Schach dem Regietheater !!!

  • Natürlich sind die Regisseure nicht frei. Aber ihr "Chef" ist nicht der Komponist, sondern der Auftraggeber und/oder derjenige, der bezahlt.

    Also der Intendant, die Stadt, das Bundesland oder der Mäzen.


    Thomas

    ... und nicht zu vergessen - ganz wichtig betr. bezahlen (!!!) - das Publikum, die Zuschauer.

    Denn diese ermöglichen erst durch ihr Interesse und dem Erwerb /Kauf der Eintrittskarten die persönliche wirtschaftlich /finanzielle Existenz dieser Leute.

    Und den Komponisten hier als "Chef" zu titulieren, ist vielleicht nicht ganz glücklich gewählt.

    Allerdings, gäbe es den Komponisten nicht - was würden diese Regisseure dann machen?

    Bei der Gelegenheit - an anderer Stelle wird ja über dem Werk entsprechende Handlungs - und Zeitvorgaben diskutiert.

    Nehmen wir als Beispiel die "Tosca". Entsprechend dem Handlungsgeschehen ist Ort und Zeit zwingend vorgegeben - Rom, 17. und 18. Juni 1800.

    Hier wird nun ganz deutlich, daß eine Verschiebung in die heutige Zeit, der Handlung und dem Werk völlig entgegen steht und widersinnig ist!


    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • (...) Bei der Gelegenheit - an anderer Stelle wird ja über dem Werk entsprechende Handlungs - und Zeitvorgaben diskutiert.

    Nehmen wir als Beispiel die "Tosca". Hier ist entsprechend dem Handlungsgeschehen zwingend vorgegeben - Rom, 17. und 18. Juni 1800.

    Hier wird nun ganz deutlich, daß eine Verschiebung in die heutige Zeit z. B., der Handlung und dem Werk völlig entgegen steht und widersinnig ist!


    CHRISSY

    Lieber Chrissy, wie auch immer du das mit dem "zwingend" nun meinst - das Beispiel lässt m.E. jedenfalls keine Verallgemeinerung zu. Weiter oben schrieb ich gerade vorhin davon, dass Joachim Kaiser eine "Titus"-Inszenierung als brillant bezeichnete, die den ganz konkreten Orts- und Zeitbezug der Handlung (Rom, 79 n. Chr.) offenbar auflöste.

  • Es ist auch schlicht und ergreifend nicht nötig, Kampfschriften für etwas zu verfassen, was seit Jahrzehnten auf Grundlage eines breiten Konsenses in Theorie und Praxis so gehandhabt wird, nämlich die Aufführung als eigenständiges Kunstwerk zu sehen, welches auf der Basis anderer Kunstwerke (Libretto, Partitur etc.) realisiert wird.

    Diese Einstellung: Es ist nicht nötig zu kämpfen - wir sind ohnedies obenauf - ist ja auch jene der konservativen Kreise gewesen . die haben das Regietheater nicht ernst genommen und das entstehende Netztwerk unterschätzt. Hätten die damals Mächtigen die richtigen Schritte gesetzt - so gäbe es heute kein Regietheater.


    Der zitierte "breite Konsens" ist ein Ammenmärchen, eine Lüge oder vielleicht sogar fromme Selbsttäuschung.

    Der Status quo wurde durch geschicktes Zusammenspiel von befreundeten Kritikern Regisseuren und Intendanten, alle politisch verbandelt - quasi erzwungen und festzementiert.

    Und in der Tat sah das Ganze fast wie eine uneinnehmbare Festung aus. NUn aber bröckelt es allmählich -und wir werden die Chance nutzen.


    Was mir in der Tat noch fehlt ist die Antwort auf meine Frage WARUM dereinst das Regietheater installiert wurde, was man sich davon erwartet hat . und ob die Erwartungen - abgesehen davon, daß es noch immer existiert -sich erfüllt haben.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Was mir in der Tat noch fehlt ist die Antwort auf meine Frage WARUM dereinst das Regietheater installiert wurde, was man sich davon erwartet hat . und ob die Erwartungen - abgesehen davon, daß es noch immer existiert -sich erfüllt haben.

    Auch wenn es nicht in dein Weltbild passt: Kunstströmungen ergeben sich nicht dadurch, dass irgendjemand etwas anordnet, sondern es ist ein organischer Prozess. Niemand hat den Surrealismus angeordnet oder in einem Hinterzimmer besprochen, obwohl es zu dieser Kunstrichtung immerhin ein theoretisches Manifest gibt, sondern er war eine künstlerisch relevante Antwort auf gesellschaftliche Ereignisse. Kunst repräsentiert immer in der Gesellschaft vorhandene Subjektsmodelle und die sind der Wandlung unterlegen. Und so ist es ganz logisch, dass das Theater heute anders aussieht als vor 50 Jahren, so wie es auch vor 50 Jahren anders ausgesehen hat als vor 100 Jahren. Und auch im Jahr 2069 wird es ganz anders aussehen als heute. Damit hat auch normalerweise niemand ein Problem, außer natürlich Leute, die nicht damit leben können, dass die Welt (und damit zwangsläufig auch die Kunst) sich ändert.

  • Damit hat auch normalerweise niemand ein Problem, außer natürlich Leute, die nicht damit leben können, dass die Welt (und damit zwangsläufig auch die Kunst) sich ändert.

    der Einwand geht vielleicht weniger dahin (oder könnte jedenfalls dahin gehen), dass Kunst sich nicht ändern dürfte, sondern dahin, dass diese Änderung in unzweckmäßiger Weise an dafür nicht geeigneten Vorlagen durchgeführt wird, so dass lächerliche Zwitter von Alt und Neu entstehen.

  • Hallo Alfred,

    Zitat

    Was mir in der Tat noch fehlt ist die Antwort auf meine Frage WARUM dereinst das Regietheater installiert wurde, was man sich davon erwartet hat . und ob die Erwartungen - abgesehen davon, daß es noch immer existiert -sich erfüllt haben.

    ich denke, daß man sich von der visuellen und schauspielerischen Darstellung Dinge erwartet, die Gesang und Text unterstützen bzw. die diese so nicht darstellen können.


    Das ist grundsätzlich ein guter künstlerischer Gedanke.


