Mein persönlicher Zugang zu Schostakowitsch - und mehr ........

  • Mein persönlicher Zugang zu Schostakowitsch - und mehr ........
    Dies ist der zweiteThread einer neuen Serie, welche es ermöglich sehr SUBJEKTIVE Bemerkungen zu einem bestimmten Komponisten zu machen, was einigen die Schwellenangst nehmen soll sich zu beteiligen. Gestartet wurde ja mit Sibelius, nun ist Schostakowitsch an der Reihe, es wird in dieser Serie auch Threads über Komponisten der Klassik und Romantik geben.
    Schostakowitsch ist ein Komponist über den es viel zu sagen gibt, der in zu verschiedenen Zeiten sehr unterschiedlich beurteilt wurde - daher lockere ich hier das Verbot (das ja nicht wirklich eines ist) über politische Bezüge des Komponisten zu schreiben - denn Schostakowitsch war geradezu DER politische Komponist, seine Werke waren oft von den kommunstischen Machthabern bestellt, gelobt oder getadelt,eine Verherrlichung des Kommunismus - Auch der Westen hat das einst so gesehen und entsprechend reagiert. Später war dann angeblich alles ganz anders......
    Aber da gibt es natürlich noch die musikalische Komponente, die man auch völlig losgelöst von jeglicher Weltanschauung hören kann, und die Musikfreunde vermutlich wesentlich mehr interessiert....


    Man beachte auch die vielen Einzelthreads zu Schostakowitsch (siehe Thread Directory), wo man sich hinwenden sollte, wenn man Detailfragen zu Werken diskutieren möchte....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Diese Box hat man mir geschenkt - ich weiß nicht ob ich mich darüber freuen soll oder nicht doch besser weinen? Der Schenker jedenfalls mochte die hier versammelte Musik nicht. Ich dachte mir, wegwerfen oder an die Stadtbibliothek verschenken kannst du sie immer noch höre mal so peu a peu in die CDs hinein.


    Bei Sibelius - siehe Alfreds Thread - habe ich wenig Interesse an seiner Msuik entwickelt.
    Und Shostakovich?
    Ich weiß es noch nicht - Filmmusik habe ich mal im Radio gehört - sie gefiel mir...

    .


    MUSIKWANDERER

  • Bei Sibelius - siehe Alfreds Thread - habe ich wenig Interesse an seiner Musik entwickelt.
    Und Shostakovich?


    Hallo Musikwanderer,


    wenn Du schon bei Sibelius keine wirkliche Freude entwickeln konntest, dann wird es für Dich hier nicht anders sein.
    8| Aus meiner Sicht, der Schostakowitsch und Sibelius seine Lieblingskomponisten benennt, ist das vollkommen unverständlich. Deine Brillant-Box enthällt alle Sinfonien, Konzerte, die wichtigsten Filmmusiken und Suiten und umfangreiche Kammermusik. Du hättest alles zur Verfügung - und sogar in guten Aufnahmen/Int: die Sinfonien mit Barshai, die Konzerte mit den grossen Solisten Oistrach (VC), Ivashkin (CC), Ortiz (KK); die Streichquartette allerdings nur in der nicht so umwerfenden Aufnahme mit dem Rubio Quartett.
    :!: Ein Versuch ist diese grösste Musik des 20.Jhd aber auf jeden Fall wert.


    Fang mal mit dem Klavierkonzerten Nr.1 und 2 an. Die bereiten jedem, der für die Moderneren weniger aufgeschlossen ist, Hörspass. Das KK Nr.2 hat Schostakowitsch für seinen Sohn Maxim geschrieben. Ein witziges aber geniales Werk ohne besondere Ansprüche.


    Das Violinkonzert Nr.1 ist eines der tiefgehensten, ergreifensten und mitreissensten Violinkonzerte aller Zeiten. Ich kenne wenig, was mich mehr aufwühlt und packt.


    Wenn Du (scheinbar) für grossorchestrale Werke weniger aufgeschlossen bist, wird es mit den Sinfonien schwieriger. Ich halte die Sinfonie Nr.5 für den besten Einstieg ... aber auch da geht es zur Sache ... ein unwarscheinlich mitreissendes Werk, das eine Unmenge an Gänsehautstellen bietet. Seine Doppelbödigkeit wird man als Anfänger erst später begreifen - man kann sie zunächst als Einsteiger als reine Musik ohne Hintergrundwissen geniessen.



