Nicht unumstritten: Franz Welser-Möst

  • Zitat

    Nicht unumstritten, lautet der Threadtitel. Zumindest in Cleveland scheinbar schon (wieso auch immer)


    Dazu gibt es einige zu sagen - aus der Sicht des Strategen - nicht aus der des Welser-Möst-Bewunderer- der ich nicht bin.


    WIESO auch immer - Nun - vermutlich, weil man in Cleveland zur Überzeugung gekommen ist (die sich voll mit meiner deckt), daß es für das Image eines Orchesters von Vorteil ist, wenn es seinen Chefdirigenten so lange wie möglich behält - und sich somit eine MARKE entwickelt. Diese Marke muß natürlich auch ein klangliches Profil haben, der dauernde Wechsel von Chefdirigenten tut weder dem Orchester noch dem Dirigenten gut.
    Durch den Konflikt Welser Mösts mit der Wiener Staatsoper - strategisch zu einem auffallend güstigen Zeitpunkt passiert - wurde der Focus auf den Dirigenten gelenkt - und natürlich auch indirekt auf sein Orchester.
    Ich mag die Aufnahmen des Orchesters - unter George Szell. :P


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    das ist in de Tat eine mögliche Erklärung dafür, wieso man sich dafür entschieden hat, mindestens zwanzig Jahre Welser-Möst in Cleveland zu wollen. Damit wird er Christoph von Dohnányi als zweitlängsten Chefdirigenten (18 Jahre) überholen und nur mehr hinter George Szell (24 Jahre) stehen — zumindest auf dem Papier. Eigentlich habe ich meine Sicht der Dinge hierzu ja bereits andernorts des öfteren zum Ausdruck gebracht, aber mir liegt die Bemerkung, dass sich Szell im Grabe umdrehen würde, gleichwohl auf der Zunge. Das Cleveland Orchestra hatte m. E. einen unverkennbaren Klang unter George Szell (1946—1970) und Lorin Maazel (1972—1982). Nahezu alle Referenzaufnahmen dieses Klangkörpers datieren aus dieser Zeit. Ich müsste lügen, behauptete ich, dass mir auch nur eine einzige Referenzaufnahme Welser-Mösts einfiele. Ich habe ihn live gehört, ich kenne etliche Aufnahmen. Nichts hat mich bisher von der Auffassung abbringen können, dass da doch ein großer Unterschied zwischen ihm und den vorgenannten Dirigenten besteht. Man lausche nur mal der 1. Symphonie von Brahms mit dem Cleveland Orchestra unter Szell, Maazel und Welser-Möst (diesjährige Proms), dann wird man gleich erkennen, was da in den letzten Jahrzehnten verlorenging.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Heute melde ich mich in diesem Thread, weil Franz Welser-Möst Geburtstag hat. Dazu habe ich dies Aufnahme ausgesucht:




    Er feiert heute seinen 55. Geburtstag.


    Herzlichen Glückwunsch!


    Willi :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:


    Hier kann man noch mehr über ihn lesen: Meine liebsten Aufnahmen von Franz Welser-Möst

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Bruckner im Auto

    In aktuellen anderen Threads geht's um Bruckner mit FWW, und um die Frage, ob der gut ist - der Bruckner und der Welser-Möst.


    Dazu fällt mir ein, dass ich eines Abends lange im Auto sitzen geblieben bin, um Bruckners Siebte (?) zu Ende zu hören, die live aus Weißnichtmehr übertragen wurde.

    Ich saß in meinem Golf II, an der Bertramswiese gegenüber dem Hessischen Rundfunk, es war ca. 22 Uhr und ich konnte nicht abschalten.


    Der Dirigent des Konzerts war der mir bis dato unbekannte Franz Welser-Möst.


    Es muss zwischen 1992 und 1995 gewesen sein, eher ’92 oder ’93.