    Nun haben wir aber auch den stark um sich greifenden Liberalismus in allen Formen und in allen Bereichen unseres Lebens zur Kenntnis zu nehmen.


    Eine ebenfalls - grundsätzlich - gute und richtige Tendenz.


    Es liegt nun bei jedem Einzelnen, damit verantwortungsvoll umzugehen.


    Tun wir das nicht, kommt es zu dem, was uns die Geschichte zeigt: Dekadenz


    Ich denke, das ist die Grundangst, die hinter den Gegnern des Regietheaters stecken könnte.


    Wo ich leichte Parallelen erkenne, ist der Gedanke des Liberalismus in der Kindererziehung.

    Einer meiner Söhne ist Lehrer.

    Bei Elternsprechtagen, die zwischenzeitlich anscheinend die höchste Belastungsstufe bei Lehrern darstellen, wird es alltäglich, daß sich die Eltern bei den Lehrern "ausheulen", daß sie mit ihren Kindern nicht mehr klar kommen, obwohl diese doch alle Freiheiten hätten.


    Es grüßt


    Karl

  • Warum wundert mich das nicht ? Die "Crossover-Künstler" bekommen auch standing Ovations - es fragt sich nur aus welcher Gesellschaftsschicht das Publikum stammt

    Wahrscheinlich haben diese Simpeln nicht mal bemerkt daß hier eine Spielfigur eingefügt wurde

    Was ihr macht sind immer wieder sophistische Verdrehungen. Einmal behauptet ihr, die "schweigende" Mehrheit der Opernbesucher zu vertreten. RT sei ja so unbeliebt und unpopulär. Wenn man dann Beispiele für das Gegenteil bringt, dann behauptet ihr, das Publikum, das offenbar RT gut finden kann, sei das falsche Publikum, inkompetent, ideologisiert etc. D.h. ihr bestimmt dann, wer das wahre Publikum zu sein hat und legt zugleich die Maßstäbe fest, wann das "richtige" Publikum klatschen darf und wann nicht. Tut mir leid, dass ist so offensichtlich albern, dass es eigentlich keines Kommentars wert ist. Ihrt habt Euer Wunschbild, und nach dem modelt Ihr Euch die Wirklichkeit zurecht so wie es Euch gerade in den Kram passt!

    Ich würde jedesmal jubeln, wenn ein RT-Opernahsu schliessen muß - die Chancen stehen ohnedies günstig dafür

    Auch das ist befremdlich realitätsfern. Die Häuser, das ist das Ensemble, die Verwaltung etc. Über das Engagement von Regisseuren entscheidet aber nicht das Haus, sondern der Intendant, wo alle 4-5 Jahre ein neuer kommt. Wenn man das Haus zu macht, ist die Oper an diesem Ort schlicht tot für alle Zeiten. Niemand macht ein geschlossenes Haus wieder auf. Was war mit dem Schiller-Theater?

    Wenn ich hier schreibe was ich mir denke, dann klagen mich seine Erben.

    Daher nur in aller Kürze - gäbe es nicht die Mitschnittem die veröffentlicht wurden (ich meine jene die dann bei EMI veröffentlicht wurden) dann wäre er heute vergessen.

    Celibidache hat Tschaikowskys 6. bestimmt über 100 Mal aufgeführt. Im Gasteig gibt es vielleicht 3 oder 4 Mitschnitte, davon veröffentlicht man dann einen um zu sagen, so und nicht anders hat Celibidache Tschaikowsky dirigiert? Genauso macht Ihrs mit dem Theater. In 300 Jahren Theatergeschichte hat sich immens viel verändert. Ihr habt das Theater aber kennengelernt in einer bestimmten sehr kontingenten historischen Situation. Ihr wollt Euch nun nicht vorstellen, dass es anders sein könnte und somit soll es nun in alle Ewigkeit so bleiben!

    natürlich nicht in der deutschen Provinz, wohl aber in Japan, England, Tschechien, Ungarn etc


    Wenn man sowas schreibt, dann ist das legitim.

    Wenn man das in Zusammenhang mit klassischer Musik schreibt - dann ist es -höflich ausgedrückt - ungeschickt

    Denn immerhin wird das reaktionärt-konservative Wien von einer großen Mehrheit

    als Welthauptstadt der Musik gesehen

    In Wien gibt es selbstverständlich auch die Moderne. Aber eben auch wohl einen einflussreichen Kreis von Reaktionären. Der will so etwas hören.

    Hier geht es nicht um Willkür, sondern um guten Geschmack und gewisse gesellschaftliche Normen. Die sind mein Leitfaden an dem ich eisern festhalte.

    Nicht alles das nicht explizit verboten ist ist auch erlaubt....

    Es geht dann die Willkür festzulegen, was guter Geschmack ist!


    Schöne Grüße

    Holger

  • Natürlich sind die Regisseure nicht frei. Aber ihr "Chef" ist nicht der Komponist, sondern der Auftraggeber und/oder derjenige, der bezahlt. Also der Intendant, die Stadt, das Bundesland oder der Mäzen.

    ... und nicht zu vergessen - ganz wichtig betr. bezahlen (!!!) - das Publikum, die Zuschauer.

    Ich denke, auch hier liegt in der Diskussion häufig ein fundamentales Missverständnis - um mit Gerhard zu sprechen, eine "falsche Meinung" - vor, wenn man glaubt, mit dem Kauf einer Eintrittskarte gleichzeitig den Anspruch auf eine möglichst "unverfälschte" Wiedergabe des jeweiligen (Kunst-)Werkes zu erwerben. Zuersteinmal erkaufe ich mir lediglich den Zugang zu einer Aufführung oder bei einer Eintrittskarte für ein Museum die Möglichkeit, mir Kunstwerke ansehen zu können. Ich bezahle also nicht den oder die Künstler, Sänger, Dirigenten oder Regisseure, sondern ich bezahle die Oper oder das Museum dafür, dass sie die Möglichkeit eröffnen, Kunst öffentlich zugänglich zu machen. Man lese hierzu auch die entsprechenden Hinweise auf den Eintrittskarten, wo lediglich von einer Berechtigung zum Zugang die Rede ist. - Wäre es anders - aber das nur nebenbei bemerkt, müsste umgekehrt ein Museum mich konsequenterweise dazu zwingen, dass ich mir die Bilder auch wirklich anschaue ...

