Ahoi allerseits,
zunächst OT für Wulf: Die MAK-Einspielung reizt mich durchaus. Aber Deinen Tip hab ich mir mal notiert um ihn bei nächster Gelegenheit einer Hörprobe zu unterziehen. Meine Aufnahme des Combattimento mit Garrido hat mich nämlich bisher seltsamerweise kalt gelassen.
Zurück zum Thema.
Ich muß ehrlich zugeben, manche Reaktionen hier verwundern mich enorm. Man hat beinahe das Gefühl, das Ende der zivilisierten Welt stünde bevor.
Wenn jemand mit der Sammelei von Tonträgern glücklich wird, ist das völlig legitim. Ich habe das selbst durchgemacht, früher Vinyl später CD. Gottseidank erhole ich mich gerade rapide von dieser Manie. Das heißt natürlich nicht, daß ich anderen nicht ihren Tonträgerfetisch gönne.
Vor einiger Zeit entdeckte ich die Einspielung der Brandenburgischen Konzerte von Bach mit Musica Antiqua Köln für mich. (Bitte jetzt keine Interpretationsdiskussionen anfangen, dafür gibt es die entsprechenden Themen - im Zweifelsfalle Suchfunktion). Von dieser Aufnahme bin hellauf begeistert und kann sie mir immer und immer wieder anhören. Wenn beispielsweise die beschwingten ersten Takte des Allegros aus Konzert Nr. 2 in F-Dur anklingen, stellen sich bei mir Glücksgefühle ein. Da ist mir eine runde Scheibe in einer Plastikhülle doch völlig wumpe, um es mal salopp zu formulieren.
Manch einer scheint Regale voller Plastik als Lebensqualität zu definieren, das sei ihm unbenommen. Teilen kann ich diese Ansicht nicht. Ich habe schon immer den Großteil meiner Sammlung in Kartons, in Schubladen oder hinter Schrankwänden untergebracht, da ich Reihe über Reihe von CDs schon immer potthäßlich fand. Was man daran ästhetisch finden kann erschließt sich mir einfach nicht. Bereits zu Vinylzeiten hat mich der Anblick dieses uniformen dünngerippten Blocks von ca. 30cm Höhe schon gestört. Da hat wohl jeder seinen eigenen Geschmack.
Andere wiederum scheinen der Tonträgersammelei gar eine "erotische" Komponente zusprechen zu wollen. Ich will es mir lieber nicht vorstellen...
Mal ganz abgesehen davon, daß nichts einen Konzertbesuch ersetzt (egal ob Saal oder Kirche), beschleicht einen bei der Lektüre dieser Diskussion beinahe das Gefühl, unser musikkulturelles Erbe sei nur in Form von in Plastik verpackten Polycarbonatscheiben von 12cm Durchmesser angemessen zu bewahren. Wem konzentrierteres Zuhören nur noch durch von Hand einzulegende Tonträger möglich ist, der ist wirklich zu bedauern.
Jan äußerte sich 'je mehr Masse, desto weniger Genuß'. Ein umfangreiches Angebot kann damit nicht gemeint sein, das gibt es schließlich jetzt schon in der Form von Tonträgern. Aber daß der Verzicht auf selbige automatisch massives Horten von Aufnahmen mit sich bringt war mir neu. Wie Medard bereits einwarf, es kommt darauf an, wie man mit einem umfangreichen Angebot umgeht, egal ob von Vinyl, CD, tonträgerlos oder sonstwoher.
Irgendwer brachte das Argument der Klangqualität ins Spiel, ich glaube Alfred wars. Auch wenn ich mich davor hüten würde darum zu wetten, ob ich noch einen Unterschied zwischen MP3 in maximaler Bitrate und CD-Qualität hörte, will ich nicht pauschal ausschließen, daß er wahrnehmbar sei. Genug Leute behaupten der Klang von Audio-CDs sei schon unzureichend, auch wenn ich das persönlich bisher nicht nachvollziehen konnte. Wenn man allerdings die Diskussion von dieser, wenn man so will, audiophilen Seite her aufrollt, warum sich dann überhaupt noch mit der hoffnungslos veralteten CD-Technologie abfinden? Der Verzicht auf Tonträger ermöglicht es, sich hochauflösenden bis hin zu angeblichem Studioklang ins Haus zu holen. Linn Records beweisen bereits jetzt wohin die Reise gehen kann: "http://www.linnrecords.com/linn-download-quality-and-file-type.aspx"
Was will man da noch mit popligen CDs?
Rein technisch gesehen, befinden wir uns gerade in einer Übergangsphase. Ich persönlich halte Downloads oder das Überspielen der eigenen CDs (oder LPs) auf größere Datenträger nicht für der Weisheit letzen Schluß. Was ich mir wünsche, ist eine Streaminglösung, in welcher Form auch immer, die mir jederzeit unbegrenzten Zugang auf sämtliche Aufnahmen ermöglicht. Die Vision, die Antracis weiter oben beschrieb, ist technisch bereits realisierbar und dürfte so oder ähnlich irgendwann kommen.
Das Argument Musik dann nur noch am Computer hören zu können ist längst nicht mehr haltbar und entspringt veralteten Technikvorstellungen. Entsprechende Zuspieler für die Stereoanlage existieren längst. Die Technologie wächst immer weiter zusammen. Der PC, wie wir ihn bislang kennen, verliert bereits jetzt an Bedeutung.
Sämtliche technischen Gegenargumente scheinen mir nicht zuende gedacht, sondern eher Resultat der Angst an liebgewonnen Gewohnheiten nicht mehr festhalten zu können. Leute, selbst wenn von heute auf morgen gar keine CDs mehr produziert würden, die abertausende von Tonträgern, die in den letzten 25 Jahren produziert wurden, verschwinden doch nicht plötzlich von der Oberfläche dieses Planeten! Da reicht eure gesamte Lebenszeit doch nicht um die alle zu hören. Das Gros der Klassik-CDs die bislang verkauft wurden findet irgendwann auch seinen Weg zurück auf den Gebrauchtmarkt. Kein Grund zur Panik also, falls man sowas unbedingt zum Glücklichsein braucht.
Ich persönlich werde meine bisherige CD-Sammlung in den nächsten Monaten einer radikalen Schrumpfkur unterwerfen, alles was ich nicht unbedingt brauche fliegt raus. Mal sehen, wieviel am Ende übrigbleibt. Seit einiger Zeit liebäugle ich mit einer Squeezebox ("http://slimdevices.com/"). Technikaufgeschlossene steuern soetwas bereits jetzt mit einem drahtlosen Tablet von Nokia bequem vom Sofa aus, gewissermaßen als Luxusfernbedienung. In Verbindung mit einer kleinen NAS-Lösung die Ideale Perspektive um die Übergangszeit bis zu einer umfassenden Lösung (hohe Klangqualität/keine Downloads/Backupfrei/einfache Bedienung/keine Bastelei), womöglich ähnlich Antracis Vision, zu überbrücken.
Ich kann es inzwischen kaum erwarten die ganzen Plastikstapel loszuwerden.