http://www.bi-opernintendanz.eu/
Rechte Gesinnungen heutzutage, die sich gerne vornehm machen und den Schein bürgerlicher Wohlanständigkeit geben, haben eine sehr erfolgreiche Strategie der Selbstverteidigung entwickelt: Benennt man das rechte Gedankengut, was in den Köpfen herumspukt, als das, was es ist, dann heißt es gleich: Man bedient sich der Nazi-Keule und stellt sie in eine rechtsradikale Ecke.
So bequem sollte man es den Initiatoren dieser Initiative deshalb nicht machen. In der Beurteilung des Phänomens kann man sich nämlich ganz nüchtern und unaufgeregt auf die Analysen des französischen Soziologen Pierre Bourdieu stützen, insbesondere seinen Begriff der „konservativen Revolution“. Damit wird nämlich einmal deutlich, dass diese – antiliberale, antidemokratische und antihumanistische – rechte „Bewegung“ weit älter ist als der Nationalsozialismus, gründet in antimodernistischer, radikaler Kulturkritik. Sie etabliert sich wie Bourdieu zeigt als ein sprachlicher Diskurs, der sich auf Stereotypen stützt, einen typisierten Sprachgebrauch mit Wiedererkennungswert zum Zweck der Identifikation. Der nationalsozialistische Diskurs über „entartete Kunst“ ist letztlich nur ein zweiter Aufguss dieses intellektuellen Gebräus, entstanden in der Zeit des 1. Weltkrieges, und benutzt exakt dieselben Stereotypen. Was er lediglich auswechselt und sich damit erheblich radikalisiert, sind die Inhalte, die nun militant rassistisch und antisemitisch werden. Das Beunruhigende an diesem Diskurs ist, dass er offenbar bis heute „überlebt“ hat, sich nun in einem dritten Aufguss zum wiederholten Mal mit neuem Inhalt füllt, dem Konstrukt des Regietheaters als eines die bürgerlichen Werte zerstörenden Kultursystems, das es zu bekämpfen gilt.
Wenn diese Initiative behauptet, demokratisch zu sein (die Seiten der Webseite kann jeder selber lesen und sich ein Urteil bilden), dann muss das für einen Leser, der nicht Anhänger ist und deshalb auch kein Bedürfnis nach Identifikation hat, eher wie ein Deckmantel wirken, um die wahre antidemokratische Absicht zu verschleiern – nämlich das Regietheater durch die Ausübung scheindemokratischer Zensur aus dem Kulturleben zu entfernen. Das entlarvt schließlich die Sprache dieser Webseite, die man nur sprechen lassen muss. Man kann eben nicht einerseits die Absicht der Demokratisierung beteuern und andererseits den „Feind“, das Regietheater, mit Sprachstereotypen „bekämpfen“, die fast ausnahmslos aus dem Diskurs über „entartete Kunst“ stammen. Wenn man so etwas öffentlich kundtut, dann wird man schlicht unglaubwürdig.
Der Grundirrtum der Hannoveraner Initiative ist dieser zentrale Satz:
http://www.bi-opernintendanz.eu/index_Worum_geht_es_3.htm
„Die vielzitierte ’Freiheit der Kunst’ hat da ihre Grenzen, wo Interpretation zur Zerstörung wird.“
Die Kunstfreiheit hat selbstverständlich Grenzen in rechtlicher (und moralischer) Hinsicht. Eine Operninszenierung darf z.B. nicht konkret Personen namentlich benennen und verleumden. In ästhetischer Hinsicht dagegen gibt es keinerlei Einschränkung der Kunstfreiheit von außen. Die Grenzen, welche sich die Kunst in ästhetischer Hinsicht setzt, setzt sie ausschließlich selbst. Dies entspricht nicht zuletzt der Genieästhetik eines gerade von „Konservativen“ so verehrten Künstlers wie Johann Wolfgang v. Goethe. Das künstlerische „Genie“ gibt sich ausschließlich selbst seine Gesetze – das ist seine Würde und Verantwortung. Wenn sich irgendeine Instanz (der Staat, die Gesellschaft, das Publikum) da einmischt und anmaßt regulierend einzugreifen, dann bedeutet das schlicht die Aufhebung der Freiheit der Kunst, wie sie aus totalitären Staaten bekannt ist (man denke an die „Formalismus“-Debatte in der ehemaligen Sowjetunion).