    Insbesondere, und hier liegt dann das Missverständnis, bezahle ich nicht dafür, dass mir ein Museum, ein Theater, ein Opern- oder Konzerthaus das jeweilige Kunstwerk genauso präsentiert, wie es mir gefällt. Dies ist auch ganz offensichtlich ein Ding der Unmöglichkeit, da ich ja nicht der einzige Besucher bin und die Menge der Besucher im Hinblick auf ihre Anforderungen der Präsentation dbzgl. nicht homogen ist. Um es also nochmals deutlicher auszudrücken: Mit dem Kauf einer Eintrittskarte für ein Museum habe ich keinen Anspruch darauf, dass mir die ausgestellten Bilder Monets gefallen, im Konzert habe ich keinen Anspruch darauf, dass mir der Klang der Bläsergruppe oder das vom Dirigenten angeschlagene Tempo zusagt und in der Oper (auch im Theater) habe ich das Gefallen der Inszenierung nicht mitgekauft!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Vielleicht bringt die nachstehende Rede von René Kollo einige Impulse zur sachlichen Auseinandersetzung .

    Auch dies, lieber operus, scheitert an einer gewissen Unsachlichkeit, mit der Kollo "argumentiert" - Holger ist hier ja entsprechend ausführlich darauf eingegangen.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Relativ aktuell (Erscheinungsjahr 2018) ist folgendes Buch, auch hier werden unterschiedliche Positionen zum Thema "aktuelle Opernregie" - zum Teil ziemlich zugespitzt - diskursiv verarbeitet. Ich fand es beim Lesen jedenfalls sehr unterhaltsam:

    Lieber Melomane,


    danke für die Literaturhinweise. Das Buch "Aktuelle Opernregie" werde ich sofort, wie es sich für einen angepassten Tamino gehört bei Amazon über das Forum bestellen.

    Herzlichst

    Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zitat
    Zitat von La Roche Schon wieder falsch. Ich glaube, die meisten hier auf der Seite der RT-Gegner meine das eher so:
    "Ich möchte das sehen, was ich sehen will" - und nicht, daß es alles so sein soll wie früher. Bitte was soll daran verwerflich sein?

    Genau, darum geht es. Um die Willkür des eigenen Beliebens, die dann selbstherrrlich zum absoluten Maßstab erhoben wird: "Was mir gefällt, ist wahr und richtig, was mir nicht gefällt, ist unwahr und falsch."


    Bis Hierher war das ein Zitat von Dr. Kaletha unter Benutzung eines Beitrages von mir. Leider, lieber Holger, hattest Du es versäunt, meine Beitrag vollständig zu zitieren. Du hast eine Teil meines Beitrages eingestellt, diesen seziert und daraus völlig andere Schlußfolgerungen abgeleitet. Diese Verdrehung der Tatsachen (die auch im politischen Geschehen negative Auswirkungen weltweit nach sich ziehen) finde ich sehr schlimm. Das hatte ich gesagt:


    "Ich möchte das sehen, was ich sehen will" - und nicht, daß es alles so sein soll wie früher. Bitte was soll daran verwerflich sein? Damit wird keinem verboten, daß er Wunschvorstellungen hat und keinem das zu meiden, worauf er keinen Bock hat!! Ob er es dann bekommt, ist eine andere Frage. Das betrifft RT- Anhänger und genauso RT- Ablehner!! Das ist mit dem Essen und Trinken so, mit Äußerlichkeiten, mit Kleidung, mit der Wahl des Autos usw. Der persönliche Geschmack entscheidet, auch beim Theater!!

    Ich möchte Dich doch sehr herzlich bitten, zukünftig keine Bruchstücke zu verdrehen. Wo steht in meinem Beitrag das, was Du daraus abzulesen versuchst, nämlich


    Um die Willkür des eigenen Beliebens, die dann selbstherrrlich zum absoluten Maßstab erhoben wird: "Was mir gefällt, ist wahr und richtig, was mir nicht gefällt, ist unwahr und falsch."


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Nehmen wir als Beispiel die "Tosca". Entsprechend dem Handlungsgeschehen ist Ort und Zeit zwingend vorgegeben - Rom, 17. und 18. Juni 1800.

    Hier wird nun ganz deutlich, daß eine Verschiebung in die heutige Zeit, der Handlung und dem Werk völlig entgegen steht und widersinnig ist!

    Nein. Ganz und gar nicht widersinnig.

    Die Oper Tosca ist in der Perspektive des ausgehenden 19. Jahrhunderts entstanden.

    Bereits der Musikstil ist ein anderer als zu um 1800. Die mehr oder wenige durchkomponierte Großfdorm bei Puccini existierte damals nicht.

  • Warum lehnte ein Sergio Celibidache Studioaufnahmen ab? Weil für ihn eine Konzertaufführung einmalig und unwiederholbar war, also das totale Gegenteil von musealer Erhaltung. Warum sagt eine Martha Argerich, dass sie im Konzert nie etwas gleich spiele und es auch nicht wolle? Warum hören sich von so vielen Interpreten Aufnahmen desselben Stückes so teilweise extrem verschieden an, als stammten sie von einem anderen Künstler (Pollini aktuell mit den Chopin-Nocturnes, Michelangeli mit Mozart und Beethoven, Wilhelm Kempff vor dem 2. Weltkrieg und danach etc. etc.)? Richard Wagner lehnte "Monumantalkunst" kategorisch ab und damit auch die Vorstellung einer museal konservierbaren Opernaufführung. Das ist nunmal belegt. Ein Gustav Mahler führte seine Symphonien belegbar immer wieder sehr unterschiedlich auf. Der Museums-Vergleich ist also schlicht eine Absurdität!