    Ich finde das man sich über die politische Komponente bei Schostakowitsch bewußt sein muss und kennen sollte. Aber für die Musik und ihre Qualität hat das für mich keinen Einfluss - :angel: ich schätze sie aufs Höchste.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Ich würde ebenfalls wenigstens ein paar Werke aus der Box anhören. Wolfgang hat schon einige der bekanntesten genannt; das sind alles gute Vorschläge. Bei den Klavierkonzerten bevorzuge ich allerdings sehr deutlich das mit Trompete (Nr.1). Die 9. Sinfonie würde ich noch erwähnen, ebenso die 1., da die vielleicht von den Sinfonien am stärksten "klassizistisch" orientiert sind. Alle diese Stücke sind per se nicht schwieriger oder anspruchsvoller als Sinfonien von Mahler oder Bruckner (eher im Gegenteil), insofern nichts wovor man "Angst" haben müsste.
    Am bekanntesten und eingängigsten sind wohl die sog. "Jazz-Suiten", aus einer stammt auch der bekannte Walzer.
    Bei der Kammermusik sind besonders das (2.) Klaviertrio, das Klavierquintett und das 8. Streichquartett zu nennen.


    Natürlich ist die inzwischen große Popularität Schostakowitschs keine Garantie, dass seine Musik jedem gefällt. Aber ein Versuch erfordert sicher für die meisten Hörer weniger Mühe als zB Musik von Boulez oder Carter.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich sehe gerade die empfehlenden Antworten in diesem Thread und will gleich einmal einige Gedanken wiedergeben:


    Bei neuen Boxen habe ich ich keinen besonderen "Abspielplan" - manchmal gehe ich nach Titel vor, manchmal, so wie in diesem Fall, fange ich einfach vorn an. Insofern habe ich die ersten Sinfonien, bis zur Fünften, durchgehört. Gerade diese Fünfte ist mir nicht ganz unbekannt, habe ich sie doch vor Jahrzehnten in Duisburg, während einer "russischen" Konzertsaison (damals dirigierte Mravinski, ich weiß aber nicht mehr, ob "seine" Leningrader oder das Duisburger Orchester spielte), schon gehört. Ich war jetzt gespannt, was ich zu hören bekommen werde, denn an die seinerzeit gehörte Musik hatte ich keine Erinnerung mehr. Ich war selber erstaunt, dass ich beim neuerlichen Hören doch einiges wiedererkannt habe.
    Kurz und gut: Die mit Texten unterlegten Sinfonien blieben mir fremd (ich will jetzt nicht nachsehen, aber ich glaube, es sind die beiden ersten), ab der dritten Sinfonie fiel mir das Zuhören leicht.


    Mag also sein, dass mir Shostakovich - auf lange Sicht gesehen - doch noch etwas zu sagen imstande ist...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Ich würde auf jeden Fall auch noch die 7. Symphonie, die "Leningrader", probieren. Das ist bis heute meine Lieblingssymphonie von Schostakowitsch (neben der 5., 10., 11., 12. und 15.). Bis jetzt kann ich persönlich sehr wenig mit der 14. Symphonie anfangen, ansonsten finde ich die übrigen eigentlich alle hörenswert.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich kenne Schostakowitsch nicht wirklich gut, finde ihn aber hochinteressant und von seiner Musiksprache her nicht besonders schwer zugänglich. Als Opern-Liebhaber kenne ich natürlich die "Lady Macbeth von Mzensk", zweifellos eine der bedeutendsten Opern des 20. Jahrhunderts. Seine Symphonien habe ich durch diese Gesamtaufnahme kennen und schätzen gelernt:



    Die gerade sehr günstig beim Werbepartner erhältliche Box ist sehr empfehlenswert, auch im Hinblick auf die Aufnahmequalität.


