Die Definition des Wortes "Vorurteil" ist vielfältig, meist negativ (und das aus Gutem Grund, wie ich später noch ausführen werde) und ein Unwort der "political Correctness)
Es wird im allgemeinen ein Urteil, eine Meinung dartunter verstanden, die völlig ohne Sachkennnis gebildet wurde, und daher irrelevant ist.
Bezeichnenderweise wird diese Wertung vorzugsweise von jenen Gruppen getroffen, die ein Vorurteil negativ treffen könnte.
Am Rande sei noch erwähnt, daß es auch POSITIVE Vorurteile gibt, sie werden nur meist nicht so benannt sondern, beispielsweise "Erwartungshaltung"
Was ich hier schreibe trifft natürlich nicht nur auf den Bereich MUSIK zu, sondern auf fast alle Bereiche des Lebens.
Da wir uns hier in einem Klassikforum befinden, und das Thema ansonst zu komplex ist, bitte ich, diesen Bereich nicht zu verlassen (Themenabweichungen werden gelöscht)
Was ist nun ein Vorurteil ?
Dafür gibt es viele Definitionen - ich werde hier MEINE Spielart davon vertreten-
Ein Vorurteil ist eine grobe Ersteinschätung einer Sache (hier: eines Musikstücks, einer Musiikepoche, eines Interpreten, Dirigenten, einer Werkgattung, ein Plattenlabel betreffend, ja sogar unser Forum kann davon betroffen sein)
Gewisse Leute forden, man möge sich jeden Vorurteils enthalten.
Wenn nun diese Leute das Vorurteil diskreditieren, so verlangen sie restlose Offenheit allen Tendenzen gegenüber. Um also ein Musikstück, eine Inszenierung verdammen zu dürfen, würde von mir verlangt, sie zuerst zu sehen. Ich müsste eine Eintrittskarte bezahlen - Und am Schluss würde ich feststellendürfen, daß es mir nicht gefallen hat - etwas das ich anhand von knappsten Vorab-Informationen ohnedies schon wusste.
Musikalische Vorurteile entstehen nämlich nicht aus dem Nichts.
Sie sind aus früher gemachten Erfahrungen entstanden, grob verallgemeinernd zwar - aber - als Leitlinie durchaus geeignet.
Das Vorurteil wird umso differenzierter ausfallen, desto mehr "Samples mir" zur Verfügung stehen.
Wenn ich beispielswieise
"Die Lustige Witwe, "Das Land des Lächelns" und "May fair Lady"
als Kriterien zum Thema "Musiktheater des 20. Jahrhunderts" als Parameter heranhiehe, so wird das Urteil naturgemäß ein anderes sein, als wenn ich "Moses und Aaron" "Wotzek" und "Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny" mit einbezogen hätte.
Das Beispiel wurde - unm die Funktionsweise zu erklären - bewusst dratisch gewählt.
In meiner Jugend suchte ich bewusst nach Musik von Mozart-Zeitgenossen, weil ich davon ausging, Musik im Stile von Mozart zu hören
Dieses "Vorurteil" hat sich auch in den meisten Fällen bestätigt, weil viele was wir für "typisch Mozart" halten "Typisch zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts" ist....
Es gibt natürlich auch Fälle, wo der Raster zu grob ist - oder die Parameter nicht stimmen. Daher sollte ein "Vorurteil" immer wieder stichprobenartig überprüft und angepasst werden werden.
So würde zum Beispiel das Vorurteil: Eine Katze ist ein liebes Kuscheltier, letal enden, wenn man es auf einen Tiger anwendete.....
Im Falle von klassischer Musik des ausgehenden 20. Jahrhunderts, könnte das vorurteil dahingehend lauten, daß sie kaum je zur "Unterhaltung" des Publikums geschaffen wurde...
Im Falle des Regiezheaters, daß der Sinn eines Stückes bewusst zerstört wird.
Gegen diese beiden Vorurteile liessen sich schwerlich haltbare Argumente vorbringen - und so dient das oft gescholtene Vorurteil auf diese Weise hervorragend meinem eigenen Schutz.
mfg
aus Wien
Alfred