Am 27.10.2012 ist der Komponist Hans Werner Henze gestorben.
Ich denke, man kann Henze definitiv als eine zentrale Persönlichkeit der zeitgenössischen Musik ansehen. Ich weiß, dass es bereits einen Thread zum 80. Geburtstag Henzes gibt. Trotzdem erscheint es mir angemessen, einen neuen zu starten, da nun ein Rückblick auf das Gesamtwerk möglich ist und damit auch auf die Frage: Was wird bleiben?
Henze wurde am 1.7.1926 in Gütersloh geboren. Er geriet früh in seinem Leben in Konflikt mit seinem Vater wegen dessen NSDAP-Mitgliedschaft. Auch die Homosexualität Henzes dürfte ein Grund für die konflikthafte Beziehung zum Vater gewesen sein.
Henze musste sein Musikstudium 1944 unterbrechen, da er zur Wehrmacht einberufen wurde. Nach Ende des Krieges und einer kurzen Zeit als Korrepetitor in Bielefeld nahm er sein Studium wieder auf.
Henze durchlief Stellen an den Theatern in Konstanz und Wiesbaden. Seinen Durchbruch als Komponist hatte er 1952 mit der Oper Boulevard Solitude.
Henze übersiedelte 1953 nach Italien. Grund dafür war, dass er sich eingezwängt sah zwischen dem konservativen Leben in Deutschland auf der einen Seite und der Kritik der selbsternannten Avantgarde (Darmstadt!), die seine Kompositionen als rückständig diffamierte.
Lange Zeit pflegte Henze eine enge Beziehung zu Ingeborg Bachmann. Aus dieser entstanden Werke wie der Prinz von Homburg, der junge Lord, Nachtstücke und Arien.
Henze stand politisch Zeit seines Lebens links. Er war zeitweise Mitglied der Kommunistischen Partei Italiens. Viele seiner Werke spiegeln seine politische Haltung wieder, u.a. das Floß der Medusa, El Cimarron.
Von 1980 – 1991 leitete Henze eine Meisterklasse für Komposition an der Hochschule in Köln. Er gründete diverse Festivals für Musik – u.a. Münchener Biennale.
Henze komponierte bis ins hohe Alter. Werke wie L´Upupa (2003) oder Phaedra (2007) sind hier zu nennen. Einschneidend dürfte für Henze in seinen letzten Lebensjahren der überraschende Tod seines Lebensgefährten und Adoptivsohnes Fausto Moroni im Jahr 2007 gewesen sein. In Andenken an diesen geliebten Menschen schrieb Henze das Werk Elogium Musicum amatissimi amici nunc remoti für Chor und Orchester.
Werk
Das Gesamtwerk Henzes ist riesig:
10 Sinfonien
2 Klavierkonzerte
3 Violinenkonzerte
diverse Konzerte für andere Instrumente
diverse andere Orchesterwerke
Kammermusik in unterschiedlichster Besetzung
Vokalwerke
Balette
Opern
Ich will hier gar nicht den Anschein erwecken, dass ich einen Überblick über dieses vielfältige Gesamtwerk besitze. Ich kennen nur einzelne Werke.
Persönlich schätze ich besonders die 7. und 9. Sinfonie.
Ein besonderes Ereignis für mich war die Aufführung seines Werkes „Das Floß der Medusa“ im Rahmen der Musik Trienale in Köln 1994 (?) unter Ingo Metzenmacher. Selten habe ich ein Konzert so erschüttert verlassen. Diese Musik ließ scheinbar niemanden im Saal kalt. Nach dem letzten Takt herrschte zunächst absolute Stille.
Hans Werner Henze hat das Musikleben der letzten 60 Jahre stark geprägt. Sein breites Schaffen jenseits aller Trends und Stile macht seine Werk meines Erachtens zu einer Fundgrube folgender Generationen über alle musikalischen Formen hinweg. Ich persönlich kann mir gut vorstellen, dass seine Bedeutung gerade auf dem Gebiet der Oper und der sinfonischen Musik lange anhalten wird.