    An Schostakowitsch' Symphonien fasziniert mich die Diversität der Musiksprache, die natürlich mit den politischen Rahmenbedingungen zusammenhängt, unter denen er komponiert hat und unter denen die "falsche" Musik lebensgefährlich werden konnte. M.E. sind diese Rahmenbedingungen vom Werk nicht zu trennen, und vieles versteht man erst, wenn man den Kontext kennt. Hochinteressant, wie Schostakowitsch auch in vermeintlich linientreuen Auftragswerken Kritik am Regime versteckt hat, während er andere Stücke nicht zu veröffentlichen wagte... Jedenfalls ein Komponist, mit dem sich eine Auseinandersetzung lohnt, für mich gibt es da noch viel zu entdecken.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Dann möchte ich mal aus dem "Nähkästchen" plaudern (sagt man das heute noch so?)
    Irgendwann -vermutlich etwa 1990 - habe ich eine CD mit den Sinfonien Nr 1 und 9 (DECCA, Bernard Haitink) gekauft und angehört. Die Werke gefielen mir nicht, waren mir zu sperrig.Die CD wanderte ins Archiv. Ein 2. Versuch fand erst etwa um 2003 oder 2004 statt. Oh - da hatte ich offenbar wieder mal die CDs verwechselt und ich hatte ein CD eines anderen Komponisten in die Hülle gelegt. Und das vor so vielen Jahren. Vielleicht befindet sich die richtige CD in jener Hülle, wo jene hineingehört hätte, die sich auf der soeben gehörten CD befand. Schaun wir also was auf der CD für ein Label angebracht ist - und finden wird dann dadurch die richtige. SURPRISE !! da steht: Schostakowitsch Sinfonien Nr 1 und 9 !!
    Es war wirklich eine Überraschung. Nach einer langen Spanne - ohne zwischenzeitliche "Bemühungen" hatte ich mich also an Schostas Tonsprache "gewöhnt"
    Die Folge war, daß ich mir sofort einige weitere Sinfonien zulegte. Ich wollte für Reperoire, welches mir eventuell nicht gefallen könnte, indes keine Unsummen ausgeben und erwarb peu à peu 4 Naxos CDs mit Sinfonien.
    Ich war eigentlich recht zufrieden, auch die Kritiker waren es - bis eines Tage mich ein ehemaliges Tamino-Mitglied darauf aufmerksam machte, daß die Interpretation nicht den Intentionen des Komponisten entsprechen würde. So erwarb ich einzelstücke von diversen Dirigenten. Erst als ich Mravinsky erstamls hörte, war mir klar wie es eigenlich klingen müsste. Leider ist die Tonqualität der Mravinsky-Aufnahmen historisch-russisch. Irgendwann erwarb ich dann eine Gesamtbox aller Sinfonien unter Barshay - weil die eigentliche Tamino-Empfehlung bereits gestrichen war.
    Ich habe sie vor etwa 2 Wochen erstmals geöffnet (sie ist etwa seit 5 Jahren in meiner Sammlung) und die erste Sinfonie gehört. Ich plane, die weiteren in numerischer Reihenfolge fortlaufend zu hören - unter Zuhilfenahme der einschlägigen Tamino Threads, allerdings nicht in einem Block, sondern schön gemächlich. Etwa 3-5 Sinfonien dieses Jahr - das wäre meine Vorstellung. Vielleich werde ich auch das eine oder andere Statement in den entprechenden Threads hinterlassen.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Ich glaube, meine erste Begegnung mit Schostakowitsch war ein Konzert, in das ich eher zufällig geraten bin und in dem die 9. Sinfonie gespielt wurde. Das war Anfang der 1990er, da war ich um die 20 und hatte etwa 5 Jahre Klassik gehört. Ich habe mir meiner Erinnerung nach relativ bald die 9. und 5. Sinfonie auf einer CD mit Haitink gekauft. Etwa in derselben Zeit hatte mir auch ein Freund die Naxos-CD mit der 8. Sinfonie geschenkt (die war mir etwas zu lang, obwohl sie sicher eines seiner beeindruckendsten Werke ist).
    Einige Jahre später wollte ich mit den Streichquartetten einen Versuch machen und kaufte mir eine Einzel-CD mit drei Werken (6,10 und 14 oder so). Anhand der Nummern war nicht zu erkennen, dass es sich durchweg um eher "späte" Werke handelte und ich fand die erst einmal nicht so begeisternd (etwas "trocken"). Weit zugänglicher und packender war das Trio und Klavierquintett und die Streichquartette 3, 5 und 8.