    Lieber Holger,


    leichter Einspruch. Hier geht es um Regie im Theater, also in der Oper/Schauspiel/Ballett. Und Du führst Auffassungen der Interpretation von Pollini, Michelangeli, Mahlersinfonien usw auf. Das sind doch zwei verschiedene Schuhe! Natürlich kann ein Pianist im Rahmen der Komposition Freiheiten eingehen, auch ein Dirigent, aber ihnen bleibt im Prinzip doch nur das zu verändern, was akustisch beim Hörer ankommt. Auf der Theaterbühne ist neben der akustischen (und zusätzlich einer textlichen) Seite eine optische Seite verfügbar, und die wird eindeutig vom Regisseur beeinflußt. Der Pianist bedarf dessen nicht. Nur um die dem Theater eigene Besonderheit, dem Wirken eines Regisseurs geht es doch, wenn wir hier unterschiedliche Auffassungen zu diskutieren veruchen.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ja, vielleicht im reaktionär-konservativen Wien, aber nicht anderswo

    Lieber Holger,

    danke für den ausführlichen Kommentar zur eingestellten Rede von René Kollo. Auf eines möchte ich allerdings deutlich hinweisen, die Zitate, auf die Du Dich beziehst, sind nicht von mir. Sie sind Teil der eingestellten Rede. Obwohl ich es begrüße, dass Kollo sich zum musealen Teil der Oper ausdrücklich bekennt, der wirklich nicht weg diskutiert werden kann und sollte, weil er werkimmanent und erhaltenswert ist.

    Lieber Holger, gehe bitte in der nächsten Zeit nicht ins Deiner Meinung nach reaktionär-konservative Wien. Wien ist und bleibt für mich die Welthauptstadt der Oper, vielleicht sogar der Musik überhaupt. Ich habe es bis jetzt noch an keinem anderen Ort erlebt, dass zum Beispiel mit dem Hotel-Portier, der Frau am Zeitungsstandel usw. aktuell über Oper diskutiert werden kann. Nirgendwo sind die Bürger so eng mit ihren Opernlieblingen verbunden als Wien. In Bayreuth ist es ähnlich, aber das ist es das zugereiste Festspielpublikum. In Wien sind es jedoch die Wiener selbst, die ganz eng mit der Oper verheiratet sind. Für Ingrid und mich sind unsere jährlichen Fahrten nach Wien Reisen in Opernparadies und ins Opernglück. Im April ist es wieder so weit und ich darf sogar im Musikvereinssaal sprechen, allerdings nur im Gläseren, ins Olymp des Goldenen bin ich noch nicht vorgedrungen. Sollte ich dies auch noch erreichen werde ich mich dann sofort Herr von Operus nennen und auch auf dieser Anrede bestehen.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Chrissy,

    wie auch immer du das mit dem "zwingend" nun meinst - das Beispiel lässt m.E. jedenfalls keine Verallgemeinerung zu.

    Guten Morgen, lieber Leiermann

    Vielen Dank für Deine Antwort und ich möchte Dir gern antworten.

    Es ist richtig - dieses Beispiel, hier die "Tosca", läßt nach m. M. keine Verallgemeinerung zu, sondern fordert konsequente

    und korrekte Einhaltung der vorgegeben Orts - und Zeitangaben.

    Ich möchte dazu ein anderes Beispiel bringen:

    Vor einiger Zeit liefen im TV sehr gut gemachte, hochinteressante Mehrteiler "Babylon und Charité".

    Die Handlungen spielen in den 20er /30er Jahren. Ich bin überzeugt, jeder, der diese Teile gesehen hat, fand es völlig normal und hat

    nichts anderes erwartet, als daß diese Zeit auch optisch so dargestellt wurde, wie sie damals war.

    Nämlich mit der Kleidermode, den damaligen Frisuren, den alten Autos, der alten Straßenbahn, den Laternen und und und...

    Das alles hat ganz sicher einen hohen Aufwand verursacht. Aber mit dieser "Inszenierung" wurde das Ganze authentisch, wurde nachvollziehbar.

    Warum sollte das also mit einer Oper anders sein? Ich habe mal vor einiglen Jahren einen Bericht im TV gesehen, wo von einer Inszenierung

    der AIDA berichtet wurde (ich meine, es war das Aalto Theater in Essen???) - Radames in 2. WK - Uniform mit Stahlhelm und Maschinenpistole.

    Dazu fällt mir nichts anderes ein, als: Man kann sich nur an den A... fassen, der Kopf ist zu schade dafür!!!


    Ich wünsche Dir einen schönen Sonntag, beste Grüße

    CHRISSY


    Nein. Ganz und gar nicht widersinnig.

    Die Oper Tosca ist in der Perspektive des ausgehenden 19. Jahrhunderts entstanden.

    Bereits der Musikstil ist ein anderer als zu um 1800. Die mehr oder wenige durchkomponierte Großfdorm bei Puccini existierte damals nicht.

    Ja und? Was ändert dies daran, daß hier Ort und Zeit vorgegeben sind, nämlich - Rom, 17. und 18. Juni 1800.


    Im März 1976 war an der Berliner Staatsoper die Premiere dieser Oper, in einer großartigen, hervorragenden,

    dem Werk entsprechenden Inszenierung von Prof. Carl Riha. Die lief dort 35 Jahre erfolgreich!



    (Der untere Btr. wurde von mir nur gelöscht, weil ich diesen hier, versehentlich doppelt gesendet hatte)

    Jegliches hat seine Zeit...

    Einmal editiert, zuletzt von chrissy ()

  • Lieber Chrissy,

    gut gewähltes, überzeugendes Beispiel. Ja, warum sollte es in der Oper anders sein?


    Herzlichst

    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Chrissy,

    gut gewähltes, überzeugendes Beispiel. Ja, warum sollte es in der Oper anders sein?


    Herzlichst

    Operus

    Lieber Chrissy, lieber Operus,


    bezüglich Opernregie gibt es eine ganze Reihe von Fragen, die mich sehr beschäftigen, mich zum Teil auch überfordern. Diese allerdings gehört nicht dazu, sie stellt für mich persönlich überhaupt keine Schwierigkeit dar: Es darf in der Oper anders sein, weil die Inszenierung in den Verantwortungsbereich des Regisseurs fällt. Und damit bin ich dann schon durch.

  • gut gewähltes, überzeugendes Beispiel.

    Nein. Ist überhaupt nicht überzeugend, weil bereits Sound bzw. akkustsiche Untermalung keinesfalls der des Films (Ton- und Stummfilm) Ende der Zwanziger Jahre entspricht.