    In der Folge fand die damals für mich beste Einspielung der "Carmina Burana" nach ausführlichstem Probehören aus dem Phonohaus in meinen Besitz.


    Diese Erinnerung als kleine Anekdote zu FWW.

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Zitat von Accuphan

    Probehören aus dem Phonohaus in meinen Besitz.

    Lieber Accuphan, das waren noch Zeiten! :jubel:


    LG Fiesco


    Hervorhebung von mir!

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Was haltet ihr von Welser-Möst?

    Ich kenne sogut wie nichts von ihm - Und das sagt wenig über seine Dirigentischen Qualitäten, denn über seine Vermarktung aus - Vielleicht will er sich auch nicht vermarkten lassen

    Nach diesem spannenden einleitenden Statement, nicht unumstritten hatte ich gedacht wow, jetzt kommt es.
    Und was kam?
    Gar nichts kam, nicht einmal heiße Luft.

    Manch erwarten die Senstion - wo keine ist.....

    Bisher habe ich keine Aufführung von ihm gehört, die ich irgendwie aussergewöhnlich fand. Aber so sehr oft habe ich ihn auch gar nicht live erlebt.


    Kein Neujahrskonzert seit Menschengedenken war so langweilig wie das von Welser-Möst 2011.

    Vermutlich lag das daran, daß ihm diese Art von Veranstaltung nicht liegt, eine Art künstliche Fröhlichkeit vor einem betuchten, aber nicht unbeding kunstverständigen Publikum.

    Nein - Ablehnen kann man nicht, wenn die Wiener Philharmoniker einladen - da käme man mit denen UND dem eigenen Management UND der Plattenfirma in Konflikt - Ein saurer Apfel also in den er beissen musste...

    Es ist meiner Meinung nach ein typisches Kennzeichen unserer Zeit, wenn ein "adeliges Flair" auf Teile des Publikums abstoßend wirkt, man sollte froh sein, daß so etwas die Verproletarisierung unserer Gesellschaft überhaupt überstanden hat.
    Diese Leute sind nicht "verkrampft" - sondern einfach perfekt erzogen. Gute Umgangsformen sind für sie eine Selbstverständlichkeit.
    Im besagten ORF-Interview (siehe Link) erklärt Welser Möst, (auf Anfrage !!!) warum er das Mitklatschen beim Radetzkymarsch nicht mag. Aber er wird - wie alle Vorgänger vor ihm - gute Miene zum bösen Spiel machen.


    Leider hat Welser-Möst kaum Repertoire aufgenommen, das mich interessiert, sodaß ich keine Bewertung abgeben kann....

    Kein Mozart, kein Schubert, kein Haydn, kein Beethoven.....



    Meiner bescheidenen Meinung nach waren die bisherigen Liveübertragungen die ich aus den Opernhäusern Zürich und Wien unter der Leitung von Franz Wälser-Möst gehört habe, handwerklich gut gewesen.

    DAS ist IMO heutzutage fast ein vernichtendes Urteil:

    Man erwartet AUSSERGEWÖHNLICHES, skurrile , gegen den Strich gebürstete Sichtweisen....:hahahaha:


    Er hat IMO ZWEI Probleme 8die mit seinen Qualitäten nichts zu tun haben:


    Der "unangenehme Mensch Szell" (Originalzitat Sir Rudolf Bing) ist noch immer als Klangmagier in den Köpfen, der die Klassikliebhaber..


    Er ist ein "introvertierter" "Schwieriger" (das sind die Schwierigsten, weil nicht fassbar)


    Aber man kann ihn auch selbst zu Wort kommen lassen, denn im Spätsommer 2020 erschien ein Buch von ihm.