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  • Dann möchte ich mal aus dem "Nähkästchen" plaudern (sagt man das heute noch so?) [...] Es war wirklich eine Überraschung. Nach einer langen Spanne - ohne zwischenzeitliche "Bemühungen" hatte ich mich also an Schostas Tonsprache "gewöhnt"

    Die Wendung scheint mir auch heute durchaus noch geläufig. Das Wiktionary sagt dazu: »geheime, private, intime, interne Dinge verraten, unter dem Siegel höchster Verschwiegenheit etwas Privates preisgeben«


    Ein interessantes Phänomen, ich erlebe das auch manchmal: Dass sich einem nach längerer Zeit plötzlich Sachen erschließen, mit denen man vorher gar nichts anfangen konnte, und das, ohne dass man sich in der Zwischenzeit erkennbar darum bemüht hätte.

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  • Um den persönlichen Zugang zur Musik Dmitri Schostakowitschs geht es in diesem Thread. Er zählt zu meinen Lieblingskomponisten, muss ich noch anmerken.


    Es war Samstag der 9. August 1975, es könnte auch der 10. des Monats gewesen sein, meine Familie sass am Mittagstisch, aus dem Radio erklang die Nachrichtensendung. Ich weiss noch, was auf dem Teller lag. Der Sprecher erwähnte in einer der Meldungen, dass der russische Komponist Dmitri Schostakowitsch in Moskau verstorben sei. Er habe Sinfonien, Bühnenwerke und Kammermusikwerke geschrieben. Ich war damals ein Jugendlicher und dieser Name, eher der Klang, ist mir im Gedächtnis hängen geblieben. Ich hatte mir den Namen gemerkt und schrieb ihn mir nach der Sendung auf. In jener Zeit begann die Beschäftigung mit Werken der klassischen Musik. Weiter hatte mich Schostakowitsch nicht interessiert. Jahre später, als das Format der CD eingeführt wurde, erinnerte ich mich an diesen Namen und kaufte mir als eine der ersten Scheiben die Bernstein-Aufnahme der 5. Sinfonie, die Lennie mit dem New Philharmonic in Tokyo eingespielt hatte. Das Coverbild war mir rätselhaft, dieser Torso und der flammende Himmel.


    Die Musik hörte ich mir zigmal an. Das Glockenspiel im Schlusssatz, die Bläser mit ihren hohlen Phrasen waren geheimnisvoll für mich. Sie mussten etwas bedeuten. Als junger Mann wurde ich von dieser Musik in Bann gezogen. Später erfuhr ich, was es mit diesem für den Komponisten schicksalshaften Werk für eine Bewandtnis hatte, dass der Musik geheime Chiffren einkomponiert sind. Die Haitink Einspielungen der Sinfonien hatte ich mir einzeln auch angeschafft und mit der Zeit wuchs das Verständnis für diese Musik und die CDs mit seinen Werken füllen drei Tablare des Regals. Ich lernte Menschen kennen, die den Uraufführungen beigewohnt hatten und mir davon erzählten, dass alle im Saal wussten, wovon Schostakowitschs Musik handelt.
    .

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Ich bin in vielerlei Hinsicht überrascht. Zum einen - daß nach einigem Zögern, der Thread doch angenommen wurde.
    Zum andern, daß eigentlich mehrere - also nicht nur ich (wie ich angenommen hatte) längere Zeit gebraucht haben, bis sich Schostakowitsch ihnen erschloss. Und zum dritten, dass es doch etliche gibt, die sich bis heute noch nicht mit ihm wirklich befasst haben.Ich kann allen jenen, die sich erst jetzt mit diesem Komponisten auseinandersetzen, nur raten unsere vorhandenen Threads zu benützen, sie sind stellenweise informativer als so mancher Konzert- oder Kammermusikführer.
    Man mag sich wundern, daß ausgerechnet ich mit diesem Kompoinsten wenig bis keine Schwierigkeiten habe. Das mag daran liegen, daß er - hier vergleichbar mit Igor Strawinsky und Gustav Mahler - (auch wenn dieser Aussage vermutlich widersprochen wird) immer noch eine - wenn auch schwache - Rückbindung zur Klassischen Musik der Vergangenheit hat.
    Ich werde versuchen - mich parallel zu den Sinfonien - auch mit Konzerten und Kammermusik auseinanderzusetzen.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Meine Erstbegegnung mit der Musik Schostakowitschs fand in der Mitte der 80er Jahre statt. Ich war vielleicht 13 oder 14 Jahre alt, hatte bereits angefangen Klassik zu hören (allerdings damals weitgehend "beschränkt" auf die Wiener Klassik und die frühe Romantik), da lief im Fernsehen eine Dokumentation über die Stadt Leningrad (so hieß sie damals noch) - und dieses Stück Doku-Film war in Teilen unterlegt mit Musik des ersten Satzes der 7. Symphonie von DSCH, der "Leningrader Symphonie". Das hat mich sehr beeindruckt, obwohl das doch gar nicht die Musiksprache war, die mir damals zusagte, so dachte ich. Aber das Erstaunliche ist, dass ich diesen Moment vor dem Fernseher noch heute (nach rund 30 Jahren!!) vor meinem 'inneren' Auge sehe, so sehr hat mich dieses Stück Film und die Musik gebannt. Es dauerte dann allerdings noch ein Weilchen, bis auch die erste Schostakowitsch-Aufnahme ihren Weg zu mir fand. Es war eine Doppel-CD der DGG mit den Symphonien Nr. 1 und Nr. 7 mit dem CSO unter Leonard Bernstein.


