Alt - aber gut - Berühmte Altistinnen in Ihren Glanzrollen

  • Liebe Musikfreunde,


    Einer Anregung folgend, möchte ich in diesem Thread Platz schaffen für die Erwähnung großer Altsimmen der Stereo-Ära (historische Stimmen werden nicht vernachlässigt, sie bekommen ihren eigenen Thread im Forum "Schellack-Schätze")


    Es geht hier nicht nur um " Namedropping", sondern auch um die Bitte die spezifischen Glanzrollen, idealerweise auch ein oder zwei Aufnahmen der hier vorgestellten Sängerinnen zu nennen.


    Ich bin gespannt, was hier zusammenkommt.


    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Sagitt meint:


    Die tieferen Stimmen stehen in der Aufmerksamkeit eher im Schatten. Deswegen sind sie natürlich gar nicht schlechter und es ist verdienstvoll, sich ihrer zu erinnern.


    Es gibt weniger Skandale und auch weniger Kult. Kathleen Ferrier wäre - in bezug auf Kult- sicher sofort zu erwähnen, weil ihre - nicht so zahlreichen Aufnahmen- auch Jahrzehnte später noch hochgelobt werden, ob es nun Bach oder Mahler ist. Da sie eines frühen Krebstodes starb, entstand schnell diese Verklärung. Ihre Stimme ist beeindruckend. Leider wirkt sie ,insbesondere bei Bach mit Dirigenten zusammen, die Bach zeitgemäß ( um 1950), aber für heutige Ohren nur schwer erträglich spielen- dennoch, ihr Agnus dei aus der h-moll Messe ist immer noch beeindruckend.


    Bach hat ja wunderbare Partien für die Alt-Stimme geschrieben. Die vielleicht ergreifendste Arie der Matthäus-Passion ,Erbarme dich, ist für eine solche geschrieben. Und es gibt viele gute Aufnahmen.


    Vielleicht ist dies ein Grund, warum wir diese Stimmen niocht so beachten ? Es gibt viele herrliche Altistinnen. UND dann denkt man leicht, das ist ja nichts besonderes, was natürlich nicht stimmt.


    Oftmals singen die Damen zusätzlich im Mezzobereich. Ist zB Christa Ludwig, die Alt-Partien großartig gesungen hat, deswegen eine Altistin ? Sie hat mit ihrem Stimmumfang sogar die Leonore (Fidelio) bewältigt. Also müssen wir definieren, Altistinnen sind nur solche, die nichts anderes als solche Partien singen ? Wenn man dies täte, würde viele hervorragende Interpretinnen,zB Anne Sophie von Otter, wegfallen.


    Mal sehen, wie sich der thread entwickelt.

  • Mit "Glanzrollen" konnnte diese Altistin nicht aufwarten, denn sie war in erster Linie Konzert und Oratoriensängerin und verstand ihr Singen als Gottesdienst und Verbeugung vor dem Werk.
    Unmittelbar vor ihrem frühen Tod entstand diese Augnahme mit Arien von Händel und Bach und die Künstlerin, sich ihres Endes gewiss, gint alles. Eine SD, die man nicht beschreiben und auch nur schwer zuordnen kann. Aber sie erzeugt immer nocn Staunen darüber, daß dergleiche möglich sein konnte.


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Hallo!!


    Mir fällt auf die Schnelle nur Annelies Burmeister ein! Ihre Glanzrolle ist die Marzellina in der Hochzeit des Figaro.
    Am besten würd ichsagen ist die Aufnahme von Otmar Suitner, auf deutsch. Mit u.a. Walter Berry, Hermann Prey, Hilde Güden..... (hab ich aber eh schon vorgestellt)


    Mfg Joschi

  • Sagitt meint:


    In diesem thread kann man über Anne Sophie v. Otter schreiben. 1955 als Tochter eines Diplomaten geboren, seit Jahrzehnten international berühmt. 1987 Matthäus-Passion mit Solti- eine mustergültige Interpretation. Otter ist sehr vielseitig, von der Musik Bachs bis Bartok, von geistlicher Musik bis hin zu crossover-Projekten, überdies eine renommierte Offenbach-Sängerin ( vor einigen Jahren erschien eine DVD mit einem Offenbach-Programm aus Paris).


