Staubis, Ewiggestrige, Ultrakonservative, Erzreaktionäre, Altnazis und mehr — Beschimpfungen für Freunde traditioneller Inszenierungen

  • Zitat

    Es kann meiner Beobachtung keinen Stillstand bei einem noch so guten Status Quo geben. Es muss gehobelt werden, aus Spänen erwächst Neues, mit Spänen kann man wirtschaften, es finden Menschen Brot und Auskommen, besseres Auskommen finden sie, wenn sie sich mit "anderem" neu beweisen können - auf Stillstand wächst einfach nichts.

    Lieber Tapio,


    um Stillstand geht es doch garnicht! Ich bin allem Neuen aufgeschlossen. Die Technik, die Kunst, die Literatur, die Musik und auch die Oper schreitet weiter und das soll auch so sein und ich höre auch neue Musik betrachte neue Kunst und lese neue Literatur. Ich habe also nichts gegen das Neue, wieweit es mir gefällt oder nicht gefällt, ist eine andere Frage. Eine Oper, die in der Gegenwart spielt und den Zeitgeist schildert mit entsprechend neuer Musik soll auch entsprechend inszeniert werden. Und wenn ein Regisseur eine völlig neue Handlung erfindet, dann sollte er auch Musik dazu bei einem modernen Komponisten bestellen!
    Ich bin aber gegen die Zerstörung des Alten, das in sich als vollendet zu betrachten ist und sich der Veränderung entzieht. Und das ist dasjenige, wogegen ich stehe, die Verunstaltung durch unzulässige Eingriffe, wie es selbstdarstellerische und selbstherrliche Regisseure tun und was man allgemein unter dem unpassenden Namen "Regietheater" (ich nenne es "Verunstaltungstheater") versteht. Hier vergreift sich der Regisseur an fremdem Eigentum, indem er fremden Text und fremde Musik für seine absurden oder lächerlichen Bühnenhandlungen missbraucht. Normalerweise wird Diebstahl und der Missbrauch fremden geistigen Eigentums ebenso wie anderer Diebstahl bestraft. Ich frage mich, warum hier nicht.
    Was mich auch wundert, warum auch modernere Komponisten immer noch antike Stoffe verwenden, wenn diese doch ohnehin nur noch in "modischem" Gewand inszeniert werden.
    Und warum vollendete Kunstwerke in unserer Zeit unbedingt verdreht und sogar auf den Kopf gestellt werden müssen (sieh auch unter "Sammelplatz für absurde und lächerliche Inszenierungsideen), wurde bisher nur mit fadenscheinigen Argumenten oder Blablabla abgeschmettert.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber m.joho,


    ich habe den Audruck "kürzen" von Wolfgang so verstanden, dass er sich nicht mehr soviel Zeit für viele der Themen nimmt, weil es teilweise verlorene Zeit ist. Liege ich da richtig? Denn im Forum kann er selbst ja keinen Text kürzen.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Lieber Gerhard,
    Dann bin ich ja beruhigt. Offenbar haben RTvertreter gelegentlich auch einen eigenwilligen Grammatikgebrauch ;) !
    MfG