In der Folge werden - methodisch im Anschluss an Bourdieu -, die einzelnen Vokabeln und Stereotypen aufgegriffen und direkt gegenübergestellt. Das Zitierte bedarf keines Kommentars und spricht für sich selbst.
Pierre Bourdieu:
Es macht sich nach 1918 „jene Art Einverständnis in der konservativen Entrüstung“ breit, „sich dabei von schlichten Slogans und Gemeinplätzen nährend, wie die Klage über den „Individualismus“ (oder die „Ichbezogenheit“), über die „utilitaristischen und materialistischen Tendenzen“, den Verfall der Kultur und die Krise der Wissenschaft usw. Ringer macht auf jene Worte aufmerksam, die, gleich emotionalen Stimuli wirkend, auf den Gesamtkomplex einer politischen Weltsicht verweisen: so etwa Zersetzung und Dekomposition (der Historiker Theodor Mommsen spricht von „nationaler Dekomposition“ und wird von NS-Antisemiten deshalb gerne zitiert, H.K.), die nicht nur die Abschwächung irrationaler oder ethischer „natürlicher“ Bande zwischen den Menschen in der Industriegesellschaft evozieren, sondern darüber hinaus auch die rein intellektuellen Mechanismen, die ihren Teil dazu beigetragen haben, kraft ihrer kritischen Analysen die überlieferten Grundlagen des gesellschaftlichen Zusammenhalts zu zersetzen. Bis zur Genüge zitiert er all die antimodernistischen, antidemokratischen, antiwissenschaftlichen, antipositivistischen Äußerungen, die als Antworten der Mandarine auf die Krise nicht etwa der Kultur, wie sie erklären, sondern ihres kulturellen Kapitals zu gelten haben.“
So K.A. von Müller Deutsche Geschichte und deutscher Charakter 1927 (zit. nach Bourdieu):
„Von allen Seiten umdrängt uns das Zerstörende und Zerschwätzende, das Willkürliche und Formlose, das Nivellierende und Mechanisierende dieser maschinellen Zeit, die methodische Zersetzung alles Gesunden und Edlen, die Verhöhnung alles Starken und Ernsten, die Entwürdigung des Göttlichen, was die Menschen emporhebt, indem sie ihm dienen.“
(1) Das Schlagwort „Zersetzung“
Die Metapher ist bezeichnend biologistisch. Es geht immer um ein Ganzes, einen Organismus (hier die Kultur als „System“), der sich zersetzt, also um die Frage von Leben und Tod. Ein solcher Zersetzungsprozess ist nur aufzuhalten, wenn man die „Erreger“ dieses Prozesses entfernt. Entweder die Kulturzersetzer werden vernichtet oder die Kultur, welche (angeblich) zersetzt wird (verfault), lautet die totalitäre Alternative um Alles oder Nichts.
Quelle 1:
http://www.bi-opernintendanz.eu/index_Rundschreiben_3_7.htm
„Theaterleitungen zersetzen unsere Literatur unter dem Vorwand der Aktualisierung. Dass damit der Verfall systematisch betrieben wird, scheint niemanden zu interessieren oder mit dem Slogan "nach unten öffnen" von gewissen politischen Strömungen sogar gewollt zu sein .
