Was ist eigentlich Musik?

  • Zitat

    Original von pbrixius
    Bei einer ästhetischen Kommunikation wird immer auch der Kommunikationspartner (hier der Hörer von Musik) eine Rolle spielen. Das heißt, das die Frage lautet: Welche Musik verdient für wen besondere Wertschätzung.


    Es ist sogar ohne weiteres möglich, daß der Hörer gar nicht entscheiden kann, ob etwas Musik ist oder nicht. Wenn ich mein Beispiel vom Nagel-in-die-Wand-Schlagen noch einmal aufgreifen darf: Mein Nachbar, der nicht wissen kann, mit welcher Intention ich hämmere - ob mit der, ein Bild zu befestigen, oder der, vielleicht genau kalkulierte Geräusche zu erzeugen -, ist ohne weitere Informationen nicht in der Lage zu entscheiden, ob er nur mehr oder weniger zufällig nebenher entstandenen Lärm hört, den der Verursacher gern vermieden hätte, oder ob er Musik hört.


    Im letzteren Fall mag man die Nase rümpfen über eine derart primitive Musik (z. B. ein monotones bumm bumm bumm) und ihr die Wertschätzung verweigern - doch, ich denke, so ähnlich hat es einstmals angefangen, daß irgendein Urmensch zwei Hölzer gegeneinander schlug und er empfand, daß der so entstehende Klang eine eigene interessante Qualität hat. Ab da war Musik.


    Hat nicht Stanley Kubrick in Odyssee 2000 so etwas am Anfang seines Films dargestellt - als die Steinzeitmenschen den schwarzen Quader entdeckten?

  • Zitat

    Original von rappy
    Wenn organisiertes Geräusch Musik ist, dann müsste das aber auch für organisiertes Geräusch von Tieren gelten - oder jedenfalls muss man als Einschränkung dazu sagen, dass von Menschen organisiertes Geräusch gemeint ist.


    Lieber rappy,


    ich halte Kunst für eine spezifisch menschliche Fähigkeit. Dazu gehört aber auch, dass man Prinzipien der "Organisation" dort wiederfindet, wo sie nicht intendiert war. Es ist so, wie wenn man einen Himmel "wie gemalt" empfindet ...



    Zitat

    Wer bestimmte Musik als Hobbyhörer (wie das hier im Forum bei den meisten der Fall ist) ablehnt, wird sich nicht genügend mit ihr beschäftigen (warum sollte er auch), um sie auf qualifiziert kritisieren zu können. Deswegen hat er in einer solchen Diskussion eigentlich von vornherein verloren.


    Es gefällt ihm oder missfällt ihm Musik. Das kann er äußern. Er kann es ja auch begründen. Er kann auch durch wiederholtes Hören immer mehr von dem Stück nachvollziehen, da gibt es keine Grenze. Nur die Ernsthaftigkeit macht es - und die vermisse ich bei den Missfallensäußerungen. Da hat man zu früh aufgegeben ... mE.


    Wenn mir ein Bild missfällt (und in Sachen Malerei habe ich wenig Kompetenz zu urteilen), werde ich den "Fehler" erst einmal bei mir suchen. Bei Cage, Stockhausen oder Henze wurde der Fehler beim Komponisten bzw. beim Werk gesucht - und das will mir nicht einleuchten. So dreist würde ich mich über kein Gemälde der Gegenwart äußern.


    Zitat

    Ok, aber das bedeutet auch sehr viel Beliebigkeit. Ich könnte jetzt eine Stilkopie einer Beethovensinfonie anfertigen, mit lauter Satzfehlern und schlechter Orchestrierung. Auf eine Kritik hin würde Person Y entgegnen, das würde doch gerade den Reiz ausmachen, er fände die Musik sogar noch viel besser als Beethoven.
    Hieße das nun, beides ist gleichwertig, nur eben mit der notwendigen Differenzierung, dass der Beethoven für den Kritiker wertvoller ist und die Stilkopie für Person Y?
    Also sicherlich ein wichtiger Punkt, den man nicht übergehen kann, aber der als alleiniges Argument nicht ausreicht - oder doch?


    Da bin ich mit Dir einig. Bei mir ist das Urteil auch alles andere als beliebig. Beliebig wird es nur, weil ich bereit bin, auch ein anderes Urteil, das meinem gegenläufig ist, zu akzeptieren. Allerdings - wenn es mir wirklich wichtig wäre - würde ich schon eine Klärung versuchen (wie ich es im Literarischen bei Chamisso mache, indem ich versuche, die Wissensbasis meines "Meinungskonkurrenten" zu verbreitern, um dann auf einer gesicherten Materialbasis nun die ästhetischen Argumente zu durchleuchten).


    Liebe Grüße Peter

  • Hallo Rappy, warum zitierst Du mich, wenn das von Dir dann folgende damit gar nichts zu tun hat? Es ist doch banal, und deshalb von mir auch überhaupt nicht in Frage gestellt, dass es in der Musik Qualitätsunterschiede gibt, und dass man sie nicht nur rein subjektiv feststellen kann. Und selbstverstänlich kann man fragen, welche Qualität z.B. das von Dir genannte Stück von Lachemann hat. Aber Diskussionsgegenstand war doch ein anderer: hier wurde die Frage auf einer "Generalebene" gestellt, nämlich "Was ist Musik" (auf noch höherer Ebene gibts nur noch die Frage "Was ist Kunst"). Und auf dieser Ebene gibt es offensichtlich keine eindeutige Antwort und klare Grenzziehung.


    Zitat

    Original von rappy
    Mit "Was ist eigentlich Musik?" ist von den Fragestellenden wie Holger nichts anderes gemeint als in etwa "Was ist genauso wertvolle Musik wie die traditionell klassische, die ich mir mit Gewinn anhöre?".


    Ist die Frage wirklich so gemeint, oder ist das nur Deine Interpretation? Und wenn die Frage so gemeint sein sollte, warum wurde sie nicht auch so gestellt?