    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Eines Tages wird man von einer Ära Welser-Möst in Cleveland sprechen: Der Vertrag des Dirigenten wurde 2019 noch einmal bis mindestens 2027 verlängert. Bereits heute steht Franz Welser-Möst seit 19 Jahren an der Spitze des berühmten "Szell-Orchesters". Christoph von Dohnányi hat er also bereits um ein Jahr überboten. Und wenn er bis 2027 bleibt, wird er sogar Dr. Szell kassiert haben, der "nur" 24 Jahre Chefdirigent war.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Für mich ist Welser-Möst von den gegenwärtigen Dirigenten einer der ganz großen. Unvergesslich seine Dirigate in der Wiener Staatsoper, vor allem bei Wagner und Strauss. Ich war überglücklich, dass ich seine Elektra - endlich wieder die Kupfer-Inszenierung! - im September erleben konnte, ehe der Kulturbetrieb wieder geschlossen wurde, und hoffentlich geht sich das pandemiemäßig aus, dass man im Juni wieder in die Oper gehen kann, denn da kommt diese Elektra noch mal - diesmal mit anderer Besetzung, aber mit Welser-Möst.

    Ich bin auch von seinem Bruckner vollkommen überzeugt, seit ich mir seine Bruckner-DVD-Box zugelegt habe. Ich kann da gar nicht sagen, welches der beiden Orchester mir besser gefällt.

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Vielleicht sollte man festhalten, daß wir hier ein Forum von ähh jenseits der 50 sind, nur wenige Prägungen sind aufhebbar. (Karajan, Böhm, Bernstein)

    Welser Möst - spricht eine andere Generation an. Man kann davon ausgehen, daß die "Fans" durchwegs 25-30 Jahre Jünger sind als ihr "Lieblingsdirigent" und natürlich ist es auch eine Sache des Repertoire, das ein Interpret verkörpert.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich muss gestehen, was Franz Welser-Möst angeht, bin ich leider schon vor dem ersten Eindruck etwas vorbelastet gewesen:

    Seinen unrühmlichen Spitznamen kannte ich schon, zudem hatte mein Dozent für Orchesterdirigieren einmal erwähnt, dass er von W.-M. wenig halte (seine Worte waren mehr oder weniger "langweiliges Dirigat und langweilige Interpretationen, zum Einschlafen"). Insofern war ich von Anfang an etwas negativ eingestellt.


    Ich habe auch nur eine Aufnahme von ihm in meiner Sammlung, es handelt sich um die EMI-Aufnahme von Bruckners 7. Sinfonie. Diese habe ich vor einigen Jahren gebraucht gekauft und war überrascht, die Aufnahme ist mMn wirklich gut gelungen, wenn auch nicht überragend.

    Ich habe daraufhin noch weitere seiner Aufnahmen gehört, die ich ebenfalls alle als solide bis sehr gut beurteilen würde. Bruckners 5. gefällt mir wohl mit am besten.


    Da ich vor zwei Jahren Bruckners Te Deum dirigieren durfte, habe ich im Vorfeld alle möglichen Aufnahmen gehört, die Aufnahme von Welser-Möst gefiel mir im Hinblick auf die Temporelationen mit am besten, wenn auch auf Kosten der Dynamik und Feinarbeit. Auch seine Aufnahmen von Werken von Franz Schmidt sagen mir wirklich zu. Da muss ich CD-technisch also mal wieder nachlegen ;)


    Live habe ich ihn noch nicht erlebt, allerdings gibt es auch auf auf Youtube einige Mitschnitte. Negativ ist mir dabei leider ein Mitschnitt der Lemminkäinen-Suite von Sibelius in Erinnerung geblieben, vor allem "Lemminkäinens Rückkehr" ist leider wirklich langweilig geraten (man höre nur die weichgezeichneten Einsätze der Fagotti und der Klarinette zu Beginn).


    Allgemein habe ich bei F. W.-M. Interpretationen oft ein Gefühl der "Mittelmäßigkeit", meistens solide bis gut, aber selten erste Liga, Tendenz zur Langeweile. Vielleicht spielen da meine anfänglichen Vorurteile noch mit hinein, vielleicht schlummern ja aber auch noch Schätze in den von mir ungehörten Aufnahmen.


