Anton Bruckner: Sinfonie Nr 7 in E-dur - die Einzige

  • Das ist erstens ein wenig verwunderlich, weil es die Scherzi sind, die Bruckner das Tor zum 20. jahrhundert weit aufstoßen lassen; und zweitens, weil man natürlich gerade auch bei Bruckner die Bedeutung erst im Gesamtzusammenhang der gesamten Sinfonie, also aller Sätze, erkennt und damit genießen kann.


    Ich sage ja nicht, ich höre keine Scherzi. Der Weg zur Erkennung der Gesamtzusammenhänge ist mir also zumindest rein technisch nicht verschlossen.

  • Liegt das am Werk, am Orchester oder am Dirigenten? Oder an allem zusammen?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Liegt das am Werk, am Orchester oder am Dirigenten? Oder an allem zusammen?


    Ich muss das erst nochmal mit dem hier abgleichen, da wird die Sieben sehr gelobt:



    Aber es gibt auch Einzelaufnahmen der Siebenten ... so viel Arbeit gleich wieder ... 8-)

  • Hallo zusammen. Was die Siebte angeht, fühle ich mich ja durch Karajans letzte Aufnahme bestens bedient. Vor allem aber wegen des langsamen Satzes zu Wagners Tod würde ich nun mal eine (auffallend) langsame Interpretation hören wollen, könnt Ihr mir eine Empfehlung aussprechen? Ginge das in Richtung Celibidache?

  • Das dürfte dann wohl in der Tat auf Celibidache hinauslaufen:



    Die Spielzeiten sind: 24:17, 28:47, 11:35, 14:31


    Ebenfalls über 70 Minuten benötigen Kurt Sanderling und Simon Rattle:



    Spielzeiten Sanderling: 21:44, 25:13, 10:32, 13:45, hier genauer vorgestellt
    Rattle: 22:48, 24:09, 10:35, 13:23

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo zusammen. Was die Siebte angeht, fühle ich mich ja durch Karajans letzte Aufnahme bestens bedient. Vor allem aber wegen des langsamen Satzes zu Wagners Tod würde ich nun mal eine (auffallend) langsame Interpretation hören wollen, könnt Ihr mir eine Empfehlung aussprechen? Ginge das in Richtung Celibidache?


    Lieber Tapio, Celibidache ist ganz richtig, aber er übertrifft sich in seinem Versöhnungskonzert mit den Berliner Philharmonikern (gibts auf DVD) selbst:

    Ich habe das Konzert persönlich erleben dürfen, es war das Musikereignis damals in Berlin. Celibidache kennt für alle Sätze nur das Tempo: Sehr langsam. Die Sinfonie dauert über 91 Minuten!
    Natürlich alles sehr sauber und penibel ausmusiziert.
    28:17 - 31:25 - 12: 47 - 18:44
    Wer's mag?
    Beste Grüße
    :hello:
    timmiju

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Wer's mag?


    Ich auch, unbedingt! Es war mir zwar seinerzeit nicht vergönnt, im Publikum zu sein, ich kenne nur die Aufnahme mit den Proben sehr gut, möchte aber auch andere Mitschnitte dieser Sinfonie mit Celibidache hinzuziehen: Für mich ist das, was er erreicht, die Vollendung schlechthin. Das ist es. Dafür bin ich ihm sehr dankbar.


    Noch eine Frage, lieber timmiju, wie ist den die Bildqualität der DVD? Ich habe einen eigenen Mitschnitt aus dem Fernsehen, mit dem ich nicht so glücklich bin. Bei Celibidache muss es das Beste sein.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Noch eine Frage, lieber timmiju, wie ist den die Bildqualität der DVD? Ich habe einen eigenen Mitschnitt aus dem Fernsehen, mit dem ich nicht so glücklich bin. Bei Celibidache muss es das Beste sein.
    Gruß Rheingold


