Rudolf Schock, ein großer deutscher Tenor

  • Lieber Don Gaiferos, wenn Schock es dreimal eingespielt hat, muß ich es dreimal einsammeln...

    Dank für den Link zu Herrn de Lege! Es grüßt Hans

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Rudolf Schock, geboren am 4. September 1915.

    Mit seiner Stimme bin ich groß geworden. Was musste er sich in seinen späteren Lebensjahren von sogenannten "Experten" alles an Kritik anhören- er hat Millionen Menschen mit seinem Gesang Freude bereitet- mehr geht nicht.

    VG
    Otello50

  • Lieber Otello 50,

    Er war vor Fritz Wunderlich oder neben diesem der populärste Tenor in Deutschland.Man höre sich bitte nur seine frühen Opernaufnahmen an. Eine Stimme mit wunderschönem goldenen Klang, betörendes Timbre und ungemein persönlicher Färbung. Dies ergab einen enorm hohen Wiedererkennungswert. Einmal Schock gehört, nie wieder vergessen und immer sofort erkannt. Alles Fähgkeiten eines Ausnahmesängers. Mit seinem "Ach, ich hab' in seinem Herzen da drinnen..." hat er Millionen Menschen Freude geschenkt.

    Ich hatte einmal eine sehr persönliche Begegnung mit dem großen Tenor. Wir waren bei Familie Frick eingeladen, weil Rudolf Schock mit Gattin zu Besuch waren. Nach dem Kaffee-Trinken wollte man Einen größeren Spaziergang durch den direkt an Fricks Haus angrenzenden Wald machen. Als Frick dann eine Pistole einsteckte fragte Schock, "Du Lobl willst Du etwas schießen?" "Nein, aber man weiß ja nie und überhaupt, ein Jäger geht niemals ohne Waffe in den Wald." Schock wandte sich plötzlich an mich und sagte: "Herr Hey möchten Sie gerne mit mir spazieren gehen?" und ob ich wollte. Es wurde eine Tour von eineinhalb Stunden, in denen ich eine völlig offene, kommunikativ überzeugende, freundlich,sympathische Persönlichkeit mit Tiefgang kennen lernen durfte. Es gab noch zwei weitere Begegnungen eine in Stuttgart nach einem Konzert und bei einer Aufnahme der "Verkauften Braut" in der akustisch hervorragenden Schlosskirche in Schwaigern wo eine ganze Reihe von Musikern unseres Heilbronner Sinfonie Orchesters mitspielten. Nach einer Aufnahmesitzung verbrachten wir den Abend mit dem ganzen Solistenteam. Seitdem zählen die Begegnungen mit Rudolf Schock zu unseren schönen, unvergesslichen Künstlerkontakten.

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Lieber Operus,


    hab Dank für diese berührende persönliche Erinnerung, die uns die großen Künstler Rudolf Schock und Gottlob Frick auch menschlich näher bringt. Rudolf Schock hat in seinen Erinnerungen ("Ach, ich hab in meinem Herzen...") einige Male seine jahrelange künstlerische Zusammenarbeit und persönliche Freundschaft mit Gottlob Frick angesprochen. Seine Worte offenbaren die hohe Achtung der beiden Sänger füreinander.

    Offenbar hütest Du einen großen Schatz solcher persönlichen Erinnerungen. Schön, immer wieder einmal aus diesem Fundus bereichert zu werden.


    Herzlichst

    Otello50

  • Rudolf Schock, geboren am 4. September 1915.

    Mit seiner Stimme bin ich groß geworden. Was musste er sich in seinen späteren Lebensjahren von sogenannten "Experten" alles an Kritik anhören- er hat Millionen Menschen mit seinem Gesang Freude bereitet- mehr geht nicht.

    VG
    Otello50

    Lieber Otello50, gut, daß Du Rudolf Schock heute gewürdigt hast! Besonders als Bacchus bewundere ich ihn. Es grüßt Hans



    Aber ich verlinke ihn als Paul.


    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

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  • Seitdem zählen die Begegnungen mit Rudolf Schock zu unseren schönen, unvergesslichen Künstlerkontakten.

    Was für eine Geschichte. Beneidenswert, wen du aus der Sängerwelt alles kennengelernt hast, lieber Hans. Und wunderbar, dass du deine Erinnerungen mit uns teilst - wie auch Otello50 schon schrieb. Auch ich habe das angesprochene Buch von R. Schock gelesen und ich habe ihn mir genauso vorgestellt, wie du ihn beschreibst.