    So sieht das Ding aus (habe es immer noch):


    81296-SqlzL._SL300_.jpg



    Allerdings dauerte es von da an noch lange Jahre, bis ich Schostakowitsch wirklich gerne und häufig zu hören begann. Vielleicht so mit ungefähr 30 Jahren, zu Beginn der 'Nuller-Jahre', hörte ich mehr und mehr Schostakowitsch.


    Grüße
    Garaguly

  • Zitat

    Diese Box hat man mir geschenkt - ich weiß nicht ob ich mich darüber freuen soll oder nicht doch besser weinen? Der Schenker jedenfalls mochte die hier versammelte Musik nicht.


    Das sind naürlich keine idealen Rahmenbedingungen. Mir ist es indes oft so gegangen, daß ich gewisse Musik nicht mochte, ich aber allmählich von der Begeisterung der Anderen angesteckt wurde.


    Mein persönlicher Rat: Wähle Dir ein Werk aus und höre es möglichst MEHRMALS - egal ob es Dir auf Anhieb gefällt oder nicht.
    Dazu hole Dir Internet-Informationen zu diesem Stück, womit ich natürlich das Tamino Klassik-Forum meine. Oft erwecken die vorhandenen Texte schon ein wenig das Interesse - bis zur Begeisteung dauerts dann aber scho noch ein bisschen.....


    Eine weiterer - zusätzlicher - Rat: Wenn irgend möglich. dann höre die Werke einer bestimmten Gruppe in chronologischer Reihenfolge, also bei Sinfonien beispielsweise beginnend mit der 1. Sinfonie. Die meisten Komponisten entwickeln ihren persönmlichen Stil erst nach und nach, sodass man sich allmählich an ihn gewöhnen kann.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....



  • Mit Genuss und einer gewissen Rührung lese ich die Berichte von moderato und Garaguly, beschreiben sie doch erinnernd persönliche Emotionen beim Kennenlernen der Musik in jüngeren Jahren. Ich vermute, dass dies intensive und bleibende Eindrücke sind.


    Mir erging es, ähnlich wie moderato, auch vor fast exakt 30 Jahren. Ich hörte im Autoradio eine ruhige, traurige und "einsame" Musik, die dennoch eine enorme Ausstrahlung und Kraft hatte. Da ich mitten im Stück einschaltete, konnte ich nicht hören, wer der Komponist des Stückes gewesen ist. Erst nach dem Erklingen nannte der Moderator den Namen "Dmitri Schostakowitsch", den ich mir sofort auf Papier notierte. Es handelte sich um das 15. Streichquartett.


    Kurz nach der Einführung von CDs auf dem Markt waren diese meist noch verdammt teuer. Ich kaufte also kurz nach dem besagten Tag sofort sämtliche Streichquartette Schostakowitschs vom Borodin Quartett in 5 oder 6 einzelnen CDs (Boxen waren damals noch nicht so üblich). Eine dieser CDs beinhaltete das gehörte 15. sowie auch noch das 5. Streichquartett. Diese Beiden wurden sofort meine Lieblingsquartette des Komponisten, und das sind sie bis heute geblieben. Der Komponist war damals noch Neuland für mich, mittlerweile kenne ich wohl alle seine Werke. Während ich auch die äußere Kraft der Sinfonien bewundere, liebe ich seine Streichquartette.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

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  • Zum andern, daß eigentlich mehrere - also nicht nur ich (wie ich angenommen hatte) längere Zeit gebraucht haben, bis sich Schostakowitsch ihnen erschloss.