    Lieber Rheingold, ich habe eben noch einmal reingeschaut, also mit der Bildqualität bin ich sehr zufrieden, wenn man berücksichtigt, dass die Aufnahme aus dem Jahre 1992 stammt. Inzwischen ist man, was die optische Darstellung betrifft, sicher weiter. Besonders die Nahaufnahmen sind in der Schärfe gut gelungen. Du kannst bei jpc ja mal reinschauen. Bei allem Sehvergnügen bei einer DVD, hier ist mir das Hörerlebnis wichtiger, das dann eben ergänzt wird durch den visuellen Eindruck. Die DVD ist bestimmt besser als ein analoger Fernsehmitschnitt. Ich habe Bernstein-DVDs, die bildlich deutlich schlechter sind. Da dieses Konzert schon eine mittlere Sensation darstellte, nach 38 Jahren Berlin-Abstinenz, die Vorgeschichte ist ja bekannt, sollte ein Celi-Fan eigentlich hier zulangen.


    Beste Grüße
    :hello:
    timmiju

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Ich bin derzeit ja ein wenig in einem Klemperer-Fieber, daher wollte ich auch bei diesem Werk diesen Dirigenten einbeziehen. Nun gibt es allerdings mindestens sechs verschiedene Aufnahmen:



    Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks (München, 12.04.1956)



    Wiener Symphoniker (Wien, 26.02.1958)



    Berliner Philharmoniker (Luzern, 03.09.1958)



    Philharmonia Orchestra (London, 01.—05.11.1960)



    New Philharmonia Orchestra (London, 02.11.1965)



    NDR-Sinfonieorchester (Hamburg, 03.05.1966)


    Schon aus tontechnischen Gründen würde ich zu einer der drei 60er-Jahre-Aufnahmen tendieren. Kann mir jemand einen Tipp geben?


    Liebe Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Bei allem Sehvergnügen bei einer DVD, hier ist mir das Hörerlebnis wichtiger, das dann eben ergänzt wird durch den visuellen Eindruck.


    Danke für Deine rasche und genau Antwort, lieber timmiju. Dann muss es diese DVD also sein! Grundsätzlich hast Du natürlich Recht mit der Reihenfolge - erst hören, dann schauen! Im Falle von Celibidache, und nur bei diesem Dirigenten, wollte ich immer auch sehen. Ich habe ihn nur zweimal live erlebt. Meine letzte Begegnung war ein Wagner-Programm, dass dann ja auch auf CD gelangte, in Hamburg. Mit den räumlichen Verhältnissen in der Musikhalle einigermaßen vertraut, habe ich mir eine Karte gekauft für den ersten Rang, erste Reihe, direkt an der Wand, wo das Proszenium beginnt - weiter vorn ging nicht. Da sah ich ihn. Es war seine Mimik, sein Blick, mit der er auch Musik "machen" konnte. Man hatte den Eindruck, er würde die letzten Feinheiten regelrecht abschmecken. So und nicht anders. Wie muss das erst bei der Siebten von Bruckner gewesen sein? Kurz vor seinem Tod war noch ein Konzert mit Bruckners Vierter in Berlin angesetzt, das ich auch besuchen wollte. Es sollte nicht sein.


    Herzlich grüßt Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Bruckners Siebte ist eine meiner Lieblingssymphonien und viele Aufnahmen, die ich schätze und auch besitze (Rosbaud, Klemperer, Wand usw) wurden hier genannt, aber zwei fabelhafte Aufnahmen fehlen, soweit ich das überblicke.


    Carl+Schuricht+Bruckner.jpg


    Die Blomstedt-Aufnahme erschien ursprünglich auf Denon (dementsprechend ist die Klangqualität), die Schuricht findet man als CD in einer nicht ganz günstigen, aber trotzdem preiswerten Box: Concert Hall Recordings

  • Ich bin derzeit ja ein wenig in einem Klemperer-Fieber, daher wollte ich auch bei diesem Werk diesen Dirigenten einbeziehen.