  • Ich hatte eigentlich vor in diesem Thread nichts zu schreiben, weil ich mich dann über das Thema "Beschimpfung" von Regietheatergegenern vielleicht ein wenig sehr direkt geäussert hätte. Nun hat der Thread aber einen völlig anderen Verlauf genommen, das mag man beklagen oder nicht - es geschah indes nicht nur mit stiller Duldung aller Beteiligten - sondern weitgehend mit deren aktiver Unterstützung.
    Einigen gehen die diversen Regietheaterthreads "wo immer dieselben posten" nach eigener Aussage "auf die Nerven" - und andere stört es generell wenn viel gepostet wird. Beides ist für mich nicht nachvollziehbar - denn ein aktives Forum mit Biss lockt eben mehr Leser und neue Mitglieder an. Der ersten Gruppe empfehle ich die RT Threads eben zu meiden - und sich an den anderen Threads im Forum zu beteiligen - deren es tausende gibt. Der zweiten Gruppe kann ich gar nichts raten - denn ich kann den Gedankengang nicht nachvollziehen.
    Zum Thema "Kompromiss" und "aufeinander zugehen" teile ich die Meinung des Kurzstückmeisters. Diesen Kompromiss wird es niemals geben, denn ob eine Speise nur "geringfügig verdorben" oder "arg verdorben" ist - das Ergebnis ist stets das Gleiche: man meidet sie.
    Ich bin auch persönlich der Auffassung, daß man über entstellende Inszenierungen nicht diskutieren kann, man kann sie nur geißeln - und die Gegenseite kann versuchen sie zu verteidigen. Man kann nicht ein "bisschen Atheist" sein - man ist es - oder man ist es nicht. Die Verteidiger werden indes stets auf taube Ohren stoßen, denn über GRUNDSATZFRAGEN gibt es keinen Konsens. Zefirellis Inszenierungen brauchen keine lange Erklärung - sie sind einfach perfekt. Das Regietheater strebt eine Zerstörung des bürgerlichen Theaters an - und wenn jemand behauptet dies wäre eine unbeweisbare Annahme - dann würde ich ihm die Spielpläne der letzten Jahre einst rennomierter Häuser unter die Nase halten. Und den derzeitigen Zustan einst führender Opernhäuser.....
    Geärgert habe ich mich über die gelegentlich auftauchende Bemerkung, die Regietheaterbeiträge würden das Niveau des Forums senken. Das ist aus meiner Sicht vergleichtbar mit den in der Jubelpresse immer wieder auftauchenden Behauptung, Regietheatergegner seien einfach zu unintelligent und intellektuell unterprivilegiert um die doppelbödige Intellektualität auch nur in groben Zügen zu erfassen. Frechheit siegt. Selten ist ein stumfpsinniges Produkt agressiver "beworben" worden - ausser vielleicht die Einführung des Euro - wo unsere harten Währungen DM und SCHILLING gegen den instabilen krisenanfälligen EURO zwangseingetauscht wurden - zu unser aller Schaden - vermutlich wohlgeplant.
    Ebenso ist es mit dem Regietheater. Man hat erreicht, daß der Durchschnittsbürger so dumme Argumente wie: "Man darf sich der Zukunft und ihren neuen Kunstformen nicht verschließen" beinahe schuldbewusst im Hinterkopf hat - und sich nicht zu sagen traut: "Das ist keine Kunst Leute - sondern Schmutz und Schund - oder eine bewusste Zerstörung des Stückes - euphemistisch gesagt."
    Ich würde es so formulieren: ein durch und durch dümmliches Produkt wird als intellektuelles Kunstwerk verkauft.
    Glaubt mir Leute - Auf das was ich bisher allein an Ausschnitten gesehen habe - passt WEDER das Attribut KUNST noch INTELLEKTUELL. Es ist wie eine mit Quargel und Hering "verfeinerte" Schwarzwälder Kirschtorte - einfach ekelerregend.
    Dem Zuckerbäcker, der seiner Klientel nun einreden kann, dies wäre eine neue Variante, die nur Feinschmeckern den Gaumen kitzelt - verleihe ich gerne die Bezeichnung KÜNSTLER. ER hat ihn verdient - Die Regietheater-Regisseure indes NICHT.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Huch, hier ist es ja hoch hergegangen!! Hat man schon genaue Angaben über die Verluste oder kann man sich vorerst nur auf vorsichtige Schätzungen verlassen? Eine gewaltige Schlacht hat hier stattgefunden. Der Wald von Birnam ist lebendig geworden. Es hagelte Verdächtigungen und Unterstellungen, die Schubladen klappten auf und zu. General Johannes versuchte eine endgültige Deutungsoffensive, wurde aber durch einen geschickten Flankenangriff des Generals Kurzstückmeister im Vorstoß aufgehalten. Der Kampf wogte hin und her. Doch dann geschah etwas Unglaubliches. Da erstrahlte plötzlich ein Licht über der heftig umkämpften Anhöhe der Thalia. Was war das? In goldenem Hauch enthüllte sich eine engelsgleiche Gestalt. Sollte es sich gar um das Abbild der geliebten Muse handeln? Mit sanfter, aber doch voller Stimme rief sie den Kämpfenden zu: "Sehet, ich bin der Mittelweg. Beschreitet mich, und ihr werdet Frieden finden." Das Kampfgeschrei versiegte. Die Streitrosse standen still. Die Schwerter sanken, die Pfeile blieben im Köcher, die Speere fielen zu Boden. Ermattet vom Kampf, aber doch hoffnungsvoll taumelten die waidwunden Krieger auf die Erscheinung zu. Doch als sie dem leuchtenden Himmelsboten ganz nah waren und sein schimmerndes Gewand ergreifen wollten, um Erlösung zu finden, zerstob das Flammenbild schimärengleich, und mit einem diabolischen Lachen verwandelte es sich in eine abstoßende Fratze, aus deren mit scharfen Zähnen bewehrtem Drachenmaul es tausende von Freikarten für die Komische Oper Berlin auf die bemitleidenswerten Kämpfer regnete. Keiner ward mehr gesehen, und Kriegsberichterstatter Alfred konnte nur noch nachdenklich über das Schlachtfeld schreiten und Konsequenz einfordern.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Hallo, m.joho!


