden Muskeln einreiben, sondern mir statt der Steine das Argument entgegenschleudern: "Das war halt der Stil der Zeit" will ich fragen:
    Und Otto Klemperer?
    Und Bruno Walter?
    Und Erich Kleiber?


    So, jetzt könnt auch Ihr werfen...!!!

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Also: Ich kann Furtwängler absolut nichts abgewinnen.


    Das macht doch nichts, wir mögen Dich trotzdem. :D


    Nein, im Ernst: Da gibt es keine Steine zu werfen. Da gibt es nicht mal Diskussions- oder Rechtfertigungsbedarf von meiner Seite. Am Ende entscheidet eh nur das eigene Gefühl. Und Furtwänglers Sicht ist sicherlich nicht die allein selig machende. Aber mir zumindest gefällt sie in den überwiegenden Fällen.


    Gruß, Cosima

  • Hallo Edwin,


    wir sind doch alle in diesem Forum zusammengekommen, um gesittet über Musik zu debattieren. Also kann von Steinewerfen und dergleichen keine Rede sein. Gleichwohl kommt mir Deine Äußerung so vor, als würdest Du Deine Gesinnung wie eine Monstranz vor Dir hertragen. Kann das sein?


    Frohe Grüße


    tom

  • Zitat

    Gleichwohl kommt mir Deine Äußerung so vor, als würdest Du Deine Gesinnung wie eine Monstranz vor Dir hertragen.


    Glaube ich eigentlich nicht. Es gibt sogar Aspekte, die ich bei Furtwängler durchaus zu schätzen weiß: Seinen Einsatz für Hindemith etwa. Und ich halte Furtwänglers Zweite Symphonie für ein sehr interessantes Werk - obwohl mir der Stil nicht liegt. Aber ich anerkenne, dass diese Musik Größe hat und handwerklich ausgezeichnet gearbeitet ist.
    Meine Ablehnung Furtwänglers bezieht sich vor allem auf seine Interpretationen von Bach, Beethoven und Wagner.


    Du hast allerdings in einem Punkt recht - und das ist meine feste Überzeugung bis zu dem Moment, wo man mir das Gegenteil beweist: Temporetuschen ohne strukturelle Rechtfertigung sind ausschließlich dazu angetan, auf den Dirigenten aufmerksam zu machen.
    Und dass ich den verkündenden Dirigenten nicht mag, geht schon aus meinen Eintragungen ad Bernstein hervor - und Bernstein ist für mich eigentlich DER Dirigent.

    ...

  • Hallo Ediwn,


    ich finde die Studioaufnahmen von Tristan und Walküre nicht "weihevoll". Passagenweise durchaus recht langsam, aber wenn die Extase zuschlägt wird es doch bei Furtwängler wilder und schneller als bei Klemperer, den Du als Gegenbeispiel aufführst.

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Ich wage es nicht, eine Gesamtaufnahme mit Orchesterausschnitten zu vergleichen, und "Tristan" und "Walküre" gibt's nicht komplett unter Klemperer. Mein direkter Vergleich ist z.B. Beethoven - und da steht mir Klemperers expressionistischer Zugriff näher als Furtwänglers romantischer.


    Außerdem ist das für mich alles keine Frage eines speziellen Tempos, sondern eine der Tempodramaturgie, der Temporelationen. Was mich zB. stört, ist, wenn ein Dirigent einen Abschnitt extrem langsam beginnt, um ihn dann zu einem sehr zügigen Tempo zu steigern, ohne dass die Musik in ihrer Struktur das bedingt. Bei Furtwängler habe ich manchmal den Eindruck, dass die einzige Antwort auf eine Frage nach einer Begründung seiner Tempomodifizierungen lauten könnte: Er will es eben so.
    Bei Klemperer, Walter, Kleiber etc. habe ich weniger den Eindruck dieser totalen Subjektivität bis hin zur Willkür.