Was heute geschieht kann, nicht mehr mit dem Begriff "Freiheit der Kunst" verbrämt werden.“
Quelle 2: Entartete Musik. Eine Abrechnung. Hans Severus Ziegler, Düsseldorf 1938
https://de.wikipedia.org/wiki/Hans_Severus_Ziegler
Ziegler gegen Otto Klemperer (Fenster mit Bild und Titel „Juden gegen Wagner“)
„Der Jude Otto Klemperer führte als „Generalmusikdirektor“ der Kroll-Oper in Berlin die Generalattacken gegen Richard Wagner. Seine Inszenierung des „Fliegenden Holländer“ wurde zu einem der größten Theaterskandale der Systemzeit. Als er am „Platz der Republik“ abgewirtschaftet hatte, setzte er noch an der Staatsoper „Unter den Linden“ sein zersetzendes Treiben mit einer ebenso berüchtigten „Tannhäuser“-Inszenierung fort. Klemperer ist nach der Machtübernahme in die vereinigten Staaten emigriert. Dort lässt er sich als „Märtyrer“ und „Opfer der deutschen Barbarei“ feiern.“
Quelle 3: Entartete Musik. Eine Abrechnung. Hans Severus Ziegler, Düsseldorf 1938
„Wir bekämpfen den zersetzenden, negierenden, eiskalten Scheingeist, der in den letzten Jahrzehnten verkündete, dass uns Beethoven und Wagner nichts mehr zu sagen hätten, und wir bekennen uns zu der großartigen germanisch-deutschen Musik, deren Geheimnis auch in der Seelentiefe des größten deutschen Genies und Wortdichters Wolfgang Goethe rauschte, der einmal ausrief: „Der Gesang hebt wie ein Genius gen Himmel und reizt das bessere Ich in uns an, ihn zu begleiten.“
Quelle 4-6: Hans Költzsch: Das Judentum in der Musik, aus: Theodor Fritsch, Handbuch der Judenfrage. Die wichtigsten Tatsachen zur Beurteilung des jüdischen Volkes, 38. Aufl. (!!!), Leipzig 1935
„... wollte wir ferner die Namen derer mit nennen, die in der jüngsten Vergangenheit bei arischer Abstammung jüdisch dachten und handelten, mitschwommen im Strom von Fäule und Zersetzung (der Fall Hindemith, der Fall Krenek, der Fall Mersmann (Hans Mersmann, Musikwissenschaftler, Autor u.a. des Versuchs einer Phänomenologie der Musik, H.K.)) – wahrhaftig, man könnte ein Buch damit füllen.“
„... man erinnere sich, wie auch schöpferisch wertvolle Musiker (Hindemith!) von diesem Geist der Zersetzung, der Flucht in Sensation und oberflächliches Experiment ergriffen wurden; man erinnere sich, dass der größte Vertreter der Vorkriegsmusik, Richard Strauß, „an den Geist der Zersetzung verlorengegangen ist (Eichenauer)...“
„Die naive Frage: verliert das deutsche Musikleben etwas, wenn keine Juden mehr mitarbeiten? Ist auch dem ärgsten Skeptiker freudig zu verneinen Außerdem: Wägt man die genannten positiven Werte ab mit den negativen „Verdiensten“, mit den tausendfältigen verderblichen, zersetzenden Auswirkungen jüdischer Kulturpolitik, so bleibt wohl kein Zweifel, wohin die Wage sinkt. Darum kann es im weiten Felde des neuen deutschen Musiklebens keine „Politik der mittleren Linie“ mehr geben, keine Duldung, Verständigung, keine Humanität; wir alle haben vielmehr, in der klaren Erkenntnis, dass nur das den höchsten Wert hat, was lebenssteigernd für unsere Rasse wirkt, die Pflicht, das Judentum in der Musik restlos auszuschalten.“
(2) Schlagwort „Verhöhnung“
Quelle 1:
http://www.bi-opernintendanz.eu/index_Worum_geht_es_3.htm
„Distanzieren wir uns von der Verhöhnung der bürgerlichen Hochkultur!"
Quelle 2:
http://www.bi-opernintendanz.eu/index_Rundschreiben_3_7.htm
„Die uns erreichenden Kommentare sind teilweise in ihrer Wortwahl sehr drastisch und zeigen die ganze Wut über die gezielte Verhöhnung des Publikums durch absurde Regiegags, für die auch noch Eintrittsgelder verlangt werden.