    Die beiden Schmidt-Aufnahmen sowie Bruckner 5 und vielleicht das Te Deum (die 8. evtl. auch, die habe ich mit ihm noch nicht gehört) möchte ich mir aber noch mit ihm zulegen, die haben mich bisher überzeugt!

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Ich habe auch nur eine Aufnahme von ihm in meiner Sammlung, es handelt sich um die EMI-Aufnahme von Bruckners 7. Sinfonie. Diese habe ich vor einigen Jahren gebraucht gekauft und war überrascht, die Aufnahme ist mMn wirklich gut gelungen, wenn auch nicht überragend.

    Bruckners 5. gefällt mir wohl mit am besten.

    Hier decken sich unsere Eindrücke exakt, lieber Amdir. Die sehr impulsive, insofern ungewöhnliche Lesart der Fünften verleiht dem Werk einen völlig anderen Anstrich. Es ist, als versuche Welser-Möst sie eher in der Schubert-Nachfolge zu interpretieren, fernab jedweder Weihe. Es funktioniert erstaunlicherweise, auch wenn das nicht gleich meine Lieblingsaufnahme werden wird. Seine Interpretation der Siebenten ist weniger exzeptionell, aber ich würde sie auch als gut gelungen charakterisieren. Es handelt sich interessanterweise in beiden Fällen um Live-Aufnahmen.


    Live habe ich ihn noch nicht erlebt

    Während seiner Zeit an der Wiener Staatsoper habe ich das hingegen durchaus. Mir ist da eine Vorstellung des "Don Carlo" in Erinnerung, es muss wohl 2012 gewesen sein, die mein Bild von FWM leider über Jahre sehr negativ geprägt hat. Das Staatsopernorchester war eigentlich durchgängig viel zu laut und deckte die insgesamt sehr gute Sängerbesetzung ziemlich zu. Ich liebe ja eigentlich den volltönend-symphonischen Ansatz bei solchen Opern, aber es klang einfach nur grobschlächtig und viel zu undifferenziert. Danach habe ich Dirigate mit FWM gemieden, worin mich seine beiden Neujahrskonzerte 2011 und 2013 nochmal bestätigten.

    Aber fernab dieser persönlichen Eindrücke muss natürlich etwas dran sein an ihm. Wieso sonst würde sich eines der führenden US-Orchester seit zwei Jahrzehnten mit diesem Chefdirigenten abgeben. Das boshafte Londoner Bonmot "Frankly Worse Than Most" ist in dieser Pauschalität sicherlich überzogen. Wie er damals aus der Wiener Staatsoper hinausgeekelt wurde, war m. E. auch kein Ruhmesblatt für die Direktion.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Kein Mozart, kein Schubert, kein Haydn, kein Beethoven.....

    Hier ist doch was von Beethoven dabei:



    Und hier gibt's noch mehr Beethoven:



    Und hier ist die letzte und beste aller Schubert-Sinfonien:



    Und Mozart von ihm gibt's auch:



    Und schließlich gibt es auch Haydn von ihm, wenn auch derzeit vergriffen:


    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Es gibt sogar noch mehr aus dem klassisch-romantischen Bereich (leider sämtlich vergriffen):



    Mozarts Requiem und die Große Messe c-Moll



    Beethovens 9. Symphonie



    Schumanns 2. und 3 Symphonie; Mendelssohns 3. und 4. Symphonie

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Danke für die Hinweise - Irgendwas wird ja noch geben.....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Amdir hatte den Schmidt breits angesprochen gehabt. Ich möchte dort anschließen und noch einen Schritt weitergehen, FWM Einspielung des Oratoriums "Das Buch mit sieben Siegeln" genießt bei mir absolute Referenz. Zugegeben, kein Standardwerk und dann auch noch mit Gesang. Trotzdem, ein hochinteressantes Werk mit ernormen Ansprüchen an die Ausführenden. Und hier ist FWM Aufnahme das Nonplusultra, gekonnt begegnet er diesem riesen Oratorium und ist auch hinsichtlich der dramatischen Steigerungen dem Stück nichts schuldig. Von wegen langweiler oder ähnlichen Attitüden, hier zumindest nicht.