    Sehr bemerkenswert ihre Zusammenarbeit mit Quasthoff und Abbado bei den Wunderhorn-Liedern von Mahler.


    Ein Weltstar ohne Allüren

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Sagitt meint:


    Ich möchte noch auf Friedel Beckmann hinweisen. Sie hat 1941 mit Ramin die Matthäus-Passion gesungen. Das ist ein der ganz großen Darstellungen dieser Partie. Wenn man im Sängerlexikon von Kutsch/Riemers nachschlägt, findet man natürlich eine Eintragung zu ihr, die aber praktisch 1948 endet- da wäre sie 44 gewesen. Sie war verheiratet mit einem hohen Nazi-Kulturfunktionär. Wer weiss etwas über diese Sängerin ?

  • Alt ist eine wunderschöne Stimmlage, vielleicht von allen Stimmlagen die schönste! Das Timbre einiger Altistinnen ist schwer zu übertreffen.


    An erster Stelle rangiert bei mir, obwohl hier nur Sängerinnen der Stereo-Ära hineinsollen, seitdem ich sie zum ersten Mal gehört habe, Kathleen Ferrier. Ein prachtvoller Alt mit einer wunderbaren Tiefe.
    Leider schöpft kaum ein Komponist die vollen Möglichkeiten der Altistinnen aus: viele Altpartien werden heutzutage von Mezzos gesungen - können auch stimmlich von Mezzos gesungen werden, weil auch diese tief genug hinunterkommen, nur das schöne Alt-Timbre fehlt ihnen eben -, wo gibt es denn noch den echten, tiefen Alt? (sowohl auf Kompositionen als auch auf Interpretinnen bezogen!) Ich habe den Eindruck, dass jede Sängerin immer so hoch wie möglich singen will.


    Eine wirklich sensationelle "Altistin" gibt es im außerklassischen Bereich: Mercedes Sosa. Diese argentinische Schlagersängerin singt in einer Aufnahme von Ariel Ramírez "Misa Criolla" das Tenorsolo in der Originallage! Und das im Alter von 64 Jahren!



    Es ist vielleicht keine "klassische" Aufnahme dieser Messe, in keinem Sinn, aber die Stimme dieser Sängerin ist absolut fesselnd und mitreißend!

  • An die Administration: Ich habe die - wahrscheinlich irrige - Meinung, dass dieses Posting aufgrund seiner anschaulichen Zusammenschau und seiner gänzlich anderen Anlage ein Einzelposting sein sollte; man möge mir daher das Doppelposting verzeihen. Wenn ihr anderer Meinung seid, dürft ihr gern den Inhalt dieses Postings in mein obiges kopieren und dieses hier löschen.


    Ich habe, um einer Diskussionsgrundlage willen, einmal aus dem Harenberg Opernführer - Sängerverzeichnis alle ausdrücklich Altistin benannten Sängerinnen zusammengesucht.
    Es ist ja so, dass die Zuordnung zu Stimmlagen nicht ganz fix ist, insbesondere zwischen Mezzosopran und Alt sind die Grenzen fließend. Ich könnte keine Richtlinien der Beurteilung angeben als "nach Gefühl". Es ist mehr eine Sache des Timbres als der absoluten Tonhöhe.
    Der Harenberg ist für eine Einteilung ganz sicher keine Referenz; trotzdem finde ich es nicht schlecht, einmal eine Auflistung zu haben, welche Sängerinnen ein forenexternes Werk als Altistinnen bezeichnet. Man kann ja dann darüber diskutieren.