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Also: Ich kann Furtwängler absolut nichts abgewinnen. Ich halte seine Subjektivität für Bärendienste am Werk. Ich mag Dirigenten nicht, die Tempi retuschieren, ohne dass es dafür eine strukturelle Notwendigkeit gibt. Ich mag seinen breiten, wohlig weichen Klangteppich nicht, weil ich glaube, dass zumindest Beethoven und Wagner verrücktere, wildere Musik geschrieben haben als die, die Furtwängler daraus macht. Ich mag es nicht, wenn Musik zum Gottesdienst wird mit dem Dirigenten als verkündendem Priester.


    Und Otto Klemperer?
    Und Bruno Walter?
    Und Erich Kleiber?


    So, jetzt könnt auch Ihr werfen...!!!


    Edwin, warum sollten wir Dich mit Steinen bewerfen? Wir warten einfach geduldig, bis Du musikalisch durch die Vorbilder guten Geschmacks hier im Forum erwachsen wirst :D ;)


    Erstaunlicherweise fehlt in Deiner Liste der wichtigste Gegenpol Furtwänglers, nämlich Toscanini. Beide konnten sich ja auch persönlich nicht leiden. Ich habe auch mit Toscanini begonnen und hielt ihn für das Maß der Dinge. Sein Ruf ist aber, zumindest was die Nachkriegszeit betrifft, eher das Ergebnis einer PR-Maschine. Er selbst war, IMHO, zB bei dem letzten Beethoven-Zyklus schon zu einer unbeweglichen Maschine erstarrt, die Beethovens Musik auch noch die letzten Rest Seele und Gefühl austrieb.


    Wenn Du behauptest, Furtwängler habe Beethoven als wohlig-weichen Klangteppich zelebriert, hast Du wohl noch nicht viele seiner Beethoven-Aufnahmen bewußt gehört. Nichts ist nämlich falscher! Vor allem die Liveaufnahmen aus der Zeit zwischen 1939-45 spechen eine deutlich andere Sprache. In Wirklichkeit gelingt es Furtwängler nämlich gerade durch seinen Stil, seine Subjektivität (die soooo hemmungslos gar nicht war, ebenso wie Toscaninis angebliche Werktreue eine Legende ist), ja, auch durch sein gelegentliches Pathos, die von ihm interpretierten Stücke voll erblühen zu lassen und musikalische Inhalte sichtbar zu machen, die bei einem Toscanini schlicht auf der Strecke bleiben. DAS ist ein Bärendienst am Werk!


    Furtwängler war im übrigen der letzte, der durch die Musik auf sich als Person aufmerksam machen wollte, und mir ist im Moment auch kein bedeutender zeitgenössischer Musiker bekannt, der ihm dies je unterstellt hätte. Sein Stil stand stets im Dienste des Werks, er selbst war gänzlich uneitel. Er lehnte es idR auch ab Werke zu dirigieren, zu denen ihm der Zugang fehlte (Mahler zB).

  • Zitat

    Erstaunlicherweise fehlt in Deiner Liste der wichtigste Gegenpol Furtwänglers, nämlich Toscanini


    Mir sind die persönlichen Differenzen völlig gleichgültig. Es ist nur so, dass ich auch bei Toscanini allergrößte Vorbehalte habe.
    Bei Furtwängler/Beethoven beziehe ich mich auf die regulären EMI-Aufnahmen. Und beim Klangteppich auf "Tristan" und "Ring".
    Die subjektive Agogik Furtwänglers habe ich aber in bisher allen seinen Aufnahmen gefunden, die ich gehört habe - und sie ist einer meiner Hauptkritikpunkte.

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Außerdem ist das für mich alles keine Frage eines speziellen Tempos, sondern eine der Tempodramaturgie, der Temporelationen. Was mich zB. stört, ist, wenn ein Dirigent einen Abschnitt extrem langsam beginnt, um ihn dann zu einem sehr zügigen Tempo zu steigern, ohne dass die Musik in ihrer Struktur das bedingt. Bei Furtwängler habe ich manchmal den Eindruck, dass die einzige Antwort auf eine Frage nach einer Begründung seiner Tempomodifizierungen lauten könnte: Er will es eben so.
    Bei Klemperer, Walter, Kleiber etc. habe ich weniger den Eindruck dieser totalen Subjektivität bis hin zur Willkür.


