(bei monteverdi war leider blitzverbot, und vivaldi ist ja bekanntlich in wien verschollen...)

Strawinsky heute - wieviel Biß hat er noch?
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Sein letzter Biß war offenbar der ins Gras...
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Es begann ganz harmlos. Ich wollte wissen, was es mit diesem Sacre auf sich hat, von dem alle reden. Mit Strawinsky hatte ich bisher nicht viel am Hut. Ich kannte durch Zufall sein Violinenkonzert und das war’s dann auch schon gewesen. Das Werk konnte mich damals nicht überzeugen, so legte ich den Meister beiseite und genoss all die anderen großen Komponisten aus Barock, Klassik und Romantik. Der einzige klassische Moderne, der mir ins Haus kam, war der gute alte Dimitri Schostakowitsch.
Doch dann kam dieser Sacre. Zunächst war ich sehr skeptisch und beim ersten Drehen konnte ich die allgemeine Euphorie noch nicht so recht nachvollziehen. Also drehte ich noch mal. Und noch mal, und noch mal…
Tja, irgendwann war es dann so weit. Ich hatte mich an das Schräge gewöhnte und wollte mehr davon. Doch war es wirklich das Schräge von dem ich mehr wollte? Oder doch der Rhythmus? Oder die für mich ungewöhnliche Instrumentierung? Ich kramte mein Violinkonzert heraus. Ja, da war er wieder: Der typische Strawinsky-Sound. Also der für mich für Strawinsky typische Sound. Ich besorgte mir die Sinfonie in C, die Symphonie in three movements, den Feuervolgel und einiges mehr. Ich wurde irgendwie süchtig. Ich war schon versucht, einen neuen Thread zu eröffnen.
Hilfe ich liebe Strawinsky!!!
Ich konnte nicht nachvollziehen was hier genau passiert. Warum ausgerechnet Strawinksy? Dann fand ich diesen Thread und bekam Antworten. Als ich feststellte, dass sogar unser Alfred etwas mit diesem Komponisten Anfangen kann, war ich doch schon sehr beruhigt. Erst mal danke hierfür.
Ich weiß jetzt schon mal, dass ich nicht alleine bin und dass ich, nur weil ich Strawinsky mag, nicht gleich als Überläufer eingestuft werden muss ;).
Liebe Grüße
GalloNero -
Zitat
Original von GalloNero
Ich konnte nicht nachvollziehen was hier genau passiert. Warum ausgerechnet Strawinksy? Dann fand ich diesen Thread und bekam Antworten. Als ich feststellte, dass sogar unser Alfred etwas mit diesem Komponisten Anfangen kann, war ich doch schon sehr beruhigt. Erst mal danke hierfür.Ich weiß jetzt schon mal, dass ich nicht alleine bin und dass ich, nur weil ich Strawinsky mag, nicht gleich als Überläufer eingestuft werden muss ;).
Aber Gallo,
Du hörst lediglich einen der besten und faszinierendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts und bist keiner Sekte beigetreten oder hast Dich ekelhaften Sexpraktiken oder psychedelischen Drogen oder ähnlichem verschrieben - keep cool
(Und zum Gangsterrapper bist Du ja auch nicht mutiert, also kein Überläufer :beatnik: )
StefanPS: Der Sacre hat mich übrigens schon beim ersten Hören im Konzert komplett gepackt
- danach war ich schon süchtig…
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Hallo Stefan,
ja, live durfte ich den Sacre leider noch nicht hören. Doch nachdem ich den Sacre-Thread aufmerksam gelesen hatte wurde mir klar, dass ich das unbedingt nachholen muss. Nicht auszudenken, wie das auf mich wirken wird, wenn mich die Konserve schon so begeistert.
Ich bin auf jeden Fall froh, das mir wenigstens einer bestätigt, das ich nicht abartig bin
Aber im Ernst. Ich lese aus dem Thread heraus, dass einige Hörer, die der klassischen Moderne eigentlich nicht so sehr angetan sind, Strawinsky sehr viel abgewinnen können. Ich habe gestern nochmal intensiv den Sacre, die Symphonie in three Movements und L'Histoire du Soldat gehört.
Der Rhythmus trägt schon gewaltig zu meiner Begeisterung beiträgt. Es ist aber nicht nur der Rhythmus an sich, sondern die Art und weise wie er zustande kommt, welche Instrumente mit einbezogen werden. Da ein Ticken, dann ein Klopfen, jetzt wieder ein Zupfen, ein Anstreichen, ein Schmättern, ein Zirpen. Mal philigran, mal brachial... Wahnsinn!
Die Musik hat für mich eine wahnsinnige Eigensändigkeit. Das ist für mich Identität. Fast könnte ich mich zu einem neuen Thread hinreisen lassen.
"Was macht Strawinksy so einzigartig?"
Aber ich denke solch eine Diskussion ist auch hier gut aufgehoben.
Ist Igor Strawinksy für Euch auch Einzigartig?
Wenn ja was macht ihn Einzigartig?Für mich hat er richtig Biß. Aber vielleicht liegt's ja auch an dem JH in dem er geboren wurde...
Liebe Grüße
GalloNero -
Hallo Gallo,
hast Du schon mal mit dieser Anschaffung hier geliebäugelt?
ZitatOriginal von GalloNero
Für mich hat er richtig Biß. Aber vielleicht liegt's ja auch an dem JH in dem er geboren wurde...Hm, im 19. Jhd. geborene konnten aber auch rechte Langweiler sein - der Igor hat dann mit anderen Kollegen erst Anfang des 20. richtig krachen lassen...
Stefan -
Zitat
hast Du schon mal mit dieser Anschaffung hier geliebäugelt?
Natürlich ein ausgezeichnetes Preis-Leistungsverhältnis: Der ganze Strawinskij um 40 Euro. Aber bitte keine interpretatorischen Glazleistungen erwarten. Strawinskij dirigiert hier meistens selbst - und er war ein elender Dirigent...!
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Zitat
Original von Barezzi
hast Du schon mal mit dieser Anschaffung hier geliebäugelt?
Jetzt schon!
Vielen Dank für die Anregung noch mehr Geld auszugeben. :motz:Aber im Ernst, ich bin ein bisschen skeptisch. Preis/Menge-Verhältnis ist natürlich phantastisch, aber für mich sind da noch zu viele Fragen offen?
Wie viele von den 22 Scheiben sind klanglich akzeptabel.
Wie siehts mit den Booklets aus?
Wer dirigiert tatsächlich?
Wie schneiden die hier enthaltenen Craft Aufnahmen gegenüber den Naxxos Silberlingen ab, oder sind es gar die selben?@Edwin
hattes Du nicht des öfteren an anderer Stelle erwähnt, dass die Einspielungen die als Strawinsky-Dirigate verkauft werden eigentlich von Robert Craft dirigiert wurden? Oder sind das hier Live-Aunahmen?Ich weiß, ich bin ein scheiß Bedenkenträger, aber ich habe immer Angst bei so vielen CDs, dass Sie letztendlich doch im Regal verstauben.
Liebe Grüße
GalloNero -
Hallo GalloNero,
Du bekommst überwiegend Craft. Entweder hat er die Vorbereitungen gemacht oder gleich alles. Vor allem das Spätwerk ist fast ausschließlich von Craft dirigiert (und deshalb gar nicht übel).
Bei den meisten Werken hat sich Craft natürlich an das gehalten, was Strawinskij ihm aufgetragen hat. Craft war sozusagen ein verlängerter Arm. Und Strawinskijs interpretatorische Phantasie war begrenzt.
Die Problematik ist noch schwerwiegender, wenn Strawinskij selbst (auf der Basis der Craft'schen Vorbereitungen) selbst dirigiert. Strawinskij notiert bekanntlich ziemlich vertrackte Rhythmen, konnte sie aber dirigentisch nicht darstellen. Deshalb sind zahlreiche eigene Aufnahmen Strawinskijs relativ unscharf.
Technisch ist alles mittelprächtiges Stereo - wie's halt CBS zusammenbrachte.
Dennoch - wenn Du mich fragst: Bei diesem Preis zugreifen. Vor allem, weil Stücke darunter sind, die Du entweder gar nicht bekommst oder nur in Angeboten, in denen eine CD so teuer ist wie hier die ganze Box.
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Hallo Gallo Nero und Barezzi,
der Hinweis zur 22CD-Strawinsky-Box ist interessant, wenn m,an noch nichts von Strawinsky hat.
Ich würde sofort bestellen, wenn ich die daraus interessanten Aufnahmen nicht schon alle hätte.Es gab vor mehr als 10Jahren auch schon 3 SONY-3CD-Boxen mit diesen Strawinsky-CBS-Aufnahmen, die ich mir kaufte.
Die Strawinsky-Interpretationen sind teils interesaant und gut aber bei den TOP-Werken (die Ballette, Sinfonie in drei Sätzen; Sinf.in C) wird Strawinsky doch von anderen Dirigenten übertroffen, denn er war, wie Edwin schon ausführlich ausführte, kein sehr guter Dirigent.Für eine wirklich gute und tiefgehende Aufnahme in dieser SONY-Box halte ich das Ballett Orpheus.
22CD´s Strawinsky --- da sind dann doch sehr viele CD´s dabei die man einmal hört und nie wieder.
Aus anderer Quelle habe ich mal übernommen, welche Werke sich in der SONY-Box befinden:
ZitatIgor Strawinsky EditionFeuervogel;
Scherzo a la Russe;
Scherzo fantastique;
Feu d'Artifice;
Petruschka;
Sacre du Printemps;
Les Noces;
Renard;
Geschichte vom Soldaten-Suite;
Apollon Musagete;
Agon;
Jeu de Cartes;
Scenes de Ballet;
Bluebird-Pas de Deux;
Le Baiser de la Fee;
Pulcinella;
Orpheus;
Suiten zu Petruschka, Pulcinella, Feuervogel;
Symphonien in Es & C;
Symphonie in drei Sätzen;
Psalmensymphonie;
Konzert f. Klavier & Bläser;
Movements f. Klavier & Orchester;
Capriccio f. Klavier & Orchester;
Violinkonzert;
Greeting Prelude;
Suiten Nr. 1 & 2;
Dumbarton Oaks;
4 Norw. Impressionen;
Circus Polka;
Konzert in D;
8 Instrumental Miniatures;
4 Etudes;
Preludium for Jazz Ens.;
Concertino f. 12 Instruments;
Oktett;
Ragtime;
Tango;
Septett;
Pastorale;
Ebony Concerto;
Symphonie f. Bläser;
Duo Concertant;
Serenade in A;
Piano Rag Music;
Sonate f. 2 Klaviere;
Klaviersonate;
Le Rossignol;
Mavra;
56 Lieder;
Scherzlieder;
Cat's Cradle Songs;
In memoriam Dylan Thomas;
Elegy;
Owl & Pussycat;
Tilim-Bom;
The Rake's Progress;
Oedipus Rex;
Le Deluge;
Persephone;
Ode;
3 Madrigale;
Vom Himmel hoch;
Le Roi des Etoiles;
Ave Maria;
Credo;
Pater noster;
Cantata;
Mass;
Babel;
Canticum sacrum;
Introitus "T. S.Eliot in memoriam";
A Sermon;
Anthem;
Threni;
Chant du Rossignol;
Epitaphium;
Danses concertantes;
Double Canon;
Abraham and Isaac;
Aldous Huxley in memoriam;
Requiem CanticlesDirigenten: Igor Strawinsky & Robert Craft
Und da muß ich wirklich fragen:
Muß man die alle haben ??? Da ist doch viel "kalter Kaffee" dabei, der auf ewig einmal gehört liegen bleibt.Das muß ich noch Hinzufügen:
Zur Frage des Theads "Wieviel Biss hat Strawinsky noch ?Er hat für mich heute genau den Biss den er schon immer hatte.
Ein toller Komponist mit eigenem Charakter und 100%-Wiedererkennungswert. -
Hallo teleton,
ZitatMuß man die alle haben ???
Ganz dezidiert: Nein. Wer braucht schon die "Norvegian Moods" und ähnliche Handwerkereien.
Ich rate aber zu einem simplen Preisvergleich: Man überlege, was man haben will, aber noch nicht hat, sehe nach, welche Alternativen es gibt - und beginne ganz einfach zu rechnen.
Meiner Meinung nach haben sollte man von den weniger bekannten Werken zumindest:
- Swesdoliki (Le roi des étoiles)
- Berceuses du chat (Cat's Cradle Songs)
- Mavra
- Requiem canticles
- Threni
- Canticum sacrum
- Symphonie(n) für Bläser -
Zitat
Original von teleton
Das muß ich noch Hinzufügen:
Zur Frage des Theads "Wieviel Biss hat Strawinsky noch ?Er hat für mich heute genau den Biss den er schon immer hatte.
Ein toller Komponist mit eigenem Charakter und 100%-Wiedererkennungswert.Dem möchte ich mich anschließen. Oder anders gesagt, mir ist noch kein Komponist mit mehr Biß untergekommen. Wobei die schrägen Rhythmen einen einstigen Technojünger wie ich mich natürlich nicht mehr in dem Maße schockieren können, wie sie dies damals bei der Uraufführung des Sacre dem völlig unvorbereiteten Publikum gegenüber tun können. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter und behaupte das sich Ettliches, was Strawinsky damals an Neuerungen schuf, in heutiger modernen U-Musik wiederfindet.
Liebe Grüße
GalloNeroP.S. Von der dicken Strawinksy Box werde ich erst mal Abstand nehmen. Ist mir zu gefährlich, wenngleich man nicht viel kaputt machen kann. Aber für alle Interessierten: Bei Amazon kostet Sie gerade unter 30 Euronen.
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Ich schließe mich Edwins Empfehlung für "Le roi des etoiles" an - ein Wahnsinnswerk, was ich lange nicht mehr hören konnte. (Ist auf ner MC mit dem Sacre drauf - MCs höre ich seit Jahren nicht mehr, habe auch keinen Player mehr). Die vagen Erinnerungen, die ich habe, war es für mich damals die russischst anmutende Musik, die ich kenne.
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Hallo, miteinander!
Die Strawinsky-Strawinsky-Box lohnt sich wohl auch wegen der diversen Miniaturen, die oft weitaus origineller sind als die oben genannten "Norwegian Moods", so etwa die CD mit Tango, Ragtime oder Ebony Concerto, die man in authentischen Einspielungen erhält.
Ich erkenne die Bedeutung von Spätwerken wie den "Canticles" oder auch etwa dem originellen "Agon"-Ballett an, bei denen die Beschäftigung mit der Zwölftonmusik Einfluss hat, ich bin aber auch ein großer Liebhaber des schrägen Neoklassizisten. Sicher sind die Tschaikowsky-Verschnitte wie "Bluebird" relativ reizlos, andererseits möchte ich aber die aparten Harmonien der Solokonzerte oder etwa der "Ballettszenen" oder der "Danses Concertantes" keineswegs missen.
Das Geniale an Strawinsky besteht eben darin - es wurde oben schon angedeutet - dass hinter so völlig unterschiedlichen Werken wie "Sacre", "Les Noces", "Capriccio", "Ebony concerto" oder den "Canticles" eine unverwechselbare Sprache steht.
Besten Gruß, Wolfgang
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Wie würdest Du den Strawinsky von Robert Craft bei Naxos einordnen? Der ist ja authentisch und günstig zu haben? Ich habe bis jetzt nur eine CD aus der Serie (Apollo - Agon - Orpheus) - die scheint sehr gut zu sein.
Hallo Felix und KSM,um den Copland-Thread nicht unnötig off-topic zu belasten antworte ich hier.
gerade die von Dir angesprochenen Ballette Apollo - Agon - Orpheus finde ich gerade mit Strawinsky / Columbia SO wie KSM sogar auch am besten gelungen. Seine Aufnahme der Sinfonie in drei Sätzen finde ich ebenfalls ganz fantastisch; wenn ich aber schon aus klanglichen Gründen dort Dutoit (Decca) noch vorziehe.Insofern stimme ich KSM teilweise zu !
*** Aber mein kleiner Hinweis im Copland-Thread im Klammern (ähnlich wie Strawinsky), dass Strawinsky´s Interpretationen mehr oder weniger zu begeistern vermögen, damit meinte ich tatsächlich die früheren TOP-Ballette Le Sacre, Der Feuervogel und Petruschka.
Wenn ich das mit Swetlanow, Boulez, Bernstein, Solti vergleiche, dann bleiben Strawinsky´s eigene Aufnahmen doch recht artig "auf dem Teppich" ... da steckt weit mehr in den Partituren, als Strawinsky mit seinem Orchester damals herausholen konnte.
Beitrag 39 ist sehr interessant.
Hier erwähnt Edwin auch Robert Craft und er hällt Strawinsky sogar insgesamt nicht für einen guten Dirigenten !Zu deiner Frage mit den NAXOS-Craft-Aufnahmen:
Die Strawinsky-Ballette gibt es mittlerweile bereits in einer NAXOS Robert Craft-Edition auf 6CD:
NAXOS; 6CD, DDDDie sind mit Sicherheit nicht schlecht, was man so an Kritiken liest ... Craft war ja schlesslich mal Strawinsky´s Assistent, der alles für die Strawinsky-Aufnahmen vorbereitet hatte. (Ich habe auch mal in verschiedene Naxosen reingehört, aber nichts aussergewöhnliches entdecken können, dass meine vorhandenen Aufnahmen übertreffen würde).
Denn wenn man bereits mit Swetlanow (Melodiya), Boulez (SONY), Strawinsky bei den späten Balletten (SONY), Chailly (Decca), Dorati (Decca) und den Genannten eingedeckt ist, dann sind die (zumindest für mich) entbehrlich.
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Hallo Teleton,
vielen Dank für die detaillierte Auskunft! Die Box ist dann preislich ja doch ziemlich der Hammer. Von den Balletten fehlt mir nur noch Les Noces und Jeu des Cartes, welche nicht allzu oft eingespielt wurden. Ich denke, da werde ich wieder zu Craft greifen. Die drei frühen Ballette habe ich natürlich schon lange (in guten Interpretationen, z.B. Boulez) und diese werde ich mir nicht noch einmal von Craft kaufen. Ziemlich vieles von Strawinsky ist recht schwer erhältlich, wenn man nicht gleich wieder eine Riesenbox kaufen und sich zahllose Doubletten einhandeln will
- Der sternenkönig z.B. aber auch anderes wie das Capriccio für zwei Klaviere.
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*** Aber mein kleiner Hinweis im Copland-Thread im Klammern (ähnlich wie Strawinsky), dass Strawinsky´s Interpretationen mehr oder weniger zu begeistern vermögen, damit meinte ich tatsächlich die früheren TOP-Ballette Le Sacre, Der Feuervogel und Petruschka.
Wenn ich das mit Swetlanow, Boulez, Bernstein, Solti vergleiche, dann bleiben Strawinsky´s eigene Aufnahmen doch recht artig "auf dem Teppich" ... da steckt weit mehr in den Partituren, als Strawinsky mit seinem Orchester damals herausholen konnte.Ich bin mir ziemlich sicher, dass Du in einem Blindtest Bernstein und Strawinsky mit dem Sacre nicht wirst auseinanderhalten können. Das liegt daran, dass ich seit ich 14 bin den Sacre nur mit Bernstein gehört habe, das aber aberhunderte mal. Das habe ich also genau in den Ohren. Letztes Jahr habe ich als zweite Einspielung Strawinsky dazu, und beim Anhören sind mir nur ein paar kurze Stellen mit merkenswerten Unterschieden aufgefallen (letzte Nummer: Bernstein lärmt mehr, Strawinsky konzentriert sich mehr aufs Rhythmische und die Nuancen - das betrifft aber auch nur eine kurze Stelle). Ähnliches erwarte ich beim Feuervogel. Wenn man da das Strawinskydirigat einem "Kenner" vorspielt, ohne zu sagen, dass es Strawinsky dirigiert (der es ja angeblich nicht konnte) und dann etwas zeitverzögert bekanntgibt, dass Strawinsky dirigiert, gibt es das große Staunen.
Man soll also nicht der Autosuggestion erliegen. -
Im Thread war lange Ruhe. Zeit für Krawall und Belebung.
Die Musik von Igor hat Biss, auch heute noch. ich höre sie mit grossem Vergnügen. Und das gilt für mich für alle Werke, die er während seines langen Lebens, er lebte von 1889 bis 1971, komponiert hatte. Dass er sich immer wieder neu erfunden hat, ist bemerkenswert. Die Bezeichnung Chämeleon der Musikgeschichte, die für ihn gefunden wurde, trifft den Sachverhalt gut. Auch wenn das Tier seine Farbe wechselt, es bleibt immer sich selbst.
Die Box mit 22 CDs aus Beitrag 36, die Aufnahmen enthält, die der Komponist dirigiert, steht in meinem Regal nebst anderen Aufnahmen.
Dass er zur rechten Zeit mit bestimmten Leuten zusammentraf, hat seine Phantasie beflügelt. Das hat zu Spitzenwerken geführt. Das gilt für seine Ballette, aber auch kleinere, scheinbar unbeteutende Werke. Eine kleine Anekdote habe ich gefunden.
Vom Choreografen Balanchine ist ein Telefonat überliefert:
«Ich wollte dich fragen, ob du ein kleines Ballett mit mir zusammen machen willst?» Strawinsky: «Für wen?» Balanchine: «Für einige Elefanten?» Strawinsky: «Wie alt?» Balanchine: «Sehr jung.» Strawinsky: «In Ordnung. Wenn die Elefanten jung sind, mache ich mit.»
Strawinsky schrieb die «Circus Polka: For a Young Elephant» in wenigen Tagen, aber nicht, bevor er mit dem Auftraggeber Balanchines, dem Zirkus Ringling Bros. and Barnum & Bailey, ein unverschämt hohes Honorar ausgehandelt hatte. Und sich trotz diesem nicht scheute abzukupfern.
Der Schluss seiner Komposition, der Teil, in welchem es sich wirklich um eine Polka handelt, tönt verblüffend nach dem «Marche Militaire No. 1 Op. 51» von Franz Schubert. Strawinsky war diesbezüglich nie prüde. Ganz geheuer war es ihm beim Schnellschuss dann aber wohl doch nicht, einer Aufführung seiner Polka im Zirkuszelt hat er jedenfalls nie beigewohnt; die fünfzig aufgebotenen Elefanten werden es überlebt haben.
Die vertrackte Rhythmik, der er in den Partituren anwendet, überrascht jeden, der sie erstmals hört. Die Klanglichkeit seiner Orchestrierungen kann üppig oder karg, geschmeidig oder sperrig sein. Er ist niemals langweilig. Immer im Stil von Sacre du Printemps zu komponieren hätte auf die Dauer sicherlich nicht funktionieren können. Dass er sich in der Musikgeschichte hemmungslos bedient hat, wie man im Pulcinella-Ballett hören kann, lässt man zu: Es ist etwas Faszinierendes daraus entstanden.
Strawinsky hatte klare Vorstellungen von dem, was er musikalisch darstellen wollte. Ein Blick in sein Skizzenbuch zum Ballett Petruschka zeigt die Klarheit seiner Gedanken und Vorstellungen. (Für weitere Seiten auf die Schaltfläche unten drücken.) Aus dem Material stellte er die Partitur zusammen.
https://juilliardmanuscriptcol…n.org/petrushka-sketches/
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Die Box mit 22 CDs aus Beitrag 36, die Aufnahmen enthält, die der Komponist dirigiert, steht in meinem Regal nebst anderen Aufnahmen.
Dass er zur rechten Zeit mit bestimmten Leuten zusammentraf, hat seine Phantasie beflügelt. Das hat zu Spitzenwerken geführt. Das gilt für seine Ballette, aber auch kleinere, scheinbar unbeteutende Werke. Eine kleine Anekdote habe ich gefunden.
Vom Choreografen Balanchine ist ein Telefonat überliefert:
«Ich wollte dich fragen, ob du ein kleines Ballett mit mir zusammen machen willst?» Strawinsky: «Für wen?» Balanchine: «Für einige Elefanten?» Strawinsky: «Wie alt?» Balanchine: «Sehr jung.» Strawinsky: «In Ordnung. Wenn die Elefanten jung sind, mache ich mit.»
Strawinsky schrieb die «Circus Polka: For a Young Elephant» in wenigen Tagen, aber nicht, bevor er mit dem Auftraggeber Balanchines, dem Zirkus Ringling Bros. and Barnum & Bailey, ein unverschämt hohes Honorar ausgehandelt hatte. Und sich trotz diesem nicht scheute abzukupfern.
Der Schluss seiner Komposition, der Teil, in welchem es sich wirklich um eine Polka handelt, tönt verblüffend nach dem «Marche Militaire No. 1 Op. 51» von Franz Schubert. Strawinsky war diesbezüglich nie prüde. Ganz geheuer war es ihm beim Schnellschuss dann aber wohl doch nicht, einer Aufführung seiner Polka im Zirkuszelt hat er jedenfalls nie beigewohnt; die fünfzig aufgebotenen Elefanten werden es überlebt haben.
Toll, lieber Moderato! Ich höre das als Parodie - Strawinsky erinnert mich hier an die - ebenfalls parodistische, sehr sarkastische - Rondo-Burleske von Gustav Mahler. Die Strawinsky-Box mit seinen eigenen Aufnahmen habe ich - eine ältere Auflage. Da nehme ich an ist das Stück auch drin.
Schöne Grüße
Holger
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Die vertrackte Rhythmik, der er in den Partituren anwendet, überrascht jeden, der sie erstmals hört.
Lieber moderato
Ich denke, dass er zusammen mit Bartok derjenige Komponist war, der (interessante) Rhythmik in die klassische Musik brachte. Allerdings empfinde ich Strawinski, anders als Bartok, wie einen musikalischen Tänzer (in jeder Hinsicht
). So kommt es, dass seine Musik (soweit ich sie kenne) bisher trotz allem Glanz oder gerade deswegen für mich an der Oberfläche bleibt. Ich nehme aber wirklich gerne Deine Idee auf und versuche tiefer reinzuschauen. Danke für Deinen Beitrag.
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Ich gestehe, Strawinski bis vor ca. 20 Jahren gemieden zu haben wie die Pest. Zu unmelodisch erschien mir alles, wenn im Konzertsaal Strawinski auf dem Programm stand, stand ich manchmal vor der Entscheidung gehen oder lassen.
Bis ich im Ballett den "Feuervogel" sah. Auch hier war am Anfang vieles atonal, meine Ohren beleidigend, und das bis zum Finale. Auf einmal sprang ein Funke über. Die Befreiung der versteinerten Opfer des bösen Kaschtschej durch den Feuervogel war so üppig und märchenhaft gestaltet und dazu die plötzlich harmonische, klangvolle und gewaltig und melodisch ausklingende Musik änderten meine Meinung. Besonders in den Handlungsballetten Strawinskis kann ich mittlerweile die Musik genießen und nicht verfluchen. Selbst das "Sacre" kann ich jetzt positiv sehen, auch im Konzertsaal. Die Orchester- und Klavierwerke haben es aber bisher nicht geschafft, mich zu begeistern.
Sehr interessant fand ich den Film über die Beziehung von Strawinski zu Coco Chanel. Allerdings hat er bei mir nicht die Faszination erreicht wie der Film über Alma Mahler "Die Windsbraut". Den Sog, den Mahler bei mir ausgelöst hat, den hat Strawinski nicht geschafft.
La Roche
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Schon 2006 habe ich in diesem Thread erklärt, daß Strawinsky einer der wenigen "neueren" Komponisten ist, die ich mag, ertragen oder akzeptieren kann, un abhängi davon, daß er als Person einen unsympathischen Eindruck auf mich macht.
Er hat IMO einen Kunstkniff verwendet, der darauf beruht, den Bogen zur Tradition aufrechtzuerhalten, indem er Themen aus der Vergangenheit wiederverwendete, bzw um- und einarbeitete. Zugleich hat er (für die damalige Zeit) provoziert.
Die Frage ist, inwieweit man beispielsweis die Komposition des "Sacre" mit mit den optischen Eindrücken des Ballets verknöpfen - und danach urteilen darf
Sehe ich die Rekonstruktion der Uraufführung - so mutet sie geradezu geschmacklos, infantil und ästhetisch abstoßend an.
Es gibt IMO aus späterer Zeit gelungenere Choreographien, dennoch ist die Musik IMO eine Herausforderung für das Ballett. Wenngleich heut bereits "klassisch" und daher sakrosankt, empfinde ich stets einen Touch von unfreiwilligem Humor dabei. Hier unterscheide ich mich allerdings vom seinerzeitigen Uraufführungspublikum, das diesen Humor nicht aufbringen konnte oder wollte und die 1913 das Theater demolierten:
Wikipedia:
ZitatAber schon nach der Generalprobe sah der Kritiker des L’Écho de Paris, Adolphe Boschot, mögliche Proteste voraus; er sei neugierig, wie das Publikum das Werk aufnehmen werde, und vermute, dass es negativ reagieren werde, weil es vielleicht den Eindruck gewinnen könnte, verspottet zu werden.
Diesen Eindruck hatte ich auch - allerdings nicht durch die Musik, sondern deren tänzerische Umsetzung. Man mag über die späteren Umsetzungen geteilter Meinung sein, aber sie wurden meist zumindest der Radikalität der Musik gerecht. Der optische Eindruck der Uraufführung wirkt - auf mich - eher lächerlich - und unbeholfen.
Ich war irgendwie enttäuscht, als vor einigen Jahren dies Choreographie und Ausstattung aus historischen Gründen wieder realisiert wurde und im Internet zu bertrachten war.
"Das soll einen Skandal verursacht haben ?" - Ich fand es eher komisch als beeindruckend - und - natürlich - antiquiert.
mfg aus Wien
Alfred
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Weshalb die Musik Strawinskys Beleidigung für die Ohren der Uraufführung war und für viele heute noch ist, kann man an der Musik zum Ballett Petruschka exemplarisch aufzeigen.
Es wimmelt von musikalischen Regelverstössen der Harmonielehre, die den Zuhörer irritieren und verunsichern.
Wer Lust hat, sich auf die Erklärungen einzulassen, die mit Musikbeispielen belegt sind, soll auf der Petruschka-Webseite des Klavier-Festivals-Ruhr sich umhören und einlesen. Es hat im Glossar Erklärungen zu musikalischen Fachbegriffen, wenn man über geringe Kenntnisse verfügen sollte.
http://www.petruschka-klavierf…e=0&lang=1&pdt=4#id_part1
im Lehrer/Kinderbereich lohnt es zu stöben, auch wenn es gar zu didaktisch daherkommt.
Leider sind die interaktiven Partituren nicht abrufbar. Sie hätten im Frühjahr 2021 erstellt worden sein.
Die Provokation war von Strawinsky bewusst in die Partitur eingeschrieben. Er war sich der Wirkung in aller Konsequenz bewusst.
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Wenn ich die Frage des Kollegen Alfred_Schmidt etwas uminterpretiere, könnte der Beitrag gut hierhin passen. Eine besser geeignete Stelle habe ich nicht gefunden.
Strawinsky und sein Biss in den Bemerkungen. Aus einer Besprechung des Spiegels: Robert Craft und Igor Strawinsky aus dem Jahre 1959
Ein gnadenloses Urteil trifft die deutschen Komponisten Max Reger - »Ich fand ihn ebenso abstoßend wie seine Musik« - und Richard Strauss, dessen Opern Strawinsky gern einem Purgatorium überantwortet sähe, das »triumphierende Banalität bestraft«. Über die Richard -Strauss-Oper »Ariadne": »Ich kann die Quart-Sext-Akkorde von Strauss nicht ertragen; die 'Ariadne' weckt in mir den Wunsch zu kreischen.«
[Es gibt] auch Musik, die dem strengen Strawinsky Freude macht: Messen der in Deutschland weniger bekannten Niederländer Josquin, Ockeghem und Obrecht, Bach-Kantaten, Symphonien und Quartette von Josef Haydn, Beethoven-Symphonien vornehmlich Nr. 2, 4 und 8 -, die Verdi -Opern »Rigoletto« und »Falstaff«, serielle (reihentechnische) Musik nach dem neuesten Muster ("Le Marteau sans Maitre« von dem Franzosen Pierre Boulez) und vor allem die späten Instrumentalstücke des österreichischen Zwölfton-Komponisten Anton von Webern. Diesen österreichischen Komponisten, der 1945 gestorben ist und heute, dank den unerbittlichen Bemühungen seiner Anhänger, auf den meisten Musik -Festivals so etwas wie eine Renaissance erlebt, klassifiziert Strawinsky emphatisch:
»Ein Gerechter vor dem Antlitz der Musik
... das ist Webern für mich, und ich zögere nicht, mich in dem gnadenvollen Schutz seiner noch nicht heiliggesprochenen Kunst zu bergen.«
Jeder Leser möge für sich entscheiden, wieviel Biss Strawinsky noch hat
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Eigentlich wollte ich einen Thread über den Pianisten Peter Jablonski eröffnen, über den schon einiges geschrieben wurde, der aber noch keinen eignen Thread hat unnd ausserdem soben eine CD veröffentlicht hat - ABER dann fand ich die hier gezeigte CD. Ich habe das Konzert für Klavier und Bläser noch nie gehört, bzw gar nicht gewusst, daß es existiert.
Und ich könnte mir vorstellen, daß es Anhänger finden wird. In Track 3 gibt es übrigens Klangfarben, die mich an eine bestimmte Stell im "Sacre" erinnern.
Track 8 ist ebenfalls beeindruckend....
mfg aus Wien
Alfred
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Ich habe eine Charakterisierung über Strawinsky gelesen, die ihn Chamäleon der Musikgeschichte nennt. Diese Bezeichnung passt in meiner Einschätzung zu ihm und seine Musik. Wie dieses Reptil, das seine Farbe der Umgebung anpasst oder seine Emotion über die Farbe mitteilt, hat Strawinsky sich angepasst. Er hat Strömungen der Zeit aufgegriffen, aber auch eigenes geschaffen. Dabei ist er stets wie das Tier sich selbst geblieben.
Bei Track 8 aus Beitrag 57 handelt es sich um die Circus Polka. Die skurrile Geschichte der Entstehung kann man hier nachlesen. https://de.wikipedia.org/wiki/Zirkuspolka
Track 3 ist der 2. Satz Tema con Variazioni aus Strawinskys Octett für Flöte, Klarinette und je zwei Fagotte, Trompeten und Posaunen aus dem Jahr 1923.