Warum ist "klassische Musik" nicht "populär"

  • Ist das wirklich so? Und wer hat das festgelegt? Du? Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass es das strategische Ziel des Forenbetreibers ist, "Neulingen" Lust zu machen. Vielmehr schwebte ihm doch immer etwas anderes vor: ein elitärer Elfenbeinturm für bürgerliches Klientel. Bevor du hier selbstherrlich Forenstrategien festlegst, solltest du vielleicht erst mal nachfragen, ob die Forenleitung diese Strategien teilt.

    "sollte" heißt lediglich, dass ich dieser Meinung bin. Was hat das mit "selbstherrlich" oder gar "Festlegen von Forenstrategien" zu tun?

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • "sollte" heißt lediglich, dass ich dieser Meinung bin.

    Vielleicht hapert es mit deiner Sprachkompetenz: Indem du "sollte" schreibst, gibst du auch anderen Richtlinien an die Hand, wie ihr Schreibverhalten aus deiner Sicht auszusehen hat. Und das finde ich ziemlich deplatziert.

  • Ich glaube, Freude an der Musik entsteht beim Hören, nicht beim Lesen irgendwelcher Internet-Foren.

    Prinzipiell pflichte ich hier bei

    Aber man kann das im Einzelfall nicht wissen.

    Ich kann mir nur sehr schwer vorstellen, dass es das strategische Ziel des Forenbetreibers ist, "Neulingen" Lust zu machen.

    Das ist durchaus richtig - das war nie meine Absicht


    Vielmehr schwebte ihm doch immer etwas anderes vor: ein elitärer Elfenbeinturm für bürgerliches Klientel.

    Das ist prinzipiell richtig.

    Aber "Ideologien" - welcher Art auch immer -

    haben allesamt den Nachteil, daß sie sich nicht in vollem Umfang realisieren lassen

    Man muß das erkennen und akzeptieren - und die Ideologi anpassen

    Moderat natürlich - das versteht sich ^^


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die nachlassende Begeisterung für klassische Musik dürfte in erster Linie damit zusammenhängen, was auf dem Markt verfügbar ist und was durch das Elternhaus "vorgehört" wurde. Bei meinen Großeltern, 1916er-Jahrgänge, gab es im Grunde nichts anderes. Ihr Musikverständnis wurde an meine Eltern weitergegeben, die nach dem 2. Weltkrieg geboren wurden. Bei mir wiederum, 1983er-Jahrgang, gab es nicht einen Freund klassischer Musik im Freundeskreis.


    Als ich 2004 während meines Studiums in Dresden "Tristan und Isolde" in der Semperoper sah, waren nur weißhaarige Köpfe um mich herum. Damals hatte ich den Eindruck, es würde nach mir enden. In den letzten Jahren allerdings war ich immer wieder im Gasteig zugegen und konnte beobachten, wie auch viele Leute im Publikum saßen. Insgesamt entsprach das Publikum etwa dem ohnehin recht alten deutschen Altersschnitt. Von daher habe ich keine Angst mehr, dass es aussterben könnte. Es hat sich seit wohl rund 2000 zum Nischengeschmack entwickelt, allerdings auf solidem Fundament.

  • Die nachlassende Begeisterung für klassische Musik dürfte in erster Linie damit zusammenhängen, was auf dem Markt verfügbar ist

    Ich frage mich, ob es überhaupt eine "nachlassende Begeisterun für klassische Musik" gibt.

    Eher schon für "Tonträger mit klassischer Musik"

    Das hängt IMO mit der seinerzeitigen Einführung der Stereophonie - und später der CD Technik zusammen.

    Plötzlich - in den mittleren bis späteren 60er Jahren - aber auch noch später - wurde alles in der neuen Technik aufgenommen - und die Leute kauften relativ viele Platten