    Das ist alles nachvollziehbar, allerdings glaube ich, dass es meistens keine reine Willkür ist. Es ist in der Tat ein Subjektivismus, der uns fremd ist und seinerzeit auch schon altmodisch bzw. außergewöhnlich war, vergleichbar extrem ist Mengelberg; Altersgenossen wie Klemperer, Kleiber, Busch oder Schuricht dagegen geradlinig und "modern". Dennoch ist, wie Robert schon sagte, Furtwängler selbstverständlich gewiß, "werktreu" zu dirigieren. Nur bedarf es aus seiner Perspektive eben für wirkliche Werktreue eines spontanen Nachschaffens. Vermutlich ist auf Tonaufnahmen (die Furtwängler bekanntlich nicht mochte) nur ein kleiner Teil der Faszination einzufangen; Cosima hat im Adventskalender eine sehr schöne Stelle über Furtwängler gepostet.
    Ich kann mit den teils irrwitzigen Be- und Deschleunigungen auch oft nicht viel anfangen, aber es ist nicht immer klar, welche Agogik für z.B. Beethoven oder Brahms angemessen ist. Es gibt u.a. von Beethoven widersprüchliche Äußerungen, Brahms hat angeblich selbst mit recht ausgeprägten Tempoverschiebungen dirigiert, ob ein konkretes accelerando o.ä. sinnvoll oder willkürlich erscheint, ist von Nuancen abhängig. Bei Beethoven bin ich selbst meist für schnelle tempi unter Berücksichtigung der MM-Ziffern und geringe Agogik. Aber bei konkreten Aufnahmen leuchten mir mitunter agogische Schwankungen ein. Ein paar Takte (kann jetzt nicht die genaue Stelle nachschauen) am Ende der Exposition der Eroica sind sehr viel wirkungvoller, wenn man ein bißchen verlangsamt.


    Es gibt einen interessanten Essay von Taruskin ("Resisting the Ninth" in Text & Act, Oxford 1995), in dem er versucht zu zeigen, dass eine ganze Reihe der scheinbaren Willkürlichkeiten Furtwänglers durchaus strukturelle Wirkung haben. In einem anderen Text im selben Band demonstriert er anhand des Kopfsatzes von Beethovens 1., wie eine Reihe von Interpreten, von Mengelberg über Toscanini zu Hogwood oder Norrington an den gleichen Stellen ähnliche (nicht in der Partitur stehende) Tempowechsel machen. Nur schwankt (Zahlen grob aus dem Kopf) es insgesamt z.B. bei Toscanini zwischen 104 und 112 bei Mengelberg zwischen 96 und 126 oder so.


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Furtwängler hat für mich, ebenso wie Toscanini, E.Kleiber, Knappertsbusch und andere bedeutende Dirigenten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen Hauptmakel: Seine Aufnahmen gibt es nur Mono. Damit sind sie für mich uninteressant, ich mag mich mit solcher "Klangqualität" einfach nicht beschäftigen.
    Ich weiß, künstlerisch entgeht mir sicher vieles. Andererseits gibt es aus der Stereo-Ära so unüberschaubar viel entdeckenswertes, dass ich dies sehr gut verschmerzen zu können glaube. Deswegen habe ich für mich einfach unter die Mono-Zeit einen dicken Strich gezogen und verzichte darauf, also leider auch auf Furtwängler, der mich sonst wahrscheinlich auch interessieren würde.

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • An was starb Furtwängler eigentlich? Er wurde ja nicht besonders alt (68).


    Also klangtechnisch finde ich seine letzten Aufnahmen, v.a. die letzte Neunte von Beethoven, sogar erstaunlich gut.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Furtwänglers "Lebenswille" war etwas geknickt, unter anderem aufgrund seiner zunehmenden Schwerhörigkeit.


    Er starb an einer verschleppten Lungenentzündung - und er wollte wohl daran sterben. Wenn er gewollt hätte, hätte er diese Krankheit wohl überlebt.


    Alles sehr schön nachzulesen in Herbert Haffners Furtwänglerbiographie.

  • Hallo Uranus!


