Hallo, lieber zweiterbass,
ich verfolge das, was Du hier über die frühen Schubert-Sonaten ausführst, mit großem Interesse, - ganz einfach deshalb, weil ich sie – wie den ganzen Schubert in seiner Klavier-, Kammer- und Liedmusik – so sehr liebe. Mit einem wissenden Lächeln habe ich Deine Bemerkung in Klammer „endlich ist die an der Reihe“ gelesen. Klar, dachte ich, wir stimmen überein, zweiterbass und ich, - in der Hochschätzung dieser G-Dur-Sonate op.78.
Die aber ja eigentlich keine ist, - formal betrachtet. Denn es fehlt ihr ja der typische Sonaten-Gestus des Sich-fortentwickeln-Wollens eines zugrunde liegenden musikalischen Themas. Stattdessen ergeht sie sich im ersten Satz lange in der – typisch schubertschen – Haltung des „Verweile doch, du bist so schön“. Bis zu den massiven b-Moll-Einschlägen allerdings, die sich dann in der Durchführung ereignen.
Aber darum geht mir´s hier gar nicht. Mich hat Deine Bemerkung stutzig gemacht und zum Nachdenken gebracht:
„Es ist für mich emotional äußerst bewegend, wie Schubert in Bruchteilen von einer Sekunde den Hörer musikalisch „wie in ein tiefes Loch fallen lässt“ [oder selber fällt?]“
Das bezieht sich, wie ich annehme, auf die Passage Takt zehn bis sechzehn. Und ich habe mich gefragt, was Dich dazu bewogen haben mag – rein klanglich betrachtet – von einem „tiefen Loch“ zu sprechen. Ich habe das bislang als eine – bei Schubert ja oft vorkommende – klanglich-punktuelle Eintrübung der Musik aufgefasst, denn sie löst sich davon ja alsbald, geht zu Dur-Harmonik über und verharrt, als wolle sie sich zusammennehmen und sich aufraffen zur Wiederholung des Anfangsthemas, in Takt fünfzehn und sechzehn in repetierenden Staccato-Akkorden und einem tiefen „D“ im Diskant.
Will sagen: Als „Loch“ habe ich das nie empfunden, sondern vielmehr als einen für Schubert so typischen kurzen Anfall von Melancholie, gegen den man sich zur Wehr zu setzen hat.
Aber mich würde sehr interessieren, wie Du das siehst, und mich sehr auf eine Antwort freuen.
Ohnehin wundere ich mich, wieso das, was Du hier zu Schuberts Sonaten zu sagen hast, so wenig Aufmerksamkeit bei den großen - und in einem Fall sogar ja supergroßen – Klaviermusik-Experten dieses Forums findet.