    Es könnte zudem gesondert geprüft werden, ob nicht bereits große Unterschiede zwischen der Sprache/Vokabolar des aktuellen Drehbuchs von Berlin Babylon mit der vor ca. 90 Jahren herrschen.

    => eine deratige Authentizität existiert überhaupt nicht.


    Mal abgesehen von den Rechten Volker Kutschers, wäre es auch vorstellbar die Babyloinserie in die Gegenwart zu versetzen oder die Chose als Dystopie rüberkommen zu lassen.

  • Lieber Caruso,


    den Ausdruck "Zum wiederholten Mal..." hat zuerst Thdeck ausgesprochen. Ich habe daher nur mit den Gleichen Worten geantwortet. Da sollte man zuerst die wiederholten Irrlehren über die sogenannte "Freiheit der Kunst", mit denen man hier die Freunde der wahren Werte immer wieder bombardiert, sollte man dann zuerst einmal nummerieren. Da die Pointen mir - und wie ich weiß auch anderen - schon lange bekannt sind, lese ich viele schon länger nicht mehr , denn das wäre wirklich nur Zeitverschwendung

    Für mich gehört, das betone ich jetzt zum wiederholten Mal, die Handlung des Libretto untrennbar zum Werk, und das ist für mich und für sehr viele kein Witz. Ein Irrwitz ist für mich aber, die Missachtung - und damit die Verunstaltung fremder Werke - unter dem Deckmantel der "Freiheit der Kunst" ebenfalls gebetsmühlenartig zu proklamieren.

    Wenn den Befürwortern dieser Respektlosigkeiten (ich nenne es nicht nur fehlende Demut) gegenüber den Werken Widerspruch nicht gefällt, sollen sie doch das, was sie Witz nennen, einfach nicht beachten. Deine Belehrungsversuche werde ich also ab sofort auch ausschalten.

    Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, wenn sich Einige immer so künstlich aufregen, dass sie Angst davor haben, dass die Kritik so vieler am Verunstaltungstheater eines Tages doch noch etwas bewirken könne und weniger verunstaltete Werke produziert werden, weil ja "jeder Topfen den Stein höhlt".

    Mir macht diese ebenfalls schon hunderte Male wiederholte Aufregung jedenfalls einen Heidenspaß und - wie auch schon wiederholte Male gesagt - hält sie mich auch künftig nicht davon ab - repektlos inszenierte Werke immer wieder aufzuzeigen! Da könnt ihr euch verbiegen, wie ihr wollt.


    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Was ihr macht sind immer wieder sophistische Verdrehungen. Einmal behauptet ihr, die "schweigende" Mehrheit der Opernbesucher zu vertreten. RT sei ja so unbeliebt und unpopulär. Wenn man dann Beispiele für das Gegenteil bringt, dann behauptet ihr, das Publikum, das offenbar RT gut finden kann, sei das falsche Publikum, inkompetent, ideologisiert etc. D.h. ihr bestimmt dann, wer das wahre Publikum zu sein hat und legt zugleich die Maßstäbe fest, wann das "richtige" Publikum klatschen darf und wann nicht. Tut mir leid, dass ist so offensichtlich albern, dass es eigentlich keines Kommentars wert ist. Ihrt habt Euer Wunschbild, und nach dem modelt Ihr Euch die Wirklichkeit zurecht so wie es Euch gerade in den Kram passt!

    Sophistische Verdrehungen ? Und das aus DEINEM Munde - Ich lach mich scheckig:hahahaha::hahahaha::hahahaha:

    Einmal behauptet ihr, die "schweigende" Mehrheit der Opernbesucher zu vertreten

    Hier sieht man die Grenzen der menschlichen Sprache - vor allem in Kurzform in Internetforen


    Besser formuliert ware diese Phraswe "schweigende Mehrheit der Operninteressenten und EHEMALIGEN Opernbesucher, denen man eingeredet gat die wären machtlos gegen die unsäglichen Tendenzen an den Opernhäusern, sie seien Aussenseiter und völlig chancenlos."

    Das sind völlig andere Leute - die wussten noch um das Phänomen Oper in seiner ganzen Bandbreite -die wussten, wie man sich kleidet, wie parfümiert, wie man sich von jenen Leuten abhebt, die man HEUTE in den Opernhäusern findet-

    Aber überall - auch in Deinem Text, das bürgerliche Publikum zu verunglimpfen - steckt natürlich ein Körnchen Wahrheit.

    ES gibt (oder gab ???) es, das "richtige" Publikum, jene Schicht, die die legitimen Nachfloger derer sind, für die die Opernhäuser eigentlich gebaut wurden - und natürlich für jene die an sich nicht wirklich zu dieser Schicht gehören - aber bereitwillig deren Ideale übernehmen. - Stichwort: Bekleidungscodex


    Der Kulturverwahrlosng wird derzeit (zumindest in Wien, vermtlich aber auch anderswo) allmählich der Kampf angesagt und ob das "lächerlich ist - wird die Zukunft zeigen.

    Der "Umbau" wird IMO LANGSAM vonstatten gehen, zum einen wegen bereits bestehender langfristiger Verträge - zum anderen weil die Bedeutung von Klassischer Musi - allgemein gesprochen - eine eher geringe ist.

    Ich denke, auch hier liegt in der Diskussion häufig ein fundamentales Missverständnis - um mit Gerhard zu sprechen, eine "falsche Meinung" - vor, wenn man glaubt, mit dem Kauf einer Eintrittskarte gleichzeitig den Anspruch auf eine möglichst "unverfälschte" Wiedergabe des jeweiligen (Kunst-)Werkes zu erwerben

    Wenn das gesetzlich gedeckt ist, dann wäre das allerdings traurig.

    Es ist eigentlich ein Verstoß gegen "Treu und Glauben" wenn hier Etikettenschwindel betrieben wird.


    Wenn ich eine "Sachertorte" kaufe, so will ich auch, daß sie - soweit die heute möglich ist, daß das Originalrezept verwendet wird.