    Zitat

    ebenso wie Toscanini, E.Kleiber, Knappertsbusch und andere bedeutende Dirigenten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen Hauptmakel: Seine Aufnahmen gibt es nur Mono.


    Von Knappertsbusch gibt es einige wenige Aufnahmen in Stereo, darunter ein "Parsifal" aus Bayreuth und Bruckners 8. (Und wenn der Decca-Aufnahmeleiter John Culshaw nicht auf Proben bestanden hätte, gäbe es auch einen Kna-"Ring" statt des Solti-"Rings".)


    Abgesehen davon: Ich will Dich nicht umstimmen, aber meiner Meinung nach ist gut mono besser als schlecht stereo. Es gibt da ein paar Leistungen von Decca und, man glaubt es nicht, Melodija, vor denen ich nur den Hut ziehen kann.

    ...

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner


    Von Knappertsbusch gibt es einige wenige Aufnahmen in Stereo, darunter ein "Parsifal" aus Bayreuth und Bruckners 8. (Und wenn der Decca-Aufnahmeleiter John Culshaw nicht auf Proben bestanden hätte, gäbe es auch einen Kna-"Ring" statt des Solti-"Rings".)


    Was ist das für eine Geschichte? Unlängst hieß es doch der wiederveröffentlichte Live-Keilberth.-Ring sei schon dem Culshaw-Prokjekt zum Opfer gefallen???
    Mit E. Kleiber gibt es AFAIK ebenfalls eine einzige Stereo-Aufnahme, den Figaro.


    Zitat


    Abgesehen davon: Ich will Dich nicht umstimmen, aber meiner Meinung nach ist gut mono besser als schlecht stereo. Es gibt da ein paar Leistungen von Decca und, man glaubt es nicht, Melodija, vor denen ich nur den Hut ziehen kann.


    Es gibt eine ganze Menge sehr gut klingender Mono-Aufnahmen ab Ende der 40er, bei denen wirklich nur Stereo fehlt. Mit Furtwängler: Ich kenne die hier genannte 9. aus Luzern nicht, aber z.B. die DG-Studioaufnahmen von Schubert 9, Schumann 4 , Haydn 88 sowie die Bayreuther "9." habe ich als ordentlich klingend in Erinnerung.
    Mir kommen etliche sogar "natürlicher" und dynamischer vor als manche frühe Stereo-Aufnahmen (Einige LP-Sammler schwören auch auf Mono aus dieser Zeit, die Platten hätten mehr Dynamik). Ich habe oft den Eindruck, das viele von denen, die "Angst" vor historischen Aufnahmen noch nie eine davon, oder nur extrem abschreckende Beispiele gehört haben...


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes!
    Ich gebe (von Wiener Philharmonikern älteren Semesters) Gehörtes wieder: Die Decca plante, den kompletten "Ring" in Stereo aufzunehmen, beginnend mit dem "Rheingold". Erster Ansprechpartner war Knappertsbusch. Culshaw schwärmte Kna von den Möglichkeiten der Technik vor, dass man z.B. Bewegungen von Sängern auf der Bühne imitieren könne, dass man eine Richtung herstellen könne, aus welcher der Klang kommt, etc. etc.
    Kna war, wie wir nun alle wissen, nicht eben versessen auf längere Proben und schlug vor, einen "Ring"-Durchlauf in München oder Bayreuth mitzuschneiden. Aber Culshaw bestand auf Studio und massenhaft Proben. Worauf Kna meinte, es gäbe da einen jungen Dirigenten, mit dem er einmal zusammengearbeitet habe, und der sicherlich für den neumodischen Kram eher zu haben wäre, nämlich ein gewisser Solti.


    Dass Keilberth gekippt wurde, kann meiner Meinung nach mit der Tatsache zusammenhängen, dass es ein Live-Mitschnitt hätte werden sollen. Culshaw hasste Mitschnitte, weil er zu jeder Zeit die volle Kontrolle haben wollte.


    LG

    ...

  • Vielleicht kann mir jemand helfen: Im Spielfilm "Taking Sides" wird während eines Verhörs ein Stück von Bruckner als einer Schallplatte gespielt. Ich bin erst vor wenigen Wochen angefangen, Bruckner zu hören und kennen zu lernen. Kann mir jemand sagen, um welches Stück einer von Furtwängler dirigierten Bruckner-Sinfonie es sich handelt?