    Ich glaube, dass dies bei einer Musik, die so komplex und tiefgründig ist, kein Zufall ist. Ich bin erst mit Anfang vierzig mit Schostakowitschs Musik in Berührung gekommen. Die Barshai-Box habe ich schon gleich nach Erscheinen in einer Rossmann-Filiale gekauft. Die Aufmachung gefiel mir gut, ich habe aber hier und da hineingehört und konnte nicht viel damit anfangen. Für mich persönlich muss ich sagen, dass ich die Offenheit für das Tiefgründige, für die tiefe Trauer und auch für den Zorn und Energie in dieser Musik nicht hatte. Vielleicht erfordert das auch eine gewisse Lebenserfahrung und die Bereitschaft, diese Seiten in der eigenen Seele anrühren zu lassen. Ich spreche hier aber nur für mich.


    Bei mir war es ebenfalls die fünfte Sinfonie. Im Fernsehen wurde Bernsteins Einspielung mit den New Yorkern aus dem Jahr 1966 gezeigt. Mir hat es der zweite Satz angetan.

    Eigenartig, dass schon bei dreien von uns Bernstein als Wegbereiter zu Schostakowitsch diente ...


    Von da an begann ich, auch andere Sinfonien aus der Barshai-Box zu hören. Für mich ist sie immer noch eine der großartigsten und bewegendsten Gesamteinspielungen. Einzelne andere Aufnahmen folgten, desgleichen die Solokonzerte. Besonders die Cellokonzerte in der Interpretation mit Natalia Gutmann legen für mich bei aller atemberaubender Virtuosität eine Tiefenschicht frei, die ich sonst in keiner anderen Musik so intensiv wahrnehme.
    Inzwischen habe ich mehrere Gesamteinspielungen, wobei die Russen Mrawinsky, Roschdestwenski, Kondrashin noch einmal eine ganz andere Qualität haben. Aber auch Barshai, Askenazy und Jansons (Haitink kenne ich zuwenig) sind für mich Einspielungen, die mir am Herzen liegen. Ich habe immer noch nicht alle 15 Symphonien intensiv kennen gelernt, die Hälfte vielleicht.
    Von da aus erkunde ich die Streichquartette und fühle mich da noch wie am Anfang einer Entdeckungsreise. Nr. 8 und Nr. 15 höre ich zurzeit öfter.


    Zurzeit gibt es für mich keine andere Musik, die mich so intensiv und tief berührt wie Schostakowitsch. Vor 20 Jahren hätte ich dafür kein Ohr und kein Herz gehabt.
    Ich bin mit dem, was ich hier schreibe an den Grenzen meiner sprachlichen Möglichkeiten. Das liegt nicht nur daran, dass ich in Sachen Musik fachlich ein Laie bin. Ich denke, dass auch andere diese Hörerfahrung machen. Ich möchte darum gar nicht mehr dazu schreiben.



    Ich möchte in diesem Jahr einige weitere Streichquartette kennenlernen und auch op. 87 liegt bei mir jederzeit hörbereit.
    Ich habe nicht wenige gute Empfehlungen hier in diesem Forum gelesen und erworben. Ich möchte allen danken, die hier inhaltsreiche und anspruchsvolle Beiträge verfasst haben, die mir geholfen haben, etwas aus dieser musikalischen welt kennen zu lernen und ein wenig zu verstehen. Das ist schon eine ganze Menge.