    um das Repertoire, das sie hören wollten in der neuen Technik zu besitzen. Um 1980 war der Markt einigermaßen gesättigt - aber da kam die CD -total überteuert auf den Markt. Der belebende Effekt war da, aber bei weitem nicht so ausgeprägt wie bei der Einführung der Stereophonie, auch den damals horrenden CD-Player Preisen geschuldet. Um die Gewinne nicht schrumpfen zu lassen, besann man in weiteres teure Mediem: Die Super Audio CD. zu Beginn wollte man dafür in etwa das Doppelte einer Vollpres CD zu kassieren. Aber da spielte der Konsument nicht mit. SACD ist wirtschaftlich gesehen ein Flop. Durch den schwachen Absatz versuchte man Preissenkungen -noch dazu bedrängt durch Naxos und BRILLIANT. Und natürlich mir Neuaufnahmen. Aber die neuen Künstler - sie mögen gute Musiker sein - haben nicht das Charisma eines Karajan, einer Callas und eines Caruso. Auch ist der Starkult etwas aus der Mode gekommen. Wer ein Werk schon unter, Karajan, Bernstein, Böhm oder Klemperer besaß war nicht so sehr an den neuen Interpreten interessiert. Man setzte das dann aber mit "Klassikverdrossenheit gleich


    Insgesamt entsprach das Publikum etwa dem ohnehin recht alten deutschen Altersschnitt.

    Das ist völlig richtig. In der Jugend sine die Leute an Popmusik und der Pflege ihrer erotischen Kontakte, der Suche nach einem Partner, mit ihren Kindern und ähnlichen Belanglosigkeiten befasst. Auch die Kredite für Auto, Wohnung und deren Mobiliar spielen hier eine Rolle. Ab 45 ist das meiste ausgestanden (oder auch nicht) und man kann sich den angenehmen Dingen des Lebens hingeben.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Die nachlassende Begeisterung für klassische Musik dürfte in erster Linie damit zusammenhängen, was auf dem Markt verfügbar ist und was durch das Elternhaus "vorgehört" wurde.

    Ich stelle die Ausgangsthese der "nachlassenden Begeisterung" für klassische Musik infrage, zumal damit nicht gesagt ist, gegenüber welcher Zeit dieses Nachlassen festgestellt wird. Eine Nische war die Klassik sicher schon immer und wird es wohl auch bleiben. Wo ich Dir vollkommen zustimme, lieber Robert M., ist Deine Aussage hinsichtlich des Elternhauses. Was da "vorgehört" wird, bildet meistens die Grundlage für die spätere Prägung; mit der Ausnahme von der Regel: Bei meinem älteren Bruder und mir hat die Liebe unseres Vaters zu Beethoven, Bruckner und Brahms etc. mit regelrechtem "Eintrichtern" (still sitzen und nicht sprechen) gefruchtet, bei meiner Schwester indes nicht.

    "Von Herzen - Möge es wieder zu Herzen gehen"

    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • In der Jugend sine die Leute an Popmusik und der Pflege ihrer Erotisch kontakte, der Suche nache einem Partner, mit ihren Kindern und ähnlichen Belanglosigkeiten befasst. Auch die Kredite für Auto, Wohnung und deren Mobiliar spielen hier eine Rolle. Ab 45 ist das meiste ausgestanden (oder auch nicht) und man kann sich den angenehmen Dingen des Lebens hingeben.

    Einspruch Euer Ehren! Weder Partner-Suche und Erotik :) noch Kinder sind Belanglosigkeiten. Ansonsten ist Deine Analyse wieder einmal messerscharf. Und, wie vorhin zu Robert M. schon gesagt, eine - so pauschal ausgedrückt - "nachlassende Begeisterung" für klassische Musik sehe auch ich nicht als belegt an.

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    (Ludwig van Beethoven über den Beginn des "Kyrie" seiner "Missa Solemnis")

  • Mein 15 jähriger Junior wurde bei der heutigen Autofahrt mit Chostakovitch beschallt und hat nicht gemeckert - man muss die Saat in seinem direkten Umfeld ausbringen ;)

    Absolut! Auch nicht lange fackeln. Motor an, die Kindersicherung aktiviert, Musik an - und los geht die wilde Fahrt. Beschwerden werden nicht angenommen oder führen zur Verkürzung der Computerspielzeit im späteren Tagesverlauf:P:D:saint: - das wirkt Wunder.

    Gut, ich stelle mich gemeiner dar als ich bin. In Wirklichkeit bin ich (ein bisschen) konzilianter.