    Marian Anderson [1902-1993]
    Gabriella Besanzoni [1888-1962]
    Marianne Brandt [1842-1921]
    Albertina dal Monte [1897-unbekannt; Karriere 1935 aufgrund Heirat beendet]
    Kathleen Ferrier [1912-1953]
    Maureen Forrester [*1930]
    Julia Hamari [*1942]
    Charlotte Huhn [1865-1925]
    Margarete Klose [1902-1968]
    Jelena Obraszova [*1937]
    Sigrid Onegin [1889-1943]
    Eva Podles [*1962]
    Ernestine Schumann-Heink [1861-1936]
    Kerstin Thorberg [1896-1970]
    Huguette Tourangeau [*1938]
    Karoline Unger [1803-1877]
    Lucia Valentini-Terrani [1946-1998]
    Helen Watts [*1927]
    Ortrun Wenkel [*1942]


    Als merkwürdiges Zwitterwesen "Mezzosopranistin/Altistin" Erwähnung gefunden hat:
    Maria-Felicia Malibran [1808-1836]


    Die ohnehin magere Ausbeute an Altistinnen wird dadurch verschärft, dass kaum eine noch aktiv ist (eigentlich nur noch Eva Podles, oder?) - und das, obwohl relativ viele junge, voraussichtlich noch lange aktiv sein werdende Sopranistinnen und Tenöre verzeichnet sind. Entweder gibt es keinen Altistinnennachwuchs, oder sie werden nicht berümt genug, oder...


    Von allen genannten Altistinnen habe ich lediglich von
    - Kathleen Ferrier
    - Julia Hamari
    - Jelena Obraszova
    - Eva Podles
    - Huguette Tourangeau
    - Lucia Valentini-Terrani
    - Helen Watts
    zumindest eine Aufnahme.


    Über Kathleen Ferrier, denke ich, brauchen wir nicht zu sprechen, da sind wir uns alle einig. Eine großartige Künstlerin, eine wunderbare Altistin, leider viel zu früh verstorben, obwohl vielleicht gerade das einen Teil des Reizes ausmacht.
    Julia Hamari habe ich nur als Czipra im "Zigeunerbaron" - vielleicht kein guter Ausgangspunkt für eine Kritik, da die alte Zigeunerin ziemlich wenig zu singen hat und über weite Strecken eher als Sprechrolle bezeichnet werden muss. Ich finde es auf jeden Fall quantitativ zu wenig, um ihre Stimme wirklich beurteilen zu können.
    Jelena Obraszova - ich würde, wie auch ein anderer Opernführer, der sich in meinem Besitz befindet, mehr für Mezzosopran votieren. Grundsätzlich finde ich ihre Stimme schrecklich, überhaupt nicht mein Fall - ich habe nie wieder eine schlechtere Habanera gehört als die ihre. Auch ihre Amneris ist nicht gerade umwerfend.
    Eva Podles habe ich nur als Zita in "Gianni Schicchi", auch das eine eigentlich fast zu kleine Rolle für eine ausführlichere Beurteilung. Aber was ich gehört habe, gefällt mir gut, auch würde ich sie tatsächlich als echten Alt einstufen.
    Huguette Tourangeau habe ich auch nur als Parséis in "Esclarmonde", und das müsste ich eigentlich wieder einmal hören...
    Lucia Valentini-Terrani habe ich nur als Priesterin in "Aida" (die gleiche Aufnahme wie die Obraszova als Amneris), und das ist definitiv zu wenig.
    Helen Watts darf man getrost als Altistin bezeichnen, wenn man sich ihre Erste Norn anhört!


    Was ist eure Meinung?

  • Hallo, Freunde des tiefen Alts,


    hier also meine Vorstellung von drei bemerkenswerten "richtigen" Altistinnen:


    Nathalie Stutzmann
    in einer ihrer ersten und großartigsten Leistungen, in der zwar kleinen Rolle, aber dennoch sehr beeindruckenden, bedrohlich aufflackernden Darstellung der 'Souffrance' ('Das Leiden') des französischen genialen Außenseiters Albéric Magnard (1865-1914) seines 1897-1901 komponierten Meisterwerks 'Guercoeur' in 3 Akten!



    In der gleichfalls wenig bekannten Ballett-Oper 'Padmâvatî' in 2 Akten, opus 18 (1914-18) von Albert Roussel (1869-1937) gibt Marilyn Horne eine beeindruckende Vorstellung ihres wirklich tiefen Alts, der eigentlich schon einem Tenor gleichkommt!



