Zitatteleton: Ich schätze die Wand-Bruckner-Aufnahmen mit den Kölner (RCA) wirklich sehr, aber bei der Siebten fehlt er mir dort ganz deutlich. (Ist auch die einzige (
inkonsequente) Aufnahme, die ich ohne kenne.)
Lieber Wolfgang,
ich kam erneut auf die Beckenfrage zu sprechen, weil mich ein Abschnitt im DVD-Booklet darauf stieß, der eher drauf hindeutet, dass die Dirigenten, die die Siebte nach der Haas-Edition dirigieren und dennoch den Beckenschlag bringen, an dieser Stelle inkonsequent sind, Günter Wand dagegen konsequent:
ZitatWolfgang Seifert: Schon als Günter Wand 1947 in Köln als seine erste Bruckner-Symphonie die Siebte dirigierte, hatte er diese Hass-Ausgabe auf dem Pult. Deshalb warteten diejenigen seiner Zuhörer, die das Werk in anderen Interpretationen kannten, vergeblich auf den berühmten Beckenschlag als Höhepunkt des Adagio-Satzes.
Der war bis dahin so etwas wie ein Markenzeichen deutscher Bruckner-Tradition, weil der junge, auf Erfolg bedachte NIkisch Bruckner dazu überredet hatte, den ursprünglich ohne jede Schlagwerk-Mitwirkung konzipierten langsamen Satz an dieser Stelle durch nachträglich hinzugefügte Pauke, Becken und Triangel effektvoller zu machen. Bruckner hatte zu diesem Zweck am rechten Rand der entsprechenden Partiturseite einen Streifen mit den entsprechenden Schlagwerkstimmen engeklebt.
Doch plagten den Komponisten von Anfang an Zweifel an der Richtigkeit seines Tuns, denn er setzte mit eigener Hand gleich mehrere Fragezeichen dahinter. Später strich er die Fragezechen aus und schrieb stattdessen über das Ganze "gilt nicht". Die Sachlage ist also eindeutig. So wenig wie für Robert Haas hat es für Günter Wand jemals Zweifel daran gegeben. Dass andere Dirigenten trotzdem am effektvollen Beckenschlag festhielten. konnte ihn schon in jungen Jahren nicht irritieren.
Natürlich höre ich auch gerne den Beckenschlag, akzeptiere aber die Konsequenz Günter Wands und höre seine Interpretation mittlerweile so, als wenn es den Beckenschlag nie gegeben hätte. Anfangs hatte ich ihn auch vermisst. Aber nachdem ich letztens sein Erinnerungen zum zweiten Male gelesen hatte, blieben mir auch die Passagen besonders im Gedächtnis, die von seiner konsequenten Haltung in Fragen der Partiturtreue handelten und von den Schwierigkeiten, die er sich manchmal dadurch einhandelte, z. B. als er einmal, wenn ich mich recht entsinne, lange vor seinem Engagement als Chefdirigent in Hamburg beim NDR ein Gastspiel gab und u. a. auch Beethovens Fünfte dirigierte. Da hatte er wohl sinngemäß zu den noch von der alten Beethoven-Tradition geprägten Musikern gesagt: "Vergessen Sie, wie Sie bisher Beethoven gespielt haben und spielen Sie ihn nun, wie es in der Partitur steht". Das ist wohl damals beim Orchester nicht gut angekommen. Als er aber viele Jahre später dessen Chefdirigent wurde, saßen schon durchweg neue Musiker in seinen Reihen, und so führte er es durch seine konsequente Arbeit in die erste Reihe der kontinentalen Orchester.
Liebe Grüße
Willi