    Meine Empfehlung:

  • Amdir hatte den Schmidt breits angesprochen gehabt. Ich möchte dort anschließen und noch einen Schritt weitergehen, FWM Einspielung des Oratoriums "Das Buch mit sieben Siegeln" genießt bei mir absolute Referenz. Zugegeben, kein Standardwerk und dann auch noch mit Gesang. Trotzdem, ein hochinteressantes Werk mit ernormen Ansprüchen an die Ausführenden. Und hier ist FWM Aufnahme das Nonplusultra, gekonnt begegnet er diesem riesen Oratorium und ist auch hinsichtlich der dramatischen Steigerungen dem Stück nichts schuldig. Von wegen langweiler oder ähnlichen Attitüden, hier zumindest nicht.



    Meine Empfehlung:

    Dank an Apollon für die Empfehlung. Ich besitze noch keine Einspielung dieses gigantischen Werks, das immerhin als Zenit des Schaffens von Franz Schmidt gilt, und will diesen Zustand endlich ändern.


    Ob es oft gehört wird? Da hätte ich meine Zweifel.


    Die folgende Aufnahme besitze ich aber:


    Schmidt / Lpo / Welser-: Symphony No 4 / Variations On, CD


    :) Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Nun muss ich zugeben, dass ich weder die dritte Symphonie Schuberts noch den Dirigenten Franz Welser-Möst "auf dem Schirm" hatte.

    Das kann man nicht anders als Ignoranz nennen, und ich müsste mich eigentlich bei beiden dafür nahezu entschuldigen.


    Seit gestern hat sich das jedenfalls geändert: ich habe diese Symphonie mit den Wiener Philharmonikern unter der Leitung von Franz Welser-Möst gehört, und das eigentlich nur, weil es mir der YouTube-Algorithmus vorschlug. Ich erwartete, nur 30 Sekunden hineinzuhören, habe dann aber fasziniert und mit großer Freude die ganze Symphonie durchgehört.

    Heute habe ich mir dann vor dem Schreiben dieses Beitrags noch einige Vergleichseinspielungen dazugenommen, aber ich bleibe dabei, dass mir besonders dieser, offensichtlich recht neuer Konzertmitschnitt ( Corona-Besetzung im Publikum) besonders gut gefällt.


    Hier kommen verschiedene Dinge zusammen. Die Gestik der Klangsprache Schuberts wird schön bewegt ausformuliert, die Tempi sicher und nicht zu schnell ( fast noch schlimmer als zu langsam) gewählt. Nun könnte man ja meinen, dass Schubert, der nach eigener Aussage "keine fröhliche Musik kannte" sich selbst mit diesem Werk untreu gewesen wäre, was so aber nicht stimmt.

    Die Musik ist hier keineswegs humorvoll, sondern leicht verhalten heiter und ja - ziemlich wienerisch! Da wundert man sich nicht, dass die Musiker der Wiener Philharmoniker offensichtlich beim Musizieren große Freude empfanden, was sicherlich auch daran lag, dass sie mit ihrem Dirigenten einverstanden waren. Karl Böhm sagte einmal, dass die Berliner Philharmoniker nie unter ein gewisses Niveau sänken, auch bei eher mittelmäßigen Dirigenten nicht. Die Wiener hingegen ließen in diesen Fällen den Schlendrian raushängen und spielten regelrecht schlecht. Wenn sie aber mit dem Dirigenten einverstanden wären, dann könnten sie in Sternstunden sogar noch über ihre eigenen sehr guten Möglichkeiten hinauswachsen und unbeschreiblich gut spielen.