    Die dritte Empfehlung gilt der schwedischen Altistin Anna Larsson, die in einer konzertanten Aufführung von Richard Strauss' lyrischer Opern-Tragödie 'Daphne' (1936/37) in der Kölner Philharmonie (13./16.03.2004) die Rolle der Gaea (Mutter der Daphne) exzellent verkörperte! Ein sehr tiefer Alt, der von keinem Mezzo einfach mal so übernommen werden kann.



    Schöne Grüße
    Johannes

  • Hallo,


    wenn von "richtigen" Altistinnen die Rede ist, darf eine berühmte Vertreterin dieses Faches nicht fehlen: Die Engländerin Dame Clara Butt (1872-1936), hier als "Britannia".



    In ihrem Heimatland geradezu als Nationalikone verehrt, besaß sie eine wirklich außergewöhnliche, technisch virtuose Stimme, die, wie Sir Thomas Beecham einmal nur halb im Scherz bemerkte, bei klarem Wetter und günstigem Wind auch jenseits des Kanals zu hören gewesen wäre. Insbesondere das extrem dunkel timbrierte Brustregister der 1,85 Meter großen Sängerin verströmte einen geradezu verstörend sinnlichen, intensiv glühenden Reiz von androgyner Schönheit. Manchmal fällt es dem Hörer an einigen Stellen ihrer Aufnahmen schwer, zu erkennen, ob eine Frau oder nicht doch ein Mann singt. Der englische Stimmkenner Michael Scott vermutet, daß dieser Klang wohl die größte Nähe zu dem der großen Kastraten der Vergangenheit aufweist. Vielleicht war das der Grund, weshalb der große französische Komponist Reynaldo Hahn Butts Alt einmal als "une voix obscène" bezeichnet hat.


    Nähere Informationen zu dieser ungewöhnlichen Srimme bei http://www.cantabile-subito.de…t__Clara/butt__clara.html , wo sich auch zwei Klangbeispiele finden ("Il segreto per esser felice" aus Donizettis "Lucrezia Borgia" (Übersicht "Contraltos") und "Que farò senza Euridice" aus Glucks "Orfeo ed Euridice").


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo,


    eine klare Kategorisierung oder Abgrenzung der Fachbezeichnungen zwischen Alt und Mezzo ist wohl ebenso kompliziert wie die zwischen Baß und Bariton. Immer in Abhängigkeit davon, ob man Umfang, Volumen oder Stimmfarbe bzw. Timbre zur Abgrenzung heranzieht. Aushilfsweise verwenden wir den Terminus „Kontraalt“ um besonders tiefe (etwa bis zum tiefen d reichende), füllige und pastose Stimmen zu bezeichnen, die für den Oratoriengesang, Wagners Erda oder etwas Strauss’ Gäa in Daphne prädestiniert sind. Der dramatische Alt hingegen verlangt nach einer Expansion in die Vollhöhe, zuweilen gar bis zum c’’’.


    Ich persönliche differenziere vor allem nach Stimmfarbe und nicht nach dem individuellem Umfang. So halte ich Ewa Podles, mit ihrem großen, pastosen Organ klar für eine Kontraaltistin, obwohl sie mühelos das hohe C erreicht. Ebenso sind etwa erwähnte Clara Butt, Ernestine Schumann-Heink oder Huguette Tourangeau diesem Fach zuzuordnen. Anne Sophie von Otter ist für mich mit ihrer schlanken, zuweilen herben Stimme demnach alles andere als eine Altistin, und aufgrund ihres Timbres ohne jede Eignung für Partien wie Carmen oder Dalila. Und wenn ich dies auch noch bemerken darf: Die von sagitt erwähnte, kürzlich erschienene, Einspielung der „Kindertotenlieder“ unter Boulez, finde ich wegen von Otters’ und Boulez’ Unterkühltheit und der nahezu penetranten Weigerung gegenüber jeglichem Espressivo meilenweit von den Aufnahmen mit Ferrier, Baker oder Ludwig entfernt.


