Dieser Thread ist nicht das was er dem Titel nach zu sein scheint:
Eine Liste aller "Referenzeinspielungen" des letzten Jahrhunderts
Vielmehr möchte ich über diese Aufnahmen - ihr Zustandekommen - besser gesagt das Zustandekommen ihres Nimbus - und ihren Stellenwert nach Jahren schreiben.
Um zu erläutern, worum es mir geht, möchte ich zwei "Schlüsselerlebnisse" anführen, die zu diesem Thread geführt haben:
Eines war als Masetto (?) in etwa schrieb, die Aufnahme von Haydns Schöpfung habe ihn nicht absolut begeistern können - weil er immer Rene Jacobs aufnahme der "Jahreszeiten" im Ohr habe - der sei für ihn überzeuigender. Angefügt war dann noch der Satz - er hoffe die Schönheit der Karajan-Aufnahme dereinst empfinden zu können,
Nun hatte Karajan - man mag ihn mögen oder nicht - zumindest das hochkarätigere Sängerteam zur Verfügung -jedenfalls aus meiner Sicht.
Aber auch das sollte hinterfragt werden.
Haben Referenzen (ich meine jetzt nicht DIE Referenz, sondern Aufnahmen die Maßstäbe gesetzt haben, aus meiner Sicht kann es von einem Werk durchaus parallel mehrere Referenzaufnahmen geben) so etwas wie ein Ablaufdatum ?
Kann ein 55 Jähriger einem 20 Jährigen eine Aufnahme empfehlen, die diesen befriedigt (und umgekehrt) oder gibt es hier Barrieren, die man nicht überschreiten sollte und kann ?
Wie steht es mit den "ewigen Referenzen" an denen sich jede heutige Aufnahme messen muß und - an der alle scheitern ? Die seit "ewig" als unübertreffbar galten und immer noch gelten ?
Warum sind gerade die Aufnahme einer bestimmte Zeit oft "Referenz" für jahre ? Könnte es sein, daß es damit zusammenhängt, daß erst ab diesem Zeitpunkt technisch befriedigende Aufnahmen möglich waren - und daß das Kommende dann keiner mehr hören wollte ??
Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit (etwa um 1970) da klang jeder Neuaufnahme genau so - wie man es bereits von den im Regal befindlichen Schallplatten gewohn war. Der Enderfolg war - daß man wenige dieser Neuaufnahmen kaufte - der Kick fehlte.
Heutzutage klingen derzeit gemachte Neueinspielungen von Standardrepertoire zumindest radikal ANDERS als jene vor 20 Jahren - aber nicht unbedingt besser)
Auch hier regt sich oft (bei mir) Widerstand, weil das hatte ich schon mal eindrucksvoller gehört.
Es mag aber durchaus sein, daß dies mit der Prägung zusammenhäng, der wir letztlich alle unterworfen sind. Das würde bedeuten, daß neutrale Urteile letztlich nicht möglich sind - und das jede Generation sich IHRE Referenzen selbst wählen muß (für letzteres Statement bekomme ich sicher einen Preis der Schallplattenindustrie )
Freundliche Grüße aus Wien
Alfred
* ich habe im Eifer des Gefechtes den zweiten Anstoß zu diesem Thread unterschlagen: Es war der Thread über die Berliner Philharmoniker und ihre Chefdirigenten. Ich wollte drauf hinweisen, daß es pro Generation immer schwieriger wird gegen all die verstorbenen Vorgänger anzukämpfen die da auf ihren Denkmälern thronen. Sie selbst hatten das Problem nicht - weil davor die Tontechnik nicht ausgereift war - bzw weil es keine Tonaufzeichnung gab....
Rattle ist in dieser Hinsicht - ebenso wie zuvor schon Abbado - ein Opfer