    (Es ist übrigens immer noch einfach zu erstehen)

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  • Rudolf Schock wurde in seinen späteren Jahren von der sogenannten "seriösen Kritik" im deutschen Feuilleton sehr oft kritisiert, bisweilen niedergemacht- oft ohne Sachkenntnis und mit schweren Vorurteilen und wohl auch Neid auf seinen populären Erfolg. Bemühen um künstlerische Seriosität wurden ihm wegen seiner erfolgreichen Betätigung in Fim und Fernsehen, seiner Hinwendung zur Operette und seiner Liebe zum Volkslied abgesprochen . Dabei wurde gerne übersehen, dass er auch eine ganze Reihe hervorragender Tonaufnahmen hinterlassen hat. Um nur einige zu nennen, die ich sehr schätze::


    -den von Hans Heukenkamp schon genannten Bacchus in der Ariadne auf Naxos von 1954 (auch in den Auszügen mit Lisa della Casa unter Erede)

    -den Walther von Stolzing in den Meistersingern unter Kempe

    -den Canio im Bajazzo unter Horst Stein

    -den Pedro in Tiefland unter Hans Zanotelli (für mich unerreicht)

    -seine "Winterreise" mit Ivan Eröd

    -sein Lohengrin in der Aufnahme des NWDR

    -sein Max im Freischütz unter Keilberth wie unter von Matačić (beide für mich beispielhaft).

    Auch in Auszügen aus Evangelimann, Tosca, Aida u.a. gefällt er mir gut.


    Immer sang er mit beispielhafter Textverständlichkeit, großem Stilgefühl und spürbarer innerer Beteiligung an der Rolle, sicherer Technik und in seinen besten Zeiten mit großer Strahlkraft. Seine unverwechselbare Stimme war besonders phonogen.

    Rudolf Schock verdient großen Respekt für seine außergewöhnliche künstlerische Leistung.


    VG
    Otello50

  • Aber ich verlinke ihn als Paul.

    Lieber Hans,


    danke für diesen Paul. Schocks Stimme hat mich schon als Kind begeistert. Später reduzierte sich diese Begeisterung auf seine Jugendjahre, auf Aufnahmen bis Mitte der 50-er. Seinen Paul, noch dazu live gesungen, kannte ich bisher nicht. Nun muß ich meine Einstellung revidieren. Dieser Paul aus 1963 gefällt mir ausgesprochen gut, nicht nur die deutliche und verständliche Aussprache, auch die Höhe kommt klar, und er muß nicht seine Kopfstimme benutzen, die mir später die Freude bei seinen Auftritten doch stark trübte.


    Seine CD "Welterfolge der Oper" beinhaltet ausschließlich Aufnahmen aus den 40-er und 50-er Jahren, und da braucht er sich hinter den größten seiner Zeit nicht zu verstecken. Ich muß gestehen, auch ein Anhänger deutsch gesungener Opernarien zu sein, nicht zuletzt dank der großen deutschen Sänger der damaligen Zeit.

    Diese CD aus 2000 der Delta Music GmbH (Nr. 14765) konnte ich bei amazon nicht mehr finden. Zum Glück habe ich sie.


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Zitat von La Roche

    Diese CD aus 2000 der Delta Music GmbH (Nr. 14765) konnte ich bei amazon nicht mehr finden. Zum Glück habe ich sie

    Ooooch, lieber La Roche die gibt es da ( wo wir nicht mehr verlinken) noch für unter 1€!


    hier das Cover vom Werbepartner


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Zu Rudolf Schock hätte ich auch noch einige Sachen zu sagen: Er war sicher ein guter Sänger. Sein Tenor war zu seinen Bestzeiten insgesamt gut fokussiert und hatte ein unverwechselbares Timbre. Er hat einige tolle Opernaufnahmen und viele Operetten-Einspielungen hinterlassen. Toll ist beispielsweise sein Stolzing in der Meistersinger-Aufnahme unter Rudolf Kempe. Das gilt indes nicht in gleichem Maße für seinen Lohengrin auf der CD unter Wilhelm Schüchter. Hier ist er hörbar nicht in Bestform, klingt manchmal etwas angestrengt und geht in der Höhe zeitweilig vom Körper weg. Und auf einigen anderen Aufnahmen wird ein weiteres Manko des Sängers offenkundig, nämlich dass er - das in erster Linie in seinem späten Operetten-, aber auch in manchen seiner Liedaufnahmen - im oberen Stimmbereich oft in die Fistelstimme geht, was absolut nicht sein darf. Das war insbesondere im Herbst seiner Karriere der Fall, an dem ihm voll ausgesungene Spitzentöne nicht mehr möglich waren. Das stellte doch ein erhebliches Manko dar. Wenn man gute CDs von Schock hören möchte, greift man am besten zu Aufnahmen aus den 1950er Jahren. Hier ist er - abgesehen von dem erwähnten Lohengrin unter Schüchter - gut in Form. Viele seiner Opernquerschnitte kann ich durchaus empfehlen.


    Herzliche Grüße


    Lustein

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  • Lieber Otello,

    zunächst waren es Künstlerbegegnungen im Hause Frick, dann kam die Gottlob Frick Gesellschaft mit jährlich bis 200 - 250 Gästen aus dem Gesamtbereich der Oper dazu, darüberhinaus konnte ich in den 45 Jahren als 1. Vorsitzender des HSO eine ganze Reihe der Großen zu Freundschaftshonoraren engagieren. Wenn man da nicht zu viel falsch macht und die Kontakte pflegt kommt ein imposantes Netzwerk zusammen. Die Kollegenfreundschaften waren für Gottlob Frick und seine Frau typisch. Wer war nicht alles Gast im Haus Waldfrieden. Mit Fritz Wunderlich war es fast ein Vater/Sohn-Verhältnis. Durch Frick war Wunderlich zur Jagd gekommen. Er hatte sogar ein eigens für ihn ständig reserviertes Zimmer im Haus Waldfrieden. Manchmal schenkt man dem Operndörfle Ölbronn sogar den Ehrentitel "Mekka der Basssten". Wenn Frick nicht die Beliebtheit unter seinen Kollegen gehabt hätte, wäre es niemals möglich gewesen, dass bis auf Kurt Rydl

    fast alle seine großen Kollegen schon bei uns waren und Rydl bedauert es sehr, dass es bisher noch nicht geklappt hat. Noch zwei kleine Begebenheiten dazu. Ein Sänger meinte ob es möglich sei, Herrn...einzuladen, er sei allerdings nur Chorführer gewesen. Selbstverständlich luden wir diesen Herrn ein. Er schwärmte direkt von Frick. Er erzählte: Bei schwierigen Choraufritten, wie der Mannenszene in "Götterdämmerung" hätten die Sänger, wenn es vollbracht war, schon auf die anerkennende Geste des Hagen gewartet, die hätte nie gefehlt. Nur seine liebe Kollegin, Christel Goltz sah es etwas kritischer: Sie meinte: "Ach, der Lobl, der war zu gut für diese Welt und merkte gar nicht, wie er ausgenutzt wurde." Ich fragte nicht nach Beispielen, weil ich wusste, dass es stimmte und finde es gut, weil sein Wesen ebenso war und er sich in allen Phasen seiner Karriere immer treu blieb.

    Vielleicht sind solche Wesenszüge bei großen Künstlern nicht selten. Um wieder auf Rudolf Schock zurückzukommen. Er soll ja aus eigener Tasche das Studium Von Karl Ridderbusch finanziert haben. Chapeu!

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Ooooch, lieber La Roche die gibt es da ( wo wir nicht mehr verlinken) noch für unter 1€!

    Nee, lieber Fiesco, diese meine ich nicht, da gibt es wohl noch eine andere. Die ich besitze, da singt er nichts aus der Entführung. Aber vielleicht liegt es 2-er Set. Das Bild ist dasselbe.


    Herzlichts La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Um wieder auf Rudolf Schock zurückzukommen. Er soll ja aus eigener Tasche das Studium Von Karl Ridderbusch finanziert haben. Chapeu!

    Herzlichst

    Operus (Hans)

    Lieber Operus,.


    Karl Ridderbusch selbst hat in seinem Gespräch mit August Everding in der Sendung Da Capo bestätigt, dass Rudolf Schock ihn entdeckt und die Hälfte seines Studiums bezahlt hat (gleich in den ersten Minuten der Sendung). Da Capo- ein unvergleichlicher Schatz für Verehrer großer Sänger...


    Herzlichst

    Otello50

  • Eigentlich wollte ich mich zu Rudolf Schock nicht mehr zu Wort melden, doch dann kam mir die kürzlich von "Operus" aufgestellte These in einem anderen Thread wieder ins Gedächtnis:

    Erst aus These und Antithese ergibt sich die Diskussion.

    Nun haben die letzten Neueinträge den Sänger wieder einmal auf eine Stufe gehoben, die ihm nach meinem persönlichen Empfinden nicht zukommt, wie zum Beispiel:

    Eine Stimme mit wunderschönem goldenen Klang, betörendes Timbre und ungemein persönlicher Färbung. Dies ergab einen enorm hohen Wiedererkennungswert. Einmal Schock gehört, nie wieder vergessen und immer sofort erkannt.

    Besonders als Bacchus bewundere ich ihn.

    Operus kann ich nur insoweit zustimmen, daß seine Stimme einen "enorm hohen Wiedererkennungswert" hatte. Doch den "wunderschönen goldenen Klang" suche ich bis heute leider vergeblich. Selbst seine frühen Aufnahmen, die durchaus konkurrenzfähig sind, halten (für mich) in den meisten Fällen den Vergleich mit anderen Tenören seiner Generation nicht aus. Man höre z.B. nur das "Postillonlied" mit Schock und anschließend mit Josef Traxel, um zwischen angestrengtem Bemühen und lockerem, ganz mühelosem Gesang unterscheiden zu können.


    Hans Heukenkamp bewundert seinen "Bacchus". Dem kann ich durchaus zustimmen, wenn es um die Karajan-Aufnahme der ARIADNE von 1954 geht. Das kann ich aber für den Stereo-Querschnitt unter Alberto Erede von 1959 nicht bestätigen. Ich zucke jedesmal zusammen, wenn er auf den verklärten Gesang Lisa Della Casas "Es gibt ein Reich" plötzlich grob und viel zu laut mit den Worten "Circe, ich konnte fliehen" hereinbricht. "Mein Gott, wer hat ihn nur entfliehen lassen", kommt mir dann immer spontan in den Sinn.

    Den Walter von Stolzing unter Kempe (EMI) nennt Jürgen Kesting "einen Walter ohne Glanz, aber mit einem wundervollen Evchen: Elisabeth Grümmer", wobei ich diesen Satz zugleich erstaunlich und treffend finde.

    Sein Canio unter Horst Stein (von 1959) ist wirklich gut, da gibt es keinen Zweifel; den Pedro in "Tiefland" habe ich von ihm nicht gehört.

    Aber "seine 'Winterreise' mit Ivan Eröd", lieber Otello50, ist für mich quasi ein Begräbnis dieses herrlichen Zyklus. Sie entstand m.W. relativ spät, und Schock hat weder die stimmlichen noch gestalterischen Mittel und auch keinen Partner am Klavier, der da irgend etwas zu retten vermöchte. Ich bin nur ein musikbegeisterter Laie, habe weder Musik studiert noch je aktiv ausgeübt, sondern urteile nur nach Gehör und Geschmack, der sich allerdings durch vergleichendes Hören über mehr als 50 Jahre schon ein Urteil erlauben kann. Ich möchte aber lieber hier einen anerkannten Musikwissenschaftler und Kritiker, Ulrich Schreiber, zitieren, der in diesem Zusammenhang von einem "Fall von Vernichtung am Kunstwerk" spricht und weiterhin meint, "daß Schocks stimmliche Physis nicht mehr von der Art (ist), daß sie erfolgversprechend auf der Suche nach Gesangskunst überhaupt eingesetzt werden kann" und nur noch "ruinöse Überreste" einer einst "durchaus ernstzunehmenden Stimme" ausmachen kann, die "durch die moderne Klangtechnik eher noch peinlicher wirkt". Wer die "Winterreise" wirklich von einem Tenor hören möchte, der greife zu Peter Pears (mit Britten am Klavier, Decca) oder Anton Dermota, der diesen Zyklus überaus sympathisch und prätentionslos im Jahr 1962 gesungen hat (Telefunken).

    Zu Schocks "Lohengrin" nun noch einmal der "Stimmenpapst" Jürgen Kesting: "Unter Wilhelm Schüchter hat er einen angestrengten und dadurch kehligen Lohengrin gesungen", er kann sich mit seiner Phrasierung, "die häufig flach ausklang und stößig abriß", nicht anfreunden und bemängelt des weiteren seine "in der Höhe eingestreuten Fisteltöne, aber ohne Richard Taubers Raffinement".


    Da ich in meinen Beiträgen 252, 261, 262, 264 und 276 eigentlich zu Schock alles gesagt habe, möchte ich nach Ulrich Schreiber und Jürgen Kesting hier noch einmal eine Kritik des Wiener Musikprofessors Dr. Clemens Höslinger zitieren, die er in FonoForum 5/1970 zu der LP "Rudolf Schock: Erinnerungen an Benjamino Gigli" veröffentlicht hat:

    "Zwei Dinge hat Schock mit Gigli gemeinsam: das Stimmfach und die Popularität. Von anderen Parallelen sollte man lieber nicht reden. Sogar in seinen letzten Lebensjahren hatte Gigli an Reinheit und Geschmeidigkeit seines Organs nichts eingebüßt, er besaß eben jene hohe Kultur des Singens, die keiner seiner Epigonen annähernd erreichen konnte. Somit erweckt Schock mit seinen Erinnerungen wehmütige Gedanken an einen der wirklich Großen der Gesangskunst. Und er sorgt dafür, daß uns der italienische Tenor nun sogar in geradezu überirdischer Gloriole erscheint: Wenn man die Schock-Aufnahmen (sie sind dies in jeder Bedeutung des Wortes) abgehört hat, wenn man all den Krampf, all die Mühsal glücklich hinter sich gebracht hat und sich dann eine Gigli-Platte auflegt, dann empfindet man dies als Erlösung. Per aspera ad astra - durch Nacht zum Licht! Gesang wie er sein soll - und Gesang wie er sein kann ....
    Schock singt also Gigli-Evergreens, zum Teil deutsch, zum Teil in Originalsprache. Deutsch gelingt ihm noch am besten. Die Liebe zu diesem krisenfesten Dauersänger muß sehr innig sein, ja sie muß sogar schon an Mystizismus grenzen, wenn man seine Darbietungen auch nur halbwegs erträglich finden will. Für normale Ohren sind sie, schlicht gesagt, indiskutabel. Daß solche Aufnahmen ernstliche Verkaufschancen haben, erscheint mir als eine der musikalischen Unfaßlichkeiten dieser Zeit. Zum Glück sind sie konkurrenzlos."

    Das war im Jahr 1970, und danach hat Rudolf Schock noch weitere 16 Jahre frisch und munter drauflos gesungen!


    Ganz bewußt habe ich mich heute mit meiner Meinung zurückgehalten und stattdessen drei renommierte, seinerzeit allseits anerkannte Gesangs- und Musikexperten zu Wort kommen lassen, die meine ganz unmaßgebliche Meinung über Rudolf Schock weitgehend bestätigen. Sicher spielt bei mir eine nicht zu unterdrückende Antipathie gegen einen Künstler mit, der nach 1960 stimmlich unüberhörbar nachließ, aber nicht verstanden hat, seine Karriere zu einem Zeitpunkt zu beenden, als er noch ein angesehener Sänger war. Seine zahlreichen, nicht enden wollenden Auftritte im TV haben ihn mir regelrecht verleidet.

    "Ob Glücksrad oder Blauer Bock,

    kein Fernsehabend ohne Schock"

    und der stellte sich automatisch ein, wenn der Sänger gleichen Namens mit Kniebundhose, kariertem Hemd, Hut und Wanderstab auf der Bildfläche erschien und mit den Resten seiner Stimme den "Fröhlichen Wanderer" oder den "Jäger aus Kurpfalz" beschwor. Richtig, auch Tauber, Gedda, Wunderlich und Anders haben Stücke dieser Art gesungen, aber da waren sie noch im Vollbesitz ihrer stimmlichen Mittel und nicht auf Playback und ähnliche Mätzchen angewiesen.

    Wenn ich Schock lobend erwähne, dann in seinen Aufnahmen bis 1955.

    Ich würde sogar soweit gehen und sagen: bis 1960! Was danach kam, war (von Ausnahmen abgesehen) nur noch peinlich, nicht nur was er sang, sondern auch wie er sang. Schock ist für mich der Prototyp eines Künstlers, der nicht aufhören konnte und sich damit seinen Ruf selber ruiniert hat. Eigentlich schade, aber zu ändern ist es nicht mehr.


    LG Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich möchte mich denen anschließen, die den Höhepunkt von Schocks tenoralem Glanz früh ansetzen und diese beiden Beispiele von 1950 bringen. Hat man je eine schönere mezza voce in der Rolle des Fritz gehört als bei Schock?




    Natürlich gibt es auch Aufnahmen, die bereits in den 40er-Jahren entstanden sind (z.B. eine ganze "Pique Dame", 1947). Damals war er als lyrischer Tenor (mit dramatischen Ausreißern) wohl konkurrenzlos in Deutschland.

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  • Ohne mich in die Diskussion der stimmlichen Qualitäten des Sängers einmischen zu wollen, gebe ich doch eines zu bedenken: Es ist sehr viel von einem Menschen verlagt, mit 45 (und 1960 war Schock 45) seinen Beruf aufgeben zu sollen - vor allem dann, wenn er mit seiner Berufsausübung Erfolg hat und jede Menge gutes Geld damit verdient.

    Dass man der Nachwelt heute empfiehlt, eher seine Aufnahmen vor 1960 als die nach 1960 zu hören, ist hingegen völlig legitim.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Persönlich bin ich ein großer Bewunderer von Rudolf Schock.
    Diese Grenzziehung seiner großen Aufnahmen bis 1960 oder gar nur bis 1955 halte ich für sehr fragwürdig.



    Gerade vor ein paar Wochen hörte ich Schock mit der Gralserzählung aus dem Jahre 1963 live unter Horst Stein (enthalten auf der abgebildeten CD).

    Ich würde das ohne mit der Wimper zu zucken unter die allerbesten Interpretationen einreihen wollen und sehe darin nun wirklich nichts "Peinliches".


    Norbert schrieb zu Beginn dieses Threads sogar, dass er Schock auch in der späteren Matacic-Aufnahme (1967) als Max im "Freischütz" noch schätze.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Die mediale Verfügbarkeit eines Sängern fast 35 Jahre nach seinem Tod kann nach meiner Überzeugung auch Zerrbilder seiner Kunst hervorrufen. Dem Vergleich sind Tür und Tor geöffnet, was wiederum auch schön ist. Wer hätte es in seiner Zeit schon für möglich gehahalten, dass dereinst quasi alles, was Schock hinterlassen hat, greifbar sein würde - in unterschiedlicher Tonqualität. Seine offiziellen Plattenaufnahmen in allen möglichen Genres sind Legion. Hinzu kommen die Rundfunk- und Fernsehproduktionen, Filme und private Mitschnitte und wer weiß was noch. Es kann gut sein, dass er von allen Sängern die meisten Tondokumente hinterlassen hat. Schock sang um die vierzig Jahre lang. Der Erfolg gab ihm Recht. Seine Wirkung beruhte auch darauf, dass er ein Publkum erreichte, zu dem andere nicht vordrangen - nicht vordringen wollten. Mir ist auf Anhieb keine Aufnahme von Schock bekannt, die es nicht auch alternativ mit anderen Sängern gibt. Man muss ihn also nicht zwingend hören. Wer eine bestimmte Aufnahnem, in der er mitwirkt, wegen ander Solisten schätzt, der muss ihn einfach in kauf nehmen. Wenn immer noch so leidenschaftlich und auch so kontrovers über Schock gestritten wird, ist das nach meinem Dafürhalten das Beste, was einem Sänger an Nachruhm zuteil werden kann.


    Wer noch nicht genug hat, wird bei Hänssler fündig. Die Edition soll fortgesetzt werden.


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Wie ließe sich ein Künstler besser würdigen, als mit einem Gespräch über sein Wirken? Mir gefällt, wie wir hier seiner gedacht haben.

    ..., eine spe*ifisch deutsche Kultur ist, jenseits der Sprache, schlicht nicht identifi*ierbar.
    -- Aydan Ö*oğu*

  • Sehr gelungen finde ich diese erste Tassilo-Arie aus dem Jahre 1958:



    Hier kann man erkennen, dass der Sänger zu diesem Zeitpunkt das kopfige Höhenpiano (was hier abfällig als "Fistelstimme" u.ä. bezeichnet wurde) nicht deshalb einsetzt, weil er nicht soll aussingen kann - denn bei der Wiederholung der Phrase kann er es problemlos - , sondern als bewusstes künstlerisches Gestaltungsmittel. Man muss nicht alle künstlerischen Gestaltungsmittel mögen, ich mag zum Beispiel die zwischendurch eher weggesprochenen Passagen nicht so sehr, zweifle aber nicht, dass er diese genauso hätte singen können wie die teilweise identischen gesungenen Passagen davor oder danach - wenn er dies gewollt hätte.


    Generell schätze ich Sänger, die in der Höhe nicht nur voll aussingen können, sondern auch zu Höhenpiano fähig sind. Das gilt übrigens auch für Dietrich Fischer-Dieskau.

    Die "Not" scheint mir hingegen viel häufiger bei den Sängern zu bestehen, die in der hohen Lage nur voll auspowern können und dort keine anderen Gestaltungsmöglichkeiten haben.


    Schock führt in dieser Arienaufnahme eindrucksvoll vor, dass er zum damaligen Zeitpunkt in der Höhe zweifellos beide Grundmöglichkeiten (voll ausgesungen und zurückgenommenes Höhenpiano) hatte. Ich weiß auch, dass ihm diese volle Gestaltungspalette in späteren Jahren so nicht mehr zur Verfüghung stand, aber Ende der 1950er Jahre stand sie ganz offensichtlich zur Verfügung.


    Ich finde auch folgende Live-Aufnahme von "Land des Lächelns" aus dem gleich Jahr sehr eindrucksvoll: Schock gibt den Hauptteil der Arie "Dein ist mein ganzes Herz" (ab 1:22:54) gleich 3x(!) als da capo:

    - das erste Mal (ab 1:26:30) im einfachen Piano beginnend und sich am Ende in ein glanzvolles Forte steigernd (mit eingebautem Triller am Ende)

    - das zweite Mal (bei 1:27:55) im völligen Pianissimo beginnend und bis zum Ende bleibend (auch in der Höhe), dazu noch mit extra einbeautem Spitzenton am Ende

    - das dritte Mal (ab 1:29:27) im strahlend ausgesungenen Forte

    Fazit: DAS ist eine wahre Demonstration großer Gesangskunst!



    Dieser Braunschweiger Live-Mitschnitt ist die insgesamt überzeugendste Aufnahme dieser Operette, die ich kenne, auch weil es keine Studiosterilität gibt, sondern das Publikum als zusätzlich bereichernder Akteur mit Lachern und Applaus beteiligt ist.

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

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  • Zitat von Rheingold 1876:


    Mir ist auf Anhieb keine Aufnahme von Schock bekannt, die es nicht auch alternativ mit anderen Sängern gibt.


    Mir schon: Nämlich die Aufnahme von Künneckes Operette "Die große Sünderin", in der er einen geradezu atemberaubenden Schrenk gibt. Das ist eine seiner besten Operettenaufnahmen, in der er stets voll aussingt und nicht, wie später, bei Höhen-Piani in eine fragwürdige Fistelstimme übergeht, wie er es bei so vielen seiner anderen (Operetten-) Aufnahmen tat, und was absolut nicht sein darf. Das zeugt von einer nicht sonderlich guten Gesangstechnik. Die macht sich auch bei seiner Lohengrin-Einspielung unter Wilhelm Schüchter bemerkbar, in der er oft angestrengt klingt und in der Höhe oft vom Körper weg geht. Aber das habe ich ja oben schon einmal gesagt. Da merkt man: Schon 1953, als die Aufnahme entstand, hatte Schock bereits stimmliche Schwierigkeiten. Mit dem Lohengrin hat er sich übernommen. Sein Stolzing in der Meistersinger-Aufnahme unter Kempe vom 1956 war besser. Und in den 1960er Jahren hat er überhaupt keine guten Aufnahmen mehr abgeliefert.


    Herzliche Grüße


    Lustein

  • Ich gehöre auch zu denjenigen, die Rudolf Schock sehr mögen. Keine Frage: er hat viele Aufnahmen gemacht, die sehr angreifbar sind, er hat auch Vieles gesungen, das man vielleicht aus heutiger Sicht als nicht mehr als zeitgemäß ansieht.

    Dass er in späteren Lebensjahren noch gesungen hat, und damit in keiner Weise an seine früheren Leistungen heranreichen konnte: völlig richtig. Allerdings - solange es noch Leute gab -und nicht wenige, sondern Tausende!, die das noch hören wollten - warum hätte der Mann denn nicht singen sollen? Ich sehe auch keinen Grund, warum nicht auch noch ältere Sänger in den Grenzen ihrer verbliebenen Möglichkeiten noch singen sollen.

    Natürlich sollte man nicht zu Repertoire greifen, das man nicht mehr achtbar bewältigen kann; wenn es jedoch um Schnulzen und Operetten im Blauen Bock geht; nun ja, warum nicht; wem es gefällt; meines war und wäre es jetzt auch nicht; aber offensichtlich hatte er auch dafür ein Publikum, und sogar ein recht zahlreiches.

    Ansonsten gibt es ja für den anspruchsvolleren Musikfreund schon tolle Aufnahmen, die Rudolf Schocks können zeigen; im Übrigen möchte ich Stimmenliebhaber vollkommen zustimmen, dass sein "mezza di voce" etwas ganz anderes ist als eine körperlose "Fistelstimme", sondern eine eigene Gesangstechnik, die er nicht erst als alternder Sänger eingesetzt hat, um nicht vorhandenen Spitzentöne zu kaschieren, sondern vorher schon kultiviert hat.

    Wie gesagt, er hat viele Aufnahmen gemacht hat, bei denen er sich angreifbar macht; bisweilen presst und stemmt er, klingt es kehlig, etc., weil die Stimme und die Technik nicht auf der Höhe sind, und er das nicht mit seiner Inbrunst, seinem Temperament und seinem Timbre wettmachen kann - das kann ich nicht von der Hand weisen.

    Aber! Wenn er diese Stimme aufblühen lässt, dann entfaltet sich ein einzigartiges, goldenes Leuchten auf samtenem Fundament, ein seltener Schmelz, ein Temperament, das ihn schon abhebt von so vielen anderen.

    Für mich hat er einen reichen Fundus an hervorragenden Aufnahmen hinterlassen, m.E. auch nach 1960 noch.

    Viele seiner starken Aufnahmen wurden schon genannt: ich mag ihn auch sehr in Tiefland, im Freischütz, als Paganini, in vielen Operetten.

    Ich möchte gerne eine kleine Rarität hier einstellen, die mich sehr in Herz und Gemüt ergreift:


    Rudolf Schock und Anna Moffo, "you are love":



  • Ich finde auch folgende Live-Aufnahme von "Land des Lächelns" aus dem gleich Jahr sehr eindrucksvoll: Schock gibt den Hauptteil der Arie "Dein ist mein ganzes Herz" (ab 1:22:54) gleich 3x(!) als da capo:

    - das erste Mal (ab 1:26:30) im einfachen Piano beginnend und sich am Ende in ein glanzvolles Forte steigernd (mit eingebautem Triller am Ende)

    - das zweite Mal (bei 1:27:55) im völligen Pianissimo beginnend und bis zum Ende bleibend (auch in der Höhe), dazu noch mit extra einbeautem Spitzenton am Ende

    - das dritte Mal (ab 1:29:27) im strahlend ausgesungenen Forte

    Fazit: DAS ist eine wahre Demonstration großer Gesangskunst!

    Danke für den Hinweis auf diesen hochinteressanten Mitschnitt und die detaillierten Erklärungen dazu.


    Es ist sehr viel von einem Menschen verlagt, mit 45 (und 1960 war Schock 45) seinen Beruf aufgeben zu sollen - vor allem dann, wenn er mit seiner Berufsausübung Erfolg hat und jede Menge gutes Geld damit verdient.

    Dass man der Nachwelt heute empfiehlt, eher seine Aufnahmen vor 1960 als die nach 1960 zu hören, ist hingegen völlig legitim.

    Danke auch für dieses zutreffende Statement.

  • Danke für den Hinweis auf diesen hochinteressanten Mitschnitt und die detaillierten Erklärungen dazu.


    Danke auch für dieses zutreffende Statement.

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Eigentlich wollte ich mich zu Rudolf Schock nicht mehr zu Wort melden

    O hättest du es doch getan! Deine Abneigung gegen diesen begnadeten Sänger hast du uns schon im Überfluss kund getan. Irgendwann darf damit Schluss sein. :cursing:

    Freundliche Grüße Siegfried

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  • O hättest du es doch getan! Deine Abneigung gegen diesen begnadeten Sänger hast du uns schon im Überfluss kund getan. Irgendwann darf damit Schluss sein.

    Deine Einlassung beweist außer Deiner Einfallslosigkeit wieder nur eines: Das hier nennt sich zwar ein Diskussionsforum, doch sobald man eine anzufangen versucht, findet sich gleich einer, der sie abzuwürgen versucht. Aber wannn hier Schluß sein darf oder muß, bestimmst Du zum Glück noch nicht!

    Eine Frage noch: Wenn doch jeder nur Lobeshymnen auf Rudolf Schock anstimmen darf, kannst Du dann irgendwie begründen, wozu es eines Forums wie TAMINO überhaupt noch bedarf?


    Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Lieber nemorino,


    ich hatte eigentlich nicht vor, hier nochmals etwas zu schreiben, will es aber letztmalig doch tun:


    die von Dir zitierten harschen Einlassungen des auch mir durchaus bekannten Herrn Schreiber zu Schocks "Winterreise" kann man nur mit Kopfschütteln quittieren. Und ob Anton Dermota im Abend seiner gloriosen Gesangskarriere das richtige Muster ist, sei einmal dahingestellt. Dann doch wenigstens Peter Anders/Raucheisen. Und Peter Pears: so sehr ich ihn schätze, den Text in seiner Winterreise mit Benjamin Britten verstehe ich phasenweise nur mit Mühe, manches klingt verquollen und bemüht.


    Im übrigen: Schocks spätere Aufnahmen (etwa ab 1963-Wechsel zur Eurodisc) sind sicher nicht durchweg gelungen- und im Falle der Gigli-Platte hatte Höslinger natürlich einen Punkt. Wer sie aber mit einem generellen Urteil belegen will, sollte auch seine Tiefland,- Freischütz-, Giuditta- und andere Aufnahmen hören.


    Man muß Rudolf Schock ja nicht mögen, aber ein faires und abgewogenes Urteil hat er verdient. Für mich ist er der Sänger, der das Lebensgefühl der Aufbau-Jahre nach dem Krieg in der Bundesrepublik, übrigens auch in seiner die Anstrengung nicht verbergenden Tongebung, wie kein anderer verkörperte.


    Beste Grüße

    Otello50

  • Lieber Otello50!

    Man muß Rudolf Schock ja nicht mögen, aber ein faires und abgewogenes Urteil hat er verdient.

    :thumbup: :thumbup: :thumbup:


    Für mich ist er der Sänger, der das Lebensgefühl der Aufbau-Jahre nach dem Krieg in der Bundesrepublik, übrigens auch in seiner die Anstrengung nicht verbergenden Tongebung, wie kein anderer verkörperte.

    Auch dieser Bemerkung möchte ich ganz nachdrücklich zustimmen.

    Ich habe einige zentrale Worte in dem Zitat fett gesetzt, da Du hier auf einer ganz wichtigen Ebene etwas hervorhebst, was ich so noch nicht gesehen habe. Ich habe mich ja oft schon hier im Thread zu Rudolf Schock geäußert. Ich habe versucht, seine Stärken zu würdigen, aber auch mit Kritik nicht zurückgehalten - also: "ein faires und abgewogenes Urteil" zu finden.

    Gleich in meinem ersten Beitrag im Thread aber schrieb ich:

    Ich hatte eigentlich immer ein etwas schwieriges Verhältnis zu Schock.

    Deine Bemerkung gibt mir einen Anstoß, über mein Verhältnis zu Schock doch noch einmal etwas nachzudenken. Das hier im Forum auszubreiten, werde ich mir allerdings verkneifen!


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich tue Herrn Schock wahrscheinlich Unrecht, aber ich konnte mit ihm und seiner Stimme leider auch nie etwas anfangen, ich hatte immer das Bild von ihm mit den gefärbten Haaren aus den div.Fernsehsendungen vor mir!

    In Aufnahmen müsste ich wohl oder übel manches mal erdulden.

    Sorry liebe Fans, ich habe leider andere Vorlieben!


    Nichts für ungut!

    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Zwischenbemerkung

    Mir stellt sich vor dem Hindergrund des Austausches über Rudolf Schock abermals die Frage, ob nicht auch Kritken ein Verfallsdatum haben? Hiier sind einige Urteile zitiert oder vermittelt worden, die vor etlichen Jahrzehnten zustande kamen. Es gab sehr kluge Kritker, die ich heute noch gern lese wie auch das, was Hanslick über Wagner schrieb oder Adorno über Sibelius. Ulrich Schreiber ist genannnt. Ich möchte noch Wolf Rosenberg hinzufügen. Von Schreiber bewahre ich einen großen Essay aus den 1970er Jahren auf. Überschrift: "Als Schaljapin, Caruso, Lotte Lehmann und Richard Tauber sangen ... gab es noch keinen Ärger über Fischer-Dieskau und Birgit Nilsson". Rosenberg sprach schon um 1960 von "Der Krise der Gesangskunst". Vor dem Urteil dieser Männer, die zudem glänzend schreiben konnten und hoch gebildet waren, hätten die meisten Sänger von heute so gut wie keine Chancen. Ich bin dafür, die Leistungen von Sängern immer wieder neu und im Lichte der jeweiligen Gegenwart zu bewerten. Es gibt keine ewig gültigen Urteile über Kunst.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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