    Wenn du mal genau nachschaust was ich geschrieben habe, begreifst du es vielleicht. Ich habe von Kürzen meiner Postings gesprochen, weil es Leute gibt, die rund um die Uhr Musik hören, was ich nicht verstehe (kein Schlaf, keine Ohrenschmerzen; schon erstaunlich ) und daher finde ich mich in diesen Threads überflüssig! Da kann ich mir gerne meine Beiträge ersparen. Ich ziehe nur meine Konsequenzen daraus.

    W.S.

  • Lieber Wolfgang, lieber m.joho,


    ein klassisches Missverständnis!


    Ich meine, dass man Wolfgang sehr unrecht täte, würde man ihn als Regietheater-Vertreter bezeichnen. Er hat doch oft deutlich gemacht, dass er damit nichts anfangen kann.


    Beste Grüße und vertragt euch bitte wieder!


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    ein klassisches Missverständnis!


    Hallo, Joseph II!


    Du hast Recht! Ich weiß nicht, was m.joho da geritten, bzw. was er da falsch verstanden hat. Ausgerechnet ich, der gegen diese Regiesch... kämpft wie die meisten von uns. Nur komme ich mir oft vor wie Don Quichotte. Ich habe nur die Schnauze voll von diesen phrasendreschenden Regie-Befürwortern, die ohne Argumente diesen Thread vollmüllen und uns obendrein noch beleidigen. So kommen wir alle nicht weiter. Zum Löschen dieses Threads habe ich nie aufgefordert!



    Herzliche Grüße


    Wolfgang

    W.S.

  • Ja, lieber m.joho,


    da war ich auch ganz erstaunt, als ich las, dass du vermeintlich Wolfgang zu den RTvertretern zähltest. Ich weiß - und das geht aus allen Beiträgen Wolfgangs hervor - dass gerade er ein entschiedener Gegner dieser Verunstaltungen ist. wie ich, würde er gerne wieder einmal ein Opernhaus betreten, aber leider gibt es - zumindest in unserer Umgebung kaum etwas zu sehen, worüber man sich nicht ärgern würde.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

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  • Lieber Wolfgang, liebe Mitstreiter,
    Ich entschuldige mich in aller Form für mein Missverständnis!
    Mit freundlichen Grüssen

  • Freunde, welche Vorwürfe und Beschimpfungen musstet ihr euch denn schon anhören? In welche Ecke versuchte man euch schon zu stellen? Das würde mich wirklich interessieren.


    Ich habe keine Angst vor Beschimpfungen und vor den Ecken jeglicher Art, in die ich hineingestellt werden könnte. Das hat aber auch noch niemand versucht. Dafür bin ich viel zu unbedeutend und unbekannt hier im Forum. So what!