    Lieber Joseph,


    da ich Dich sowohl als Klemperer- und auch als Bruckner-Anhänger kenne, wundere ich mich ein wenig, daß Du Klemperers Interpretation der 7. noch nicht kennst. Da Du Deine Präferenz festgelegt hast: "Schon aus tontechnischen Gründen würde ich zu einer der drei 60er-Jahre-Aufnahmen tendieren. Kann mir jemand einen Tipp geben?", lautet mein eindeutiger Tipp:



    Philharmonia Orchestra (London, 01.—05.11.1960)


    Und zwar in der gezeigten Box. Die 7. Sinfonie wurde 2000 neu digital remastert und klingt gegenüber der seit langem erhältlichen Einzelveröffentlichung



    mit Remasterung von 1988 wesentlich "entstaubter", nämlich präsenter, natürlicher und, hier besonders entscheidend, in der Stereoabbildung wesentlich präsenter. Nebenbei: Auch die 4. und die 6. Sinfonie wurden 2004 bzw. 2002 neu remastert mit ähnlich erfreulichen Ergebnissen gegenüber älteren Veröffentlichungen.


    Da Klemperer ja die deutsche Orchesteraufstellung favorisierte, kann man hier detailliert dem Spiel der einzelnen Streichergruppen bis "in die letzte Ecke" folgen. Man hat das Vergnügen (es ist wirklich eins), auch in einer bestens bekannten Sinfonie rhythmische oder allgemeine musikalische Verläufe zu hören, die in sehr vielen anderen Aufnahmen untergehen oder beiläufig mit-gehört werden.


    Die Transparenz ist enorm.


    Interpretatorisch ist anzumerken, daß die 7. Klemperers erste Bruckner-Aufnahme für die EMI war. 1960 war die Tendenz, Tempi zum Teil wesentlich langsamer spielen zu lassen, noch nicht vorhanden. Es handelt sich um eine sich im stetigen Fluss befindliche Aufnahme, deren Tempogestaltung keine Fragen aufwirft.
    Wer Klemperers Beethoven schätzt, der wird auch interpretatorisch an der 7. Sinfonie Bruckners Freude haben. Diese Aufnahme hat "Größe" und Wucht, lässt aber im Adagio die nötige Wärme nicht vermissen.


    Zu den anderen Aufnahmen kann ich nichts sagen, denn die kenne ich (in einem Fall: noch) nicht. Erfahrungsgemäß weicht der Interpretationsansatz bei Klemperer aber im Vergleich zwischen Studio- und Konzertaufnahme nicht übermäßig stark ab, zumindest wenn sie in einer nicht zu langen zeitlichen Abfolge voneinander entstanden.



    NDR-Sinfonieorchester (Hamburg, 03.05.1966)
    Die Aufnahme mit dem NDR-SO interessiert mich (auch als lokalpatriotischer Sicht ;) ) seit längerem. Da sie gerade günstig erhältlich war habe ich sie bestellt und werde demnächst berichten können...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Berliner, 1992, 2. Satz:
    http://www.youtube.com/watch?v…8&list=PL626E1B19F36ED1A5
    Ist das eventuell das Konzert, das es auf DVD gibt? Ich habe mich über die Celi-Tempi immer lustig gemacht, aber in diesem Fall dürfte es passen...


    Lieber Tapio, jawohl das ist das Konzert und das ist nun wirklich mal ein langsamer Satz, aber Celibidache buchstabiert die Noten förmlich, es sind eigentlich alle Sätze, egal wie sie überschrieben sind, in diesem "Tempo". Aber manchen gefällt das so, ich kenne auch welche.
    Gruß
    :hello:
    timmiju

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Danke timmiju, dann lohnt es sich, diesen erstmal via Youtube anzuhören. Auf ebay werde ich wohl auch fündig. Nur da würde mir dann die CD schon eher passen. Da verkaufen professionelle Händler die CD doch tatsächlich für EUR 50? Normalerweise ist der CD-Markt so am Boden, dass man nur Cent-Beträge erreicht.


    EDIT: Ah, ich kann ja via Alfreds Partner kaufen :)


    Was meint "First authorized edition" hier? Habe sie bestellt.



  • Klemp verbummelt das Finale, daher insgesamt eine recht normale Spieldauer; die ersten beiden Sätze sind am flotteren Ende von "normal" oder am langsameren Ende von "flott" ;)
    In einer Live-Aufnahme von '58 (Wiener Symphoniker) bleibt er anscheinend knapp unter 60 min: 18:16 - 19:45 - 9:10 - 12:37 (wieder ist aber das Finale im Vgl. der breiteste Satz)


    Klemperer ist in all seinen Live-Aufnahmen der Siebten von Bruckner schneller als in der EMI-Studioaufnahme, sogar im 1966er Mitschnitt aus Hamburg.