    Manuel García

  • Du hast doch den Fragestellenden eine wertende Absicht unterstellt, genau in dem Abschnitt, den ich zitiert habe.
    Und wenn jemand fragt, ob Werke eines Komponisten X Musik seien, ist es offensichtlich, dass die Frage so gemeint ist, wie ich sie interpretiert habe. Natürlich sind alle Kompositionen aller Komponisten "organisiertes Geräusch", ich glaube das haben auch die Provokateure verstanden.


    @Peter:


    Zitat

    Es gefällt ihm oder missfällt ihm Musik. Das kann er äußern. Er kann es ja auch begründen. Er kann auch durch wiederholtes Hören immer mehr von dem Stück nachvollziehen, da gibt es keine Grenze. Nur die Ernsthaftigkeit macht es - und die vermisse ich bei den Missfallensäußerungen. Da hat man zu früh aufgegeben ... mE.


    Das sehe ich genauso, aber wir haben damit auch die Frage der Wertung aufgegeben. Wir wissen ja alle genau, was Holger meint und wie man es besser formulieren könnte, und vermutlich jeder hat schon Musik gehört, bei der er sich genau dasselbe gefragt hat (nur eben nicht bei z. B. Henze).
    Aber da ich weiß, dass man, wenn man hier Kritik äußert und nicht alle Argumentationslücken 100% schließt, direkt angefeindet wird (siehe Reihentechnik), erspar ich mir lieber die Mühe.


    Zitat


    Wenn mir ein Bild missfällt (und in Sachen Malerei habe ich wenig Kompetenz zu urteilen), werde ich den "Fehler" erst einmal bei mir suchen. Bei Cage, Stockhausen oder Henze wurde der Fehler beim Komponisten bzw. beim Werk gesucht - und das will mir nicht einleuchten. So dreist würde ich mich über kein Gemälde der Gegenwart äußern.


    Das mache ich genauso, aber das bedeutet natürlich nicht, dass der Fehler immer bei einem selbst liegen muss. Davon wird nämlich stets ausgegangen, und es ist auch in vielen Fällen so, aber eben nicht unbedingt in allen...

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Zitat

    Original von rappy


    Das mache ich genauso, aber das bedeutet natürlich nicht, dass der Fehler immer bei einem selbst liegen muss. Davon wird nämlich stets ausgegangen, und es ist auch in vielen Fällen so, aber eben nicht unbedingt in allen...


    Dem kann ich nur beipflichten. Lichtenbergs berühmter Aphorismus, dass es nicht am Buch liegen muss, wenn es beim Zusammenstoß mit einem Menschen hohl klingt, ist zwar nur zu wahr; umgekehrt kommt aber auch oft genug eine Wahrheit heraus.


    Natürlich (warum eigentlich?) sind wir in unserer Begeisterung für etwas nur zu gerne bereit, andere zu missionieren und die nur zu voreilig gering zu schätzen, die sich nicht ohne Widerstand missionieren lassen. Das gilt für und gegen alle Arten von Musik. Wer Mozart langweilig oder zu kuschlig findet, ist nicht dümmer als derjenige, dem Musik nicht provokant genug sein kann. Er sitzt nur den im Prinzip selben Verständnismängeln auf.


    Statt für mehr Verständnis zu werben, ist man aber ganz schnell mit Vorwürfen von Harmoniesucht und Denkfaulheit bei der Hand, wenn sich jemand traut, seinem Unbehagen gegenüber bestimmten musikalischen Erscheinungsformen Ausdruck zu geben. Andererseits wird die Ablehnung dieser Musik aber auch nur all zu gerne in ähnlicher Weise ausgedrückt, wie sie die unverständigen Kolonialisten gegenüber den Hottentotten an den Tag legten. Immerhin trauen sich heute nicht einmal mehr dejenigen, die das eigentlich denken, abfällig von "Negermusik" zu sprechen. Fortschritte sind also zu verzeichnen, auch wenn sie viel zu teuer erkauft wurden.


    Was mir gerade in diesem Thread und ähnlichen über moderne Inszenierungen auffällt, ist ein erklecklicher Mangel an Toleranz gegenüber Andersdenkenden, geschweige denn (ein Wille zum) Verständnis für sie. Die nicht mit Gleichgültigkeit zu verwechseln, ist ein Kunststück, aber eines, das der beständigen Übung wert ist. Zwar gilt es besonders hierzulande als kultiviert, die Kreuzzugmentalität religiöser und anderer Fundamentalisten zu kritisieren, und das zu Recht. Ich bin aber nicht ganz sicher, ob wir selbst wirklich so frei davon sind wie wir meinen, wenn es um Dinge geht, die uns viel bedeuten, warum auch immer.


    Mir jedenfalls gefällt Edwins praktische Werbung für mehr Verständnis von 12-Ton-Musik wesentlich besser als pauschale Vorhaltungen, die mehr daran interessiert sind, den eigenen Standpunkt auszustellen als andere davon zu überzeugen. Ausnahmen, die es hier zum Glück auch etliche gibt, bestätigen da leider nur die Regel.


    Wenn sich jemand davon betroffen fühlt, um so besser. Persönlich gemeint ist aber ausdrücklich niemand, denn ich reagiere hier auf einen allgemeinen Diskussionsstil von mehr oder weniger ausgprägter Gereiztheit und kein spezifisches Posting.


    :hello: Jacques Rideamus

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  • Zitat

    Original von rappy


    Grundsätzlich hat eben derjenige, der alles toleriert, bei einer solchen Diskussion immer gewonnen.


    Ich meine nicht. Jeder Bestimmungs- oder Begrenzungsversuch wird sowohl dadurch trivialisiert, daß man ihn völlig aufgibt (alles toleriert) als auch dadurch, daß jeder privat für sich sagt, x sei Musik, y aber keine.


    Zitat


    Mit "Was ist eigentlich Musik?" ist von den Fragestellenden wie Holger nichts anderes gemeint als in etwa "Was ist genauso wertvolle Musik wie die traditionell klassische, die ich mir mit Gewinn anhöre?"