    Und nicht irgend eine "gesunde" und "vegane" Mehlspeis mit Mittelmaßprodukten aus der "Fair Traide" Philosophie


    Wenn ich in ein Steakhouse gehe, dann möchte ich dort keine vegetarischen Gerichte mit Tofu und auch keine Bilder von Schlachthöfen auf der Speisekarte sehen.

    Es ist ein geweisses "Grundvertrauen" (obwohlich auch hier einst ein vergleichbares Negativerlebnis hatte)


    In meinen jungen Jahren bsuchte ich oft Opern- und Operettenhäuser icch wurde mit Freikarten geradezu überschüttet.

    Es wäre mir im Traum nicht eingefallen, am Programmzettel nach dem Regisseut zu suchen - er hatte für mich damals in etwa den Stellenwert des Notenoblätterers eines Liederabends.


    Und natürlich weiß ich was mich erwartet, wenn ich eine bestimmtes Museum besuche. einige unserer Museen aben das Wort "historisch" oder "österreichiscg" schon im Titel

    wobei auch hier die Fronten der Mächtigen aufeinanderprallen....


    Wenn ich in ein modernes Thater gehe mit viel Beton und Glas, im bersten Fall noch ein wenig Marmur, dann muß ich mit allem rechnen.


    Aber in den Tempeln abendländischer Hochkultur (ich formuliere BEWUSST pronounciert) in diversen historieschn Prunkstilen hat Regietheater - oder was immer sich in dessen ideologischm Umfeld befindet - nunr wirklich nichts zu suchen.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ja und? Was ändert dies daran, daß hier Ort und Zeit vorgeben sind, nämlich - Rom, 17. und 18. Juni 1800.

    Dass bereits dieser schlichte Hinweis (auf die Perspektive des ausgehenden 19. Jahhunderts) ausreicht, dass deine Behauptung von Widersinnigkeit einer Zeitverlegung der Tosca nicht haltbar ist.

    Mir macht diese ebenfalls schon hunderte Male wiederholte Aufregung jedenfalls einen Heidenspaß und - wie auch schon wiederholte Male gesagt - hält sie mich auch künftig nicht davon ab - repektlos inszenierte Werke immer wieder aufzuzeigen! Da könnt ihr euch verbiegen, wie ihr wollt.

    Es verbiegt sich doch keiner. Bitte kämpfe weiterhin in verbaler Endlosschleife gegen das Verunstaltungstheater.

  • Ja, vieles zieht für Dich nicht, weshalb sich auch jegliche Diskussion zumeist als zweck- und sinnlos erweist.

    868 Beiträge für eine sinnlose Diskussion! Was hätte man in dieser Zeit nicht alles für wunderbare Musik einsetzen können. In der Theologie hieß das früher "rabies theologorum".

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Auch wenn es nicht in dein Weltbild passt: Kunstströmungen ergeben sich nicht dadurch, dass irgendjemand etwas anordnet, sondern es ist ein organischer Prozess.

    Auich wenn hnier viel wahres dran ist - GANZ stimmt es natürlich nicht. Als Einflußträger (z. Professor an einer Uni). Kritiker, Politiker etc habe ich sehr wohl Einfluß auf gesellschaftliche Entwicklungen - und die daraus folgenden "künstlerischen Entwicklungen" Ich vermag die Vermietung von Sälen zu blockieren, Leuten der nächsten Generation den Zugang zu Schlüsselpositionen zu verwehren, etc etc.


    Persönlich möchte ich die Frage für mich so beantworten, daß das Regietheater ein Bruch mit dem Vergangenen sein sollte, die Errichtung eines neuen Wertesystems, eine bewusste Zerzörungs bürgertlichen Theaters - sowohl in inhaltlicher als auch in organisatorischer Hinsicht.


    Das ist natürlich eine grobe Verallgemeinerung - und zudem heute nicht mehr völlig passend - aber ein guter Denk - und Diskussionsansatz.


    Ich habe in früheren Stellen geschrieben, über Regietheater und seine "Ästhetik" (die ja heute auch nicht mehr homogen ist) könne man nicht diskutieren.

    Dazu stehe ich auch heute noch vollinhaltlich. ABER man kann darüber reden wie das (vermutlich) alles entstand.

    Die von Melomane zitierten "organischen" Prozesse entstehen ja noicht irgendwie - sondern irgendjemand muß sie eingeleitet haben.

    Früher wurde man wegen Ketzerei auf dem Scheiterhaufen verbrannt - heut - zumindest in der westlichen Welt nicht mehr.

    Das war IMO kein organischer Prozess. Irgendjemand in einflußreicher Stellung muß hier "halt" gerufen haben


    Und - (jetzt wieder zurück in die Gegenwart) - wie haltbar soche "organischen Prozesse" sind - notabene, wenn sie unter (oft verstecktem) Druck entstanden sind.

    Wie befinden uns IMO derzeit in einem Learning by Doing Experiment der gesellschaftlichen Entwicklung, dessen Ausgang zwar wahrscheinlich - aber in Wahrheit nicht vorhersehbar ist.


    mfg aus Wien

    Alfred

    .

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Genau, darum geht es. Um die Willkür des eigenen Beliebens, die dann selbstherrrlich zum absoluten Maßstab erhoben wird: "Was mir gefällt, ist wahr und richtig, was mir nicht gefällt, ist unwahr und falsch."


    Bis Hierher war das ein Zitat von Dr. Kaletha unter Benutzung eines Beitrages von mir. Leider, lieber Holger, hattest Du es versäunt, meine Beitrag vollständig zu zitieren. Du hast eine Teil meines Beitrages eingestellt, diesen seziert und daraus völlig andere Schlußfolgerungen abgeleitet. Diese Verdrehung der Tatsachen (die auch im politischen Geschehen negative Auswirkungen weltweit nach sich ziehen) finde ich sehr schlimm. Das hatte ich gesagt:

    Lieber La Roche,


    ich gebe ja zu, dass ich das Zitat aus dem Kontext gerissen habe - die Anwort war ja auch nicht an Dich gerichtet! Ich finde allerdings, dass Du da auf Michael mit einer Verharmlosung reagierst. Was Du sagst, ist eine Selbstverständlichkeit. Nur die meisten RT-Gegner formulieren es ja, dass es für sie eine Zumutung darstellt, dass Opernhäuser etwas anbieten, was nicht ihren Wünschen entspricht und betrachten das als Nicht-sein-Sollendes.