    Das Finale kam mir gar nicht so "verbummelt" vor. Mit 13:42 ist Klemperer nur etwa eine Minute langsamer als Karajan 1971 (12:55), etwa eine halbe langsamer als Wand in seiner spätesten Aufnahme 1999 (13:12) und fast identisch mit Jochum in seiner Aufnahme aus Amsterdam 1986 (13:30). Er ist sogar etwas schneller als Knappertsbusch in Köln 1963 (14:16) (der aber insgesamt auch nur auf 65:30 kommt) und Thielemann auf DVD (14:21).


    Aber gerne einige ich mich auf "eine der flotteren Aufnahmen". ;)

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    – Luís de Camões

  • Ich habe mir die jetzt nicht angehört, aber ich besitze ca. 9 Aufnahmen des Werks und Klemperer Studio ist mit ca. einer Minute Abstand die langsamste im Finale. Matacic und Giulini liegen bei ca. 12:45 (wie etwa auch Klemperer live), Van Beinum, Skrowaczewski, Rosbaud sind nochmal eine Minute schneller, Gielen 11:15 und Horenstein (1929) 10:46 die flottesten. Und Skro, Matacic und Giulini sind in den ersten beiden Sätzen deutlich langsamer als Klemperer. Absolut gesehen mag Klemperer im Finale nicht sooo langsam sein, aber verglichen mit seinen Tempi in den ersten beiden Sätzen ist er es m.E. sehr deutlich.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Die Frage ist, ob Klemperer im Finale "zu langsam" ist oder ob zu viele Dirigenten den letzten Satz in Relation zu den anderen zu schnell dirigieren. Die Tempoangabe des Finales lautet immerhin: "Bewegt, doch nicht schnell", in einigen Aufnahmen "nicht zu schnell" (vielleicht gibt es Unterschiede zwischen den Aufführungsversionen).


    Ben Cohrs schrieb in diesem Thread dazu:

    Zitat

    im Finale ist er der einzige, der ein gemäßigtes Grundzeitmaß wirklich einhält. Ich finde, der Satz wird immer zu schnell genommen; er sollte aber das gleiche Grundzeitmaß wie der Kopfsatz haben. Sonst hört man nicht die Zusammenhänge der Themen der Ecksätze.


    "Er" ist in diesem Zusammenhang Bruno Walter, und Walter ließ das Finale in der angesprochenen Aufnahme von 1961 in 13'53'' spielen bei 20'46'' im Kopfsatz.
    Auch im Beiheft zur Norrington-Einspielung verwies Ben auf das Finale, das das gleiche Grundtempo wie der erste Satz haben sollte, damit die Verwandtschaft der Hauptthemen verdeutlicht würde.


    In einem Briefwechsel mit Arthur Nikisch (dem Dirigenten der Uraufführung) 1884 ist der Wunsch Bruckners zu finden, daß er ein moderates Zeitmaß für das Finale wünsche.


    Bei den meisten Aufnahmen ist es hingegen so, daß der erste Satz (ein "Allegro moderato") im Tempo zu breit, zu "schwer", angelegt ist, während das Finale ein zu schnelles Tempo erhält, sowohl in Relation zum Tempo im Kopfsatz als auch in der Interpretation des "nicht (zu) schnell", also von Bruckners Zeitangabe.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


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    Gustav Mahler


  • Ähnliche Proportionen finden sich in der neuen Aufnahme Barenboims: 14'16 gegen 20'54.


    Sie gefällt mir besser als erwartet. Ich bin kein großer Freund Barenboims (insbesondere) in diesem Repertoire. Obwohl er hier seine Furtwänglerismen besonders auslebt, finde ich diese Einspielung jedoch interessant, gelungener jedenfalls als jene mit dem CSO oder den Philharmonikern aus Berlin. Die dortige Staatskapelle trägt entschieden dazu bei, ich schätzte dieses eigene orchestrale Timbre mit Wiedererkennungswert, wie man es nur noch selten findet (z.B. noch bei den Wiener Philharmonikern in der Abbado-Aufnahme). Zu willkürlich für eine "Referenzeinspielung", aber hörenswert.

  • Karajans Aufnahme mit den Berliner PH auf CD der Sinfonie Nr.7 finde ich mit 20:06 - 21:55 - 9:50 - 12:26 vom Tempogefüge immer noch am Ausgewogensten.



    DG, 1975, ADD



    Aber auch Wand mit dem Kölner RSO liegt mir mit 19:54 - 22:38 - 9:45 - 12:03 wesentlich näher, als die in den Vorbeiträgen erwähnten "Langsamkeitsorgien". Damit kann ich mich absolut nicht anfreunden, wenn die Musik so auseinanderfällt.



    RCA, 1980, DDD



    :angel: Eine ganz grosse Aufführung der 7ten ist für mich auch das LIVE-Konzert aus der Royal Albert Hall, London 1978 mit Solti und seinem CSO (Decca, DVD. DTS.5.1). Hier wird die Live-Athmosphäre zum Ereignis und auf Video anzusehen und hören der Hammer. Die Zeiten sind nur im Adagio etwas breit, aber ansonsten ausgewogen 22:07 - 24:14 - 10:00 - 12:20.
    Gefällt mir besser als seine CSO-Aufnahme in der Bruckner-GA in Chicago, wo er das Adagio mir mit 25:12 auch zu breit überstrapaziert.
    Die Gesamtzeiten der übrigen Sätze sind OK: 21:27 - 25:12 - 10:10 - 11:45.


    - Die Decca-Solti-4 DVD- Box ist derzeit nicht gelistet --- :jubel: wie gut das ich diese habe ! -


    Dafür hier eine Kostprobe des Finalsatzes vom Livekonzert 1978:



    Decca, 7.=1986, DDD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Also den Themenzusammenhang hört man m.E. auch bei unterschiedlichen Tempi. Ich müsste Klemperers noch mal anhören, um den Eindruck aufzufrischen. Mir gefällt das Finale der 7. gerade weil es kürzer und "leichter" ist als das "typische" Bruckner-Finale. Den Anfang, diese punktierte Variante des Hauptthemas vom Kopfsatz empfinde ich beinahe als "scherzando".

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    (Bob Dylan)

  • Ähnliche Proportionen finden sich in der neuen Aufnahme Barenboims: 14'16 gegen 20'54.


    Sie gefällt mir besser als erwartet. Ich bin kein großer Freund Barenboims (insbesondere) in diesem Repertoire. Obwohl er hier seine Furtwänglerismen besonders auslebt, finde ich diese Einspielung jedoch interessant, gelungener jedenfalls als jene mit dem CSO oder den Philharmonikern aus Berlin. Die dortige Staatskapelle trägt entschieden dazu bei, ich schätzte dieses eigene orchestrale Timbre mit Wiedererkennungswert, wie man es nur noch selten findet (z.B. noch bei den Wiener Philharmonikern in der Abbado-Aufnahme). Zu willkürlich für eine "Referenzeinspielung", aber hörenswert.


    Das geht mir genau so, zumindest was die künstlerische Qualität der neuen Aufnahme der 7. angeht.



    Nach erstmaligem Hören sagte mir neben dem sonoren Klang der Staatskapelle die Flexibilität der Tempogestaltung zu. Barenboim gelingt es, bekannte Details durch sehr schöne Rubati neu zu beleuchten und durch eine feinsinnige Behandlung der Holzbläser in ein etwas differenzierteres Licht (im Vergleich zu vielen anderen Aufnahmen) zu rücken.
    Größtes Manko ist die mir zu legatoselige Streicherbehandlung zu Beginn des 2. Satzes. Das ist zwar keine exklusive Erfindung von ihm, aber mir wirkt der Satz dadurch zu "rührselig". Die "große Trauer" soll sich schließlich erst im C-Dur Klimax (bei Barenboim mit Beckenschlag) entladen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Dann will ich mal eine Aufnahme posten, die über jeden Zweifel erhaben sein dürfte und in ihren temporalen Ausmaßen auch Wolfgang gefallen dürfte, ganz abgesehen von der grandiosen Aufführung:



    Anton Bruckner: Sinfonie nr. 7 E-dur
    NDR-Sinfonieorchester
    Dirigent: Günter Wand
    AD. 28. August 1999
    Spielzeiten: 20:02 - 20:52 - 10:13 - 12:54 -- 64:01 min.;


    Es war dies Günter Wands zweitletzte Aufnahme der Siebten, jedenfalls nach meiner Kenntnis. Drei Monate später hat er sie letztmalig in drei Konzerte in Berlin mit den Philharmonikern aufgeführt. Danach hat er in Lübeck 2000 die Achte und auch 2000 in München die Achte und 2001 im Januar in Berlin die Achte und im Juli in Lübeck die Neunte aufgenommen. Sein letzte Aufnahme überhaupt war Ende Oktober 2001 in Hamburg die Vierte mit der Fünften Schubert.


    Diese Siebte in Lübeck 1999 darf mit Fug und Recht zu den ganz großen Aufnahmen gerechnet werden. Selten habe ich Günter Wand in einem Konzert so oft Lächeln sehen, und in den großen Steigerungen wie der "Mutter" aller Steigerungen, jener sagenhaften im Adagio mit dem Kulminationspunkt in C-dur, sowie in der Schlusssteigerung des Finales strahlte er gar ganz begeistert.
    Wieder einmal musste ich mich wundern, auf welch ein hohes Niveau er die Blechbläser des NDR-Sinfonieorchesters in den bis dahin 18 Jahren seiner Orchesterleitung gebracht hatte. Denn obwohl er offiziell nur Chefdirigent bis Ende 1991 war, hat er danach als Ehrendirigent weitaus mehr Konzerte dirigiert als seine offiziellen Nachfolger. Aber auch die Holzbläser und die Streicher waren wie aus einem Guss.
    Erstaunlich war dann eigentlich schon nicht mehr, dass bei einer derartig gewachsenen Synthese zwischen Orchester und Dirigent eine solch mitreißende, vorwärtsdrängende Aufführung entstand, bei der niemand den Beckenschlag vermisste, selbst ich nicht. Übrigens hat ja bekanntlich auch Karajan das Becken schweigen lassen, da er nach der gleichen Ausgabe (Robert Hass) dirigierte wie Günter Wand.


    Liebe Grüße


    Willi :thumbsup::thumbsup::thumbsup::thumbsup:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Du hast Recht, lieber Liebestraum, Ich hatte in der 70er Jahre GA Karajans gelesen, dass er die Siebte nach der Hass-Edition dirigiert hat, in der der Beckenschlag nicht mehr drinsteht, und es heißt auch im Booklet, dass sich Karajan "weitestgehend an die Ausgabe von des Komponisten letzter Hand gehalten" habe. Nun, dann hat er sich wohl in diesem Falle darüber hinweg gesetzt. Ich hätte es vorher hören sollen, bevor ich es geschrieben ahbe. Das habe ich nun nachgeholt. Tatsächlich erklingt der Beckenschlag. Nun, bei Günter Wand erklingt er efinitiv nicht. Der ist da anscheinendd wirklich konsequenter gewesen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Vor dem Konzert (auf der DVD) hält Solti einen Vortrag über die Sinfonie Nr.7 und geht auch auf den Beckenschlag im Adagio ein:
    Er zeigt einen Originalpartiturauschnitt in dem beim Beckenschlag die Angabe "nicht gültig" steht. Es ist aber eindeutig nicht Bruckners Handschrift, sondern wurde von fremder Hand eingetragen. Somit ist diese Angabe ungültig und der Beckenschlag wird natürlich bei Solti nicht ausgelassen - gut so !


    Lieber Willi,


    ich finde es eher konsequent, wenn man nicht auf den Beckenschlag verzichtet !
    In Beitrag 135 hattest Du die ebenfalls fabelhafte Karajan-Aufnahme mit den Berliner PH (DG) besprochen. :!: Konsequenterweise auch dort natürlich mit Beckenschlag !


    Ich schätze die Wand-Bruckner-Aufnahmen mit den Kölnern (RCA) wirklich sehr. Aber bei der Siebten fehlt er mir dort ganz deutlich. (Ist auch die einzige ( :D inkonsequente) Aufnahme, die ich ohne kenne.)

    Gruß aus Bonn, Wolfgang