    Ich finde, dass dies hier so eine, möglichweise recht unbeachtete, Sternstunde war. Schuberts Musik erklingt hier wie gesagt " verhalten" oder "vorsichtig" heiter, allerdings in dem Sinne, dass es das eigentlich niedergeschlagene Herz auf einfühlsame Art und Weise aufmuntert. Diese sehr spezifischen Berührungen bei Menschen zu erzeugen, ist aus meiner Sicht nur den ganz großen Komponisten und den Spitzenklasse-Interpreten möglich. Die anderen wollen es nicht, und sie können es auch nicht.


    Eben genau diese einfühlsame, sehr fein ausgeprobte und geschmackvolle Spielweise, die hier unter Welser-Möst an den Tag gelegt wird, gefällt mir sehr gut.

    Zudem belässt er diesem herrlichen Orchester seinen - wie ich finde- selten so gut eingefangenen Klang, der ja in diesem Raum besonders zur Geltung kommt.

    Der Streicherklang ist dunkel und warm. Alles klingt voll und angenehm ( auch die Oboe, war ja früher eher nicht so...), über einem sehr substanzreichen Bassfundament. Alle Frequenzen, auch die Bässe, können schön luftig und lang ausklingen. Ich frage mich, ob die Tontechnik hier einen besonders guten Tag hatte oder ob es auch damit zusammenhängt, dass der Raum corona-bedingt eben nicht voll besetzt war.

    Vielleicht ( ich weiß es ja nicht) kommt da alles zusammen: sehr gut gespielt, auch in klanglicher Hinsicht, gut Tontechnik ( von den Mikrophonen, der Aufstellung und der sonstigen Technik her) und ein halbleerer Raum.

    Das alles fällt mir jedenfalls auf, obwohl es "nur" in YouTube-Qualität ist. Da hat es einer offensichtlich zunächst auf sein Mobiltelefon heruntergeladen. Zwischendurch sieht man mehrfach wie oben Whats-App-Meldungen kurz auftauchen und verschwinden....

    Für mich ein guter Grund, mich einmal näher mit dem Streaming-Dienst Fidelio auseinanderzusetzen. Damit wird die Bild- und Tonqualität wohl noch besser sein.


    Doch zurück zu Schubert und zu Welser-Möst. Der Mann wird für mich ab sofort auf dem Radar sein, vor allem, wenn er dieses mich immer wieder positiv überraschende Orchester dirigiert.

    Und die Dritte Schuberts ist es wert, dass man sie so gut wie die "Tragische" Vierte oder die beiden Spätwerke kennt.

    Diese Musik ist Balsam für die Seele.


    LG:hello:


    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Die Autobiographie kam 2020 zum 60. Geburtstag heraus. Sie wurde in Beitrag 36 bereits erwähnt. Max Brüggemann hat sie zusammen mit dem Dirigenten während des Corona-Shutdowns geschrieben. Die beiden haben intensive Gespräche geführt.


    Der Titel "Als ich die Stille fand" und der Untertitel "Ein Plädoyer gegen den Lärm der Welt" sind mit Bedacht gewählt. Ein persönliches Schicksal, ein Autounfall, den er überlebt hatte, hat ihn zu seiner Sicht auf die Welt und Musik geführt. Damit beginnt das Buch. Da passen das Knallige und Extrovertierte nicht.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Lieber moderato,


    vielen Dank für den guten Hinweis.

    Es klingt mir bei ihm auch so, als ob er Musik als Ereignis aus der Stille heraus begreift.

    Ich mag diesen sensiblen und musikalischen Ansatz sehr.


    Gruß:hello:

    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Brahms - Zyklus aus Cleveland mit Franz Welser-Möst (2014; auf BluRay)


    Da ich für mich ein W-Geschenk von meiner Tochter aussuchen sollte, bin ich für (sage und schreibe) 10,35€ (war wohl ein Irrtum) auf den Brahms-Zyklus mit allen Sinfonien, Konzerten, Ouvertüren gestossen. ;)Der Preis ist normal höher und habe die 3BluRay-Box bestellt.

