Sinn oder Unsinn - Regietheater

  • Auch ein schlechtes Kunstwerk ist immer noch ein Kunstwerk. Da gibt es nichts zu befinden.


    LG :hello:

    Die ewige Frage: Kommt Kunst von Können oder von Machen, wurde in der Moderne ja leider ersteinmal zugunsten des Anything goes beantwortet.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Ja, schrecklich. Das heißt ja auch, dass Künstler einfach machen können, was sie wollen, statt dass sie, wie es sich gehört, Anordnungen ausführen. Das ist einfach schlimm. Heilige Winifred, bitte für uns!

  • Wittgenstein hat gesagt: Es gibt keine Privatsprache. Genauso wenig gibt es eine Privat-Moral.

    Das ist so das Problem mit den Autoritätsbeweisen. Mauthner hat gesagt, es gibt nur Privatsprachen. Damit ist dieses Argument, abgesehen von dem sowieso defekten Analogieschluss, wohl hinfällig.

  • Die ewige Frage: Kommt Kunst von Können oder von Machen, wurde in der Moderne ja leider ersteinmal zugunsten des Anything goes beantwortet.

    Ja, "erst einmal" dürfen Künstler tun, was sie für richtig halten. Aber Du musst die Hoffnung nicht aufgeben, dass die guten alten Zeiten noch einmal zurück kommen.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Ja, "erst einmal" dürfen Künstler tun, was sie für richtig halten. Aber Du musst die Hoffnung nicht aufgeben, dass die guten alten Zeiten noch einmal zurück kommen.

    Ihr beiden unterstellt mir hier eine „braune“ Kulturgesinnung, oder wie ist dieses Geraune zu verstehen? Ich wäre hier sehr vorsichtig, Freunde, nicht die Grenze zum Justiziablen zu überschreiten.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Das kann ich nicht beurteilen, weil ich die Aufführung nicht gesehen habe. Mehr kann ich da einfach nicht zu schreiben.

    Als ganz normaler Opernbesucher könntest Du aber die Frage beantworten, ob Du Dir del Mpnaco ansehen würdest. Ich für meinen Teil würde sagen: Nein! Mich interessiert Humperdincks Stück und nicht das Irgendetwas, was ein Regisseur (hier del Monaco) daraus gemacht hat.


    Ja, Du findest das interessant. In dem ganzen Abschnitt Deines Beitrags wimmelt es nur so von "ich, ich, ich": Ich finde dieses interessant, ich erwarte jenes, ich möchte das, ich will diese Reflexion anstellen und so weiter. Was soll daraus folgen? Del Monaco fand anscheinend etwas anderes an dem Stück interessant als Du, hat es in anderer Weise verwendet, hat andere Reflexionen angestellt. Warum sollten Deine Erwartungen und Überlegungen richtiger sein als seine?

    Ganz genau. Weil ich hier mein Interesse als Zuschauer/Zuhörer zum Ausdruck bringe. Warum meint ein Regisseur, mir weismachen zu können, das Stück so wie es vom Komponisten/Librettisten aufgeschrieben wurde, hätte/solle/dürfe mir nichts sagen und statt dessen hätte er nur etwas zu sagen? Warum meint er, ich dürfte als Zuschauer nur noch Interesse für das haben, was er aus dem Stück macht und nicht mehr für das Stück selbst? Wenn sämtliche Konzertveranstalter Dir sagen würden: Aufführungen von Beethoven, Mozart gibt es nicht mehr, sondern nur noch "Jazz mit Mozart und Beethoven" usw., dann würdest Du sagen: Solche Konzerte zu spielen habe ich kein Interesse. Ich bin kein Jazzpianist. Ist das nicht legitim? Du als Pianist darfst ein Interesse an Beethoven Stücken haben, sie ohne Bearbeitung aufzuführen und ich als Konzertgänger ebenfalls. La Roche hat das schön beschrieben hier. Warum soll ich Interesse haben an so einer Aufführung, wo ich mich nur mit den Unstimmigkeiten herumärgere:


    Wie Loy es inszeniert hat mag es schlüssig sein. Aber es war nicht Salome!

    Und damit zur Handlung. Daß Jochanaan nicht der Kopf abgeschlagen wurde, sondern er sich im Prinzip der Werbung der Salome hingab, die Berührungen und den Kuß jetzt zugelassen, ja erwidert hat, das ist eine Auslegung, die nicht zur Oper Salome von Strauss nach Wilde paßt. Das war Salome von Loy mit der Musik von Strauss unter Verwendung von Textpassagen von Wilde. RT pur. Da paßte vieles, vieles nicht, Text nicht zur Musik, die Handlung nicht zum Text. Da wird Jochanaan besungen als Gefangener in der Zisterne (wo er sich auch im Moment der Enthauptung befinden sollte, so wurde es gesungen), aber er war im offenen Strafvollzug ständig auf der Bühne präsent. Er wurde nicht getötet. Zum Schl4uß im feinen Zwirn geht er mit Salome Hand in Hand durch eine verwitterte Tür in die Freiheit. Warum Herodes dann seinen Ruf losläßt "Man töte dieses Weib" ist mir unklar. Als König lebte er recht armselig in kahlen Räumen, seine Untergebenen waren nicht von ihm zu unterscheiden. Die Massenvergewaltigung der Salome vor dem Auftritt der Juden paßte nicht, ihr Tanz war ein armseliger Auftritt, die homoerotische Szene Herodes-Jochanaan war fehl am Platze. Ich könnt weiterreden, bis hin zu Einzelheiten des Textes. Da friert Herodes wegen des kalten Windes, da stört ihn das Geräusch der Vögel - und das alles im geschlossenem Raum ohne Fenster. Wie gesagt - sobald ich die Augen öffnete, war der Reiz, den Salome bei mir ausmacht dahin.

    Mich würde keiner dazu bringen, mir das noch einmal anzutun.



    Den Einwand verstehe ich überhaupt nicht: Künstlerische Tätigkeit bedeutet doch immer und prinzipiell, sich unter unzähligen Möglichkeiten für eine einzige zu entscheiden.

    Darum geht es aber nicht. Es gibt immer Möglichkeiten. Aber das Eine und Einzige, was eine Möglichkeit unverwechselbar zu dieser einen Möglichkeit macht, verschwindet, wenn man dies nur als eine beliebige Möglichkeit unter anderen betrachtet.

    Dazu kann ich nichts sagen, weil ich die Aufführung nicht gesehen habe. Sie anhand eines einzigen Szenenfotos zu beurteilen, ist absurd, da hilft auch keine "philosophisch-ästhetisch gebildete" Sprache. An so etwas beteilige ich mich nicht.

    Das ist das übliche Argument. Nur die Geschmacklosigkeit der Wahl eines Bildmittels zeigt was es ist: geschmacklos zu sein. Dafür brauche ich nicht mehr, um das zu erkennen.

    Jeder Künstler ist frei, seine Kunst zu erklären oder für sich sprechen zu lassen. Woraus ergibt sich eine Verpflichtung für ersteres, und woher kennst Du die Motivation derer, die sich für letzteres entscheiden?

    Du meinst, man braucht immer eine Pflicht und Verpflichtung als Begründung, um das Richtige oder Falsche zu tun? Und es reicht zu sagen: Es gibt keine Pflicht, dass ich das tun muss, also lehne ich es ab das in dieser Situation Richtige zu tun? Also: Fragt einer: Kannst Du mir das erklären, ich verstehe es nicht? Antwort: Nein! Ich bin dazu nicht verpflichtet! Meine Interpretation dieser Szene. Es gibt in der Tat keine Regel und Pflicht, die eine Antwort gebietet. Nur ist die Verweigerung einer Antwort hier respektlos gegenüber dem, der fragt.

    Künstler vertreten ihre Überzeugungen durch ihre Kunst. Sie können auch anderes tun, z.B. Erklärungen abgeben, Proben öffentlich machen, Einführungsvorträge halten, Bücher schreiben usw., aber sie müssen es nicht. Und wenn ihre Kunst nichts taugt, nützen auch alle Erklärungen und "Vermittlungen" nichts. Ist Grigory Sokolov "unaufrichtig", weil er seit vielen Jahren keine Interviews gibt, sich für nichts, was er tut, rechtfertigt, außer eben durch sein Tun? Ich finde im Gegenteil: Er ist ein leuchtendes Beispiel dafür, dass große Kunst das alles nicht benötigt.

    Wenn sich Jemand der Situation einer Befragung stellt, dann sollte er auch konsequent dabei bleiben. Wenn er das nicht tut, ist das auch in Ordnung - unter gewissen Bedingungen. Sokolov wird allgemein hoch geschätzt - da gibt es gar kein Bedürfnis, dass er sich erklärt.



    Und nochmals generell: Man kann einen Aphorismus zitieren oder ein Bibelwort oder auch Wittgenstein. Das Zitieren ist dann nicht die Berufung auf eine Autorität, sondern das Zitieren von etwas, weil man den Inhalt des Zitates für durch sich selber einsichtig und richtig erachtet. Man kann auch ein Sprichwort zitieren, wo es gar keinen Autor gibt, also gar keine Autorität ausweisbar ist, in genau derselben Weise. Man beruft sich auf eine Weisheit, weil es eine Weisheit ist.


    Schöne Grüße

    Holger

  • Ihr beiden unterstellt mir hier eine „braune“ Kulturgesinnung, oder wie ist dieses Geraune zu verstehen?

    Aber nicht doch! Du träumst von Verhältnissen, wo nicht jeder frei entscheiden kann, zu tun und zu lassen, was er will. Solche Verhältnisse hat es immer mal gegeben, momentan ist in unserem Bereich zumindest scheinbar sehr viel mehr Freiheit gegeben. Aber das wird nicht immer so bleiben, da kannst Du ganz ruhig sein. Die guten alten Zeiten waren nicht immer braun und die guten neuen, die ihre Restitution sein werden, sind wohl eher grün. Du kannst also ganz ruhig bleiben und die drohenden Stirnfalten wieder glätten.


    Noch ein Wort zum ausgewiesenen Fachmann für philosphische Ästhetik: man kann irgendwelche Aphorismen zitieren, das ist sicher. Man kann das auch, wenn man mit dem Zitat gar nichts sagen will. Was freilich einigermaßen sinnlos ist. Will man damit aber etwas sagen, kann es nur sein, dass man seine eigene Position durch die Autorität dieses Zitats stützen will. Denn die Aussage, dass ein Denker zu diesem Thema das gesagt hat und viele, viele andere ganz andere Sachen, ist ja wohl sinn- und wirkungslos. Du versuchst, Deine Behauptung, dass ein Künstler keine Privatsphäre habe, durch den Hinweis auf die Tatsache zu stützen, dass Wittgenstein der Meinung war, dass es keine Privatsprache gab. Ich kann dasselbe Schema auch anwenden und sagen: »Mauthner sagt, es gibt nur Privatsprachen, darum hat der Künstler das unumstößliche Recht, seine privaten Gedanken für sich zu behalten.« (Eine unsinnige Aussage, aber nicht weniger unsinnig als Deine, in der sich meine vor allem dadurch unterscheidet, dass ich diesen Gedanken nie vertreten würde.)


    Man sieht, dass das Zitat einer Autorität ganz wirkungslos ist, wobei Deine Aussage durch den grotesk falschen Analogieschluss endgültig ruiniert wird. Du wolltest begründen, warum Du das Recht hast, so unverschämt in Bereiche einzudringen, in denen Du nichts zu suchen hast, und Du hast es nicht begründet. Das ist alles.

  • Das, wovon ich träume ist, dass ich in Berlin, Düsseldorf und Bayreuth in die Oper gehen kann in dem Wissen, dass mindestens 50 Prozent der Produktionen sich als Werktreu verstehen und auch so daherkommen. Ich als Opernfreund möchte Freiheit haben - Freiheit der Wahl. Freiheit sollte nicht nur der Regisseur haben.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Jeder soll sie haben, auch der Regisseur. Entweder oder. Wer A sagt, muss auch B sagen. Wenn Du für Dich Freiheit forderst, musst Du sie auch die andere fordern oder begründen, warum ausgerechnet Du privilegiert bist.

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  • Wieso privilegiert? Ich zahle Steuern, mit denen Kultur am Laufen gehalten wird. Da kann ich schon Rücksicht auf meinen Geschmack erwarten. Das ist wie mit dem ÖRR - dieser muss sich auch rechtfertigen, was er aufs Programm setzt. Der ÖRR gründet Beiräte. Zum Glück gibt es im Opernbereich ein paar rührige Richard-Wagner-Vereine, die sich stark machen.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Nö.


    LG :hello:

    Wer als Regisseur oder Intendant die Haltung hat, dass er auf sein Publikum nichts geben muss, braucht sich über Gegenreaktionen verschiedener Art eben auch nicht zu wundern.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Herr Hintze sollte sich angewöhnen, wenn er schon nicht mit mir redet sondern nur über mich, was an sich schon respektlos ist, dies wenn er das tut nicht wiederum in unanständig respekloser Weise zu tun.


    Es geht nicht um die Privatsphäre des Künstlers (was soll das überhaupt sein - sinnvoll ist nur die Privatsphäre eines Menschen, der zufällig von Beruf auch Künstler sein kann) sondern die künstlerische Moral. Das Tun des Künstler ist nunmal keine Privatangelegenheit und keine Privatsache. Konzerte und Opernaufführungen finden in der Öffentlichkeit statt, die von einem Publikum besucht werden. Deswegen kann die künstlerische Moral, die sich darauf bezieht, auch nicht privat sein. Sie kann nicht nur eine Privatsache des Künstlers sein.


    Die Beanspruchung einer Privatmoral; egal welcher, ist per se widersinnig, Wer der Maxime folgt: "Ich folge nur meiner Privatmoral, wenn andere Menschen mein Tun für unmoralisch erachten, ist mir das deshalb gleichgültig" - dann muss er dies, wenn das ein moralischer Satz sein soll, auch allen anderen Menschen zugestehen. Dann aber tut jeder Mensch nur was er will ohne Rücksicht auf den Anderen, und dann hört die Moral auf eine Menschen verbindende Verbindlichkeit zu sein und hebt sich selbst auf. Dann befinden wir uns im Krieg Aller gegen Alle: homo homini lupus.

  • Wieso privilegiert? Ich zahle Steuern, mit denen Kultur am Laufen gehalten wird. Da kann ich schon Rücksicht auf meinen Geschmack erwarten.

    Ja, stell dir mal vor! Nicht nur du zahlst Steuern: Ich zum Beispiel auch, mein Nachbar auch und meine Arbeitskollegen auch. Warum sollte jetzt ausgerechnet auf deinen Geschmack Rücksicht genommen werden?

  • Ja, stell dir mal vor! Nicht nur du zahlst Steuern: Ich zum Beispiel auch, mein Nachbar auch und meine Arbeitskollegen auch. Warum sollte jetzt ausgerechnet auf deinen Geschmack Rücksicht genommen werden?

    Aufgrund anekdotischer Evidenz weiß ich, dass es genügend Menschen gibt, die Opern eher noch konzertant als mit Regieverzerrung genießen wollen würden - am liebsten aber werktreu. Darum. Es ist jeder nur zu ermuntern, dies entsprechend bei den Verantwortlichen zu artikulieren.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Wer als Regisseur oder Intendant die Haltung hat, dass er auf sein Publikum nichts geben muss, braucht sich über Gegenreaktionen verschiedener Art eben auch nicht zu wundern.

    Ach, das ist ja großartig! Du bist also das Publikum! Ich wollte es schon so lange mal kennenlernen. Nun hat es enrich geklappt. Wunderbar! Selbstverständlich werden von Stund an alle Theaterkünstler bemüht sein, nur noch Deine Wünsche zu erfüllen. Verlass Dich drauf.

    Wer der Maxime folgt: "Ich folge nur meiner Privatmoral, wenn andere Menschen mein Tun für unmoralisch erachten, ist mir das deshalb gleichgültig" - dann muss er dies, wenn das ein moralischer Satz sein soll, auch allen anderen Menschen zugestehen.

    Wer lebt nach dieser Maxime oder sagt das? Ich sage lediglich, dass es Dich einen Dreck angeht, welches die Überzeugungen sind, von denen ich mich leiten lasse. Daraus folgt, dass Du mich zwar danach fragen kannst, aber absolut kein Recht auf eine Antwort hast. Das ist es, was ich sage, der Rest ist eines Zeug, das Du hinzugefügt hast.

  • Aufgrund anekdotischer Evidenz weiß ich, dass es genügend Menschen gibt, die Opern eher noch konzertant als mit Regieverzerrung genießen wollen würden - am liebsten aber werktreu.

    Man sollte sich hüten, die eigene Filterblase für so wichtig zu nehmen, um daraus Mehrheitsverhältnisse abzuleiten. Die überwiegende Mehrheit der Steuerzahler interessiert sich im Übrigen gar nicht für Oper und hat zu der von der gestellten Frage überhaupt keine Meinung. Aber das nur so am Rande.

  • Aufgrund anekdotischer Evidenz weiß ich, dass es genügend Menschen gibt, die Opern eher noch konzertant als mit Regieverzerrung genießen wollen würden - am liebsten aber werktreu.

    Ja, aber der Anteil derer, die überhaupt in die Oper gehen bzw. gehen würden, ist bezogen auf die steuernzahlende Bevölkerung so klein, dass man mit demselben Argument, aber deutlich mehr Berechtigung auch fordern könnte, dass überhaupt kein Steuergeld mehr in diese Art der Kultur fließen sollte. - Entschuldige, aber jeder, der auch nur kurz darüber nachdenkt, sieht doch ein, dass das oft wiederholte "Steuerargument" hier - und nicht nur hier - nicht greift.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Die RT-Trolle haben zum Jahresausklang also eine konzentrierte Aktion geplant. Wie schön. Die Nazikeule wurde bereits zu früh gezückt, sie ist wirkungslos.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Als ganz normaler Opernbesucher könntest Du aber die Frage beantworten, ob Du Dir del Mpnaco ansehen würdest. Ich für meinen Teil würde sagen: Nein! Mich interessiert Humperdincks Stück und nicht das Irgendetwas, was ein Regisseur (hier del Monaco) daraus gemacht hat.

    Ich weiß zwar nicht, warum das hier von Interesse sein sollte, aber meinetwegen: Ja, ich würde mir die Aufführung ansehen. Und jetzt? Das bringt wohl in der Diskussion kaum weiter.


    Warum meint ein Regisseur, mir weismachen zu können, das Stück so wie es vom Komponisten/Librettisten aufgeschrieben wurde, hätte/solle/dürfe mir nichts sagen und statt dessen hätte er nur etwas zu sagen? Warum meint er, ich dürfte als Zuschauer nur noch Interesse für das haben, was er aus dem Stück macht und nicht mehr für das Stück selbst?

    Woraus schließt Du, dass er das meint?


    Du als Pianist darfst ein Interesse an Beethoven Stücken haben, sie ohne Bearbeitung aufzuführen und ich als Konzertgänger ebenfalls. La Roche hat das schön beschrieben hier. Warum soll ich Interesse haben an so einer Aufführung, wo ich mich nur mit den Unstimmigkeiten herumärgere:

    Wenn Du kein Interesse hast, gehst Du halt nicht hin, wo ist das Problem? Bei den Beethoven-Stücken (auch wenn die mit dem hier diskutierten Thema "Theater" natürlich erst einmal nichts zu tun haben) muss man unterscheiden: Ich als Pianist darf sie so spielen, wie ich es für richtig halte und wie ich es kann. Und Du als Zuhörer hast mir da nicht dreinzureden. Du kannst natürlich zu Hause bleiben, und wenn das alle täten, hätte ich ein Problem, mit dem ich dann klarkommen müsste. Aber es wurde ja in diesem Thread schon nachgewiesen, dass die Platzauslastung bei sogenannten "Regietheater"-Aufführungen sehr oft ganz hervorragend ist, also können wir doch diese kontrafaktische Überlegung außer Acht lassen. (Ich habe übrigens auch nicht das Interesse, ein Stück "ohne Bearbeitung aufzuführen", allein deshalb schon nicht, weil ich gar nicht wüsste, wie das gehen soll. Wenn ich mit einer Partitur arbeite, be-arbeite ich sie auch. Aber darum geht es wie gesagt hier ja nicht.)


    Darum geht es aber nicht. Es gibt immer Möglichkeiten. Aber das Eine und Einzige, was eine Möglichkeit unverwechselbar zu dieser einen Möglichkeit macht, verschwindet, wenn man dies nur als eine beliebige Möglichkeit unter anderen betrachtet.

    Ich sprach von Entscheidungsfreiheit, nicht von "Beliebigkeit" oder "Willkür". Du behauptest zwar immer wieder, dass das kein Unterschied sei, aber darin irrst Du.


    Nur die Geschmacklosigkeit der Wahl eines Bildmittels zeigt was es ist: geschmacklos zu sein. Dafür brauche ich nicht mehr, um das zu erkennen.

    Schön für Dich. Und für mich, denn dann weiß ich, dass ich Deinem ästhetischen Urteil in dieser Sache keinerlei Relevanz zubilligen kann.


    Fragt einer: Kannst Du mir das erklären, ich verstehe es nicht? Antwort: Nein! Ich bin dazu nicht verpflichtet! Meine Interpretation dieser Szene. Es gibt in der Tat keine Regel und Pflicht, die eine Antwort gebietet. Nur ist die Verweigerung einer Antwort hier respektlos gegenüber dem, der fragt.

    Dein Glaube an die Erklärbarkeit von Kunst ist mit Verlaub ziemlich naiv. Künstler, die sich nicht erklären wollen, haben vielleicht auch einfach begriffen, dass sie es letzten Endes nicht anders können als eben durch ihre Kunst. Dann wäre eher das Beharren auf der Frage "respektlos" als die nicht gegebene Antwort. Aber in der Praxis sieht es wie gesagt ja doch anders aus: Viele Künstler "erklären" ihre Kunst wortreich und bedeutungsschwanger jedem, der nicht bei drei auf dem Baum ist. Mich stößt das eher ab, aber auch das kann natürlich jeder so machen, wie er es für richtig hält.


    Wenn sich Jemand der Situation einer Befragung stellt, dann sollte er auch konsequent dabei bleiben. Wenn er das nicht tut, ist das auch in Ordnung - unter gewissen Bedingungen. Sokolov wird allgemein hoch geschätzt - da gibt es gar kein Bedürfnis, dass er sich erklärt.

    Sokolov wurde z.B. nach seiner Aufführung der Hammerklaviersonate vor ein paar Jahren massiv für seine Missachtung von Beethovens Metronomzahlen kritisiert. Gerade er ist ein Vertreter schlimmster "Musiziermusik"!

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Welche denn genau?

    Ideal wäre z.B. die "Ariadne auf Naxos". Der Theaterteil in einem modernen Ambiente wäre okay. Aber der antike Teil auf der einsamen Insel wäre Gelegenheit, Altes und Neues zu verbinden. Das wurde ja auch schon oft gemacht.

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Die RT-Trolle haben zum Jahresausklang also eine konzentrierte Aktion geplant. Wie schön. Die Nazikeule wurde bereits zu früh gezückt, sie ist wirkungslos.

    Absolut richtig. Jetzt ruft erst einmal der Jahreswechsel. Ganz traditionell, mit Beethoven 9, konzertant, ohne Plakativregie auf der Bühne.


    Plakativregie oder Regieverzerrung sind übrigens als Vokabeln mE nach besser als der Begriff „RT“ geeignet, klar zu machen, was kaputt an dieser Art der Operninszenierung ist.


    In diesem Sinne einen verzerrungsfreien Jahreswechsel. 😉

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Ich werde mir zum Jahreswechsel zum mindestens zehnten Male den Bayreuther Chereau-Ring anschauen, der gerade neu auf Bluray erschienen ist (mit dem Versprechen einer deutlich verbesserten Bild- und Tonqualität, ich werde berichten). Bei der Premiere 1976 führte er zu Buh-Orkanen und Protest-Aktionen von "rührigen Richard-Wagner-Vereinen", bei der letzten Aufführung 1980 bestand die Publikumsreaktion hingegen aus neunzig-minütigem Beifall mit 101 Vorhängen, beides nie wieder erreichte Rekordwerte in Bayreuth. Heute gilt diese "Ring"-Produktion zu Recht als Maßstäbe setzende Arbeit. Was war denn nun "das Publikum", dessen Willen man angeblich unbedingt zu respektieren hat? Das von 1976 oder das von 1980? Hätte man die ablehnende Publikumsreaktion bei der Premiere zum Maßstab erhoben, hätte Wolfgang Wagner diese Produktion sofort absetzen müssen. Und hätte man im Vorfeld eine Umfrage unter Festspielbesuchern gemacht, ob sie lieber diese oder eine "werktreue" Interpretation sehen möchten, dann hätte es sie nie gegeben. Nein, Freunde, den Publikumsgeschmack zum alleinigen Maßstab für die Beurteilung von Kunst zu erheben, ist abwegig. Was gerade Euch einleuchten sollte, haben doch unzählige Künstler und auch Musiker, die heute als Giganten der Kunst- oder Musikgeschichte gelten, zu ihren Lebzeiten teils heftige Ablehnung von Seiten des Publikums erfahren. Man sollte hier doch einfach mal ehrlich sein: Ihr lehnt das sogenannte "Regietheater" ab, weil es Euch nicht gefällt. Die Vergeblichkeit der ganzen Versuche, dieses bloße Geschmacksurteil mit Verweisen auf "Werktreue" etc. zu rationalisieren, hat dieser Thread mal wieder aufs Schönste bewiesen. Im übrigen ist nichts verwerflich daran, einen bestimmten Geschmack zu haben und bestimmte Inszenierungsstile nicht zu mögen (geht mir genauso). Ebensowenig ist es verwerflich, sich für vermehrte Produktionen einzusetzen, die dem eigenen Geschmack entsprechen. Aber wer seinen eigenen Geschmack mit Pseudo-Argumenten zum Maßstab des Guten, Wahren und Schönen zu erheben versucht, sollte sich über Widerspruch nicht wundern.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Die RT-Trolle haben zum Jahresausklang also eine konzentrierte Aktion geplant. Wie schön. Die Nazikeule wurde bereits zu früh gezückt, sie ist wirkungslos.

    Offenbar sind Dir die Argumente nun vollends ausgegangen (was mich nicht wundert), und es bleibt Dir nur, die Vertreter anderer Meinungen als "Trolle" zu diskreditieren. Armselig.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Das ist ja auch nich der Fall. was Nemorino hier verwendete hat ist ein eine bekannte Phrase, die implizit das Mißfallen über ein Verhalten oder eine Aussage. auch Kleidung eines anderen Individuums zum Ausdruck bringt, und gleichzeitig "mach doch was du willst" enthält und somit unterschwellig Verachtung zum Ausdruck bringt.

    Ich nehme an, daß Bertarido das BEWUSST mißverstanden hat, um das von mir geschätzte Mitglied anzugreifen

    Oh, die wahre Bedeutung dieser Phrase habe ich dann - als ungebildeter Angehöriger des links-grün-woken Gesindels - wohl nicht richtig verstanden. Ein von mir über alle Maßen geschätztes Foren-Mitglied wie nemorino bewusst misszuverstehen, käme mir doch niemals in den Sinn.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Offenbar sind Dir die Argumente nun vollends ausgegangen (was mich nicht wundert), und es bleibt nur, die Vertreter anderer Meinungen als "Trolle" zu diskreditieren. Armselig.

    Kein Wunder, dass die Argumente aufgebraucht sind, nachdem er in letzter Zeit schon "Autoritäten" wie Stock, Chamberlain und Winfred Wagner bemühen musste... Das Erstaunen darüber, dass in diesem Zusammenhang die "Nazikeule" geschwungen wurde, kann ja nur gespielt sein. Überlassen wir also jedem unvoreingenommen Leser die Beantwortung der Frage, wer in dieser Debatte der Troll ist...

  • Nein, Freunde, den Publikumsgeschmack zum alleinigen Maßstab für die Beurteilung von Kunst zu erheben, ist abwegig.

    Und noch weniger - und dass Gegenteil ist ja durchaus eine mindestens implizit formulierte Idee einiger, was ich tatsächlich viel schlimmer finde - sollte der Künstler den Publikumsgeschmack als Maßstab für das Schaffen eines/seines Kunstwerkes erheben.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Und noch weniger - und dass Gegenteil ist ja durchaus eine mindestens implizit formulierte Idee einiger, was ich tatsächlich viel schlimmer finde - sollte der Künstler den Publikumsgeschmack als Maßstab für das Schaffen eines/seines Kunstwerkes erheben.

    Der Künstler hieß Wagner.

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



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