    Obwohl es natürlich keine Dokumente der Stimme von Maria Mailbran gibt, war auch sie ganz sicher keine Altistin sondern ein Mezzo. Es ließe sich diskutieren ob sie nicht gar Sopran gewesen ist. Kritiken aus der Zeit und die für sie komponierten Partien beweisen dies. So sang sie – heute unvorstellbar – Arsace in „Semiramide“, Leonore in „Fidelio“ und Susanna im „Figaro“. Sehr Aufschlussreich ist es auch, einen Blick auf die Malibranfassungen von Lucia di Lammermoor oder Maria Stuarda zu werfen. In der Mittellage soll sie ein Loch gehabt haben, welches sie nur durch ihre Technik geschickt zu überbrücken wusste. Ihre Tiefe war also vom oberen Register isoliert und nicht angebunden.


    Aus der Vergangenheit sind sicher noch zu nennen: Amalie Joachim, die Frau Joseph Joachims, sowie Hermine Spies, Lula Mysz-Gmeiner oder Maria Philippi.


    Spontan fallen mir noch zwei bisher ungenante, wirkliche Altstimmen ein, die noch in der Stereoära tätig waren: Oralia Dominguez und (sicher bekannter) Jean Madeira. Beides tolle Stimmen!


    Man könnte noch viel schreiben, allein über die große Ewa Podles. Aber später mehr....


    Liebe Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Jean Madeira finde ich als Erda ganz in Ordnung, aber nicht wirklich überwältigend. Sonst habe ich leider nichts mit ihr. Aber wenn man die beiden Erdas in der Solti-Einspielung vergleicht, gefällt mir Marga Höffgen als "Siegfried-Erda" besser als Jean Madeira als "Rheingold-Erda". Die Höffgen wäre dabei als bedeutende Altistin der Stereo-Zeit noch zu nennen.


    (Ich persönlich finde die Erda gar nicht so tief, die Gaea in "Daphne" erscheint mir tiefer liegend. Ich habe aber weder vom einen noch vom anderen die Partitur; es liegt also möglicherweise an den Interpretinnen: welchen Umfang benötigt man denn tatsächlich für die beiden Damen?)


    Was die Malibran betrifft (ohne ein wirklicher Malibran-Kenner zu sein!): Vermutlich hat man in dieser Zeit noch nicht zwischen Mezzosopran und Alt unterschieden, weswegen vielleicht manche Überlieferungen von ihr als Alt sprechen. In Wirklichkeit, vermute ich, hatte sie ganz einfach einen sehr großen Stimmumfang und eine gute Technik (kommt ja aus einer berühmten Sängerfamilie), und konnte daher sowohl Mezzosopran- als auch Sopranpartien singen. Auch von ihrer Schwester, Pauline Viardot-Garcia, wird doch berichtet, dass sie einen gewaltigen Stimmumfang hatte; die Partie der Fides in "Le Prophète" wurde ja für sie komponiert und ist in der Tat sehr anspruchsvoll.


    Ich mag ausgesprochene Kontraalte, aber leider scheint es davon viel zu wenige zu geben (und immer weniger, wie es aussieht...). Welchen Kontraalt-Nachwuchs gibt es denn nun tatsächlich? Stimmen wie Butt, Ferrier, Onegin?


    Noch etwas, was nur die Termini betrifft und eigentlich eher nebensächlich ist: Nachdem die Einteilung in Stimmlagen sowieso nur ein Hilfsmittel ist, eine vorgefertigte Tabelle, in die die Realstimmen mehr schlecht als recht hinein passen (vor allem, wenn man dann noch Stimmfächer dazu nimmt... :rolleyes: ) - ich verstehe nicht ganz, warum man den Terminus "Kontraalt" benötigt, da der Kontraalt-Bereich sowieso die einzigen reinen Altgefilde darstellt. Alles andere können auch Mezzos singen (behaupte ich jetzt einfach mal so...), die vielleicht nicht das Timbre eines Alts besitzen (leider!), aber die Tiefe trotzdem irgendwie schaffen. Überhaupt scheint mir der Unterschied etwa zwischen Dramatischem Mezzo und Dramatischem Alt in der Tat mehr eine Frage des Alters zu sein, als eine Frage der Sängerin.