Quelle 3: K.A. von Müller Deutsche Geschichte und deutscher Charakter 1927
„Von allen Seiten umdrängt uns das Zerstörende und Zerschwätzende, das Willkürliche und Formlose, das Nivellierende und Mechanisierende dieser maschinellen Zeit, die methodische Zersetzung alles Gesunden und Edlen, die Verhöhnung alles Starken und Ernsten, die Entwürdigung des Göttlichen, was die Menschen emporhebt, indem sie ihm dienen.“
Quelle 4:
http://www.bi-opernintendanz.eu/index_Rundschreiben_1_7.htm
„Oder zertrampeln wir auch die Blumenbeete in den Herrenhäuser Gärten, damit Hannover keinen Ort öffentlicher Ästhetik mehr hat?“
Quelle 5: Entartete Musik. Eine Abrechnung. Hans Severus Ziegler, Düsseldorf 1938
„Ein Volk, dass sich seine Gefühlswerte und Gemütswerte täglich zertrampeln lässt, ohne sich aufzubäumen, ein Volk, dass sich Kleinodien wie das Volkslied verhunzen und damit sich selbst verhöhnen lässt, verliert auch jeden sittlichen Widerstand in politischer und endlich in wirtschaftlicher Beziehung.“
(3) Schlagwort: Animalischer Sexismus und Sensationsgier, gegen das Experiment
http://www.bi-opernintendanz.eu/index_Rundschreiben_1_7.htm
„Wir alle wissen, dass unsere große Literatur durch die gesamte Theatergeschichte mit Respekt auf die Bühne gebracht wurde, da sie ewig gültige Wahrheiten über die menschliche Natur zum Inhalt hat.
Seit den achtziger Jahren etablierte sich in Deutschland eine Tendenz, die Regisseuren gestattet, die Werke zu dekonstruieren, zu zertrümmern, zu verfälschen, um sie zum Spielfeld privater Probleme zu machen.“
Eine schlimme Kindheit, sexuelle Obsessionen, politische Erfahrungen werden den Stücken übergestülpt und dann ’Herunterbrechen auf unsere Zeit’ genannt, wobei in der Oper Musik, Text und das Geschehen auf der Bühne nichts mehr gemeinsam haben.
Die Sensationsgier des Publikums zu befriedigen ist das große Geschäft, wenn Violetta Valéry in der ’Traviata’ als besoffene Schnapsdrossel über die Bühne torkelt und über die Stühle ins Publikum steigt.“
Quelle 2,3: Hans Költzsch: Das Judentum in der Musik
„... man erinnere sich, wie auch schöpferisch wertvolle Musiker (Hindemith!) von diesem Geist der Zersetzung, der Flucht in Sensation und oberflächliches Experiment ergriffen wurden; man erinnere sich, dass der größte Vertreter der Vorkriegsmusik, Richard Strauß, „an den Geist der Zersetzung verlorengegangen ist (Eichenauer)...“
„Ist diese systematische Ausbeutung billigster Geschmacksregionen im Wirkungsbereich noch einigermaßen beschränkt, später auch schnell zu beseitigen und die Verwesungssymptome zu vernichten, so war die Sachlage viel gefährlicher, als die jüdische Rasse und Gesinnung auch in den Dingen der allgemeinen Musik-Erziehung maßgebend wurde...“
Quelle 4:
http://www.bi-opernintendanz.eu/index_Kommentar_'Der_Freischuetz'.htm
Titel:
„'Der Freischütz' - Ein Ekel-Spektakel“
„Das Stück muss doch kaputtzukriegen sein! Vorab bittet man um Entschuldigung, dass man seine Sprache, um das Erlebte zu schildern, auf das Niveau der Aufführung absenken muss.
In der frühkindlichen Analphase stehen geblieben, in der jede Mutter dieser Welt ihr Baby dazu anhält, seine Exkremente nicht überall herumzuschmieren, ergötzt sich das Regieteam dieser Freischütz-Produktion daran, fortwährend damit zu mantschen, zu betatschen, sich drin zu wälzen, während von einem widerwärtigen Gnom mit Knubbelnase, riesigen Ohren, mit hässlichem Gebiss, nacktem Arsch, vorgehängtem, größerformatigem Geschlechtsteil und quälend quäkender Stimme die Frage geklärt werden soll, wieso denn der Freischütz die 'Deutsche Nationaloper' sei.“
Quelle 5: Entartete Musik. Eine Abrechnung. Hans Severus Ziegler, Düsseldorf 1938
„Was uns der jüdische Demokratismus und Marxismus als „Fortschritt“ und „Zeitgeist“ aufgeschwindelt haben, war entweder die Lehre von der Primitivität und der Rückkehr zum animalischen nacktesten Triebleben, also die Abkehr von jeglicher Kultur, oder ein geistreich sein sollendes Jonglieren mit Schlagwörtern, mit einer bestimmten Wirkung auf den Tagesgeschmack.“
Schöne Grüße
Holger