    Aber ich pflichte dir bei - man muss im Grunde die unauffälligen Alltagsmomente nutzen, um dann blitzschnell eine Symphonie, eine Sonate oder auch mal zum Mitschunkeln eine Nachtmusik oder einen gegeigten Frühling handstreichartig abzuspielen. Vielleicht wirkt es ja doch ... obwohl ich bis dato noch keine nennenswert substanziellen Resonanzen feststellen kann ... leider;( ... ich nähre banausenhafte Nattern an meiner Brust.:evil:|| ... Prinzip Hoffnung??!!!!


    Grüße

    Garaguly

  • mit ihren Kindern und ähnlichen Belanglosigkeiten befasst.

    Da muss ich dezenten, aber substanziellen Widerspruch anmelden. Alleine schon wegen des Themas, welches wir hier diskutieren, sind Kinder ja gerade keine Belanglosigkeiten (und natürlich wegen vieler anderer Dinge sind sie's auch nicht). Man darf die Hoffnung nicht aufgeben: wenn es eine nächste Publikumsgeneration geben soll, muss man diesen zweibeinigen "Belanglosigkeiten" viel Aufmerksamkeit widmen.


    Grüße

    Garaguly

  • Absolut! Auch nicht lange fackeln. Motor an, die Kindersicherung aktiviert, Musik an - und los geht die wilde Fahrt. Beschwerden werden nicht angenommen oder führen zur Verkürzung der Computerspielzeit im späteren Tagesverlauf:P:D:saint: - das wirkt Wunder.

    Gut, ich stelle mich gemeiner dar als ich bin. In Wirklichkeit bin ich (ein bisschen) konzilianter.

    Meine Jungs, drei und fünf Jahre alt, haben bei Brahms' erstem Klavierkonzert kürzlich im Auto auch nicht gemeckert, sondern sogar zugehört. Auf ähnlich Weise wurde ich geprägt, allerdings wohl unbeabsichtigt durch meine Eltern.

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  • Ich fahre seit kurzem ein E-Auto und habe das DAB+ Radio ausprobiert und den Sender Radio Klassik gewählt. Es ertönte in sinfonischem Format Computerspiel-Musik mit dem Kommentar des Moderators, dass solche Musik mehr ins Programm aufgenommen werde. Und diese Wortmeldung richtete sich an die Hörerschaft, die bereits diesen Klassiksender hört.


    Es braucht die Überschreitung von Grenzen, will man eine neue Generation ansprechen. Einige werden bei den "alten" Komponisten hängenbleiben.


    Auch etwas Bildung wäre wünschenswert. Gestern Abend in einem Quiz mit Prominenten wurde gefragt, wer die deutsche Nationalhymne komponiert habe. Zur Auswahl standen Joseph Haydn, Richard Strauss und Gustav Mahler. Keiner der sechs wusste die Lösung. Bedenklich.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Die älteste Tochter von Freunden spielt Geige und Klavier und singt im Vokalensemble der Hauptkirche hier, das ist der beste Chor in Mülheim. Mit 11 hat sie schon den Elias gesungen, 2022 mit 14 das ganze Weihnachtsoratorium. Eins haben wir gemeinsam: einer unserer Lieblingskomponisten ist - Thomas Tallis! Daneben ist sie ein normaler Teenager, der z.B. auch mal mit grünen Haaren in die Schule geht. (Sagt man eigentlich Teenagerin?)

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • In der Tat: Dem ist durchaus nicht so!

    Werter WolfgangZ, diese Phobie gegen die Musik der letzten hundert Jahre ist mir ein Rätsel!


    Ich will ja keinen dazu bekehren, aber es wird gerne so formuliert, als wäre die Phobie ein Zeichen guten Geschmacks. Da schwingt mir etwas viel Hybris mit.

  • Werter WolfgangZ, diese Phobie gegen die Musik der letzten hundert Jahre ist mir ein Rätsel!


    Ich will ja keinen dazu bekehren, aber es wird gerne so formuliert, als wäre die Phobie ein Zeichen guten Geschmacks. Da schwingt mir etwas viel Hybris mit.

    Wir kommen zusammen, werter Axel! Das Bekehrenwollen habe ich mir abgewöhnt, wenn auch nicht aus Überzeugung ...

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • Lieber astewes


    Zu deinen geposteten Grafiken Warum ist "klassische Musik" nicht "populär"


    Kann man sie auch so lesen, dass mit zunehmendem Alter das Bedürfnis nach klassischer Musik, das Verständnis oder die Akzeptanz für klassische Musik, je älter man wird, zunimmt?


