ZitatOriginal von pbrixius
Aber das ist bei der Musik, die nicht so sehr das Problem der stark veränderten Sprache (Mhd/Nhd) hat, ein wenig anders.
Abgesehen davon, daß ich den Begriff "Sprache" in der Musik nicht für angemessen halte, außer wenn es um vertonte Texte geht (s. Reinhard Kopiez: Der Mythos von Musik als universell verständliche Sprache, in: Musikermythen. Alltagstheorien, Legenden und Medieninszenierungen. Hg. v. Claudia Bullerjahn und Wolfgang Löffler. Georg Olms Verlag Hildesheim 2004, 49-94), bin ich überhaupt nicht davon überzeugt, daß in der Musik da geringere Unterschiede bestehen. So wie die meisten unserer Zeitgenossen Problem haben, Jean Paul zu verstehen, dies auf jeden Fall anders tun als dessen Zeitgenossen, so geht es uns auch mit Beethoven, den jemand treffend "unseren musikalischen Jean Paul" genannt hat. Nur weil die Noten sehr ähnlich aussehen, müssen sie noch lange nicht genauso gedeutet worden sein. Und zu früheren Musiken ist die Distanz noch erheblich größer und die Klangwelten fremder geworden - daß kann man an den von Dir genannten Prägungen ja gut sehen. Die haben wir alle, und sie in Frage zu stellen, das ist die Kunst, damit man nicht an den ewig gleichen Hörgewohnheiten hängenbleibt.
Und noch mal zur Klanggestalt: Es ist klar, dass die Schwellen da subjektiv gesetzt sind, aber wenn man die klangliche Erscheinung als sekundär erachtet, darf man eigentlich über den Bach von Wendy Carlos nicht meckern. Aber ich will hier nicht unterstellen. Ich habe schon früher die Erfahrung gemacht, dass es Hörer gibt, denen die konkrete Klanggestalt untrennbarer Teil des Werkes ist, und solche, denen das weniger wichtig ist - dazwischen scheinen mir fast unüberbrückbare Gräben zu liegen. Ich weiß nicht, was Du hörst, aber ich höre Klänge, nicht Noten ...
Mit Grüßen
Miguel