  • Zitat von Philhellene

    Jean Madeira finde ich als Erda ganz in Ordnung, aber nicht wirklich überwältigend. Sonst habe ich leider nichts mit ihr.

    Hallo Philhellene,


    Vielleicht, gibst Du ihr noch eine Chance?! Ich halte Jean Madeira trotz starker Konkurenz (Christa Ludwig und Martha Mödl) für die größte Klytämnestra in einer der größten Elektra-Produktionen (trotz Strichen):



    Unglaublich, wie sie hier singend (sic!) der Rolle ein Gesicht zu verleihen vermag. Sie ist damit weit entfernt von den röchelnden, alten Frauen die nicht selten diese Partie übernehmen.



    Madeira, Borkh, Della Casa, Mitroupoulos - Salzburg 1957


    Ansonsten unbedingt hörenswert ihre furiose Amneris in einer deutsch gesungenen Aida unter dem genialen Dirigat Kubeliks aus Wien 1955 (Gerichtsszene!). Ihre tolle Ballo-Ulrica im selben Jahr neben Tucker, der späten Milanov und einem etwas unidiomatischen, aber mächtig auftrumpfenden Josef Metternich. Sowie der Altpart in einem raren Verdi-Requiem unter Erich Kleiber (Melodram) neben dem großartigem schwarzen Baß Giulio Neris.



    Zitat

    ich verstehe nicht ganz, warum man den Terminus "Kontraalt" benötigt, da der Kontraalt-Bereich sowieso die einzigen reinen Altgefilde darstellt.

    Die tatsächlich große Verwirrung der Termini wird noch größer wenn man weiß, daß in Italien contr'alto oft einen Mezzosopran meint. Ganz im Gegensatz zu unserer deutschen Definition (s.o.).



    Liebe Grüße


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Sagitt meint:


    Auf die Altistin Tougarangeau möchte ich gesondert hinweisen. Sie hatte in siebziger Jahren öfters zusammen mit Joan Sutherland gesungen und ihr herrliches Organ völlig gleichberechtigt neben dieser entfalten können, zB als Elisabetta in Maria Stuarda. Wenn man ein wenig recherchiert, findet man verschiedene Produktionen der beiden im Opernangebot der Decca.


    Es ist schon seltsam, dass die Sutherland immer noch präsent, die Tourangeau hingegen vergessen ist. Dem soll mit dem kleinen Beitrag abgeholfen werden.

  • Hallo,


    ein neuer Thread über mangelnde Wertschätzung tiefer Stimmen erinnerte mich wieder daran, dass ich hier schon lange eine Sängerin anpreisen wollte, die bislang nur kurz erwähnt wurde.


    Es ist schon ein seltsames Zeichen für die Wege der Publikumsgunst, dass schon seit einem guten Jahrzehnt eine Sängerin die Opernbühnen der Welt heimsucht, die die vielleicht außergewöhnlichste Stimme unserer Zeit hat, und mehr oder weniger doch nur den Kennern ihres Faches gut bekannt ist.


    Es handelt sich um die Polin Ewa Podles, ein echter Kontralto und seit Marilyn Horne die erste herausragende Erscheinung im tiefen Rossini-Fach. Dazu eine technisch gut geführte Stimme mit einer geradezu exotischen Sinnlichkeit, wie es nur wenige in der gesamten Schallplattengeschichte gibt. Zu allem Überfluss gibt es noch eine sehr günstige Gelegenheit, diese außergewöhnliche Sängerin kennenzulernen:



    Alle späteren Arienplatten von ihr sind wesentlich teurer!


    Wem beim Anhören dieser CD nicht die wohligen Schauer hinauf und hinunterfahren, der sollte seine Vorliebe auf Kammermusik verlegen! ;)


    Eines der Glanzlichter der Scheibe ist ihre große Arie aus dem Tancredi. Den gibt es bei Naxos auch als Gesamtaufnahme mit ihr und könnte gleich in einem Abwaschen mit abgestaubt werden.