    Das Vorrecht der Jugend ist, einen anderen Geschmack als die Älteren zu haben.


    Oder bin ich zu optimistisch?

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  • Es braucht mehr von dem, es geht um Leben und Ausdruck.


    Rhythm is it - Dann packt man die Jugendlichen.


    you can change your life in a dance class, lautet der Untertitel.


    Sicher ist, man muss mit etwas in Berührung kommen, um es kennenzulernen.



    Umgekehrt ist auch gefahren: Gestern lief im Fernsehen ein Bericht über ein Chorprojekt, in dem über 70-Jährige rapten. Mit Spass am Leben und Singen von aktuellster Musik der Jugend.

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
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  • Kann man sie auch so lesen, dass mit zunehmendem Alter das Bedürfnis nach klassischer Musik, das Verständnis oder die Akzeptanz für klassische Musik, je älter man wird, zunimmt?

    Da wäre ich vorsichtig. Zum einen sind die Erwachsenen, die hier zu 50% eine gewisse Affinität zur Klassik äußern nicht die erwachsen gewordenen Jugendlichen die hier zu über 70% auf Hip Hop stehen (so langsam weiß ich überhaupt, was das ist :)). Zum zweiten würde ich in den Antworten noch gesellschaftliche Normvorstellungen realisiert sehen. Wenn man als Kind sagt, dass man viel Klassik hört, ist man sofort ein Außenseiter. Als Erwachsener ist das eher eine Sache des guten Tons, auch wenn es dann am Ende Hifi Karajan ist.


    Ich habe mit sieben Jahren oder so Klassik kennengelernt. Es war bloß ein Zufall, der aber letztendlich geschmacksbildend war. Diese Begeisterung ist geblieben.


    Ich kenne jemanden, der gegen den massiven Willen der Eltern (eigentlich des Vaters) sich selbst die Anfänge des Klavierspiels auf selbstgemalten Tastaturen im Keller beigebracht und nachher sogar Konzertpianist studiert hat. Das Elternhaus war da keine Unterstützung. Hier war die Wurzel aber schon in frühen Jahren gelegt und eine unglaubliche Motivation gegen alle möglichen Widerstände vorhanden. (Diese Widerstände gab es in meinem Elternhaus nun nicht, nur gegen das Klavier ... :))


    Ich hatte schon einmal über unserern Musikunterricht geschrieben. Je mehr ich so erfahre, stelle ich fest, dass der sehr gut war. Sind nun alle klassikbegeistert aus der Schule gagangen? Das war doch eigentlich ein großartiges Angebot - ich benutze diesen Begriff weiterhin, auch wenn er Werner Hintze aufgrund seiner politschen Implikationen nicht so gefallen hat - genutzt haben es nur wenige.


    Glaubst Du, dass jemand, der hauptsächlich seine Freude bei Andre Rieu oder anderen seichten musikalischen Vergnügungen hat, sich im Alter die Mühe machen wird, sich mit klassischer Musik auseinanderzusetzen? Da sehe ich tatsächlich eher noch die echten Freunde von Heavy Metal oder so :) Das ist wahrscheinlich schon Musik, die im Alter nicht mehr wirklich genossen werden kann, während man in der Jugend die zugehörigen Emotionen noch ganz natürlich aufbringt.


    Der Kollege ChKöhn erwähnte vor kurzem einen Begriff aus Adornos Hörertypologie. Eventuell kommt man mit solch einer Begrifflichkeit weiter, um das Potential für ernste Musikinteressen zu eruieren.


    Hörtypologie


    Adornos Hörtypologie ist wertend. Das passt heute nicht mehr so ins Schema. Wikipedia zeigt uns deswegen noch eine Allensbach-Typologie, die aber wahrscheinlich dieselben empirischen Schwächen aufweist, wie die Statistiken, die ich vorher gezeigt hatte. Ich finde grundsätzlich eine Analyse, die von einem Rezeptionsverständnis ausgeht, selbst, wenn man es diskutieren kann, interessanter, als eine willkürliche Unterteilung, die dann durch empirische Umfragen gefüllt wird.


    Wenn man Adorno einordnen kann, scheint mir seine Typologie ganz nützlich zu sein.