    leichter Einspruch. Hier geht es um Regie im Theater, also in der Oper/Schauspiel/Ballett. Und Du führst Auffassungen der Interpretation von Pollini, Michelangeli, Mahlersinfonien usw auf. Das sind doch zwei verschiedene Schuhe! Natürlich kann ein Pianist im Rahmen der Komposition Freiheiten eingehen, auch ein Dirigent, aber ihnen bleibt im Prinzip doch nur das zu verändern, was akustisch beim Hörer ankommt. Auf der Theaterbühne ist neben der akustischen (und zusätzlich einer textlichen) Seite eine optische Seite verfügbar, und die wird eindeutig vom Regisseur beeinflußt. Der Pianist bedarf dessen nicht. Nur um die dem Theater eigene Besonderheit, dem Wirken eines Regisseurs geht es doch, wenn wir hier unterschiedliche Auffassungen zu diskutieren veruchen.

    Wenn man bei der Oper "Werktreue" fordert, dann ist das wie beim Museumsvergleich in der Tat eine Analogie. Darauf hatte aber gerade ich immer hingewiesen. Was ist denn der Sinn und Zweck einer Theateraufführung? Keiner der großen Klassiker (von Aristoteles angefangen) sagt: ein Werk aufführen. Wenn also von Theaterleuten immer wieder gesagt wird, das Werk sei die Aufführung, entspricht dies genau der Tradition. Die "Traditionalisten" sind die Regisseure also. Die Forderung nach Werktreue taucht erst um 1920 auf - gerade in Bezug auf die Oper ist das ein Modernismus - und deshalb eben auch ein fragwürdiger. Dass von RT-Gegnern immer nur ausschließlich der Werkbezug diskutiert wird, zeigt, dass sie nicht im Bilde sind, was das Theater, den Sinn einer Theateraufführung und die Tradition des Theaters angeht. Sie tragen also die Beweislast, nicht die Regisseure.

    Aber überall - auch in Deinem Text, das bürgerliche Publikum zu verunglimpfen - steckt natürlich ein Körnchen Wahrheit.

    ES gibt (oder gab ???) es, das "richtige" Publikum, jene Schicht, die die legitimen Nachfloger derer sind, für die die Opernhäuser eigentlich gebaut wurden - und natürlich für jene die an sich nicht wirklich zu dieser Schicht gehören - aber bereitwillig deren Ideale übernehmen. - Stichwort: Bekleidungscodex

    Ich gehöre aber auch zum bürgerlichen Publikum wie Michael z.B. ebenfalls.

    Wenn ich in ein modernes Thater gehe mit viel Beton und Glas, im bersten Fall noch ein wenig Marmur, dann muß ich mit allem rechnen.


    Aber in den Tempeln abendländischer Hochkultur (ich formuliere BEWUSST pronounciert) in diversen historieschn Prunkstilen hat Regietheater - oder was immer sich in dessen ideologischm Umfeld befindet - nunr wirklich nichts zu suchen.

    Beton und Glas - das ist abendländische Hochkultur! ^^


    Schöne Grüße

    Holger

  • Beton und Glas - das ist abendländische Hochkultur!

    Lieber Holger,


    wenn ich ein Theater wie die Semperoper oder das Geraer Theater (siehe Avatar) betrete, bin ich in oft voller Vorfreude und inTheaterstimmung. Bei nachstehendem Gebäude ist das anders:


    220px-Theater_Hof_Au%C3%9Fenaufnahme_11_2017.jpgDas ist das Theater in Hof, in Bayern ganz oben.


    Ein zweckmäßiger, schnörkelloser Bau, aber mit dem Charme eines Baumarktes!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • 868 Beiträge für eine sinnlose Diskussion! Was hätte man in dieser Zeit nicht alles für wunderbare Musik einsetzen können.

    Lieber Dottore, aber es sind mehr als 65 000 Aufrufe! Einschaltquote zählt selbst beim öffentlich-rechtlichen TV mehr als alles andere!!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Da ist man einmal für zwei Stunden in einem Matinee-Konzert (Hamburger Symphoniker unter ihren neuen Chef Sylvain Cambreling mit Szymanowskis Stała Matka op.53 und im zweiten Teil Schuberts Es-Dur-Messe D950), passieren hier die "tollsten" Dinge:

    Da sollte man zuerst die wiederholten Irrlehren über die sogenannte "Freiheit der Kunst", mit denen man hier die Freunde der wahren Werte immer wieder bombardiert, sollte man dann zuerst einmal nummerieren. [Hervorhebung von mir]

    Und wieder hat Gerhard in seiner päpstlichen Unfehlbarkeit zu uns gesprochen ...

    Obwohl ich es begrüße, dass Kollo sich zum musealen Teil der Oper ausdrücklich bekennt, der wirklich nicht weg diskutiert werden kann und sollte, weil er werkimmanent und erhaltenswert ist.

    Lieber operus, mir ist tatsächlich nicht klar, warum der museale Teil der Oper werkimanent sein soll. Hierfür müssten wir wohl zuerst definieren, was unter dem "musealen Teil" eigentlich zu verstehen ist.

    Ich möchte dazu ein anderes Beispiel bringen: Vor einiger Zeit liefen im TV sehr gut gemachte, hochinteressante Mehrteiler "Babylon" und "Charité".

    Die Handlungen spielen in den 20er /30er Jahren. Ich bin überzeugt, jeder, der diese Teile gesehen hat, fand es völlig normal und hat

    nichts anderes erwartet, als daß diese Zeit auch optisch so dargestellt wurde, wie sie damals war. [...] Warum sollte das also mit einer Oper anders sein?

    gut gewähltes, überzeugendes Beispiel. Ja, warum sollte es in der Oper anders sein?

    Weil die Konzepte, die der Filmkunst zugrunde liegen, so ganz andere sind, als diejenigen für die Kunstform Oper? - Aber das wird einigen dann vermutlich wieder zu theoretisch ...