    Wo sind wir denn? Im Netz. Nicht in einem Seminar, wo man seinen Nachbarn oder seine Nachbarin zumindest dem Namen nach kennt, oder im Freundeskreis, wo man sich irgedwann in die Augen schauen muss. Im Netz ist nun einmal alles ein bisschen ganz anders. Es gibt keine verbindliche Regeln, schon gar keine moralischen. Die Teilnehmer kennen sich in den meisten Fällen gar nicht. Sie wissen nichts oder fast nichts voneinander. Hier im Forum ist es ja nicht einmal erwünscht, dass Mitglieder untereinander private Kontakte aufnehmen und unterhalten. Sie können kommen und gehen. Sie brauchen sich nicht einmal zu verabschieden. Alles, was wir von Kindesbeinen auf gelernt haben an nützlichen und notwendigen Verhaltensformen, muss hier nicht zur Anwednung kommen. Genau genommen ist diese Form der Kommunikation beklagenswert. Und Ausdruck von neuer Einsamkeit. Und doch hat sie ihr Gutes. Die Anonymität befreit auch von Zwängen. Manches schreibt sie hier schneller als dass es sich sagt. Für einige bietet sie, die Anonymität, den notwendigen Schutz, um Agressionen abzubauen, sprich, andere Menschen mit Worten niederzumachen. Was raus muss, muss raus. Insofern hat das Netz auch eine reinigende Wirkung.


    Und wer es gemütlich haben will und den Konflikt scheut, der bekommt mit der Zeit mit, was er sich bitte schön verkneifen soll. Nichts sagen gegen Wand, nichts sagen gegen die Nilsson und sich aus den Regie-Debatten möglichst raushalten. Dann kommt man schon gut durch, wenn man hier ein bisschen mitmischen will. ;)


    Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Zitat

    Alles, was wir von Kindesbeinen auf gelernt haben an nützlichen und notwendigen Verhaltensformen, muss hier nicht zur Anwednung kommen. Genau genommen ist diese Form der Kommunikation beklagenswert. Und Ausdruck von neuer Einsamkeit. Und doch hat sie ihr Gutes. Die Anonymität befreit auch von Zwängen. Manches schreibt sie hier schneller als dass es sich sagt. Für einige bietet sie, die Anonymität, den notwendigen Schutz, um Agressionen abzubauen, sprich, andere Menschen mit Worten niederzumachen. Was raus muss, muss raus. Insofern hat das Netz auch eine reinigende Wirkung.


    Das mag schon stimmen, lieber Rheingold, aber letztendlich ist gerade bei diesem Thema keine netzbedingte Anonymität nötig, um notwendige Verhaltensformen zu vergessen und Aggressionen abzubauen. Habe ich mehrfach erlebt. Hat auch nichts mit "Opferrolle" zu tun, sondern ist eine ganz simple Erfahrung.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Und wer es gemütlich haben will und den Konflikt scheut, der bekommt mit der Zeit mit, was er sich bitte schön verkneifen soll. Nichts sagen gegen Wand, nichts sagen gegen die Nilsson und sich aus den Regie-Debatten möglichst raushalten. Dann kommt man schon gut durch, wenn man hier ein bisschen mitmischen will. ;)


    Rheingold


    Mein lieber Rheingold,


    sachliche Kritik, selbstverständlich!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Zitat

    Lieber Wolfgang, liebe Mitstreiter,
    Ich entschuldige mich in aller Form für mein Missverständnis!
    Mit freundlichen Grüssen


    Hallo, m.joho!


    Entschuldigung angenommen! Es war mir auch unverständlich, wie es zu diesem Mißverständnis kommen konnte. Laßt uns weiter gemeinsam gegen diesen Regie-Irrsinn kämpfen!



    Liebe Grüße


    Wolfgang

    W.S.

  • Bisher habe ich Johannes Roehl für eine sachkundigen, kritischen und fairen Diskussionspartner gehalten.