    Hier etwas ausführlicher von Adorno selbst aus seiner Musiksoziologie




    Das Vorrecht der Jugend ist, einen anderen Geschmack als die Älteren zu haben.


    Auf jeden Fall! Ich würde das sogar wesentlich weiter ausdehnen. Es ist das natürliche Vorrecht eines jeden einen anderen Geschmack zu haben.


    Oder bin ich zu optimistisch?


    Wenn Du damit meinst, dass alle die Jugendlichen, die heute HIP HOP hören, später den Geschmack an Klassik finden werden, würde ich das für illusorisch halten. Solche Sachen (Hip Hop et al.) sind eben auch Modetrends, bei denen es einfach eine riesige Menge an Mitläufern gibt, die sich für die Musik nicht interessieren. Die werden dann später woanders mitlaufen, altersgemäßer ;)


    Natürlich gibt es da auch Musikbegeisterte, die sind für Schritte zur klassischen Musik prädestiniert.


    PS Ich hätte das vor einiger Zeit noch mit mehr Optimismus gesehen. Aber manche neu gewonnenen Erkenntnisse sind ziemlich ernüchternd.


    Das kurze Fazit lautet also irgendwie so: Wer will, der wird es machen und wer nicht, der nicht :P. Und irgendwie ist es dann auch ganz okay so!

  • Lieber astewes


    Ich danke für die ausführliche Antwort.


    Wie du es beschreibst, es braucht eine Initialzündung von aussen oder man ist von etwas fasziniert und setzt seine Energie dafür ein. Das kann ein Leben lang anhalten. Wenn jemand etwas mit Hingabe betreibt, habe ich Hochachtung.


    Missionieren geht mir ab. Ich hasse es, wenn mich jemand von etwas überzeugen will, das quer zu meinem Geschmack steht. Ich halte es mit der Neugier hier im Forum. Täglich wird man in den unterschiedlichsten Threads mit Unbekanntem konfrontiert. Ich klicke einen Hörschnipsel beim Werbepartner an, höre oder sehe mir einen You Tube Beitrag an oder folge einer Empfehlung.


    Als Moderator renoviere ich Threads und bringe ein uraltes Thema ins Blickfeld. Das muss nicht in meinem bisherigen Fokus sein. Oder ich lanciere einen neuen Thread, wenn etwas im Forum noch nicht behandelt wurde. Etwas Provokation darf schon sein.


    Letzthin bin ich auf das auf das Schwingungsverhalten von Saiten gestossen. Eine mathematische Abhandlung dazu hat mich motiviert, mein verschüttetes Wissen wieder zu aktivieren, damit ich die Sache verstehe.

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  • Letztlich hilft die ganze Spekulation nicht weiter, denn wir wissen es nicht. Jeder Jeck ist anders wie es so schön heisst. Als für verschiedene Einflüsse offener Mensch kann, aber muss man nicht die klassische Musik lieben (lernen). Ich bin Ü50, und mag HipHop, Metal,... und würde mich mal als von Modetrends weitestgehend unabhängig bezeichnen. Ich hatte Lebensphasen, da waren bestimmte Musikrichtungen präsenter als andere, was nicht heisst, dass ich die anderen Musikrichtungen nicht gemocht habe. Viele Wege führen nach Rom, und vor allem muss eine Musikrichtung keine Exklusivität haben. Man kann neben der Klassik noch viele andere Dinge geniessen.

    "Über Musik zu schreiben ist wie über Architektur zu tanzen..."

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  • Glaubst Du, dass jemand, der hauptsächlich seine Freude bei Andre Rieu oder anderen seichten musikalischen Vergnügungen hat, sich im Alter die Mühe machen wird, sich mit klassischer Musik auseinanderzusetzen?

    Gestern habe ich die Halbzeitpause des Fußballspieles (USA : D) genutzt und habe auf mdr umgeschaltet. Andre Rieu in Vollendung! Ich hatte ihn vor ca. 10 Jahren live in Chemnitz gesehen und war vom 2. Teil durchaus eingenommen (vom 1. Teil vor der Pause war ich eher mitgenommen!). Er hatte es verstanden, das anfänglich schläfrige Publikum zu wecken und zum Schluß sogar zum Mitmachen animiert. Damals ist er bei seinen Leisten geblieben, Johann Strauß ua.