    Ich denke, auch hier liegt in der Diskussion häufig ein fundamentales Missverständnis - um mit Gerhard zu sprechen, eine "falsche Meinung" - vor, wenn man glaubt, mit dem Kauf einer Eintrittskarte gleichzeitig den Anspruch auf eine möglichst "unverfälschte" Wiedergabe des jeweiligen (Kunst-)Werkes zu erwerben.

    Wenn das gesetzlich gedeckt ist, dann wäre das allerdings traurig. Es ist eigentlich ein Verstoß gegen "Treu und Glauben" wenn hier Etikettenschwindel betrieben wird.

    Kannst Du mir zeigen, an welcher Stelle dies nicht gesetzlich gedeckt wäre? - Nochmal ganz langsam: Es heißt "Eintritts-Karte" und nicht "Anspruch auf bestimmte vom Käufer gewünschte Darstellungsform - Karte".

    Wenn ich eine "Sachertorte" kaufe, so will ich auch, daß sie - soweit die heute möglich ist, daß das Originalrezept verwendet wird. [...] Wenn ich in ein Steakhouse gehe, dann möchte ich dort keine vegetarischen Gerichte mit Tofu und auch keine Bilder von Schlachthöfen auf der Speisekarte sehen.[...]

    Warum wusste ich eigentlich vorher, dass Du mindestens mit dem "Sachertorte"-Beispiel erwidern würdest?! - Noch offenbarer allerdings ist, dass dieser Vergleich vollkommen am Thema vorbeigeht. Weder kaufe ich eine Eintrittskarte für eine Konditorei, noch für ein Steakhouse, sondern ich erwerbe den jeweiligen Gegenstand direkt. Wenn also "Sachertorte" oder "Entrecôte" draufsteht, muss ich es auch bekommen; und dies ist sicher auch gesetzlich geregelt. Das heißt aber trotzdem nicht, dass wenn die Oper einen Otello angekündigt, auch genau der Otello drin sein muss, der mir gefällt, denn ich habe ja nicht das Stück, sondern den Eintritt erworben. Schlimmer noch kann das Opernhaus sogar das Programm ändern und stattdessen Mozarts Figaro spielen lassen (was z.B. krankheitsbedingt durchaus vorkommen kann, wobei natürlich einfache Änderungen der Besetzung der weitaus häufigere Fall sind), weshalb oftmals auch der schöne Satz von den vorbehaltenen Programmänderungen zu lesen ist. Ich habe dann möglicherweise ein Recht auf Rückgabe der Eintrittskarte, allerdings muss dies wohl vorher geschehen und nicht nach der Vorstellung mit der Behauptung, mir hätte es nicht gefallen. Wieder ist dies m.W. genau bzw. auf Basis entsprechender Gesetze und Verordnungen geregelt, aber eben auch nichts anderes. Insofern gehört einmal mehr die Festelleung, es handele sich hier um eine Verletzung des "Treu und Glauben"-Prinzips bzw. um einen Etikettenschwindel in das leider im größer werdende Reich der Fake News.


    Übrigens, aber das nur am Rande, wirst Du auch einem Steakhouse nicht verbieten können, vegetarische Gerichte anzubieten. Solange Du dort trotzdem Dein Entrecôte bekommst, wirst Du es mit einer Verbraucherschutzbeschwerde oder gar Klage recht schwer haben ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, wenn sich Einige immer so künstlich aufregen, dass sie Angst davor haben, dass die Kritik so vieler am Verunstaltungstheater eines Tages doch noch etwas bewirken könne und weniger verunstaltete Werke produziert werden, weil ja "jeder Topfen den Stein höhlt".

    Wenn ich jetzt zumindest für meine Person einräume, dass ich mich hier durchaus zuweilen auch nur "künstlich" aufrege, magst Du mir erklären, wo da der qualitative Unterschied zwischen mir und beispielsweise Deinen, La Roches oder Alfreds "Aufregungen" besteht?


    Übrigens: Angst davor, dass das sprichwörtliche Pendel zurückschlägt, habe ich keine. Dafür bin ich viel zu neugierig darauf, wie und wohin sich die Kunstform Oper in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickelt.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Warum wusste ich eigentlich vorher, dass Du mindestens mit dem "Sachertorte"-Beispiel erwidern würdest?!

    WEil ich es gelegentlich einsetze, weil es einen Idealfall für einen Vergleich darstellt

    Seit über 150 Jahren - Original gibt es das nur beim Dacher in Wien - weil das Rezept geheimgehalten wird

    und niemand würde sich getrauen eine "Sachertorte" zu servieren, die dem Original nicht weitestgehend entspricht.


    Weder kaufe ich eine Eintrittskarte für eine Konditorei, noch für ein Steakhouse, sondern ich erwerbe den jeweiligen Gegenstand direkt.

    Du kauft auch keine Eintrittskarte, damit Du die Oper betreten kannst (ausser bei Führungen)

    sondern um eine Oper zu sehen - eine bestimmte.

    Programmänderungen sind eher ein Unglüchsfall - aber seriöse Häuser bieten einen Ersatztermin oder Geldrückgabe an

    (auch wenn der Gesetzgeber hier den Theatern teilweise Freibriefe ausgestellt habe, die ich nicht vertehen kann)

    Denn wenn ich etwas bestimmtes für mein Geld haben will, dann sollte man mir nicht etwas - meist minderwertigeres - andrehen

    Lässt sich bei Erkrankungen etc aber oft nicht vermeiden.


    Wie gesagt, ich kaufe keinen "Eintritt in die Wiener Staatsoper" sondern ich will ein bestimmtes Stück sehen - vorzugsweise in der angekündigten Besetzung.


    Und natürlich darf ein Steakhouse nebenbei (und das wird meistens der Fall sein) nebenbei auch vegetarische Gerichte anbieten - aber nicht "an Stelle von"..


    mfg aus wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein zweckmäßiger, schnörkelloser Bau, aber mit dem Charme eines Baumarktes!

    Lieber La Roche,


    ja! Und der Charme des Theaters Münsters innen ist der eines Betonbunkers! ^^ Ganz fürchterlich sind auch die Geländer, die man dann auch noch vor der Nase hat bei ungünstigem Platz - ein durch Stangen zweigeteiltes Bild. Schrecklich! Trotzdem gehe ich gerne dort hin! :)


    Schöne Grüße

    Holger

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