    Freundliche Grüße von der Nordseeküste sendet Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Schostakowitsch hatte ich in meiner Jugend eher vernachlässigt. Zu meiner Studentenzeit wollte ich das endlich ändern. In meinem CD-Geschäft mit stadtbekanntem Verkäufer (ein wirklicher Musikkenner, vor allem auch der Oper, wo sich alle Musikfreunde der Stadt versammelten) sah ich dann die Kondraschin-Box (Komplettaufnahme der Symphonien 1-15) für 200 (!) deutsche Mark. Für mich als armem Studenten damals unerschwinglich. Ich schaute also traurig und sagte: Eigentlich hätte ich gerne diese Box, kann sie mir aber leider nicht leisten. Darauf besagter Herr: "Für 29.95 können Sie sie haben!" Wenn ich ihn heute treffe ab und zu im CD-Laden (er ist inzwischen pensioniert) , dann erzähle ich gerne diese alte Geschichte und wir beide müssen lachen. Das waren noch Zeiten... :D


    Schöne Grüße
    Holger

  • Eigenartig, dass schon bei dreien von uns Bernstein als Wegbereiter zu Schostakowitsch diente ...

    Auch ich habe Schostakowitsch über Leonard Bernstein kennengelernt. Wie an anderer Stelle bereits erzählt, war mein endgültiger Einstieg in die Klassikwelt Gustav Mahler zu verdanken, die CBS-LP-Box mit allen Symphonien gab es seinerzeit für DM 50 bei 2001 und war meine erste größere Investition im Klassikbereich. Nachdem ich diese durchgehört und gelesen hatte, dass sich Schostakowitsch's Fünfte auch stark an Mahler orientiert, war die 1959er Aufnahme von Bernstein eine meiner nächsten Investitionen, die kam gerade als 10-DM-LP heraus (in der Serie mit den Zeitungscovern). Die nächsten Aufnahmen, die ich dann kaufte, waren schon die mit Kondrashin auf Ariola Eurodisc.


  • Aus dieser EURODISC-LP-Reihe habe ich meine ersten Schostakowitsch-Aufnahmen auch erworben (habe noch 4 Stück davon - aber nicht mehr zum Hören).


    Die Erste Eurodisc-LP war die Sinfonie Nr.9 (mit 3) und dann die Nr.5 mit Kondraschin/Moskauer PH.
    8o Der Plattenhändler konnte kann gar nicht so schnell nachbestellen - wie wild ich auf alle weiteren Eurodics-LP´s war (um die 15 alle zu haben), die dann auch von den Wahnsinnsaufnahmen mit Swetlanow (Nr.7 und 10) dirigiert wurden.
    :angel: Mein Lieblingskomponist war geboren !



    Über Bernstein hatte ich immer über sein "Missverständnis der Interpretation" einiger Sinfonien gelesen und ihn daher damals noch weniger ins Auge gefasst.
    :!: Erst später auf CD hat mich die Tokyo-Aufnahme mit den NY PH der Sinfonie Nr.5 (CBS, 1979) absolut vom Hocker gehauen, sodass ich mir dann ein paar seiner Aufnahmen zugelegt habe.
    Auch als absoluter Bernstein-Fan muss ich aber sagen, dass er (ausser bei der Fünften) nicht den Ton für Schostakowitsch findet, der so angemessen wäre wie bei Kondraschin, Rochdestwensky, Swetlanow, Barshai und auch Mrawinsky.
    Die Erste und Sechste wirken auf mich gar zu zahm ... und das bei Bernstein ... die Siebte hat bei ihm für meine Prägungen zu viele Eigenheiten ...


    Aber mit Bernstein gibt es auch Schostakowitsch - Glanzpunkte:
    Die Klavierkonzert Nr.1 und 2 mit Bernstein / New Yorker PH und Bernstein (Nr.2) und Previn (Nr.1) am Klavier
    auf dieser fabelhaften SONY-CD:


    51l6c-SaBoL.jpg


    SONY, 1962, 1958, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Die Erste und Sechste wirken auf mich gar zu zahm ... und das bei Bernstein ... die Siebte hat bei ihm für meine Prägungen zu viele Eigenheiten ...


    Oft sind es aber gerade die "Fehlinterpretationen", die "zahmen" und "geschönten" , die einem den Einstieg überhaupt ermöglichen - weil man von einer "weniger zahmen" Interpretation anfangs abgeschreckt wurde. Ich erinnere mich noch, daß ich bei den ersten mir zur Verfügung steenden Aufnahmen dachte; "Na ja - das ist ja gar nicht so schlimm, wie befürchtet...." :D
    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Ich erinnere mich noch, daß ich bei den ersten mir zur Verfügung stehenden Aufnahmen dachte; "Na ja - das ist ja gar nicht so schlimm, wie befürchtet...."