    Gestern kam ich gerade dazu, wie er den Bolero ankündigte. Es war furchtbar. Es fehlten 6 Soloinstrumente mit dem Hauptthema, und die, die spielten, die waren überfordert. Einmal zeigte das TV-Bild 3 Hörner, aber dabei spielte die Klarinette. Danach schon ziemlich abrupt einige Bläser-Orchestergruppen, deren Zusammenspiel bei einem Feuerwehrblasorchester sicher besser geklappt hätte. Mit dem kompletten Orchester fing auch ein Chor an, die Melodie zu "singen". 3 Trommler haben den Rhythmus gehalten (was als einziges einigermaßen geklappt hat). Dazu wurde ein wahnsinniges Tempo vorgegeben, sodaß die ganze Chose nach knapp 10 min vorbei war. Glücklicherweise. Oh, Andre, wo bist Du hingekommen!? Ist es Selbstüberschätzung?

    An Peinlichkeit nicht zu überbieten waren die Bildeinblendungen von begeistert mit dem Kopf oder den Augen wackelnden Zuschauern, auch verträumt oder mit geschlossenen Augen beteiligtes Publikum war zu sehen, natürlich alles gestellt. Schlimm war der Beifallsorkan der Maastrichter, die sicher hinterher ihren Enkeln erzählt haben, daß sie ein tolles Musikstück wahnsinnig toll gespielt erlebt haben.

    Ich war froh, daß ich wieder umschalten durfte zum Fußball. Selbst Snooker wäre begeisternder gewesen als dieser Pausenfüller.

    Man kann neben der Klassik noch viele andere Dinge geniessen.

    Worin ich Dir vollinhaltlich zustimme, nicht nur in Sachen Musik!


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Lieber La Roche,


    aus exakt dem gleichen Grund (Halbzeitpause) bin ich auch bei André Rieu hängengeblieben. Ich fand sein Dirigat etwas affig. Daß er den Bolero hat spielen lassen, fand ich aber zumindest besser, als daß er selbst in die Saiten gegriffen hätte. Die Trommler waren sehr tempohart und toll im Rhythmus, das andere durfte man nicht allzu ernst nehmen, z.B. den Chor, der vermutlich gewollt schmalzig rüberkam. Daß eher verzückte als entsetzte Publikumsgesichter gezeigt wurden, kann ich verstehen, die Leute WOLLEN sich ja auch amüsieren.


    Insgesamt fand ich es eine gelungene Pausenunterhaltung, und zum Glück hat es ja auch ziemlich genau reingepaßt. Bei Snooker wäre ich sicherlich weitergewandert.


    Das Spiel war sehr unterhaltsam, selbst das 1:0 der Amis hat mich nicht aus der Bahn geworfen, unsere Mannschaft ließ ein ganz anderes Selbstbewußtsein erkennen als noch unter Flick. Ich habe gehofft, daß Füllkrug schon mal irgendwann das Tor trifft...

  • Letzthin bin ich auf das auf das Schwingungsverhalten von Saiten gestossen. Eine mathematische Abhandlung dazu hat mich motiviert, mein verschüttetes Wissen wieder zu aktivieren, damit ich die Sache verstehe.


    Die Obertonanalyse geht, wenn ich mich noch richtig erinnere, auf Pythagoras oder zumindest die Pythagoräer zurück. Diese sogenannte Pythagoräische Stimmung beruht tatsächlich auf klaren Frequenzverhältnissen der schwingenden Saiten.


    Faszinierend fand ich dann die wohltemperierte Stimmung, die ja Kompromisse eingeht, also eigentlich schon vom Prinzip her Dissonanzen erzeugt ;)

  • Ich höre gerade mit grossen Vergnügen eine aus meiner Sicht geeignete "Einstiegsdroge" in die Welt der klassischen Musik.

    Hier wird Satie in einer modernen Ambient Interpretation geboten. Sehr leicht verdaulich, sicherlich den Geschmack vieler jüngerer Leute treffend, die sich in der Welt der elektronischen Welt bewegen. Und vielleicht kann sowas die Neugierde wecken - wer ist dieser Satie? Wie klingt das Original...?

    "Über Musik zu schreiben ist wie über Architektur zu tanzen..."