    Das gehört hier vielleicht nicht ganz her, aber so ein bisschen...


    Vielen Dank, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Hallo Andrew,


    an die konkrete Stelle kann ich mich momentan nicht erinnern, aber laut imdb.com müsste es sich dabei um einen Ausschnitt aus der 7. Symphonie Bruckners handeln.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Vielen Dank für den Hinweis. Ich weiß, dass es im Film erwähnt wird. Als ich den Film vor etwa 3 Jahren sah, kannte ich sehr wenig von Bruckner, war auch nicht besonders an Bruckners Musik interessiert und habe die Info wieder vergessen.


    Die ersten beiden Sachverhalte haben sich inzwischen deutlich verändert, trotzdem war die Info im Gedächtnis eines Übervierzigjährigen verloren gegangen.


    Also: besten Dank für den Hinweis und die Nachsicht ... Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Du hast recht, Alfred,
    klanglich ist versucht worden das Beste aus den defekten Bändern zu holen, aber musikalisch gibts daran nichts auszusetzen.
    Live ist live...
    Gruß Guido

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo Edwin,


    vielleicht solltest du dich mal genauer mit Furtwängler auseinandersetzen, denn ich persönlich kann deine Kritik nicht nachvollziehen. Gewiß, seine von vielen angeprangerte Schlagtechnik, seine als zu langsam empfundenen Tempi...das ist alles, wie überhaupt in der Musik Geschmackssache...ich habe a l l e s greifbare an Furtwängler-Aufnahmen im Schrank (mein Dirigent Nr. 1) und auch mir gefällt nicht alles, was er macht...
    Allerdings habe ich bei keinem anderen Dirigenten, auch in langsamen Tempi, so eine Innenspannung erlebt, wie bei ihm.
    Mag Toscanini rhytmisch genauer sein, interpretatorisch kommt er an Furtwängler nicht ran.


    Gruß Guido

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Hallo Guido!
    Ich verstehe, dass jemand Furtwängler mag: Wenn man auf (ich sage das alles jetzt wertfrei) langsame Tempi, Agogik, romantischen Klang und eigenwillige Ausdeutungen steht, ist er die erste Wahl.
    Wenn man allerdings gerade das alles eher weniger schätzt, so wie ich, ist man bei seinen Interpretationen nahe der kopfschüttelnden Verzweiflung.
    Ich schätze diszipliniertere Dirigenten höher ein, die im Rahmen des Werkes bleiben, statt ein bestimmtes Konzept von Ausdruck einem Werk überzustülpen. Insoferne halte ich, wenn schon, Knappertsbusch für überlegen, der für mich knapper am Werk bleibt und der seinen Stil dem Ausdrucksgehalt eines Werkes entsprechend modifiziert.
    Auf jeden Fall steht bei mir Toscanini weit über Furtwängler, weil gerade die präzise Rhythmik und die Durchhörbarkeit des Stimmgefüges bei Toscanini für mich extrem reizvoll sind. Wobei ich aber gerne zugebe, dass auch Toscanini nicht mein absoluter Lieblingsdirigent ist. Für mich ist die Generation nach Furtwängler/Toscanini/Knappertsbusch einfach interessanter, weil ich ihr Verständnis von Interpretation und Werktreue höher schätze. Was nicht heißt, dass ich nicht auch ein Faible für "disziplinierte" Dirigenten früherer Zeiten habe wie Klemperer, Walter, Erich Kleiber, Horenstein und Szell.
    LG

    ...

  • Danke für deine Meinung, Edwin.
    Ich finde es gut, über verschiedene Meinung sachlich zu diskutieren, was nicht immer möglich ist (leider auch in diesem Forum).


    Toscanini, von dem ich auch sehr viele Aufnahmen habe, ist in Sachen "Genauigkeit", was das Notenbild angeht, Furtwängler vielleicht überlegen, jedoch zu "kalt" im Ausdruck.


    LG,


    Guido

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner