Was kennt jemand, der sich nicht nur gelegentlich mit klassischer Musik beschäftigt?

  • Darum ging es mir auch nicht, sondern nur darum, dass man auf Rachmaninow als Pianisten auch durch solche bekannten Stereo-Aufnahmen treffen kann, also schwerlich von ihm nicht wissen kann!


    auch mir leuchtet schwer ein, daß jemand, der sich nicht nur gelegentlich mit klassischer Musik beschäftigt, noch nie vom Pianisten Rachmaninow gehört hat. Selbst wenn man historisch klingende Aufnahmen nicht mag.



    Ich denke, man muss da schon etwas nüchterner zu Werke gehen. Jemand, der sich nicht nur gelegentlich mit klassischer Musik beschäftigt, kennt die Namen Bach, Mozart und Beethoven, weiß, dass ein Orchester eine Gruppe musizierender Menschen ist und eine Oper etwas mit Gesang. Soweit dürften wir uns einig sein. Was weiß er noch?

  • Ich sag es mal ironisch und nett, weil ich die meisten Schreiber hier sehr mag. Ein Tamino sollte vielleicht wissen, dass die Musikgeschichte nicht mit Bach oder sogar noch später mit Haydn beginnt.:untertauch:

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Ich hatte hier die Möglichkeit Tests durchzuführen.

    Mit Leuten die beispielsweise studieren.

    Zu Beginn der Karriere von A. Netrebko wollte ich wissen, wer denn (In Wien !!!) bekannter sei

    E. Gruberova oder A Netrebko ?

    KEINER der von mit - es waren etwa 10 - Befragten kannte den Namen Gruberova !!!


    Auch die Namen N. Ghiaurow oder Corelli waren unbekannt, im letzteren Fall sowohl Sänger als auch Komponist betreffend.


    Bei Werbeaktionen, Tamino betreffend:

    "Wie heisst Ihr Forum ? Kamino ?"

    "Nein TAMINO" - wie die Opernfigur

    "Aha - Damino - ich schreibs mir auf"


    Man sollte auch den Bekanntheitsgrad von Mozart nicht überschätzen oder falsch beweerten

    Er bezieht seinen Bekanntheitsgrad vor allem aus dem Pop Rap Song "Amadeus" von Falco

    oder durch die beliebten Mozartkugeln, die allerdings allmählich durch Gummibärli

    ins den Hintergrund zu geraten scheinen (??)


    Oft werden Sinfonien von musikalischen Laien als "Lieder" bezeichnet.... etc wtc...


    Nach dem Filmerfolg von "Elivra Madigan"

    Ein Mann kommt ins Plattengeschäft und verlangt nach "Mozarts Klavierkonzert" - das war so schön

    Der Plattenverläufer: WELCHES Klavierkonzert von Mozart ?

    Der Kunde: Was ? Hat der mehrere geschrieben ?



    Dies als kleiner Vorgeschmack


    mfg aus Wien

    Aölfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • "Ghiaurow" sagt mir auch nicht das Geringste.

    Meinen Beiträgen kann man, denke ich, entnehmen, dass ich mich "nicht nur gelegentlich" mit klassischer Musik beschäftige.

    Ich fürchte, es wird nicht leicht, einen kleinsten gemeinsamen Nenner der Kenntnisse über klassische Musik herauszufinden.

    Von musiktheoretischen Basiskenntnissen würde ich gleich einmal absehen.

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  • Ich fürchte, es wird nicht leicht, einen kleinsten gemeinsamen Nenner der Kenntnisse über klassische Musik herauszufinden.

    Das glaube ich auch, weil eben nicht genau definiert ist, was "sich nur gelegentlich mit klassischer Musik beschäftigen" bedeutet.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Meinen Beiträgen kann man, denke ich, entnehmen, dass ich mich "nicht nur gelegentlich" mit klassischer Musik beschäftige.

    Lieber kurzstueckmeister,


    ich denke, wir sollten diesen "Streit um Kaisers Bart" beenden. Ich wollte Dir wirklich nicht zu nahe treten mit meiner Formulierung, die vielleicht etwas unglücklich gewählt war. Soweit ich das übersehen kann, haben wir uns bisher immer sehr gut verstanden, und das sollte auch in Zukunft so bleiben.


    Ganz sicher möchte ich Dir und auch niemand sonst hier im Forum die musikalische Kompetenz absprechen, nur weil er mit Rachmaninow als Pianist nicht in Berührung gekommen ist.

    Im Thread "Nicolai Gedda" hat gestern Siegfried eine russische Arie mit Vladimir Grishko angeführt, die ich bisher überhaupt nicht kannte, und Grishko ist mir bis heute nur als Name begegnet. Ich denke, damit steht es jetzt 1 : 1!


    LG Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Nach dem Filmerfolg von "Elivra Madigan"

    Ein Mann kommt ins Plattengeschäft und verlangt nach "Mozarts Klavierkonzert" - das war so schön

    Der Plattenverläufer: WELCHES Klavierkonzert von Mozart ?

    Der Kunde: Was ? Hat der mehrere geschrieben ?

    Lieber Alfred,


    vielleicht habe ich das schon einmal an anderer Stelle berichtet:

    Ich ging vor Jahren in einen kleinen, an sich recht gut sortierten Plattenladen in der Nachbarstadt, der u.a. auch klassische Platten führte.

    Eine junge Verkäuferin fragte nach meinen Wünschen, ich nannte die Oper "Rheingold". Sie zögerte einen Moment und meinte dann: "Vom Rhein haben wir aber nicht so viel:D!" Ich habe mich freundlich bedankt und verabschiedet …


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Keine Sorge, mich wundert nur, dass ihr mit so großer Selbstverständlichkeit davon ausgeht, Euer Zugang wäre der selbstverständliche, ja beinahe alleine gültige.


    Ich denke, das ist als Thema durchaus geeignet, ganz gelassen diskutiert zu werden.


    Letztlich wäre es auch möglich, dass jemand sich intensiv mit klassischer Musik beschäftigt ohne je den Namen Mozart gehört zu haben - das ist aber recht unwahrscheinlich.

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  • Keine Sorge, mich wundert nur, dass ihr mit so großer Selbstverständlichkeit davon ausgeht, Euer Zugang wäre der selbstverständliche, ja beinahe alleine gültige.

    Da fühle ich mich gar nicht betroffen. Denn ich gehe eher davon aus, daß sich kaum jemand für klassische Musik interessiert und nehme die "Gesllschaft" auch so wahr. Schon in den vergangenen Jahrhunderten war klassische Musik "elitär", also dem Adel vorbehalten, wobei auch hier ein nicht unbeträchtlicher Teil unmusikalisch war. Heite dürfte der Anteil an klassikaffinen Personen der österreichischen Bevölkerung bei signifikant unter 5 % liegen, weltweit gesehen indes unter1%


    Ich habe auch keinen "missionarischen Ehrgeiz"

    Das "allgemeine Desinteresse" an so ziemlich allem, was über Sex, Selfies und Computerspiele hinausgeht ist IMO ein Phänomen unserer Zeit. Die Leute sind bescheiden geworden, einfältig und leicht manipulierbar und leicht auszunutzen-


    Es gibt wenige Leser, Kinogeher, Theatergeher, Modellbauer, Eisenbahn.Spieler, Münzsammer, Photonarren, Amateutfilmer. Modegecks, Weinkenner, Amateurmaler, HIFI Enthusiasten , Bastler, Laienschauspieler (Theater) Schallplatten (CD) Sammler, Amateurzauberer,

    über Amateurfussball weiss ich nicht genügend Rescheid

    Internetforen stoßen - so sie anspruchsvoll sind - auf wenig Interesse und ausserdem sind sie Schlangengruben.

    Man will den Leuten das Rauchen (ich bin Nichtraucher) und andere Laster abgewöhnen

    Es gibt immer mehr Vegetarier, Abstinenzler, Fast Food Konsumenten etc, Witze dürfen weder rassistisch noch sexistisch, theologiefeindlich. politisch, oder allgemein kränkend sein, Humor ist Glückssasche.


    Da frage ich mich schon gelegentlich: Wofür leben die Leute eigentlich ?

    Aber frei nach Friedrich dem Großen: Jeder soll nach seiner Façon selig werdem


    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Ich kenne sehr viele Namen aus der Musikwelt, Komponisten, Sänger, Dirigenten, Instrumentalsolisten - in der Regel mit Vor- und Familiennamen. Bei den älteren Komponisten sind es nur wenige, die ich nicht kenne und von denen ich in meiner CD-Sammlung nicht wenigstens ein Werk habe. Bei den neuzeitlichen Komponisten fehlen mir sicher manche Namen.

    Dass Rachmaninow auch Pianist war, dürfte eigentlich jedem eingehen, der einige seiner Werke kennt. Ich habe von ihm die Sinfonien, Klavierkonzerte und die Symphonischen Tänze. Die CDs, die ich mir in kleinen Raten (so wie ich es mir leisten konnte) gekauft habe, höre ich dann auch, einige sogar gleich mehrmals und nach einiger Zeit erneut nochmal. Und da lese ich natürlich auch die Begleithefte.

    Was Sänger, Dirigenten und Instrumentalsolisten anbetrifft, muss ich zugeben, dass hier im Forum manche Namen auftauchen, die ich noch nicht kannte. Ich lerne hier immer noch dazu. Auch wenn ich meinen großen Musikbrockhaus durchblättere, den ich einmal in einem Preisrätsel in einer Rundfunkzeitschrift, in dem über ein weniger bekanntes Werk nach dem Namen von Edward Elgar gefragt wurde, gewonnen habe, dann entdecke ich noch immer wieder etwas Neues. Er ist allerdings schon einige Jahre alt (Vorwort von 2001), so dass z.B. Anna Netrebko darin noch nicht auftaucht, während Edita Gruberová darin durchaus schon genannt ist.

    Bei einigen Opernfreunden, die ich immer wieder treffe, stelle ich aber oft fest, das ihnen einige Opernkomponisten (wie ich es z.B. selbst bei Umberto Giordano erlebt habe) nichts sagen. Manchen von ihnen werden auch Namen wie Franco Alfano, Arrigo Boito, Alfredo Catalani, Domenico Cimarosa, André Modeste Grétry, Giovanni Paisiello, Ildebrando Pizzetti u.a., die ich mit Opernwerken in meiner Sammlung habe, nichts sagen. Es gibt auch Werke von ihnen bekannten Komponisten, von denen sie noch nie etwas gehört haben (z.B. Puccinis Edgar oder Le Villi, von denen ich mir Aufnahmen von Inszenierungen an Land gezogen habe, aber nicht "reinziehe" sondern genieße)

    Zwar könnte ich nicht von allen Opern auch die darin handelnden Figuren benennen, aber von vielen fallen mir bei Nennung der Oper auch die Hauptfiguren ein. Bei der Zauberflöte kennen wohl die meisten Opernfreunde die Hauptfiguren, aber es wundert mich auch nicht, wenn manche - wie Alfred schildert - mit dem Namen "Tamino" nichts anzufangen wissen.


    Liebe Grüße

    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Dass Rachmaninow auch Pianist war, dürfte eigentlich jedem eingehen, der einige seiner Werke kennt.

    Das schon, aber es ging ja darum, dass er Aufnahmen hinterlassen hat.

    Viele Klassikhörer haben sicher nicht die sichere zeitliche Zuordnung im Hinterkopf. Da Rachmaninow so romantisch klingt, würde es sicher viele Hörer wundern, dass er um 1940 noch gelebt hat.

  • Ich denke, man darf da nicht zuviel voraussetzen. Man kann bei "Gelegenheitsklassikhörern" schon froh sein, wenn sie mit den Dirigentennamen Toscanini, Furtwängler, Karajan und Bernstein oder den Sängernamen Caruso, Callas, Pavarotti und Netrebko etwas anfangen können. Überhaupt tendieren wir dazu, vieles als viel zu selbstverständlich anzusehen. Es kann z. B. sein, dass sich jemand seit Jahrzehnten als Opern-Aficionado betätigt, aber noch nie ein Symphonie oder ein Klavierkonzert von Mozart gehört hat. Oder der umgedrehte Fall. Ich entsinne mich angehender Dirigenten, denen der Name Knappertsbusch nicht das Geringste sagte. Offenbar muss er einem das heutzutage auch nicht mehr, wenn man diesem Handwerk nachgehen will. Und für heutige Maturanten/Abiturienten ist doch nicht einmal Karajan mehr zwangsläufig ein Begriff. Alles schon mehrfach erlebt. Das kann man zurecht bedauern, aber es ist nun eben einmal so.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Willis Erinnerungsthread ist eigentlich kein schlechter Test. Ich lese regelmäßig darin. Es sind Tage dabei, da habe ich nur von jedem fünften/sechsten Künstler oder so jemals etwas gehört. Von dessen Existenz, meine ich.


    LG...MDM kerze_smilie_gelb.gif

    >>So it is written, and so it shall be done.<<

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  • Das wirft dann die Frage auf, ob ein Kanon überhaupt wünschenswert ist, da er ja dazu tendiert, anderes zu verdecken, wie es mit der "alten Musik" so lange der Fall war. Ein Kanon, in dem Karajan oder Knappertsbusch vor Josquin kommt, ist für mich einer, den man möglichst schnell stürzen sollte.

  • Ein Kanon, in dem Karajan oder Knappertsbusch vor Josquin kommt, ist für mich einer, den man möglichst schnell stürzen sollte.

    Es ist sicher richtig, dass selbst viele Klassikfans an der Zeit vor Mozart wenig Interesse zeigen. Hinsichtlich Barock dominieren Bach und Händel als Vertreter des Spät(est)barock eindeutig. Die Zeit dazwischen (Vorklassik) dürfte in den meisten Sammlungen (inkl. meiner eigenen) die am wenigsten abgedeckte sein.


    Mein persönlicher Eindruck ist übrigens, dass Bernstein jungen Leuten noch eher ein Begriff ist als Karajan. Das mag an seiner musikalischen Omnipräsenz liegen, die bekanntlich weit über die klassische Musik hinausging.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Charpentiers "Eurovisionsmelodie", Vivaldis Jahreszeiten, Bachs Aria, Händels Halleluja-Chor sind sicher sehr weit verbreitet. Davor vielleicht eine diffuse Vorstellung von monotonem Möchsgesang.

    ^^

    Die Frage ist, welche Auswirkungen das Scheitern der Rundfunkanstalten beim Bildungsauftrag für die Gesamtbevölkerung und die Ablöse durch Internetangebote haben. Ich hatte aber als Jugendlicher keine Ahnung von Renaissancemusik, da hat auch das Radio nichts geholfen.

  • Charpentiers "Eurovisionsmelodie", Vivaldis Jahreszeiten, Bachs Aria, Händels Halleluja-Chor sind sicher sehr weit verbreitet.

    Die Stücke sind vielleicht bekannt, aber auch deren Komponisten?

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Wie schon angemerkt wurde müsste das genauer definiert werden. Ich könnte durchaus auch zu den Gelegenheitshörern gehören, je nach Definition.


    Insbesondere müsste m.E. klar sein:


    -was bedeutet "gelegentlich"? Wie viele Stunden Klassik absolut pro Woche, oder wieviel % des "Gesamtmusikkonsums" bedient sich aus der Klassik?

    -was bedeutet "sich damit Beschäftigen"? Reicht hören, womöglich noch naiv? Muss man sich über das Gehörte im Vorfeld schlau gemacht haben? Inwieweit zählt überhaupt Konsum von Konserve? Muss ein Mindestanteil live dabei sein, und wenn ja, welcher?

    ________________________________________________________________________________________


    Gruß
    Nicolas

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  • Hallo und guten Tag,

    Für ein prägendes Musikwissen sollte auch die Zeitspanne in Jahre berücksichtigt werden, mit der jemand sich nicht nur gelegentlich mit Musik beschäftigt hat.


    Gut, ich beschäftige mich täglich 2 Stunden intensiv mit Musik. Aber erst seit 3 Jahren. 60 Jahre war da nichts Nennenswertes.


    Mir bleibt nur, für meine mir zur Verfügung stehende Zeit "Mut zur LÜCKE" zu haben.

    Bei Allem was ich mit euerer Hilfe erlerne, ist es mir wichtig, es gründlich zu tun. Vermutlich werde ich beim Kunstlied nicht weiter wie Mahler und Schubert kommen. Aber Dank Herr Hofmann und Anderen, kenne ich dann auch jedes einzelne Lied genau.

    Ja, ich weiss es gab auch Musik vor Händel. Ich "händel" jetzt schon drei Jahre zusammen mit Silke Leopold an Opern von Händel herum. Zwischenzeitlich geht es von dort in die Vergangenheit und in die Zukunft.

    WAGNER, Beim Ring war das schon richtig Arbeit. Ich weiss nicht, ob sie es ermessen können, wie wichtig es für einen Schwerhörigen ist, den Text der Oper genau zu kennen. Nur so verstehe ich was Sieglinde wirklich singt.

    Dann die Leitmotive gebüffelt, 10x den komplette Ring angehört. Mehr als den kompletten Ring in Frankfurt, Mannheim und Freiburg gesehen. So kommt eins zum Anderen.


    Allein das tägliche lesen der "Dauerläufer" hier im Forum, bildet mich. INTENSIV mit Klaviermusik beschäftigten, werde ich mich somit frühstens 2030

    MfG Wilfried

  • Das wirft dann die Frage auf, ob ein Kanon überhaupt wünschenswert ist, da er ja dazu tendiert, anderes zu verdecken, wie es mit der "alten Musik" so lange der Fall war. Ein Kanon, in dem Karajan oder Knappertsbusch vor Josquin kommt, ist für mich einer, den man möglichst schnell stürzen sollte.

    Wir sind in Beitrag 22, und da kommt doch tatsächlich jemand auf die Idee, Josquin zu erwähnen. Die Lage ist die, dass die meisten hier Josquin gestürzt haben.

    Ich habe ja in Beitrag 2 zum Handwerkszeug des Klassikhörers einiges gefragt. Es wurde nicht beantwortet. Auch gut. Gehe ich in andere Themen.

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Das wirft dann die Frage auf, ob ein Kanon überhaupt wünschenswert ist, da er ja dazu tendiert, anderes zu verdecken, wie es mit der "alten Musik" so lange der Fall war

    "Wünschenswert"ist IMO ein großes Wort. "Kanon" auch.

    Bleiben wir beim Praktischen: Wenn ich einen Lehrplan aufstelle, dann muß irgendwie eine Entscheidung getroffen werden, was wichtif und was weniger wichtig ist.

    Man könnte allerdings (und so weit weg von dem was einige wünschen ist das gar nicht)auch sagen, Musik. bildende Kunst und einige andere Disziplinen seien "Luxus". Sich hierüber Bildung zu verschaffen sei Privatsache und nicht Aufgabe von öffentlichen Schulen.

    Basiswissen als nur dort wo es im Beruf eines Tages verwertbar ist.

    Mein persönlicher Eindruck ist übrigens, dass Bernstein jungen Leuten noch eher ein Begriff ist als Karajan. Das mag an seiner musikalischen Omnipräsenz liegen, die bekanntlich weit über die klassische Musik hinausging.

    Hier muß man unterscheiden: Bei "Jungen Leuten" die man als "klassik-affin" bezeichnen könnte ist das eher gleichültig.


    Sind die Leute eher weg vom "Kern", dann überwiegt die Kenntnis von Bernstein, der ja medial immer als der weltaufgeschlossene AMI, als unser Freund verkauft wurde, als "Demokrat" etc etc.

    Karajan hat man das Image des abgehobenen Pultdiktators verpasst, den man achtet und fürchtet, aber nicht liebt.

    Zudem hat man der Jugend (schon der letzten Generation) Karajans Stil "vermiest"

    zu glatt - zu elegant, zu perfektionistisch, zu poliert. Was einst als Positivum gesehen wurde ist nun fast ein NO GO.

    Die Leute wollen das Mittelmaß - hervorragende Personen wollen sie nicht. "Einer von uns" ist das Motto. Damit man seine eigene Unbedeutendheit und Mittelmaß besser ertragen und cachieren kann.

    Karajan ist ja nicht die einzige dirigierende einstige Kultfigur die man gerne totschweigen würde.

    Böhm, Mravinsky, Szell, Celibidache, Krips, Erich Kleiber, Sinopoli, Solti - wer - ausser Forianern und Ebenfürtigen - kennt die heute noch ? Welchem Durchschnittsbürger ist noch Toskanionie oder Furtwängelr bekannt ? Wem Felix Weingartener oder Hans von Bülow ? Wer war Arthur Nikisch oder Felix Weingartner ? Wer war Franz Schalk ?


    Ich glaube eine Normalbürger -Umfrage wäre entlarvend.

    Aber man sollte das gelassen sehen, in der Vergangenheit war das ganz normanl

    Man hat die Strehlkraft der Schallplatte und des Films offenbar unterschätzt.

    Man hat für die Nachwelt aufgezeichnet - und die Nachwelt interessiert sich gar nicht

    für Vergangenes. Hier 5 Literaten die Botschaften an die Nachwelt gesprochen haben - und vermutlich kennt das heute gar niemand.

    Man muss sich damit abfinden, daß die Nachwelt darüber befindet, was sie interessiert - nicht wir.







    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • Ich denke, die Eingangsfrage scheitert (leider) an einer Art Zirkelschluss: Einerseits sollte jemand, der sich nur gelegentlich mit klassischer Musik beschäftigt vielleicht bzw. nach unserer Meinung zumindest Beethoven und Brahms, nicht unbedingt aber Bruckner kennen. Andererseits beschäftigt sich jemand, der zwar Beethoven und Brahms, nicht aber Bruckner kennt, (unserer Meinung nach) vermutlich nur gelegentlich mit klassischer Musik. - Definiert also das Gelegentliche die Kenntnisse oder definieren doch eher die Kenntnisse das Gelegentliche?!

  • Ich habe ja in Beitrag 2 zum Handwerkszeug des Klassikhörers einiges gefragt. Es wurde nicht beantwortet. Auch gut. Gehe ich in andere Themen.

    Hallo


    Das verstehe ich nicht (ernsthaft). Hast Du in Beitrag 2 mehr geschrieben als


    "Ich sag es mal ironisch und nett, weil ich die meisten Schreiber hier sehr mag. Ein Tamino sollte vielleicht wissen, dass die Musikgeschichte nicht mit Bach oder sogar noch später mit Haydn beginnt." ?


    Gruß WoKa

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

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  • Vielleicht von der Wortanzahl wenig. Wenn man bedenkt, wie riesig groß der Bereich der vorbachischen Musik ist, habe ich einen Ozean erwähnt, auf dem hier die meisten nicht segeln (wollen).

    Warum sind Obamas Memoiren so dick (700 S.). Damit Trump sie nicht liest.

  • Ich denke, man darf da nicht zuviel voraussetzen. Man kann bei "Gelegenheitsklassikhörern" schon froh sein, wenn sie mit den Dirigentennamen Toscanini, Furtwängler, Karajan und Bernstein oder den Sängernamen Caruso, Callas, Pavarotti und Netrebko etwas anfangen können. Überhaupt tendieren wir dazu, vieles als viel zu selbstverständlich anzusehen. Es kann z. B. sein, dass sich jemand seit Jahrzehnten als Opern-Aficionado betätigt, aber noch nie ein Symphonie oder ein Klavierkonzert von Mozart gehört hat. Oder der umgedrehte Fall. Ich entsinne mich angehender Dirigenten, denen der Name Knappertsbusch nicht das Geringste sagte. Offenbar muss er einem das heutzutage auch nicht mehr, wenn man diesem Handwerk nachgehen will. Und für heutige Maturanten/Abiturienten ist doch nicht einmal Karajan mehr zwangsläufig ein Begriff. Alles schon mehrfach erlebt. Das kann man zurecht bedauern, aber es ist nun eben einmal so.

    Hmm, nach meiner Einschätzung, lieber Joseph, sind Leute, denen Toscanini, Furtwängler oder Bernstein noch etwas sagen, mehr als nur Gelegenheitskonsumenten klassischer Musik - oder halt! Man muss das nach Altersgruppen staffeln. Gelegenheits-Klassikhörer der älteren Generation kennen diese Namen bestimmt, denn wer in den 70er bis 90er Jahren gelegentlich mal eine Klassik-Platte aus dem Standard-Repertoire kaufte, der begegnete sicher mal einer Aufnahme von Leonard Bernstein, zumal Bernstein einfach weit über die Grenzen der klassischen Musik hinaus einem breiteren Publikum bekannt war. Seine berühmte Aufnahme der Neunten von Beethoven aus dem Berlin der Nach-Mauerfall-Wochen - die mit dem Brandenburger Tor auf dem Cover, auf dessen Seitengebäuden noch die roten Fahnen wehen, während unten eine riesige Menschenmenge durchs und um das Tor strömt - dürfte sich auch in Gelegenheitshörer-Kreisen wie geschnitten Brot verkauft haben. Aber seitdem sind drei Jahrzehnte vergangen. Wer damals um die 40 und ein mitten im Leben stehender 'Gelegenheitsklassiker' war, der ist heute schon recht betagt und im Rentenalter. Bernstein starb kurze Zeit nach diesem Berliner Konzert. Nachwachsende Hörergenerationen sind mit seinem Namen einfach nicht mehr konfrontiert worden. Der tote Bernstein kam im Fernsehen, in der Presse etc. nicht mehr vor (außer in ARTE-Dokumentationen über große Dirigenten des 20. Jahrhunderts - aber wer sieht sich sowas schon an? Eh nur die immer gleichen Verdächtigen aus dem Kulturbürgertum). Kurz gesagt: Jüngere Klassikhörer, die Bernstein über einige Aufnahmen kennen, würde ich vielleicht schon in eine andere Kategorie denn die der Gelegenheitshörer einstufen. Bei älterem Publikum rutschte der Name früher einfach so ins Bewusstsein mit rein, heute muss man ihn finden wollen!


    Grüße

    Garaguly

  • Das ist eine schwierige Frage und vielleicht sollte man in der Tat keine Vorgaben machen.

    In der Vergangehheit - die bis in meine Jugend reichte - war ziemlich genau definert was zur "Allgemeinbildung" gehörte und was nicht. Wobei es dann noch so etwas wie "erweiterte" Allgemeinbildung gab, also mehr Kenntnisse als "allgemein " üblich.

    Das wäre in der Vergangen heit - um bei unserem Beispiel zu bleiben:

    Vivaldi, Bach,Händel Haydn, Mozart, Beethoven, Schubert, Schumann Mendelssohn, Bruckner, Mahler, Brahms, Tschaikowsky,

    Verdi, Wagner, Puccini. Lorting, Bizet. -Als Erweiteruing nich Oswald von Wolkenstein - Walther von der Vogelweide

    Dann noch ein paar Namen, die man kennen sollte, aber niemand was von ihnen gehört hatte, der nicht wirklich an "klassischer Musik interessiert war.

    Ähnlich war das mit den Malern. Man kannte die wichtigesten Italiener, die bekanntesten Holländer, und ein paat Deutsche aus dem Mittelalter sowie Österreicher des 19. Jahrhunderts. (wenn überhaupt) Keine englische Malerei, Amerikaner- Fehlanzeige.
    Man kannte einige Nobelpreisträger für Medizin, Physik und große Erfinder - aber längst nicht alle.

    Besser gebildete prahlten mit griechischen und lateinischen Zitaten, auch wenn dere praktioscher Nutzen bereit anzweifelbar war.


    HEUTE finden wir in WIKIPEDIA das Schlagwort ENTENHAUSEN mit allen seinen Einwohnern und Links zu persönlichen Biographien, jeder Menger von Schlagerstars. Oöympiasiegern, Filmregisseuern, Zeitungsherausgebern aktiven und abgesägten Politikern - das kann man sich gar nicht alles merken - und man muss es auch nicht.

    Ich gehe davon aus - daß der Durchschnittsmensch eher allgemein ungebildet ist und lediglich auf jenen Gebieten, die ihn interessieren so etwas ähnliches wie Bildung besitzt, beispielsweise spricht er bei Bedarf klingonisch oder kann die gesamte Gesllschaft von Fernsehserien - nebst allen Eigenschaften Krankheiten und Verwandtschaftsverhältnissen - aufsagen.

    Aber bei Lichte betrachtet war das mit der Sagenwelt der Antike auch nicht viel anders.....

    So entkam man der Langeweile - und das ist immerhin auch schon etwas.

    Wenn aber jemand an einem Klassikforum teilnehmen will, dann wird er -mittelfristig - nicht darum herumkommen sich mit dem Thema zu befassen worüber er schreibt. Das geht nicht von heute auf morgen, und das sollte man tolerieren.


    Ich kann mir gut vorstellen, daß in England oder Russland der Klassikkanon anders aussieht als hier.


    mfg aus Wien

    Alfred

    POLITIKER wollen stets unser Bestes - ABER WIR GEBEN ES NICHT HER !!!



  • "Wünschenswert"ist IMO ein großes Wort. "Kanon" auch.

    Kanon ist gut. Kanon ist richtig. Kanon ist wichtig. Wird leider nicht mehr beherzigt. Jetzt streichen einige deutsche Bundesländer sogar den "Faust" aus dem Lektüre-Pflichtprogramm ihres Deutschunterrichts. Übrig bleibt allzu oft Beliebigkeit. Es fehlt dann irgendwann eine Art identitätsstiftende gemeinschaftliche Kenntnis einiger bedeutender Werke der Literatur. Man müsste nur mal erleben, was sich auf Elternabenden tut, wenn ich der versammelten Elternschaft ankündige, dass im Laufe des gerade beginnenden Schuljahres Hesses "Unterm Rad" und Schillers "Wilhelm Tell" gelesen werden. Sofort kommen die Leute über ihre eigenen Schulerinnerungen zu diesen - früher kanonisiert gewesenen und also von den meisten von ihnen schon im eigrnen Schulunterricht gelesenen - Werken miteinander ins Gespräch, tauschen Schulgeschichten aus, es entsteht das Gefühl an etwas beteiligt gewesen zu sein, was sich seit Äonen im Programm hält, was mithin gereift, vielfach gewogen, vielfach für gut befunden worden ist. Manchmal auch verdammt wurde, ich weiß, aber die Verdammung kann ja auch ein Zeichen von lohnender Auseinandersetzung sein. Es ist da also im Kanon etwas, das uns mit der Vergangenheit und mit der Zukunft verbindet (denn die eigenen Kinder lesen's ja nun auch). Es wird etwas auf breiter gesellschaftlicher Basis weitergegeben. Etwas, das auch noch unbestreitbar künstlerische Bedeutung besitzt. Der Kanon ist gut. Die weniger Interessierten haben dann wenigstens ein Grundgerüst an literarischer Allgemeinbildung bekommen, die Interessierten werden dann eh' bald ihrer eigenen Wege gehen. Sie haben den Kanon als Sprungbrett benutzt. Kanon - ich liebe dich<3


    Dein Garaguly


    Bin ich eigentlich besoffen?

  • Wenn jemand einen Kanon abarbeitet, ist es ja wohl mehr als nur gelegentliche Beschäftigung.


    Für die wirklich Gelegentlichen würde ich empfehlen: suche Dir zwei, drei Stücke, die Dir gefallen und suche dann gezielt mehr davon.


    Es soll ja nicht "Arbeit" sein, sondern Spaß machen.


    Ich habe auch keinen Kanon von außerhalb, habe nur ansatzweise Haydn gehört, fast keinen Mahler, so gut wie nichts von Wagner, Mozart nur minimalistisch, fast nichts von den Straußen, kaum eine von den vielen Opern, usw. - ich bin so ziemlich das Gegenteil eines Kanon-Vertreters. Ich höre nur Musik, die ich mag oder mögen könnte (zum Kennenlernen). Und irgendwelche alten, "ehrwürdigen" Einspielungen gleich gar nicht.


    Andererseits, wenn ich Stücke gefunden habe, die ich mag, vergleiche ich gern intensiv. Und die beste Interpretation kommt dann in MEINEN Kanon.

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