  • Sehr leicht verdaulich, sicherlich den Geschmack vieler jüngerer Leute treffend, die sich in der Welt der elektronischen Welt bewegen. Und vielleicht kann sowas die Neugierde wecken - wer ist dieser Satie? Wie klingt das Original...?

    Die Idee ist, dass durch akustische Adaption an das Gewohnte irgendwann die Suche nach dem Ursprung kommt .... Schön wäre es :)


    Also von



    nach



    Dann wäre tatsächlich etwas gewonnen. Ist das wahrscheinlich oder muss man dafür nicht schon Voraussetzungen haben?


    Auf jeden Fall ist das zweite Album als CD günstiger



    :P



    PS: Vielleicht eine kleine Ergänzung. Frag einmal in jugendlichem Umfeld (oder überhaupt!), welches der beiden Stücke die bessere Musik sei. Ich glaube, wir würden etwas überrascht sein ;)

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  • Boris es ist gar nicht so sarkastisch gemeint, wie es vielleicht klingen mag, angesichts der herausgestreckten Zunge ... Ich bin mir einfach nur sehr unsicher, ob ein solches Konzept Chancen hat, oder bei wem es Chancen hat. Man könnte ja einfach mit der adaptierten Version glücklich sein .

  • Die Obertonanalyse geht, wenn ich mich noch richtig erinnere, auf Pythagoras oder zumindest die Pythagoräer zurück. Diese sogenannte Pythagoräische Stimmung beruht tatsächlich auf klaren Frequenzverhältnissen der schwingenden Saiten.


    Faszinierend fand ich dann die wohltemperierte Stimmung, die ja Kompromisse eingeht, also eigentlich schon vom Prinzip her Dissonanzen erzeugt ;)

    Es ist aus mathematischer Sicht etwas kompliziert, wenn das Schwingungsverhalten beschrieben wird. Die Erkenntnisse des Pythagoras kann ich noch nachvollziehen.


    Du bist Mathematiker.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Saitenschwingung

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Zum Rework von Kid Francescoli und der Interpretation von Bertrand Chamayou.


    Lent lautet die Tempobezeichnug der Nr. 1 aus Gnossienne. In meiner Einschätzung interpretieren beide viel zu schnell.


    Jeroen van Veen spielt in einem aufreizend langsamen Tempo.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
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  • es ist gar nicht so sarkastisch gemeint, wie es vielleicht klingen mag, angesichts der herausgestreckten Zunge ... Ich bin mir einfach nur sehr unsicher, ob ein solches Konzept Chancen hat, oder bei wem es Chancen hat. Man könnte ja einfach mit der adaptierten Version glücklich sein .

    Astewes, das wissen wir beide nicht und können letztlich nur Mutmassungen anstellen. Ich weiss, dass mich das erreicht und meine Neugierde geweckt hätte. Funktioniert ja auch heute noch bestens. Mein Junior findet es auch recht ansprechend, wobei er vermutlich hörtechnisch vorbelastet ist und schon schwerere Brocken klassischer Natur mitbekommen musste. Letztlich steht und fällt das wie bei so vielen Dingen mit der Frage wie offen und undogmatisch man neuen Eindrücke begegnen kann. Vor 30 Jahren wäre mir vieles nicht auf den Plattenteller gekommen, was ich heute mit allergrösstem Vergnügen höre.

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  • Mein Junior findet es auch recht ansprechend, wobei er vermutlich hörtechnisch vorbelastet ist und schon schwerere Brocken klassischer Natur mitbekommen musste.

    Das dürfte entscheidend sein: Wie werden Kinder musikalisch geprägt. In meinem Freundeskreis gibt es einen zweieinhalbjährigen Jungen, dessen absolutes Lieblingsstück Strawinskys Petrouchka ist, gefolgt von Mahlers Klavierquartettsatz und dem Czardas von Monti in der Fassung von Martin Fröst. Da rastet er geradezu aus vor Freude. Besonders liebt er auch Elgars Salut d'Amour (als wir das vor ein paar Monaten als Zugabe spielten, hörte man ihn nach dem letzten Ton und vor dem Applaus hinten im Saal: "Noch einmal!"). Er war aber auch schon von Geburt an bzw. ein paar Monate davor von Musik umgeben, und ein paar musikalische Gene dürfte er auch mitbekommen haben.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

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