    Nach seinem grundsätzlichen Beitrag zu den verschiedenen Meinungen zum Verfremdungstheater und der Anwendung von Kürzeln für Anhänger und Gegner dieser Inszenierungsarten muß ich mich korrigieren. Wer Andersdenkende in die Ebene der Haferflockenbildchenalben stellt, ihnen einen eingeschränkten Horizont unterstellt oder sie als Fundamentalisten bezeichnet (oder solltest Du lieber Opernsalafisten dazu sagen?), der beweist nicht nur geringe Diskussiounskultur, sondern muß sich den Vorwurf der Überheblichkeit gefallen lassen.


    Oder wie soll ich verstehen, daß ein Gegner der Theaterverunstaltung keine Partituren lesen kann? Heißt das, daß nur der das Recht auf eine werkgetreue und nicht zeitversetzte, durch entsetzliche Bühnenbilder und Urin und Kot verunstaltete Kulisse hat, der Partituren lesen kann ? Ich kann keine Partitur lesen, zähle mich somit auch nicht zu einer sogenannten Elite. Wenn ein Regisseur eine Oper nur für partiturlesende Zuschauer machen würde, wem wäre gedient? Für wen macht der Regisseur Oper?


    Bitte versuche mir das zu erklären, vielleicht läßt sich dann manches Mißverständnis ausräumen!


    ein totel verunsicherter, aber empörter La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Und wer es gemütlich haben will und den Konflikt scheut, der bekommt mit der Zeit mit, was er sich bitte schön verkneifen soll. Nichts sagen gegen Wand, nichts sagen gegen die Nilsson und sich aus den Regie-Debatten möglichst raushalten. Dann kommt man schon gut durch, wenn man hier ein bisschen mitmischen will.

    Liebe forianer (innen),


    den Konflikt nicht scheuen, warum auch, aber nicht des Konflikts willen, sondern der Sache wegen. Wenn jemand hier seinen Standpunkt vertritt, muss ich den ja nicht teilen, ich muss auch nicht antworten, wenn ich völlig anderer Meinung bin. Aber wenn wir streiten, dann doch bitte mit dem Florett und nicht mit Siegfrieds Schwert Notung (Balmung). Fairness ist angebracht, gerade dann, wenn die Meinungen weit auseinander gehen. Besonders die sach- und fachkundigen tun sich damit manchmal schwer. Im Übrigen läuft derzeit die documenta 2012 in Kassel. Dort kann man freiwillig in einer Celle übernachten. Auch das soll Kunst sein.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Hallo,


    meine Geschichte gehört zwar nicht direkt zum Thema, zeigt aber auch im Bereich Oper die Ideologie-Belastung dieser Kunstform: Vor etwa 20 Jahren kaufte ich in einem Klassik-Spezialgeschäft 2 Wagner-Gesamtaufnahmen, worauf mich ein vermutlicher 68iger mitten im Geschäft anfuhr, "ob ich es denn im Angesicht von Deutschlands Geschichte verantworten könne, die Werke eines germanophilen Proto-Nationalsozialisten zu hören". Ich trat nicht von meiner Kaufabsicht zurück ! :baeh01: Offensichtlich muß man auch immer mit solchen Anwürfen rechnen, wenn man das heutige Regietheater kritisiert.


    Gruß,


    Antalwin

  • Zitat

    Wer Andersdenkende in die Ebene der Haferflockenbildchenalben stellt, ihnen einen eingeschränkten Horizont unterstellt oder sie als Fundamentalisten bezeichnet (oder solltest Du lieber Opernsalafisten dazu sagen?), der beweist nicht nur geringe Diskussiounskultur, sondern muß sich den Vorwurf der Überheblichkeit gefallen lassen.


    Wenn ich hier einen "Regietheaterthread" einstelle, dann ist mir stets bewusst, auf was ich mich hier einlasse: Auf einen Kampf "auf Leben und Tod" - hier gibt es keinen Konsens, keine Diskussionskultur, keinen Kompromiss, hier prallen zwei "Weltanschauungen" aufeinander, die unvereinbar sind - und wo jeweils die eine die andere vernichten will - mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. Selbstverständlich sorge ich - wenngleich selbst parteiisch - dafür, daß persönliche Beschimpfungen etc. nicht stattfinden - etwas, das in Internetforen durchaus keine Selbstverständlichkeit ist. Aber versuchen, den Gegner der Lächerlichkeit preiszugeben ist ein oft angewandtes Mittel. Da es in der Vergangenheit so erfolgreich war, wird es immer wieder aus der Mottenkiste geholt, ebenso wie den Gegner als geistig oder sozial unterprivilegiert darzustellen. Wenn ich beispielsweise "Regietheater" als "Proletenkunst" bezeichnen würde - würden die Intellektuellen (und leider gibt es dort vereinzelt welche) der Gegenseite sofort protestieren - aber ich hätte die Lacher (bei den stillen Mitlesern) weitgehend auf meiner Seite.
    Ich glaube nicht, daß man uns einen "eingeschränkten Horizont" unterstellt - aber man möchte uns (verständlicherweise) in der Öffentlichkeit so darstellen - weil man annimmt, daß uns dies diskreditiert.
    Welche Fehleinschätzung !!! Längst ist die uns LEDIGLICH UNTERSTELLTE Dummheit gesellschaftsfähig geworden.
    Prominente aus Kultur und Politik, Zeitung und Fernsehen tragen sie stolz zur Schau - und betonen gelegentlich sogar, daß sie es trotz schlechter Schulerfolge zu einer leitenden Position gebracht haben. Deshalb ist ja die Welt auch in jenem Zustand in dem sie sich derzeit darstellt.


    Warum ist aber nun gerade bei Regietheaterthreads dier Kampf so hitzig ?


    Jahre - nein Jahrzehntelang haben die Regietheaterbefürworter - nein eigentlich die Regietheatermacher stetig an Terrain gewonnen - die Gegenwehr war gering oder schlecht organisiert. Ähnlich wie bei der französischen Revolution, wo der Adel nur deshalb unterlag, weil er den Pöbel verachtete und für ungefährlich hielt, fiel auch hier eine Barriere nach der anderen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, daß das Regietheater nun das Establishment darstellt. Die Herren Intendanten und ihre Regisseure glaubten sich für alle Zeiten fest im Sattel mit sicheren Pfründen. Und gerade in diesem Augenblick protestiert das Publikum nicht mehr - frecherweise bleibt es einfach weg. Die Politiker, welche Oper eigentlich nie richtig interessiert hat - außer als Mittel zum Aufpolieren ihres Images - spüren, wie alle Wesen die mehr von der Intuition als vom Intellekt geleitet sind, instinktiv - daß hier nichts mehr für sie zu holen ist. Sie kürzen die Subventionen - das passt ins Konzept, denn das Geld ist längst verwirtschaftet oder in dubiose Kanäle geflossen. In solch einer Situation tritt ein Medium Namens Tamino Klassikforum auf den Plan, welches scharfe Kritik am Regietheater zulässt - während die meisten anderen Medien jahrelang regietheaterfreundlich agierten - und nun überlegen, ob ein Kurswechsel oder Nibelungentreue vorteilhafter für sie sei.


    Da kann man in der Tat von NIEMANDEN "faire Diskussionskultur" verlangen.
    So was fällt höchstens den AMIS ein, die einen Krieg anzetteln und dann noch (für sie günstige) "Spielregeln" diktieren wollen - Eine Illusion.
    Ich weiss nicht, ob man mich nach diesem Beitrag ins rechte oder linke Eck stellen wollen wird - wahrscheinlich in beide gleichzeitig :hahahaha:


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred



    PS: Die Worte "regietheaterfreundlich" und "Regietheaterbefürworter" werden übrigens von der Rechtschreibkorrektur als "Fehler" moniert - sie existieren in ihrem Wortschatz nicht :hahahaha:

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wenn ich hier einen "Regietheaterthread" einstelle, dann ist mir stets bewusst, auf was ich mich hier einlasse: Auf einen Kampf "auf Leben und Tod"


    Mein Gott! - Können wir alle vielleicht mal von diesem Scheißhaufen herunterkommen? Es handelt sich hier nicht um einen Krieg! Und wer das Gegenteil behauptet, hat sich noch nie auch nur annähernd Gedanken darüber gemacht, was "Krieg" bedeutet.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Nun vielleicht ist der Begriff "Krieg" ebenso übertrieben, wie der Begriff "Sch...haufen" dieses Forums unwürdig ist. Ersetzen wir ihn durch den Begriff "Kampf". Denn ein Kampf ist es wirklich, den wir Gegner gegen das uns jahrzehntelang tyrannisierende RT dank diesem Forum aufnehmen konnten, nachdem wir schon beinahe in Resignation erstarrt waren und einzig durch das immer häufigere Fernbleiben von Opernhäusern unseren Widerwillen ausdrücken konnten. Danke an Alfred und gleichzeitig die ausgesprochene Hoffnung, dass unser gemeinsamer Protest eine Änderung hervorruft!

  • Lieber m.joho,


    das Wort Kampf, das von Alfred gebraucht und von M.Schenk mit "Krieg" bezeichnet wurde, ist doch, wie du sagst, völlig in Ordnung. Wir kämpfen für eine Sache, nämlich dass dies scheußliche Verunstaltungstheater, das inzwischen ganz aus den Fugen geraten ist, sich endlich wieder zu einem vernünftigen Theater wandeln möge, wenigstens in dem Verhältnis, in dem es Anhänger des unverfälschten Kunstwerks und Anhänger von Entstellungen gibt. Wir fechten im Leben viele "Kämpfe" aus (z. B, gegen Krankheiten, gegen Ungerechtigkeiten,manchmal auch gegen unsere eigenen Fehler usw.). "Krieg" wird es allerdings, wenn - wie manchmal hier - persönliche Angriffe und Beleidigungen gestartet werden und die Beiträge anderer in niederträchtiger Weise als unsinnig, leer und substanzlos zerrissen werden, diejenigen aber, die diese Dinge initiieren sich beleidigt fühlen, wenn man sie mit ihren eigenen Worten schlägt. Mich können die persönliche Angriffe gegen mich zwar nicht rühren, ich stehe darüber und kann über den Unsinn nur lachen, aber manchmal fühle jetzt auch ich mich bemüßigt, die gleiche Klinge zu ziehen, um zu zeigen, was auch ich davon halte. Ich weiß, dass der Leser der Berichte durchaus sehr schnell erkennt, wes Geistes Kind hinter den Berichten steckt und wer sich damit bloßstellt.
    Wir sollten zwar unseren Kampf gegen die Sache weiterführen, aber den Krieg (siehe Definition) - wie M.Schenk sehr richtig sagt - meiden.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Wir sollten zwar unseren Kampf gegen die Sache weiterführen, aber den Krieg (siehe Definition) - wie M.Schenk sehr richtig sagt - meiden.

    Tatsächlich ist es auch weniger der Begriff des Kampfes, um den es mir geht; wenngleich ein einfaches "Auseinandersetzung" vielleicht ebenso genügen würde, denn nicht jede (polemische) Überspitzung ist "der Sache" dienlich. Aber warum um Himmels willen muss es denn gleich "auf Leben und Tod" gehen? Und ist die Assoziation eines Krieges bei einem Satz, wie


    [...], hier prallen zwei "Weltanschauungen" aufeinander, die unvereinbar sind - und wo jeweils die eine die andere vernichten will - mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln. [Hervorhebung MSchenk]

    denn so unverständlich?


    Ich habe nichts gegen klare Worte und scheue mich auch nicht, eine Sachaussage als "Blödsinn" oder eine Sache als "Scheißhaufen" zu bezeichnen. Ich glaube, man kommt damit u.U. inhaltlich weiter, als durch versteckte Spitzen, durch herumlavieren und unangemessene Polemik. Auch bin ich sicherlich nicht Gefeit dagegen, mich im Eifer der Diskussion im Ton zu vergreifen. - Aber was wir der Öffentlichkeit hier in den RT-Threads bieten, ist mindestens grenzwertig ...

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • JR hat m. E. in allen Punkten Recht. Saubere Analyse, klare, wenn auch nicht unbedingt versöhnliche, Darstellung, bestens nachvollziehbare Argumentation. Die von Wolfram häufig beklagten und ironisch kommentierten Schaum-vorm-Maul-Beiträge der Traditionalisten werden - ganz ohne Ironie - als genau das demaskiert.


    Und KSM im falschen Lager - das wundert mich fast genauso stark. Der Verfechter atonaler Neutöne bei den Alt-Inszenierern. Spock würde sagen: faszinierend!

  • Und KSM im falschen Lager - das wundert mich fast genauso stark. Der Verfechter atonaler Neutöne bei den Alt-Inszenierern. Spock würde sagen: faszinierend!


    Das beweist ja nur wieder mal, wer hier wirklich mit dem Schubladendenken agiert, dass anderen so gern angedichtet wird.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)


  • Das passt sehr wohl hierher, Antalwin. Einige werden dir vielleicht vorwerfen, alles nur erfunden und maßlos übertrieben zu haben. Ähnliches (wenn auch nicht so extremes) habe ich selber jedoch auch schon erlebt. Im Grunde ist das alles so schräg, dass es zum Lachen reizen könnte. Darf man wissen, was du geantwortet hast? ;)

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Das beweist ja nur wieder mal, wer hier wirklich mit dem Schubladendenken agiert, dass anderen so gern angedichtet wird.


    Ich meide in der Welt außerhalb des Internets die Regietheaterdebatte. Ich weiß also nur in wenigen Ausnahmefällen, welchem Lager meine Kollegen aus dem Neue-Musik-Kontext angehören. Vielleicht habe ich auch die eine oder andere Aussage ausgeblendet, jedenfalls kann ich mich nur an Pro-Ponnelle&Co Aussagen erinnern von Komponisten atonaler Gegenwartsmusik und professionellen Interpreten derselben sowie Musiktheoretikern mit Spezialinteresse für experimentelle elektronische Musik.


    Dass die Neue-Musik-Fraktion Regietheater will, ist einfach so eine FVI-Verschwörungstheorie ...

  • Dass die Neue-Musik-Fraktion Regietheater will, ist einfach so eine FVI-Verschwörungstheorie


    Sagen wir mal so: Einige bekennende Regietheatergegner haben zugegeben, mit Neuer Musik auch nichts anfangen zu können.


    Dies nun in logisch unzulässiger Weise umzukehren und zu behaupten, alle Liebhaber neuer Musik würden das Regietheater bevorzugen, ist natürlich absurd.


    Meines Erachtens hat hier überhaupt niemand gesagt, dass er das Regietheater bevorzugen würde, auch wenn manche Behauptungen von regietheaterkritisch eingestellten Diskutanten (bzw. -onkeln) in diese Richtung gingen.


    :hello:

  • Dies nun in logisch unzulässiger Weise umzukehren und zu behaupten, alle Liebhaber neuer Musik würden das Regietheater bevorzugen, ist natürlich absurd.


    So möchte ich das auch nicht verstanden wissen. Eher in Richtung auf offen sein für Neues und Überraschendes. Ich meine, daß man bei Liebhabern neuer Musik eher auf die Bereitschaft stoßen kann, Überkommenes in Frage zu stellen.


    Das hat nicht unbedingt etwas damit zu tun, daß man das Ergebnis nun auch gut findet. Natürlich kann man das RT ablehnen, ich möchte aber vermuten, daß Leute, die gegenüber Experimenten mit Musik grundsätzlich aufgeschlossen sind, das RT zumindest in seiner Existenzberechtigung nicht in Frage stellen.


    Ich selbst bin jedenfalls inzwischen insoweit "am Haken", als daß ich mir so eine Regieoper mal ansehen werde.

  • Hallo Strano Sognator,


    es tut mir leid, dass ich Dir jetzt erst antworte ! Ich habe dem damaligen, verbalen Angreifer einen längeren Vortrag über Richard Wagner gehalten und versucht, ihm die Brüche in Wagners Gedankenwelt aufzuzeigen. Der Mann nannte mich einen "unverbesserlichen Nationalisten". Wir schieden in beiderseitigem Unverständnis !


    Gruß,
    Antalwin

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