    Das ist zwar eine deutlich andere Frage, weil sie drei zusätzliche Elemente enthält. "traditionell klassisch", "wertvoll" und "die ich mit Gewinn anhöre". Den letzten Punkt kann man gleich weglassen. Trivialerweise hört Holger Henze nicht mit dem Gewinn wie Brahms, sonst hätte er nicht dafür plädiert, daß Henze keine Musik sei. Ebenso ist ja schon mehrfach auf den Kurzschluß "kein Gewinn für mich, daher nicht (ebenso) wertvoll" usw. hingewiesen worden. (Wie man "genauso wertvoll" ermitteln sollte, ist mir auch unklar). Was übrig bleibt, ändert nicht viel gegenüber der Ursprungsfrage s.u.
    Ich sehe nicht, warum man, wenn man eigentlich etwas anderes meint, so global und vernichtend formulieren muß bzw. warum dann bei der Replik diese Formulierung nicht ernst genommen werden sollte.


    Zitat


    Wenn dann als Gegenbeispiel z. B. ein Stück von Lachenmann angebracht wird, in dem 15 (?) Minuten lang nur ein Ton erklingt, der am Ende crescendiert, muss nur einer der Toleranten darauf verweisen, dass Person X (z. B. er selbst) es sehr schätzt, und schon hat er gewonnen.


    Auch wenn ich mal ganz oben flapsig schrieb, es langte, wenn mindestens eine Person ein Stück als Musik anerkennen würde, so sind solche Fälle ja nicht realistisch. Es geht letztlich um eine Tradition des Musizierens, in der bestimmte Stücke stehen. Daher der weitere Hinweis auf die "Experten". Wenn eine signifikante Zahl von Musikern Stockhausen in ebender Weise als Musik anerkennt und aufführt wie Mozart und dadurch die Wertschätzung ausdrückt, so halte ich es für sehr schwierig, diese Tatsache durch theoretische Argumente zu entkräften. Die angebliche Unmusik wird von diesen Musikern nicht nur als Musik, sondern auch als solche in der Tradition der abendländischen Kunstmusik anerkannt. Das ist vielleicht eine "äußerliche" Antwort, aber ich bezweifle, daß es eine bessere gibt.


    Gewiß gibt es ein paar Grenzfälle. Stücke, die auf dadaistische oder andere Weise die Tradition in Frage stellen, negieren oder in extremer Weise erweitern wollen. Aber auch die beziehen sich zumindest negativ auf die Tradition, weil die Provokationen ohne Kenntnis der Tradition unverständlich sind. Außerdem sind in der Musik meinem Eindruck nach solche Strömungen niemals so deutlich oder gar dominierend gewesen wie in der bildenden Kunst. Cage ist sicher das prominenteste Beispiel, vielleicht später auch Scelsi und sicher gibt es noch etliche andere. Ich halte es aber für nicht sehr fruchtbar, sich auf solche Fälle zu kaprizieren, auch wenn sie vielleicht sehr interessant sind, wegen ihres Charakters als Grenzfälle. Wenn eine Pointe eines Stücks von Cage gerade darin besteht, die Frage aufzuwerfen, ob es noch Musik ist, oder was sonst, ist doch klar, daß man sich dann darüber streiten kann und soll. Aber das ist doch überhaupt nicht die Regel.
    Denn weder Boulez noch Stockhausen, erst recht nicht Henze oder Carter fallen in dieses Lager. Das ist Musik, die meistens auf traditionellen Instrumenten stattfindet, organisiert ist (oft bis ins Kleinste), als Musik intendiert ist und von vielen Musikern als Musik anerkannt wird. Obendrein als Musik in der klassischen Tradition. Letzteres vielleicht nicht von manchen Teilen des Publikums. Die haben aber noch keine bessere Einordnung angeboten, denn vom Himmel gefallen (pace Stockhausen) ist sie nicht und auch wenn vereinzelt andere Musiktraditionen aufgenommen wurden, so stammt sie letztlich aus der "traditionellen Klassik". Natürlich folgt daraus nicht, daß sie für jedermann mit gleichem Gewinn gehört wird. Ich höre Puccini aber auch nicht mit dem Gewinn wie Brahms (deshalb höre ich Puccini gewöhnlich selten oder gar nicht, aber ich stempele ihn nicht als Unmusiker).


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Jacques Rideamus
    Was mir gerade in diesem Thread und ähnlichen über moderne Inszenierungen auffällt, ist ein erklecklicher Mangel an Toleranz gegenüber Andersdenkenden, geschweige denn (ein Wille zum) Verständnis für sie.


    Es ist nicht fehlende Toleranz gegenüber Anderdenkenden, sondern fehlende Tolerenz gegenüber einem bestimmten Diskussionsstil.


    Ich will die Kritik hier nicht wiederholen, sie ist schon genügend erläutert worden. Bezeichnenderweise ist auch von den betreffenden Mitdiskutanten nichts von Substanz gekommen.


    Ich habe überhaupt kein Problem damit, wenn jemand nur Musik aus einem begrenzten, sagen wir der Einfachheit halber konventionell klingenden Repertoire hören möchte. Er muß das auch nicht musikwissenschaftlich begründen können, ich könnte das auch nicht. Es ist nicht der schlechteste Daseinszweck der Musik, das Herz des Hörers schlicht zu erfreuen, der "Gemüthsergötzung" zu dienen, ohne das gleich mit tiefschürfenden Analysen verbinden zu müssen.


    Ich stufe mich selbst in diese Gruppe ein, da mir die wissenschaftliche Ausbildung fehlt. Ich könnte nie wie zB Edwin, der KSM oder andere, die ZTT oder auch nur das DMS plausibel erklären. Edwins Enthusiasmus für den Fortschritt in der Kompositionstechnik teile ich ebensowenig wie seine Abneigung gegen das, was er das Pseudo-Schöne (oä) nennt.


    Es würde mir aber nicht im Traum einfallen, musikalischen Werken außerhalb meines Repertoires den Charakter von Musik abzusprechen, und das noch so niveaulos und in der Sache fehlerhaft. Es würde mir nicht im Traum einfallen, nur noch Musik meines Repertoires zu hören und nicht mehr neugierig auf Neues zu sein.


    Das schließt auch ein, nach einer gewissen Auseinandersetzung mit Werk und Komponist zu dem Ergebnis zu kommen, daß sich eine weitere Beschäftigung nicht lohnt. Immerhin ist meine Lebenszeit begrenzt. Dazu gehört auch, daß ich versuche, meine Erkenntnis zu abstrahieren und nutzbar zu machen und es nicht bei einem "klingt nicht, mag ich nicht" zu belassen.


    Bei aleatorischer Musik oder zB futuristischen, dadaistischen oder elektronischen Klangexperimenten bestreite ich, das dies noch Musik ist und nicht intellektuelle Spielerei/Anregung/Provokation/Witz (immer im positiven Sinne gemeint).

  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Das ist zwar eine deutlich andere Frage, weil sie drei zusätzliche Elemente enthält. "traditionell klassisch", "wertvoll" und "die ich mit Gewinn anhöre".
    Den letzten Punkt kann man gleich weglassen. Trivialerweise hört Holger Henze nicht mit dem Gewinn wie Brahms, sonst hätte er nicht dafür plädiert, daß Henze keine Musik sei.


    Er könnt aber vielleicht Henze mit demselben Gewinn hören, wenn er sich mehr mit ihm beschäftigen würde. Mir geht es eher um die Frage, ob jemand einen Komponisten X mit demselben Gewinn hören kann wie du und ich eine Brahmssinfonie. Dass man die Möglichkeit bei jedem Komponisten offen lassen sollte, finde ich wie gesagt zu einfach, deswegen auch mein Verdeutlichungsbeispiel mit der schlechten Stilkopie.


    Zitat


    Ich sehe nicht, warum man, wenn man eigentlich etwas anderes meint, so global und vernichtend formulieren muß bzw. warum dann bei der Replik diese Formulierung nicht ernst genommen werden sollte.


    Ich sag ja, die Formulierung ist äußerst unglücklich gewählt, aber man kann trotzdem erahnen, was der Autor (Holger) damit sagen wollte.


    Zitat


    Daher der weitere Hinweis auf die "Experten". Wenn eine signifikante Zahl von Musikern Stockhausen in ebender Weise als Musik anerkennt und aufführt wie Mozart und dadurch die Wertschätzung ausdrückt, so halte ich es für sehr schwierig, diese Tatsache durch theoretische Argumente zu entkräften. Die angebliche Unmusik wird von diesen Musikern nicht nur als Musik, sondern auch als solche in der Tradition der abendländischen Kunstmusik anerkannt. Das ist vielleicht eine "äußerliche" Antwort, aber ich bezweifle, daß es eine bessere gibt.


    Es gibt ebenso Experten, die sich zwar nicht so unglücklich ausdrücken würden, etwas als UN-Musik zu bezeichnen, aber die doch einer großen Menge sog. "Neuer Musik" (man darf niemals in die Gefahr geraten, wie Holger alles über einen Kamm zu scheren!) kritisch gegenüber stehen.
    Es gibt auch in der Politik "Experten", die extreme Ansichten vertreten, eine signifikante Anzahl sogar - ein Argument für die Richtigkeit ihrer Ansichten? Verzeiht mir den schlechten Vergleich, ich will nur das Argument ein wenig entkräften. Wenn Edwin Strauss als Komponisten kritisiert, genügt es ihm ja auch nicht, seine Meinung zu revidieren, wenn er erfährt, dass "Experten" wie Kleiber, Thielemann, Kempe & co. ihn sehr schätz(t)en - gut so.


    Zitat


    Natürlich folgt daraus nicht, daß sie für jedermann mit gleichem Gewinn gehört wird. Ich höre Puccini aber auch nicht mit dem Gewinn wie Brahms (deshalb höre ich Puccini gewöhnlich selten oder gar nicht, aber ich stempele ihn nicht als Unmusiker).


    Für Edwin reicht das aus, um Puccini als drittklassigen Komponisten hinzustellen (wobei er vermutlich nicht Brahms als Vergleich nehmen würde). Natürlich versucht er, dies mit Argumenten zu unterlegen, aber letztendlich würde er ja nicht schlecht über Puccini reden, wenn er ihn mit demselben Gewinn hören würde wie seine Lieblingskomponisten. Oder, Edwin?


    So, genug zu dem Thema gesagt, ich wollte nur ein paar Anstöße für die Diskussion geben.


    Ach, noch zu Robert: Du widersprichst dir ein wenig, oder?


    Zitat

    Es würde mir aber nicht im Traum einfallen, musikalischen Werken außerhalb meines Repertoires den Charakter von Musik abzusprechen, und das noch so niveaulos und in der Sache fehlerhaft. [...] Bei aleatorischer Musik oder zB futuristischen, dadaistischen oder elektronischen Klangexperimenten bestreite ich, das dies noch Musik ist und nicht intellektuelle Spielerei/Anregung/Provokation/Witz (immer im positiven Sinne gemeint).


    Klär uns auf! ;)

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

  • Zitat

    Original von rappy
    Ach, noch zu Robert: Du widersprichst dir ein wenig, oder?



    Klär uns auf! ;)


    Stimmt! Das kommt davon, wenn man immer unterbrochen wird, während man einen Beitrags abfaßt.


    Ich könnte mich jetzt geschickt herausreden, daß ich doch gerade von musikalischen Werken gesprochen hatte, Aleatorik etcpp eben nicht darunterfällt :D.


    Will ich aber nicht. Der Punkt ist, daß man sich erst mit den Werken und den Komponisten beschäftigt, Vergleiche mit abstrakten Definitionsversuchen für Musik zieht, und dann zu einem Ergebnis kommt.


    Bei aleatorischer Musik zB dürfte es an der vom Komponisten geschaffenen Organisation fehlen. Das gilt auch für einige Werke elektronischer Musik, die ich in den letzten Wochen hören konnte und die aus ohne erkennbare Sinn oder Ordnung aneinandergereihten Klangfetzen bestehen.


    Bei Russolos futuristischen Klangexperimenten oder dadaistischen Werken zB dürfte der intellektuelle Reiz der Grenzüberschreitung oder der Provokation und nicht die Musik im Vordergrund stehen. Das gilt auch für einige andere Werke aus der Zeit zwischen etwa 1914 und 1965.

  • Zitat

    Original von Robert Stuhr
    Bei aleatorischer Musik zB dürfte es an der vom Komponisten geschaffenen Organisation fehlen. Das gilt auch für einige Werke elektronischer Musik, die ich in den letzten Wochen hören konnte und die aus ohne erkennbare Sinn oder Ordnung aneinandergereihten Klangfetzen bestehen.


    Für Dich, lieber Robert ;)


    Zitat


    Bei Russolos futuristischen Klangexperimenten oder dadaistischen Werken zB dürfte der intellektuelle Reiz der Grenzüberschreitung oder der Provokation und nicht die Musik im Vordergrund stehen. Das gilt auch für einige andere Werke aus der Zeit zwischen etwa 1914 und 1965.


    Und, was ist sie nun - "die Musik"????? Klar, Provokation war sicher eine Intention. Aber macht es nun die Intention, ob wir darüber entscheiden, ob etwas Musik ist oder nicht? Mahler wollte ganze Welten entwerfen - in Töne gefasst - ist das noch Musik, weil die Intention Welten zu entwerfen etwas "ehrbarer" und konsensfähiger daherkommt als pure Provokation???


    Musik ists, wenns trotzdem Spaß macht.

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  • Zitat

    Original von rappy


    Er könnt aber vielleicht Henze mit demselben Gewinn hören, wenn er sich mehr mit ihm beschäftigen würde. Mir geht es eher um die Frage, ob jemand einen Komponisten X mit demselben Gewinn hören kann wie du und ich eine Brahmssinfonie. Dass man die Möglichkeit bei jedem Komponisten offen lassen sollte, finde ich wie gesagt zu einfach, deswegen auch mein Verdeutlichungsbeispiel mit der schlechten Stilkopie.


    Manches kann gewiß höchstens als abschreckendes Beispiel dienen. Aber ich habe ein grundsätzliches Problem damit, was hier oft offen oder implizit unterstellt wird: Daß diejenigen, die bestimmte Musik (oft schon Berg oder Schönberg), gewiß aber Carter oder Stockhausen schätzen, das nur vorgeben, vielleicht sogar sich selbst täuschen. Rosen schreibt irgendwo dazu, daß man nicht urteilen sollte, bevor man nicht versteht, was einige Leute an bestimmter Musik fasziniert. Das ist natürlich nicht immer zu leisten. Aber ich bilde mir z.B. ein, wenigstens teilweise zu verstehen, was Hörer an Puccini oder Strauss begeistert, auch wenn es mich eher abstößt.


    Eigentlich sollte hier jeder vorsichtig sein, denn eine ähnliche Argumentationsfigur taucht ja z.B. bei Nicht-Klassik-Hörern gegenüber Klassikhörern auf: Ihr hört das nur aus Kulturbeflissenheit, weil ihr anspruchsvoll tun wollt usw., in Wirklichkeit kann das Gefiedel und Gejaule kein Mensch schön finden, der schon mal Madonna gehört hat ;)


    Zitat

    Es gibt ebenso Experten, die sich zwar nicht so unglücklich ausdrücken würden, etwas als UN-Musik zu bezeichnen, aber die doch einer großen Menge sog. "Neuer Musik" (man darf niemals in die Gefahr geraten, wie Holger alles über einen Kamm zu scheren!) kritisch gegenüber stehen.


    Ja klar. Natürlich sind die sich nicht einig. Aber die meisten würden doch, wie Edwin über Puccini dann wohl von "zweitklassiger" oder "schlechter" Musik sprechen, nicht von etwas, was den Namen gar nicht verdient. Aber selbst das haben Experten natürlich getan. Aber das haben einige auch schon über Beethovens op.59 gesagt. Ich wollte überdies darauf hinaus, daß es, anders als häufig dargestellt, nicht so ist, daß man eine sektiererische Gemeinde von Avantgardisten hat, die typischerweise traditionelle klassische Musik ablehnt. (Das ist eine Projektion der Moderne-Hasser.) Sondern daß die meisten Musiker, die Moderne und Avantgarde spielen, mit derselben Begeisterung "traditionelle" Musik spielen.
    (Wiederum mag es Ausnahmen geben, vielleicht auch in Spezialgebieten wie elektron. Musik, davon weiß ich nichts)


    Und es müssen ja auch nicht alle "Experten" einer Meinung sein. Es reicht, wenn ein Stück von ausreichend vielen anerkannt wird, um aufgeführt zu werden (möglichst mehr als einmal), und das dürfte für alle bisher genannten Komponisten der Fall sein. Klar kann man jetzt mit kollektiver Verblendung usw. kommen. Aber ich muß auch zugeben, daß ich im Zweifel mehr auf das Urteil dessen gebe, der die Mühe auf sich nimmt, ein Stück einzustudieren und aufzuführen. Ablehnen und Verwerfen ist leicht, daß kann man auch ohne intensive Beschäftigung. Aber viele Stunden (meist mäßig bezahlter) Zeit auf die Proben usw. zu verwenden, das macht man normalerweise nur, wenn man wirklich von etwas begeistert ist.


    :hello:


    JR

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  • Zitat

    Original von Wulf
    Also spielt die Intention eine Rolle? Ist dann John Cage mit seiner vom Zen-Buddhismus abgeleiteten Absichtslosigkeit keine Musik mehr??


    Natürlich spielt die Intention die Rolle. Sonst hätte man es bloß mit 'Natur' zu tun. Was ist denn an John Cages Musik eigentlich absichtslos? Er wollte die Grenzen dessen, was man unter Musik versteht, in Frage stellen. Und seine Werke werden in der Musik gewidmeten Konzerten aufgeführt. Also sind sie Musik und strotzen vor Intentionen.
    Wenn ich gesagt hätte, Musik dürfte einen gewissen Aufwand an Formung eines irgendwie definierten Klangmaterials nicht unterschreiten, wie es vor Cage vielleicht galt, dann sähe das anders aus.*


    Außer zu solchen wie den von Manuel Garcia schön ausgeführten Gedanken, regt die Erfahrung von Cages Musik auch eine Veränderung der alltägliche Klangwahrnehmung an. Einerseits ist diese veränderte Klangwahrnehmung noch keine (fertige) Musik, weil sie nur meine ist, andrerseits kann ich sie zum Ausgangspunkt für Musik nehmen - z.B. indem ich sie einem Konzertpublikum zu kommunizieren versuche.
    Außerdem hat mit der Veränderung meiner Wahrnehmung Cage etwas erreicht, was vielleicht nicht in seiner Absicht lag: Ich beziehe mich auf eine neue Weise bewusst auf die alltägliche Geräuschkulisse, die bisher 'Natur' bzw. 'Nicht-Musik' für mich war. Auch das zeigt, dass die Intention für Musik unerlässlich ist.


    Viele Grüße


    * edit: Die schriftliche Fixierung der (Nicht-)Spielanweisung und die Aufführung von 4'33 sind allerdings auch Formungen im weitesten Sinn.

  • Also jetzt muss ich mich nun doch nochmal dazu melden.


    Es gefällt mir wie hier über meine Eingangsfrage diskutiert wird.
    Das ein oder andere habe ich auch heraus gezogen, aber so etwas stört :



    Zitat

    Robert Stuhr schrieb :
    Es würde mir aber nicht im Traum einfallen, musikalischen Werken außerhalb meines Repertoires den Charakter von Musik abzusprechen, und das noch so niveaulos und in der Sache fehlerhaft. Es würde mir nicht im Traum einfallen, nur noch Musik meines Repertoires zu hören und nicht mehr neugierig auf Neues zu sein.


    Hierzu muss ich zwei Fragen stellen :


    1. Welches Niveau ist gemeint ?
    Das, daß man alle Werke eines Komponisten gehört haben, zerlegt und dann analysiert haben muss um sich eine Menung zu bilden ?


    Halte ich übrigens für absurd....



    2. Wo ist es in der Sache fehlerhaft ?


    Weil 314 Argumente fehlen ?
    Weil es nicht der Stuhrschen Kurve entspricht ?


    Also, ich bitte Dich ..... :no:
    Für mich ist Musik mehr als nur eine Zusammensetzung von Geräuschen oder Tönen.
    Aus dem Wort Musik kann man, ich glaube Alfred hat es schon einmal geschrieben, daß Wort Muse ableiten.
    Für mich hat die Moderne z.B. damit überhaupt nichts zu tun.



    Ich stelle fest :


    So wie diesen Thread sehe ich die Werke div. Komponisten.
    Man sieht man kann mit der Moderne provozieren, will es auch.


    Hätte man z.B. zu Stockhausen gesagt :
    Deine Werke sind keine Musik und die will niemand hören, schreibe anders !
    Hätte er es getan ?
    Ich glaube nicht ....



    Also :


    Es gibt bei den Werken ein wildes durch einander,
    jeder hat seine Meinung dazu.


    Und jetzt gibt es bei mir : ....Messiaen ?!?!? :D




    :hello:
    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Zitat

    Original von HolgerB
    Für mich hat die Moderne z.B. damit überhaupt nichts zu tun.


    Für mich ist die gesamte auf den Prinzipien unserer Ellbogen-basierten Gesellschaft fundierte klassische Kunstmusik keine Musik. Die kommt mir eh viel zu wenig von Herzen, spricht den verschlagenen Intellekt an, das ist Musik für die, die Unmittelbarkeit des Gefühls verlernt haben.


    Zitat


    Ob nun damit gewisse Herren etwas damit anfangen können, es Ihnen nicht ausreicht usw. oder nicht ist mir eigentlich egal.


    Ganz zu Beginn dachte ich, Du meinst es ernst. Schade. Wenn Du so etwas postest frage ich allen Ernstes: warum stellst Du dann Deine Eingangsrage überhaupt zur Diskussion???


    Und mal im Ernst: was ist an Britten, Prokofiev, Schostakowitsch nicht von der Muse inspiriert??


    Zitat


    Eines müssen denke ich einige Herren hier in diesem Thread noch lernen zu verstehen :
    Die Meinung von anderen zu akzeptieren ohne gleich ins niveaulose zu geraten.


    Der thread diente eigentlich nur einem pädagogischen Ziel??? Etwas anmaßend, oder?


    Ich verstehe nciht mehr so recht, Holger, worauf es Dir GENAU ankommt.


    Und auf Rappy bin ich fast schon wieder sauer, weil er, der er als Komponist etwas sensibler sein sollte, wieder von irgendeinem Stück von Lachenmann spricht und es bisher (oder hab ichs übersehen?) nicht einmal benannt hat.
    Es besteht aus einem einzigen Ton. Welche Frechheit? Was würde Beethoven wohö dazu sagen??


    Übrigens: provoziert hat auch Beethoven und zwar nicht zu wenig.


    :hello:
    Wulf

  • Zitat

    Original von Wulf
    Und auf Rappy bin ich fast schon wieder sauer, weil er, der er als Komponist etwas sensibler sein sollte, wieder von irgendeinem Stück von Lachenmann spricht und es bisher (oder hab ichs übersehen?) nicht einmal benannt hat.
    Es besteht aus einem einzigen Ton. Welche Frechheit? Was würde Beethoven wohö dazu sagen??


    Henze ist demgegenüber als Komponist aber auch nicht besonders sensibel :P
    Ich gebe zu, ich hab von dem Stück genau in der Beschreibung im Fono Forum gelesen und den Namen wieder vergessen. Irgendein Extrembeispiel musste ja herhalten. Das sollte nichts gegen Lachenmann im Allgemeinen sein (dafür kenne ich viel zu wenig).

    "Das Große an der Musik von Richard Strauss ist, daß sie ein Argument darstellt und untermauert, das über alle Dogmen der Kunst - alle Fragen von Stil und Geschmack und Idiom -, über alle nichtigen, unfruchtbaren Voreingenommenheiten des Chronisten hinausgeht.Sie bietet uns das Beispiel eines Menschen, der seine eigene Zeit bereichert, indem er keiner angehört." - Glenn Gould

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  • Zitat

    Und jetzt gibt es bei mir : ....Messiaen ?!?!?


    Welches Werk von ihm, Holger?


    Aber ganz gleich: Wenn Du ihn gerne hörst, dann dürftest Du doch mit Henze nicht die geringsten Probleme haben, oder??


    Besten Gruß, Wolfgang

    Lieber Fahrrad verpfänden denn als Landrat enden!

  • Zitat

    Original von Wulf


    Für Dich, lieber Robert ;)


    2.Für mich ist die gesamte auf den Prinzipien unserer Ellbogen-basierten Gesellschaft fundierte klassische Kunstmusik keine Musik. Die kommt mir eh viel zu wenig von Herzen, spricht den verschlagenen Intellekt an, das ist Musik für die, die Unmittelbarkeit des Gefühls verlernt haben


    Nun, wenn auch aus dem Begleittext der LPs (um die handelte es sich nämlich) nichts Nachvollziehbares hervorgeht, wenn man ferner sonst keine weiteren Anhaltspunkte hat, und wenn man zwischen musikalischen Klangflächen einerseits, aneinandergereihten tatsächlichen musikalischen "Einzelteilen" andererseits durchaus unterschieden kann, dann dürfte es an einer vom Komponisten beabsichtigten Ordnung fehlen.


    Du, lieber Wulf, kannst ja mal - wenn Du Lust hast - im Thread über zeitgenössische franz. Musik nachschlagen, und dann in den Weiten des Internet nach den einschlägigen Werken suchen. Ist nicht schwer, sie zu finden. Dann wirst Du hören, was ich mit "unorganisiert" meine.


    ad 2: Sag' ich doch: Nach Hildegard von Bingen kommt nichts mehr, was die Mühe des Hörens lohnt... 8)

  • Zitat

    Und jetzt gibt es bei mir : ....Messiaen ?!?!?


    WolfgangZ schrieb:


    Zitat

    Welches Werk von ihm, Holger?


    Quartett für das Ende der Zeit


    Auf Empfehlung eines Bekannten von mir, der meinte daß ich mir das mal anhören sollte.


    Ziemlich harte KOST !


    Übrigens lieber Robert bis zum Ende gehört. :D
    Ob ich mir nun ein Urteil dazu erlauben kann ?
    Oder muss man das Werk dann doch mehrmals hören ?


    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

  • Zitat

    Original von HolgerB
    Diese Frage stelle ich ja nach wie vor in den Raum!


    Ich bin etwas verwirrt, denn gerade das seh ich gar nicht so. Die Frage nämlich. Mir scheint, ich habe von Dir öfter die Antwort als die Frage gelesen: Moderne Musik ist keine Musik (für Dich). Okay, das in den Klammern ist möglicherweise eine Zumutung (abgesehen davon, dass die Argumente mit dem Autofahren und den Fussballmannschaften dem persönlichen Äquivalent von Heather Mills entsprechen und arg hinken). Natürlich möchtest Du keine Antwort auf Deine Frage, da Du sie schon kanntest, bevor Du sie gestellt hast.


    Wenn Du keine Kompositionen von Nicht-Musik akzeptieren kannst, was bleibt Dir übrig? Komponistenhäuser anzünden? Unterschriftenaktionen? Grundgesetzänderungen?


    Ich mag auch sehr wenig Modernes, aber - nicht zuletzt durch das Forum - hab ich festgestellt, dass mein der Verlust ist (und mein Bestand an modernen Kompositionen nimmt zu). Nicht, dass mich der Verlust nun arg zu Tränen rührt, aber ich kann "tolerieren". Sogar Zwölftöner... Ich muss es mir ja nicht anhören. Und selbst ich sage, es ist Musik. Musik, so wie tibetische Obertongesänge, westmongolische Hirtenmelodeien oder gar Freejazz. Warum ist es wichtig, dass diese Sachen keine Musik sein sollen? Zwingt Dich dann jemand mit der Waffe in der Hand, das zu hören?


    Einigermaßen ratlos
    Blackadder

  • Blackadder schrieb :


    Zitat

    Wenn Du keine Kompositionen von Nicht-Musik akzeptieren kannst, was bleibt Dir übrig? Komponistenhäuser anzünden? Unterschriftenaktionen? Grundgesetzänderungen?


    Eine Grundgesetzänderung nach einer Unterschriftenaktion wäre schon gut. :D
    Doch Spass beiseite.
    Ich habe ja nicht geschrieben, daß ich diese Kompositionen nicht akzeptiere.
    Denn : Was dem einen FREUD ist des anderen LEID !
    Ich akzeptiere ja wenn jemand meint, daß das Musik ist und sie ihm gefällt.
    Ich habe hier auch bisher nichts anderes dazu geschrieben !


    :hello:


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms

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  • Musik ist eigentlich ein akustisches Ereignis, das zwingend denen, die ablehnen, dass ein akustisches Ereignis, das von ihnen selbst abgelehnt wird, möglicherweise anderen gefallen könne, gefallen muss.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Zitat

    Original von rappy
    Das sehe ich genauso, aber wir haben damit auch die Frage der Wertung aufgegeben. Wir wissen ja alle genau, was Holger meint und wie man es besser formulieren könnte, und vermutlich jeder hat schon Musik gehört, bei der er sich genau dasselbe gefragt hat (nur eben nicht bei z. B. Henze).
    Aber da ich weiß, dass man, wenn man hier Kritik äußert und nicht alle Argumentationslücken 100% schließt, direkt angefeindet wird (siehe Reihentechnik), erspar ich mir lieber die Mühe.


    Lieber rappy,


    ich nehme an, die nun auch anderen Orts ohne Angabe der Quelle zitierte Passage hast Du nicht ganz Ernst gemeint. Wahrscheinlich ist mir da Traumatisches entgangen, aber hier sollte keiner angefeindet werden, ob er nun Stellung für oder gegen die Reihentechnik bezieht. In die Reihentechnik wird gewaltig viel hinein geheimnist, sie ist aber nicht mehr und nicht weniger als eine Technik, deren Anwendung ebenso unterschiedliche Ergebnisse zeitigen kann wie das Schreiben von Fugen. Man kann mE gegen die Reihentechnik so entschieden eingestellt sein wie gegen den Ton "C".


    Ich denke, dass die Schärfe der Diskussion proportional zu der Unschärfe des Gegenstands zunimmt - entscheidend ist aber, dass jeder den Unterschied zwischen einer Sachauseinandersetzung und einer persönlichen Auseinandersetzung sieht und beachtet. Das Besetzen von Themen durch persönliche Konnotate einerseits (wer etwas gegen Sibelius sagt, meint das als Angriff aus mich ... naja, von Gluck will ich hier lieber ganz schweigen :stumm:) ), die Gleichsetzung von einer - wie immer subjektiven - Meinung mit geistigen Defiziten andererseits lässt keine offene Diskussion zu.


    Wer also das Neueste aus der Schmiede unserer Komponistenschar nicht mag, ist deshalb nicht unintelligent, ebenso wie der, der eben dieses mag. Bei den Liebhabern neuerer Musik wird man übrigens viel mehr - differenzierte - Kritik an Neuer Musik im Einzelnen (aber eben nicht im Globalen) finden, als man gemeinhin zu denken pflegt. Unser Kölner Treffen am Samstag war wieder ein gutes Beispiel dafür.


    Nichtwissen ist keine Dummheit, nur über etwas zu sprechen, von dem man nichts weiß, ist nicht gerade weise. Wenn man Lücken im Wissen entdeckt - ausgerechnet da, wo man gerne argumentieren möchte - halte ich es für angemessen eine kleine Pause einzulegen und sich erst einmal der Sache zu vergewissern. Ich weiß nicht, wie viele Diskussionen ich aus so einem Grund verlassen habe (und manchmal gar nicht wieder aufgenommen habe) - eine meiner ältesten Schulden da habe ich bei JR in Sachen erster Sinfonie von Brahms. Vergessen habe ich es nicht, aber noch immer weiß ich für mich noch nicht genug ...


    So kann es einem gehen :pfeif:


    Liebe Grüße Peter

  • Zumindest in diesem Threat spielt die Musik. Vielleicht können
    sich ja darauf alle einigen...


    :hahahaha:


    Gute Nacht

    "Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten" Gustav Mahler

  • Lieber HolgerB,


    Zitat

    Aus dem Wort Musik kann man, ich glaube Alfred hat es schon einmal geschrieben, daß Wort Muse ableiten.


    Zitat

    Für mich hat die Moderne z.B. damit überhaupt nichts zu tun.


    dies kann ich überhaupt nicht nachvollziehen.
    Gerade die Komponisten der "Moderne" (in Anführungsstrichen, da es sich u.U. schon um Komponisten der 50-70er Jahre handelt, also keine aktuellen modernen Komponisten mehr) haben sich m.E. nach durchaus sehr oft durch die sog. "Muse" inspiriert gefühlt.
    Ich zitiere mal Wiki:


    Zitat

    Musen werden seit der Antike als göttliche oder genialische Inspirationsquelle für Künstler genannt (Musenkuss; von der Muse geküsst). Ursprung ist die antike Vorstellung, dass Ideen (das Denken) nicht selbst entwickelt, sondern von Göttern (oder eben Musen) von außen eingegeben werden.



    Ok, ein alter Hut
    - und irgendwie kitschig und unzutreffend für mich- ,aber ich zitiere mal weiter, was dort imho sehr richtig unter "Muse" weiter beschrieben wird:


    Zitat

    In der Neuzeit begann man, auch Personen aus Fleisch und Blut als Musen zu bezeichnen – meist Freundinnen von Künstlern, vereinzelt auch Männer. Sie inspirieren die Künstler durch ihren Charakter, ihre Ausstrahlung, ihre menschliche Zuwendung, durch eine erotische Beziehung, meist durch eine Kombination all dieser Faktoren.


    Diese Kombination aus dem Begriff "Muse", dem ich sehr viel abgewinnen kann und der m.M. nach zutreffend ist, verdanken sehr viele- auch "moderne" -Komponisten, Ihre Inspiriationsquelle.


    Wenn Du einfach mal so behauptest

    Zitat

    Für mich hat die Moderne z.B. damit überhaupt nichts zu tun.

    , dann degradierst Du aus Unkenntnis sehr viele dieser Künstler und sprichst Ihnen Ihre menschlichen Empfindungen ab.


    Dies kann ich nicht einfach so als persönliche Meinung akzeptieren.


    Denn auch wenn es nicht DEIN Begriff von Muse ist, so bedeutet das ganz und gar nicht, daß keinerlei Muse im Spiel ist oder gewesen ist in DEINEM Begriff von "moderner Musik" ,oder überhaupt von der neueren Musik.


    Solchen abwatschenden Behauptungen stehe ich absolut ablehend gegenüber.


    Trotzdem frohe Weihnachten,


    Michael

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Hallo Michael,


    Zum Thema Muse möchte ich nochmal Alfred zitieren.
    Ich finde er hat es treffend formuliert :


    Zitat

    Natürlich hat auch dieser Begriff - wie fast alles - im 20. Jahrhundert eine Umdeutung erfahren...
    Weil man sich letztlich alles so zurechtbiegen kann wie man will.Wenn ich aber die Musik den "schönen Künsten" zurechne - dann verbieten sich viele Werke der "radikalen Moderne" von selbst.


    Auch Dir noch schöne Weihnachten !


    Gruss
    Holger

    "Es ist nicht schwer zu komponieren.
    Aber es ist fabelhaft schwer, die überflüssigen Noten unter den Tisch fallen zu lassen"
    Johannes Brahms