    (Zu Weihnachten bekomme ich dann den Schostakowitsch-Zyklus mit Gergiev auf 8DVD :jubel:)


    Meine ersten Eindrücke:

    Heute am 23.12. ist die Ware angekommen und da habe ich gleich intensiv rein gehört.

    Gleich fällt mir positiv auf, dass Welser-Mösts durchweg bei allen Werken vorherschend zügiges Tempo mir bei Brahms sehr liegt ! Dadurch wird die manchmal fehlende Extase irgendwie ausgeglichen.

    Er ist jedenfalls durchweg weniger Langweilig, wie sein Ruf ! Dadurch entsteht schon ein Vorurteil, dass man sich durch selber nachhören revidieren sollte.


    Zuerst kam das das KK Nr.1 mit Yefim Bronfman dran, dass Beide sehr zupackend gestalten ... natürlich fehlt die letzte Extase, wie bei Sekin/Szell und Fleisher/Szell, was man bereits am Anfang merkt, der einfach nicht die volle Dramatik hat. Innnerhalb des 1.Satzes mangelt es dann aber keineswegs an massig begeisterungswürdigen Passagen. Die Musiker aus Cleveland (wie immer) in Bestform und zeigen Engagement und Verve. Bronfman fabelhaft, der sogar mit dem Kopf Einsätze gibt, wenn er und das Orchester einsetzen soll. Bis auf dem Anfang - tolle Interpretation und Wiedergabe. Der 1.Satz liegt, zwischen 21-22MIn, so wie ich es generell bevorzuge !


    Die Tragische Ouvertüre hat die nötige Dramatik, was noch durch die zügige Spielzeit von ca. 11Min unterstützt wird - da kommt keine Langeweile auf !


    Die Sinfonie Nr.4 kann es mit den besten Aufnahmen aufnehmen. Wollte erst nur mal reinhören, habe aber dann doch die ganze Sinfonie genossen. Da gibt es keine Kritik; auch gerade der Anfang vom 4.Satz wird oft vermasselt - hier mit allen Details und sauber abgestuft. Das Cleveland Orchestra zeigt sich fabelhaft in seiner Tradition mit Szell - Dohnanyi - Maazel .....


    Interessiert hat mich natürlich der Anfang der Sinfonie Nr.1. Die Live-Aufnahme ist in der Royal Albert Hall 2014 entstanden; alle Anderen in der Sverance Hall Cleveland. Erste Kritikpunkt: Der Anfang ist so brav, wie Welser-Möst aussieht. Die Paukenschläge kommen zu brav ... es fehlt das unerbittliche in Stein gemeißelt, wie bei Szell-Solti-Bernstein-Karajan-Levine-Klemperer u.v.a. um nur mal einige Favoriten zu nennen.


    Die Akademische Festouvertüre in 11Minuten hat auch den nötigen Schmiss.

    In die Sinfonien Nr. 2 und 3 und das VC mit Julia Fischer habe ich noch nicht reingehört ... ich werde noch berichten, wie die bei mir ankommen.



    Meiner Ansicht nach vorbildliche Bildführung über die aktiven Instrumentengruppen und nicht nur auf den Dirigenten gerichtet. Teils werden zwei Bläser oder andere Instrumente in zwei Bildausschnitte aufgeteilt um das Zusammenspiel besser darstellen zu können.


    :angel: Ganz Exqusit ist die Klangqualität im DTS-HD 5.1,die jedes Detail natürgetreu liefert. Über 4 Standboxen ein Klangtraum in jeder Hinsicht ! Man sitzt akustisch in der wunderschönen Severance Music Hall Cleveland.


    CLASART Classic, 2014, BluRay, DTS - HD 5.1

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner