Debussy vs. Ravel - Unterschiedlich groß oder nur unterschiedlich?

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    Meines Wissens nach stammen Alains früheste gültige Werke von 1929,


    Die Skizzenbücher und Aufzeichnungen reichen schon weit in die Jugend des ehemaligen Wunderkindes zurück. Da finden sich z. B. die Studien über den Vorortzug, eine der Wurzeln der Litanies.


    Zitat

    Selbst wenn Alain noch früher etwas in dieser Richtung komponiert haben sollte, müßte Ravel ein sehr fixes und wendiges Kerlchen gewesen sein, die Idee einem 17-Jährigen zu klauen und sie sich selbst anverwandeln.


    Das war Ravel bestimmt, aber darum ging es mir gar nicht.


    Zitat

    Umgekehrt glaube ich nicht, daß Alain bei Ravel geklaut hat. Die Idee lag in der Luft und wurde von zwei Komponisten praktisch gleichzeitig verwirklicht.


    Sagte ich doch:

    Zitat

    Original von mir
    Aber solche sich entwickelnde Raserei lag damals wohl in der Luft. Alain, der Ungenannte, kam jedenfalls einen Tick früher auf solche Ideen.


    Die andere Wurzel der Litanies war der Tod seiner Schwester. Von daher sind die Litanies die verzweifelte, immer wieder wiederholte Anrufung Gottes.


    Zitat

    Obendrein habe ich ja nur einige der bekanntesten Namen genannt.


    Honegger fehlt noch.


    Jedenfalls sehen wir die Dinge langweiligerweise ziemlich ähnlich, :D


    haben aber wenigstens den Namen Alain einmal ins Spiel gebracht. :hello:

  • Lieber Hildebrandt,

    Zitat

    haben aber wenigstens den Namen Alain einmal ins Spiel gebracht.


    Wurde ja auch Zeit. Immerhin sind im Moment die Orgelwerke in mehreren Einspielungen erhältlich, dazu auch die Sarabande für Orgel, Streicher und Pauken - ein grandioses Werk!
    Übrigens würde ich sonst Alain nicht in Verbindung mit Ravel bringen. Alain erscheint mir weniger farbbetont und dadurch kühner. Es wäre eine interessante Studie, ob nicht Alain ein wesentlicherer Einfluss auf die jungen Franzosen war als man gemeinhin annimmt. Immerhin hat die Orgel in Frankreich einen hohen Stellenwert - zumal in der fraglichen Zeit. Man darf nicht übersehen, daß etwa auch Tournemire seine ziemlich progressiven Akkordverbindungen (die - den Organisten - Messiaen so sehr beeindruckten) primär auf der Orgel ausprobierte.


    Was sich in Frankreich damals abspielte, war halt eine brodelnde Genieküche.


    Und, ja: Du hast recht, Ravel war wirklich ein fixes Kerlchen, wenn es ums Klauen ging. Sozusagen der Arsène Lupin unter den Komponisten. Du wirst doch zugeben, daß Monsieur Lupin ein genialer Dieb war... :D


    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Wulf
    Aber es soll ja speziell um einen Vergleich Ravel-Debussy gehen und da möchte ich schon die Frage anbringen, ob Debussy musikgeschichtlich nicht doch die bedeutendere Person ist und durchaus in einem Atemzug mit den ganz Großen genannt werden darf bzw. muss.


    Na, na, na, lieber Wulf! Was ist denn das überhaupt für eine Frage, die da in Dir arbeitet und ans Forumslicht treibt? Und so suggestiv formuliert! Aber ich kann Dich da durchaus beunruhigen: Mit den „ganz Großen“ in „einem Atemzug“? Also wirklich in ein und demselben Atemzug? Z. B. mit Bach, Mozart, Beethoven oder vielleicht auch Wagner? Nein, lieber Wulf, das insgesamt leider nicht. Ravel aber auch nicht.


    Loge

  • Was gefällt Dir eigentlich, lieber Loge, so am Wiederkäuen alter Irrtümer und deutschtümelnder Einstellungen??


    Auch ich kann Dich da beunruhigen. Ich - und auch viele andere unvernünftige, vermutlich den großen Karajan abholden und HIP glorifizierenden unmusikalische Fachidioten räumen den Debussy einen Platz unter den ganz Großen ein. JA - in einem Atemzug mit Bach, Beethoven (die woltlest Du selbst doch nicht in einem Atemzug nennen) und mit den ganzen anderen Großen.


    Aber ich kanns verstehen - mit Karajanscher Weichzeichnung (klar, tolle Farben aber Struktur??) und Formanalayse, die der Wiener Klassik und ihren Nachfolgern gerecht wird würde ich Debussy auch nicht auf eine Stufe stellen.


    Gut, daß ich nicht so bewandert bin wie Du in Formanalayse und gar nicht diesem Fehler vor lauter Eifer verfallen kann und gut, daß ich wirklich vernünftige Interpretationen kenne.


    Ach, und ja: ich stelle die Etudes durchaus neben ein op.111 oder WTK.


    Und jetzt wieder Du.


    :hello:
    Wulf

  • Lieber Wulf,
    wenn man vor lauter Analysekompilation die Musik vor Noten nicht mehr sieht, verliert man alles Augenmaß. Nur merkt man's selber nicht. Debussy auf der Stufe von Bach, Mozart, Beethoven, Wagner? - Ja, natürlich. Wer etwas Anderes behauptet, muß erst seine Parameter nennen, damit ich ihn ernst nehmen kann.
    Debussy ist eben nicht nach den Maßstäben der genannten deutschen Musiker zu messen. Genau darin besteht seine Genialität. Man muß schon ein sehr verblendeter Deutschtümler sein, um das nicht einzusehen.
    :hello:

    ...

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  • Heute habe ich es erfahren: Demnächst bietet sich in einem Konzert in meiner Region (Rhein-Neckar) die verführerische Möglichkeit für einen direkten Debussy-Ravel-Vergleich, eingebettet in ein höchst erlesenes französisches Programm:



    Die Trois Poèmes de Stephane Mallarmé in beiden Fassungen (vgl. weiter oben) - wobei ich gar nicht wußte, daß es von Debussys Mallarmé-Liedern eine Bearbeitung "à la Ravel" gibt (original Singstimme/Klavier): Wer ist C. Matthews?


    Wie auch immer - das werde ich mir nicht entgehen lassen.

  • Lieber Gurnemanz,

    Zitat

    C. Matthews


    Colin Matthews ist ein britischer Komponist, der aus dem Britten-Umfeld kommt, er war einige Zeit sein Assistent. Seine eigenen Werke waren Anfangs interessante spröde Klanglandschaften, die etwas an Maxwell Davies erinnerten, später kombinierte er Minimalismus mit Ligeti und leitete einen zunehmenden Niveau-Abstieg ein. In letzter Zeit instrumentiert er Debussy - offenbar um zu beweisen, daß Debussy eben doch besser instrumentierte. Aber interessant werden kann das auf jeden Fall, das Programm ist fulminant!
    :hello:

    ...

  • Zitat

    Original von Edwin Baumgartner
    In letzter Zeit instrumentiert [Colin Matthew] Debussy - offenbar um zu beweisen, daß Debussy eben doch besser instrumentierte. Aber interessant werden kann das auf jeden Fall, das Programm ist fulminant!


    Ganz bestimmt! Zu Matthew (geb. 1946) habe ich inzwischen gefunden, daß er außerdem noch Préludes von Debussy instrumentiert hat, die Simon Rattle mit den Berliner Philharmonikern 2004 aufführte, und daß er Deryck Cooke bei der Vervollständigung von Mahlers 10. assistiert hat. Mal sehn (hören), was er mit den Mallarmé-Liedern vollbracht hat. Bin sehr gespannt drauf.

  • Nachdem ich inzwischen eine schöne Karte für das Konzert in Ludwigshafen erworben habe, steigt jetzt meine Vorfreude auf das Konzert, wobei ich mich bzw. die Kenner/innen hier frage, ob es gelungene Übersetzungen der Mallarmé-Gedichte gibt, die ja Debussy wie Ravel gleichermaßen in ihren Bann gezogen haben: Beide haben vertont, jeweils als Nr. 1 und 2:


    Soupir
    Placet futile
    Nr. 3 ist unterschiedlich:
    Surgi de la croupe et du bond (Ravel)
    Eventail (Debussy)


    Gibt es eine empfehlenswerte Mallarmé-Ausgabe (evt. französisch/deutsch)?

  • Lieber Gurnemanz, eine Baudelaire-übersetzung in Versen habe ich Dir ja schon empfohlen.
    Allerdings würde ich eher in Prosa übersetzen, weil mir die genaue Aussage und die richtige Wortwahl bei Baudelaire in einer Übersetzung wichtiger als die Versform scheint. Das ist aber diskutabel. Übersetzungen von Mallarmé und Verlaine habe ich leider nicht. Wenn alle Stricke reissen und du ncihts findest, probiere ich es selbst.
    In jedem Fall wünsche ich Dir ganz viel Freude an dem Konzert und beneide Dich! Bitte bercihte doch davon, falls du nciht(auch) der Meinung bist, ich solle es besser über Internet bei ausländischen Radiosendern selbst hören. :D
    Den Ronsard von Roussel habe ich selbst schon gesungen. Eine tolle Kombination ganz ohne Bass und mit zwei hohen Stimmen- man glaubt erst kaum, dass das funktioniert.
    Bonne nuit
    F.Q.

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  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    In jedem Fall wünsche ich Dir ganz viel Freude an dem Konzert und beneide Dich! Bitte bercihte doch davon, falls du nciht(auch) der Meinung bist, ich solle es besser über Internet bei ausländischen Radiosendern selbst hören.


    Ob dies überhaupt möglich ist, weiß ich gar nicht. Und berichten werde ich gern, auch über die mir noch unbekannten Roussel-Lieder. Vielen Dank jedenfalls für Deine Empfehlungen!

  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    eine Baudelaire-übersetzung in Versen habe ich Dir ja schon empfohlen.
    Allerdings würde ich eher in Prosa übersetzen, weil mir die genaue Aussage und die richtige Wortwahl bei Baudelaire in einer Übersetzung wichtiger als die Versform scheint.


    Liebe Fairy Queen,


    wo ich kann, ziehe ich Prosaübersetzungen vor, gerade dann, wenn die Texte auch noch gesungen werden. Bei Baudelaire habe ich eine schöne zweisprachige Ausgabe mit einer Prosaübersetzung von Friedhelm Kemp. Von den Fleurs du Mal gibt es diese recht preisgünstig, wie ich bei amazon vergewissert habe.



    Zitat

    Das ist aber diskutabel. Übersetzungen von Mallarmé und Verlaine habe ich leider nicht. Wenn alle Stricke reissen und du ncihts findest, probiere ich es selbst.


    Von Mallarmé gibt es eine zweisprachige Ausgabe bei dtv, die Übersetzung ist leider versifiziert, aber besser als nichts. Für Verlaine gilt dasselbe, die zweisprachige Ausgabe findet man bei Reclam.


    Hin und wieder mal ein Gedicht aus dem Französischen zu übersetzen, würde mich auch reizen, da assistiere ich Dir gerne.


    Liebe Grüße Peter

  • Hallo,


    kennt jemand diese zweisprachige Großedition französischer Lyrik, die bei C.H. Beck erschienen ist (momentan bei amazon Marketplace neu für 20 Euro plus Versandkosten zu haben)?:



    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Lieber Giselher,
    die Edition ist ein Muss! Die Auswahl ist im Rahmen der Möglichkeiten einer Anthologie perfekt, die Übersetzungen sind sehr gut ausgewählt, die Kommentare knapp, aber informativ (wobei ich mich auf die gebundene Originalausgabe bei Beck beziehe). Kurz: Ich kenne zum Thema auf deutsch nichts Besseres.
    :hello:

    ...

  • Hallo Edwin,


    vielen Dank für die Empfehlung!


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

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  • Zitat

    Original von Fairy Queen
    Den Ronsard von Roussel habe ich selbst schon gesungen. Eine tolle Kombination ganz ohne Bass und mit zwei hohen Stimmen- man glaubt erst kaum, dass das funktioniert.


    Ja, es hat funktioniert, ich habe es nun selbst erlebt. Einen Bericht vom Konzert, in dem beide Mallarmé-Vertonungen, von Ravel und Debussy, zu hören waren, habe ich hier eingestellt.

  • Letzte Zeit beschäftige ich mich intensiv mit der französischen Moderne, d.h. besonders mit Debussy und Ravel, und bei mir - als zugegeben noch recht oberflächlich eingehörten Musikliebhaber - schlägt das Pendel doch sehr eindeutig in Richtung Debussy aus. Bei aller Problematik solcher Vergleiche scheint mir das Paar Debussy-Ravel ähnlich gelagert zu sein wie das deutsche Gegenstück Strauss-Mahler. Beide Paare wurzeln jeweils in derselben Tradition, was man sehr gut heraushören kann, doch der eingeschlagene Weg ist deutlich anders. Sowohl Ravel als auch Strauss sind die perfekten Techniker. Die Instrumentierkunst beider ist so gut wie unübertroffen, nicht einmal von Mahler und Debussy, die ihrerseits auch hervorragend in diesem Bereich sind. Leider habe ich allerdings den Eindruck, dass in puncto Tiefgang Debussy und Mahler weit vor den anderen beiden einzustufen sind. Ravel und Strauss erschlagen einen förmlich mit ihrer Instrumentationskunst, aber was wollen sie uns eigentlich sagen? Konzeptwerke wie "La valse" oder "Bolero" einerseits, oder "Ein Heldenleben" andererseits sind zwar durchaus beeindruckend, aber doch zu sehr Kopfgeburten, um - meiner Meinung nach - mit den Gipfelwerken Mahlers (Symphonien 5, 6, 9) oder Debussys (La Mer, Jeux) auf eine Stufe gestellt zu werden. Bei Ravel und Strauss habe ich bei aller (punktuellen) Bewunderung doch recht oft den Eindruck es handle sich um "Teflonmusik".

  • Vorausschicken möchte ich, dass ich diesen Thread noch nicht gelesen habe, sondern nur Felixens letzten Beitrag.


    Mit dem Begriff "Teflonmusik" kann ich nun eigentlich nichts anfangen - vielleicht will ich es auch nur nicht können 8-) . Dein Ansatz erscheint mir aber gleichermaßen interessant und nachvollziehbar, allerdings würde ich ihn für mich gänzlich wertfrei verstehen. Während ich Mahler durchaus Strauss vorziehe - was aber stärker auch Gründe in der Person der Komponisten haben mag -, berühren Debussy und Ravel bei mir schlicht unterschiedliche Antennen der Empfänglichkeit.


    Debussy ist im engeren Sinne ein Maler, eben Impressionist, seine Klangsprache bewegt unsere Sinne unmittelbar wie ein noch nicht zu abstraktes Gemälde, bei dem man unwillkürlich versucht (es sei denn, es erfüllt solche Forderungen von vornherein nicht), sich in das Dargestellte hineinzuversetzen. Dieses Hineinversetzen hat - wie alles Impressionistische - den Wert des Unmittelbaren, es bedarf keiner Überhöhung, keiner Ergebnisfindung.


    Ravel ist Distanzmusiker, der bereits mit vorgegebenem nicht mehr natürlichem Material arbeitet; er setzt Grabsteine, lässt Puppen auftreten, stilisiert und spielt mit Tanzformen. Seine Musik erscheint mir stets vermittelt.


    Im Übrigen denke ich, dass es eine ganze Reihe von Kompositionen beider gibt, die man letztlich auch dem Gegenspieler zuordnen könnte, vor allem im Bereich der Klaviermusik. Und wenn auch Ravel der noch genialere Instrumentator sein mag, so wird man das wohl von Debussy ebenso guten Gewissens behaupten können.


    Vielleicht darf ich noch ein analoges Gegensatzpaar hinzufügen (mit Mahler und Strauss hast schließlich Du angefangen ... ;) ): Schostakowitsch und Strawinsky - auch hier ein radikaler Bekenntnismusiker und einer, der Distanz und Anverwandlung über alles stellt.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • "Teflonmusik" ist vielleicht auch nicht der richtige Ausdruck, er hat mehr negative Konnotation als ich eigentlich ausdrücken wollte. "Poliert" träfe es möglicherweise besser. Sowohl Straussens als auch Ravels Werke klingen für mich oft (nicht immer) sehr poliert, zieseliert - vielleicht, wenn man doch wieder ins negative verfällt: gekünstelt. Ravel bekam von Strawinsky ja auch den Titel "Uhrmacher der Musik" verliehen. Debussy hingegen wirkt auf mich so, als wäre die Musik nicht erdacht sondern natürlich gewachsen. Das halte ich für eine ganz seltene Qualität, die Debussy wohl über die meisten anderen Komponisten jener Zeit hinaushebt (für mich, wohlgemerkt).


    Insgesamt gebe ich Dir durchaus recht. Erstens sind Debussy und Ravel manchmal tatsächlich verwechselbar, vor allem in der Klaviermusik. Das liegt wohl in den gemeinsamen musikalischen Wurzeln der beiden begründet. Faurés Klavier- und Kammermusik gibt da schon den richtigen "französischen Ton" vor. Bei den Orchesterwerken finde ich gerade Ravels Klang allerdings so typisch, dass ich ihn wohl ziemlich sicher erkennen würde. Allerdings ist das rein hypothetisch, denn Ravel schrieb so wenig, dass man schnell alles von ihm (er-)kennt.
    Zweitens empfinde ich das "Vermittelte" bei Ravel auch sehr stark - wie übrigens auch bei Strauss. Beide schreiben hauptsächlich ÜBER etwas, selten "AUS etwas heraus". Ausnahme wäre vielleicht Straussens Alpensinfonie, welche mir auch von seinen symphonischen Dichtungen mit Abstand am besten gefällt. Beide sind sehr stark in der Charaktersierung von Personen. Den Eulenspiegel einerseits und "Alborada del gracioso" andererseits finde ich sehr gelungen.


    Übrigens halte ich sowohl Debussy als auch Mahler für hervorragende Instrumentierer - aber Strauss und Ravel sind hier wohl doch noch einen Tick besser oder sagen wir mal: virtuoser.


    Als russisches Gegensatzpaar würden sich mir eher Prokofjew und Schostakowitsch aufdrängen (denn Strawinsky ist doch wirklich sehr, sehr extrem in seinem konzeptuellen Denken - mehr als Ravel, finde ich). Allerdings bin ich hier auf der Seite des "Teflons".......

  • Leider habe ich allerdings den Eindruck, dass in puncto Tiefgang Debussy und Mahler weit vor den anderen beiden einzustufen sind. Ravel und Strauss erschlagen einen förmlich mit ihrer Instrumentationskunst, aber was wollen sie uns eigentlich sagen? Konzeptwerke wie "La valse" oder "Bolero" einerseits, oder "Ein Heldenleben" andererseits sind zwar durchaus beeindruckend, aber doch zu sehr Kopfgeburten, um - meiner Meinung nach - mit den Gipfelwerken Mahlers (Symphonien 5, 6, 9) oder Debussys (La Mer, Jeux) auf eine Stufe gestellt zu werden. Bei Ravel und Strauss habe ich bei aller (punktuellen) Bewunderung doch recht oft den Eindruck es handle sich um "Teflonmusik".

    Lieber Felix,


    für meinen Teil würde ich mich zwischen Debussy und Ravel nicht entscheiden wollen. Sicher, Debussy ist der "intuitivere" Komponist, besonders beim Orchester. Ravel ist viel artifizieller. Doch andererseits gibt es gerade bei Ravel einen "dämonischen" Untergrund, den es bei Debussy wiederum nicht gibt. Vielleicht hängt das auch mit seinen Wurzeln zusammen - seine Mutter stammt aus dem Baskenland. Bei Ravel gibt es Schwärze und verborgene Raserei - gerade in "La Valse", eine Musik, die von den meisten Dirigenten nur nicht Ernst genommen, als ein virtuoses Orchester-Bravourstück verharmlost wird. In Wahrheit ist das ein Walzer, der von der Dynamik, die er entfacht, aus dem Gleichgewicht gebracht und schließlch aufgefressen wird. (Hören kann man das etwa bei Celibidache.) Das zeigt die Unmöglichkeit von naiver Walzer-Seligkeit. "Le gibet" ("Der Galgen") und "Scarbo" aus "Gaspard de la nuit" haben finde ich Abgründe, die man bei Debussy vergeblich sucht. Ravel produziert keine Schauerromantik auf dem Klavier, wie es die Gedichtvorlage erwarten ließe, sondern ein existenzielles Drama der Unüberholbarkeit des Todes, die Unmöglichkeit, ihn zu ästhetisieren. Gegen die starre B-Oktave können auch die komplexesten Klangfantasien nichts ausrichten, sie tönt penetrant beharrlich einfach durch. In "Scarbo" geht manches in Richtung Surrealismus. Und bei aller Kunstfertigkeit vermag Ravel zu berauschen: Emotional eindringlicher als im Finale von "Daphnis et Chloe" kann man einen Sonnenaufgang wohl kaum schildern. Und nicht zuletzt hat Ravel Sinn für das Märchenhafte und den kindlichen Humor: "Das Kind und die Zauberwelt" nach einem Text von Colette. Das ist einfach zauberhaft und berührend! Das artifizielle Paradies von Ravel hat für mich etwas von jenen Stilleben in der Malerei, die einen Apfel realistischer darstellen können, als es der wirkliche Apfel jemals sein könnte.


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Die "Kühle" ist bei Ravel m.E. ein feature, kein bug. Abgesehen davon halte ich Werke wie das Klaviertrio, Gaspard de la Nuit und das Konzert f. die linke Hand nicht unbedingt für kühl.
    Und auch Debussy hat die klassizistisch-strenge Seite, etwa in der Cellosonate. "Ausdrucksmusikant" würde mir bei dem nicht unbedingt einfallen, vgl. mit Mahler wirkt das alles auf mich ziemlich distanziert, selbst ein so grandioses Werk wie das g-moll-Quartett, das gleichzeitig Strenge, natürlichen Wuchs und Leidenschaft aufweist.
    Ich muss dabei aber auch zugeben, dass ich von beiden die Opern nur sehr flüchtig (einmal durchgehört oder so) kenne, und die Orchesterwerke meist deutlich weniger als die Kammer- und Klaviermusik.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Lieber Felix,


    für meinen Teil würde ich mich zwischen Debussy und Ravel nicht entscheiden wollen. Sicher, Debussy ist der "intuitivere" Komponist, besonders beim Orchester. Ravel ist viel artifizieller. Doch andererseits gibt es gerade bei Ravel einen "dämonischen" Untergrund, den es bei Debussy wiederum nicht gibt. Vielleicht hängt das auch mit seinen Wurzeln zusammen - seine Mutter stammt aus dem Baskenland. Bei Ravel gibt es Schwärze und verborgene Raserei - gerade in "La Valse", eine Musik, die von den meisten Dirigenten nur nicht Ernst genommen, als ein virtuoses Orchester-Bravourstück verharmlost wird. In Wahrheit ist das ein Walzer, der von der Dynamik, die er entfacht, aus dem Gleichgewicht gebracht und schließlch aufgefressen wird. (Hören kann man das etwa bei Celibidache.) Das zeigt die Unmöglichkeit von naiver Walzer-Seligkeit. "Le gibet" ("Der Galgen") und "Scarbo" aus "Gaspard de la nuit" haben finde ich Abgründe, die man bei Debussy vergeblich sucht. Ravel produziert keine Schauerromantik auf dem Klavier, wie es die Gedichtvorlage erwarten ließe, sondern ein existenzielles Drama der Unüberholbarkeit des Todes, die Unmöglichkeit, ihn zu ästhetisieren. Gegen die starre B-Oktave können auch die komplexesten Klangfantasien nichts ausrichten, sie tönt penetrant beharrlich einfach durch. In "Scarbo" geht manches in Richtung Surrealismus. Und bei aller Kunstfertigkeit vermag Ravel zu berauschen: Emotional eindringlicher als im Finale von "Daphnis et Chloe" kann man einen Sonnenaufgang wohl kaum schildern. Und nicht zuletzt hat Ravel Sinn für das Märchenhafte und den kindlichen Humor: "Das Kind und die Zauberwelt" nach einem Text von Colette. Das ist einfach zauberhaft und berührend! Das artifizielle Paradies von Ravel hat für mich etwas von jenen Stilleben in der Malerei, die einen Apfel realistischer darstellen können, als es der wirkliche Apfel jemals sein könnte.


    Schöne Grüße
    Holger

    Lieber Holger,


    "La valse" ist natürlich schon ein tolles Stück und Du hast recht, dass diese Art der Abgründigkeit bei Debussy nicht vorkommt. "Elektra" geht meiner Meinung nach was Abgründigkeit betrifft auch über alles von Mahler hinaus. Ich bin auch ein großer Fan der Strauss'schen Metamorphosen. Trotzdem: im Allgemeinen sind mir Strauss und Ravel eben zu artifiziell. Ein gutes Beispiel wäre der Sonnenaufgang aus Daphnis und Chloe, der zwar herrlich instrumentiert ist, mir aber für die Zartheit eines Sonnenaufgangs viel zu dick daherkommt. Ähnliches gilt für "Une Barque sur l'Ocean" - das ist mir einfach zu "überinstrumentiert" und daher berührt es mich weniger als eben besipielsweise "La Mer". Hätte Ravel das Stück "Le Bateau de croisière sur l'Ocean" getauft, würde es wieder passen.

  • Die "Kühle" ist bei Ravel m.E. ein feature, kein bug. Abgesehen davon halte ich Werke wie das Klaviertrio, Gaspard de la Nuit und das Konzert f. die linke Hand nicht unbedingt für kühl.
    Und auch Debussy hat die klassizistisch-strenge Seite, etwa in der Cellosonate. "Ausdrucksmusikant" würde mir bei dem nicht unbedingt einfallen, vgl. mit Mahler wirkt das alles auf mich ziemlich distanziert, selbst ein so grandioses Werk wie das g-moll-Quartett, das gleichzeitig Strenge, natürlichen Wuchs und Leidenschaft aufweist.
    Ich muss dabei aber auch zugeben, dass ich von beiden die Opern nur sehr flüchtig (einmal durchgehört oder so) kenne, und die Orchesterwerke meist deutlich weniger als die Kammer- und Klaviermusik.

    Man muss natürlich den Vergleichsrahmen betrachten. Aber gerade die Streichquartette von Debussy und Ravel sind ein gutes Beispiel, für das was ich meine. Das Debussy Quartett halte ich für viel direkter im Ausdruck als das Ravels - man vergleiche mal die langsamen Sätze. Im Scherzo-Satz gibt es bei beiden viel Pizzicato, aber Ravel neigt hier viel mehr zur Virtuosität, was natürlich auch eine Qualität ist, aber zumindest bei mir der Wirkung oft abträglich ist.
    Fairerweise muss man aber hnzufügen, dass das Debussy Quartett ein relatives Frühwerk ist und sich offensichtlich sehr stark an Griegs Streichquartett in derselben Tonart orientiert. Das hört man sehr stark in den Ecksätzen, wie ich finde.

  • Zitat

    Als russisches Gegensatzpaar würden sich mir eher Prokofjew und Schostakowitsch aufdrängen (denn Strawinsky ist doch wirklich sehr, sehr extrem in seinem konzeptuellen Denken - mehr als Ravel, finde ich). Allerdings bin ich hier auf der Seite des "Teflons".......


    Ich schon auch, Meister Meritis ... sogar auf Seiten beider von Dir bzw. von mir formulierten Teflon-Dualismen. :P Das heißt nicht, dass Schostakowitsch keine faszinierende Persönlichkeit wäre und keine faszinierende Musik geschrieben hätte. Aber meist brauche ich ein wenig mehr Abstand ... oder sozusagen Empathie in der Distanz, daher auch meine Begeisterung für Poulenc.


    :hello: Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Eure Standpunkte und deren jeweilige Relativierungen finde ich höchst interessant. Was sich meines Erachtens - auf einen vielleicht allzu plakativen Nenner gebracht - bestätigt, ist die Beobachtung, dass Debussy (vielfach!) von einer Konzeption ungebrochener Natur, Ravel (so gut wie immer!) von deren kultureller Durchdringung ausgeht. Debussy wäre also der stärker naive Künstler, Ravel der bewusstere, der Dialektiker. Auch La Valse ist ja in diesem Sinne dialektische, historisch gebrochene Musik, so abgrundtief archaisch sie auch klingen mag. Die Dämonie ist aber keine archaische, sondern Spiel.


    :hello:Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

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  • Ein gutes Beispiel wäre der Sonnenaufgang aus Daphnis und Chloe, der zwar herrlich instrumentiert ist, mir aber für die Zartheit eines Sonnenaufgangs viel zu dick daherkommt. Ähnliches gilt für "Une Barque sur l'Ocean" - das ist mir einfach zu "überinstrumentiert" und daher berührt es mich weniger als eben besipielsweise "La Mer". Hätte Ravel das Stück "Le Bateau de croisière sur l'Ocean" getauft, würde es wieder passen.


    Lieber Felix,


    "Une Barque sue l´Ocean" ist eigentlich ein Klavierstück - Ravel hat es hinterher erst instrumentiert. Ich mag auch die originale Klavierversion lieber. Da unterscheiden sich Debussy und Ravel: Debussy komponierte gleich eine Orchesterpartitur, Ravel immer erst einen Klavierauszug, den er hinterher instrumentierte. Zum Sonnenaufgang von "Daphnis et Chloe" gibt es ja eine musikalische Parallele: den in der "Skytischen Suite" von Prokofieff. Auch bei Prokofieff vertreibt die aufgehende Sonne die bösen Mächte - deswegen ist das bei beiden ein sehr wenig zartes, gewaltiges Naturereignis mit einer "mythischen" Dimension. Ohne Gewalt lassen sich solche Gewaltmenschen wie die Seeräuber und Dämenen halt nicht vertreiben.


    Ich habe selber viel mehr Debussy gespielt als Ravel. Von Debussy die Images, die Estampes, die Preludes, Childrens Corner, auszugsweise natürlich. Von Ravel eigentlich komplett nur die "Sonatine". Das Stück liebe ich besonders - Identifikationsgrad 100 Prozent! Für mich die Schönheit schlechthin - wenn nicht der Klaviersatz so teuflisch schwer wäre! Man weiß gar nicht so recht, wie man gleich zu Beginn die Finger verteilen soll. Selbst bei Profis hört man da die Unebenheiten. (Ideal ist die Studioaufnahme von Martha Argerich, auch die von Ivan Moravec ist wirklich sehr schön.) Ravels Neoklasssizismus hat "Seele", das ist intim - deswegen sage ich gerne: Ravel ist der Mozart des 20. Jahrhunderts. Dagegen fand ich Strawinskys Neoklassizimsus immer ein bisschen öde - da fehlt einfach jegliche Innerlichkeit.


    Eins der schönsten Ravel-Stücke ist für mich "Le Tombeau de Couperin" - das Pendant zu Debussy "Hommage a Rameau", die Beschwörung musikalischen Geistes des 18. Jhd. Gehört habe ich gerade Alexis Weissenberg:


    Dieser Konzertmitschnitt von den Salzburger Festspielen ist noch rhythmischer und von leidenschaftlicher Bewegung durchpulster, noch kompromißlos moderner als die sehr schön klingende EMI-Studioaufnahme von Weissenberg. Der Klappentext ist auch sehr lesenswert - man staunt über Joachim Kaisers kapitales Fehlurteil über Weissenberg, er sei ein Nur-Virtuose ohne Geist und Seele! Was hat der eigentlich gehört? Wie besonnen und souverän, immer strukturiert Weissenberg etwa die Toccata am Schluß gestaltet, ohne jedes vordergründiges Virtuosengehabe!

    Noch eine Empfehlung - einfach wunderbar:



    Da gibt es wieder Ravel in allen Facetten, die dunkle Seite ("Un grand someil noir" von Verlaine), den Sinn für Groteske, Tragik und Tragikomik in den Tierfabeln von Renard.

    Schöne Grüße
    Holger

  • Lieber Holger,


    danke für die Empfehlungen! Vielleicht werde ich mir tatsächlich noch das ein oder andere zulegen. Ich möchte auch betonen, dass ich natürlich nicht daran zweifle, dass Ravel einer der großen Komponisten des 20.ten Jahrhunderts war. Mir gefällt seine Musik ja auch, es ging mir nur um den direkten Vergleich mit Debussy.

  • Hallo,


    in die Diskussion Debussy:Ravel steige ich nicht ein – ich will zur Ballettmusik posten (auch nicht zu den Orchestersuiten 1 + 2).


    1. Introduction et dance religieuse: Religiös verstehe ich hier als den Sitten der damaligen Zeit entsprechend, in der die Handlung spielt.
    In pp und lento (?) über tiefen Streichern kommen von der Harfe einzeln aufsteigende Töne die, zusammen gehört, pentatonische Akkorde (nur Ganztonschritte) ergeben. Diese Art Pentatonik ist für die Zeit und den Ort der Handlung exakt zutreffend (und hat mit der Pentatonik aus dem asiatischen Raum, mit Halbtonschritten, vom Klang her wenig gemein). Die hinzu kommenden Orchesterstimmen – vorwiegend Holzbläser – sind passend zu dem archaisch, ländlichen Ort des Geschehens, was von dem vokalisierenden Chor noch verstärkt wird – die Introduktion führt den Hörer musikalisch genau in die Gefühlswelt des/der jugendlich unerfahrenen Daphnis und Chloe – schwebende (nicht fixierte!) Harmonik. Wenn dann kurz die Blechbläser dazu kommen verändert sich die Harmonik um dann in großer Dynamik mit vollem Orchester incl. vokal. Chor zum 1. Höhepunkt zu kommen. Der folgende Orchestersatz hat einen freundlichen Charakter, bedingt durch eine nicht aufwändige Orchestrierung und ein leicht beschwingtes Tempo. Die Anfangs“thematik“ wiederholt sich, nun aber in f bis ff im vollen Orchester und vokal. Chor, der nun fast ständig präsent bleibt. Das beinahe Ostinato in tiefen Streichern und dann auch Percussion könnte ein einfacher (Hirten-)Tanzrhythmus sein, was allmählich in pp und in hohen Violinpassagen (sehr gefühlvoll) endet und dabei übergangslos führt zu


    2. Les jeunes filles attirent Daphnis: Es geht auch sehr gefühlvoll weiter – allerdings die Gefühle sind im Auf- und Umbruch - wie sehr, das ist in der dynamisch und rhythmisch unruhigen Musik überdeutlich zu hören, nicht nur in der Registrierung. Hat die Pentatonik weiter das Sagen? Ein Schwebezustand?


    3. Daphnis a’approche tendrement de Chloe: Neue Gefühle oder die Manifestation bislang unbewusster Gefühle? Musikalisch sind viele Fragen zu hören (Laufzeit 03:40 mit Wiederholungen). Der neue Ton in den Bläserpassagen endet wieder in den Fragen; erneut, wie bei 1. übergangslos zu


    4. Les rires s’interrompent: Schwebend sind Anklänge an die Pentatonik sind zu hören, ebenso der vokal. Chor, Holzbläser und Cello bringen die ländlich schäferliche Stimmung zurück. Düster klingende Orchesterpassagen bringen/künden die Aufregung und Dramatik der Handlung zu Gehör.


    5. Une lumiere irreelle envelope le paysage: Was in 4. endet setzt sich hier fort – Pentatonik in Moll? Die Holzbläser bringen immer wieder die Hauptfiguren zu Gehör, auch wenn die Lage, gefährlich und dramatisch, durch die vielfältigen Orchesterfarben zu hören ist.


    6. Derriere la scene on entend des viox: Vokalisierender Chor a Cappella – erstmals! - aber keinen ländlichen wohl aber archaischen Eindruck vermittelnd – Posaunen und Trompeten begleiten den Chor abwärts in ein dramatisches Tief, was aufwärts steigend, auch dynamisch, in einem ff mit Becken- und Paukenschlag abrupt endet… (wieder übergangslos führt zu)


    7. Anime et rude: …und den Becken- und Paukenschlag auch akustisch fortsetzt. Die Schwierigkeiten nehmen zu (aufwühlende Orchestersprache), es wendet sich jedoch Alles wieder…


    8. Bryaxis ordonne d’amener la captive:… zum Guten, aber die orchestralen Fragen aus 3. kommen wieder, aber sie sind auch helfend für Daphnis (und „Lycänion“ ist ja kein Nachmittags-Faun, eine schwüle Orchestersprache höre ich nicht). …Was das Meer so anschwemmt…? Die Wellen mit Harfenarpeggien, „rauschende“ tiefe Streicher, verstärkt vom vokal. Chor…


    9. Lever du jour:…dieser Orchesterklang setzt sich musikalisch fort, jedoch erweitert durch flirrende Flöten, schwebende Streicher, hohe (Violin-)Vogelstimmen - es ist ein neuer Anfang - in der Natur eine Morgenstimmung und für Daphnis und Chloe der Morgen ihres nun endgültigen Gefühls der Zusammengehörigkeit, ihrer natürlichen Liebe. (Die ergreifendsten Stellen des Werks.)


    10. Le vieux berger Lammon: Auch hier wird die Stimmung aus 9. übernommen. Neue Fragen? Die Vogelstimmen locken, lieb gewordene Bilder und Eindrücke des bisherigen naturverbundenen Lebens stehen den neuen Lebensumständen gegenüber – ein Kampf? – nein, die Musik gibt mit aus 1. vertrauten Klängen eine sehr klare Antwort, was für Daphnis und Chloe eigentlich keiner Entscheidung bedurfte, die Musik stellt auch keine Fragen mehr, ein lang ausgehaltene Fermate gibt die Bestätigung.


    11. Bacchanale: Daphnis und Chloe sind Findelkinder, die reiche Familien aus der Stadt ausgesetzt haben.

    Zitat:“ …reiche Städter kommen aufs Land… Die beiden feiern ihre Hochzeit auf dem Lande und verzichten auch für ihr weiteres Leben auf den Luxus der Stadt.“
    Die Übernahme des Schlussakkords aus 10. bestätigt das – die Natur ist zu hören – aber die „Stadtbewohner“ sind dabei und damit Nachwirkungen des luxuriösen Stadtlebens, die sind hörbar, die Hektik im Tempo, laufend aufsteigenden Klang-Passagen incl. vokal. Chor, die laufend wechselnden Klangfarben.


    Zitat des griech. Dichters Longos: „Und nicht bloß damals, sondern so lange sie lebten, führten sie ein Hirtenleben, verehrten die Götter, die Nymphen, den Pan, den Eros, schafften große Herden von Schafen und Ziegen an und kannten keine süßere Kost als Obst und Milch.“
    Zitat: „Dank „Lycänion“ können sie jetzt auch ihrer Liebe freien Lauf lassen und bekommen später zwei Kinder, die sie von einer Ziege (Junge) und einem Schaf (Mädchen) nähren lassen.“


    Viele Grüße
    zweiterbass(88)


    Ich habe den Beitrag in den Daphnis-Thread kopiert. Mehr zu diesem Ballett bitte dort einstellen.
    JR

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • in die Diskussion Debussy:Ravel steige ich nicht ein – ich will zur Ballettmusik posten


    Hallo Zweiterbass,


    ich konnte mir eigendlich nicht vorstellen, dass zum Ballett Daphnis et Chloe bei Tamino kein Thread existiert. :!: Doch dieser ist da ( :evil: er steht nur nicht im Themenverzeichnis - :D so eine Nachlässigkeit - (nur Spass: Ich weiss dass man bei der Erstellung nicht alles berücksichtigen kann).
    Dort wäre Dein Beitrag besser aufgehoben.
    Hier ist der LINK: Ravel-Daphis et Chloe


    :hail: Dort hatte ich auch über die referenzwürdige Aufnahme mit Abbado / LSO (DG) berichtet, die zudem eine audiophole Qualität der absoluten Extraklasse.
    Das ist klanglich so ziemlich das Beste was man auf DG kaufen kann - und dann noch diese Interpretation durch Abbado :angel: .

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Hallo teleton,


    vielen Dank für den Hinweis; die Mod. hat auch schon reagiert, auch meinen Dank dort hin.


    Das kommt von ungeschickt formulierten Threadnamen: "Ravels Meisterwerk...". Wer nun, wie z. B. ich, nach Ravel sucht, bekommt Ravels nicht angezeigt.


    Das wäre eine undankbare Aufgabe für die Mod., solche Threadnamen sofort zu ändern im Sinn einer brauchbaren Suchfunktion.


    Viele Grüße
    zweiterbass


    Nachsatz: Ich kann nun sehen ob und in wie weit sich mein Beitrag mit den vorhandenen deckt, ergänzt oder daneben liegt.

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