    Genau das gleiche dachte ich auch, als ich erstmals im Konzert Schostakowitschs 5. Sinfonie mit den Berliner Symphonikern hörte, das war im Jahre 1986. Schostakowitsch war lange für mich 1. ein Parteikomponist und 2. moderne Musik. Nun also das. Dabei wusste ich noch nichts über die tragische Verstrickung des Komponisten mit dem politischen System. Seitdem ist viel Zeit vergangen und Erfahrung gewonnen. Schostakowitsch ist eben Opfer und nicht Täter.

    Zitat

    Das mag daran liegen, daß er - hier vergleichbar mit Igor Strawinsky und Gustav Mahler - (auch wenn dieser Aussage vermutlich widersprochen wird) immer noch eine - wenn auch schwache - Rückbindung zur Klassischen Musik der Vergangenheit hat.

    Genau, da ist zu widersprechen. Schostakowitsch hat eine ganz eigene Musiksprache, die und das ist ihm für einen Komponisten Mitte des 20. Jahrhunderts hoch anzurechnen, immer tonal geblieben ist. Sicher hat das mit dem politischen Druck zu tun, dem der Komponist zeitlebens ausgesetzt war. Es ist ungemein viel Gefühl und persönliche Lebenserfahrung, die in seiner Musik zu finden ist. Bei ihm gibt es kaum Hurra-Musik, sondern viel Tragik und Anklage, sieht man von Gefälligkeitskompositionen wie z.B. Das Lied von den Wäldern oder der 12. Sinfonie mal ab. Und manches steckt zwischen den Noten. Wie in der 11. Sinfonie, die wahrscheinlich nicht nur mit der Revolution im Jahre 1905 zu tun hat, diese Eiseskälte, die im 1. Satz zu spüren ist! Als Zugang zu Schostakowitsch ist sicher die 5. Sinfonie zu empfehlen, ich bevorzuge die Aufnahme mit Mariss Jansons, der auch den Hintersinn des Finales gut wiedergibt. Mich hat danach die 7. "Leningrader" Sinfonie beeindruckt, auch wegen des trommelartigen Themas im 1. Satz, der angeblich den Einmarsch der deutschen Truppen darstellen soll. Auch die Filmmusiken und die Jazz-Suiten, die nichts mit Jazz zu tun haben, sind als Einstieg geeignet. Bei der Kammermusik könnten es das sinnigerweise mit dem Stalinpreis ausgezeichnete Klavierquintett und das 8. Streichquartett sein, ein Werk mit unglaublicher Ausdruckskraft.
    Mit besten Grüßen
    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Bei der Kammermusik könnten es das sinnigerweise mit dem Stalinpreis ausgezeichnete Klavierquintett und das 8. Streichquartett sein, ein Werk mit unglaublicher Ausdruckskraft.

    Je länger ich mich damit beschäftige, umso mehr bin ich davon überzeugt, das die 15 Streichquartette in ihrer Gesamtheit seinen bedeutendsten Beitrag überhaupt darstellen. Es gibt zumindest einen tamino, der das offensichtlich ähnlich sieht.

  • Zitat

    umso mehr bin ich davon überzeugt, das die 15 Streichquartette in ihrer Gesamtheit seinen bedeutendsten Beitrag überhaupt darstellen.


    Ich fand in einer der mir zur Verfügung stehenden Textquellen die Aussage, dass Sinfonien und Streichqartette bei Schostakowitsch in Sachen Bedeutung gleichwertig an vorderster Stelle stünden - diese Aussage ist ebenfall snich sehr weit von Lutgras Sicht entfernt. Schostakowitsch selbst bezeichnete das Genre Streichwartett als das vielleicht Schwierigste überhaupt......
    Meine Sammlung auf diesem Gebiet ist sehr klein, sie wird aber in den nächsten Tagen um 2 weitere (Naxos) CDs erweitert - und - wenn alles planmässig verläuft, Mitte Feber komplettiert.....oder aber ich kaufe dann zusätzlich eine Gesamtaufnahme (?)


    mfg aus Wien
    Alfred

    Die Tamino Moderation arbeitet 24 Stunden am Tag - und wenn das nicht reicht - dann fügen wir Nachtstunden hinzu.....