    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Banner Trailer Gelbe Rose

  • Hallo Philhellene,


    Du siehst mich erstaunt, denn eine wirklich sehr schöne Altstimme, eine richtige, hatte die niederländische Aafje Heynis (* 1924).


    Zitat

    Altsängerin Aafje Heynis (bekannt von ihr Gesang in Schuberts Rosamunde, Mahlers Zweiter und Beethovens Neunter Sinfonie) singt in Brahms' Alt Rhapsodie mit Wolfgang Sawallisch und dem Singverein und die Wiener Symphoniker (die zweite Aufnahme von Aafje Heynis; die erste machte sie mit Eduard van Beinum).


    Zitat

    Aafje Heynis was born in Krommenie, 1924. On the advice of the conductor of the choral society in her native town she auditioned for the teacher Jo Immink. From 1946 until 1949 it was Aaltje Noordewier-Reddingius who teached her. She then benefited from the eminent oratorio singer Laurens Bogtman. Finally, she studied with the teacher of Kathleen Ferrier, Roy Henderson, who promised her a great future. With the performance in Brahms’ Alto Rhapsody with the Royal Concertgebouw Orchestra under the beaton of Eduard van Beinum, she gained a great success. Heynis’ career consisted of countless concerts in churches, performances of Bach’s St. Matthew Passion, B-minor Mass, cantatas, song recitals, spirituals and opera (on rare occasions). She was an eminent interpreter of Brahms, Bach, Händel, Mendelssohn, Mahler, Beethoven, Schubert, Frank Martin, Alphons Diepenbrock, etc. Aafje Heynis worked with a number of renowned conductors such as Eduard van Beinum, Bernard Haitink, Eugen Jochum, Otto Klemperer, Antal Dorati, Igor Marketitch, Erich Kleiber and Charles Munch. She also toured England, Ireland, France, Switzerland, Austria, India and Indonesia. The artist was a prolific recording artist and is one of the most beloved singers and vocal teachers in the Netherlands.


    LG, Paul

  • Hast Du völlig recht, Herbert. Keine kann ihr schlagen. Sie hatte ein einzigartiges Timbre. So schön, so klangreich, so warm. :jubel: :jubel: :jubel:


    Diese Stimme wird uns vermutlich Jahrhunderte überleben. :yes: :yes: :yes:


    LG, Paul

  • Hallo,


    ich weiß wohl, dass ich hier an einen älteren Thread anknüpfe, aber ich bin noch nicht so lange im Forum und diese Sache hier beschäftigt mich.


    Wie ich sehe, gelingt auch hier keine eindeutige Abgrenzung zum Mezzo und wahrscheinlich kann man dieses Thema wohl nicht in geschriebener, sondern nur gehörter Form einfangen. Auch wenn es zunächst nicht so relevant klingt, was eine tiefe Sängeriin mal ist oder wird, weil man ja durchaus im jeweils anderen Terrain auch vieles ordentlich singen kann, hat eine Fehleinstufung Folgen. Ein Lehrer meinte wegen meiner Höhenausdehnung - die allerdings kaum die Ausdauer eines Soprans je erreichen wird - alles an Liedern in die mittlere Lage ziehen zu müssen. Damit kam ich überhaupt nicht zurecht, das ganze klang einfach viel zu angestrengt. :no: In der Oper sind m. E. die Unterschiede im dramatischen Fach wesentlich geringer. Alle drei Gruppen brauchen vollendete Höhen und Tiefen. Es ist mir daher gut nachvollziehbar, dass gut trainierte Stimmen sich auch mal an eine Sopranpartie machen.


    Es ist wirklich eine Frage des Timbres in der Tiefe und der Tessitur, der sog. durchschnittlichen Wohlfühl- und Wohlklanglage, mit Spitzentönen hat das wenig zu tun.


    Ewa Podles ist wirklich ganz klasse. Ich habe ihre Rossiniaufnahmen auch und höre da immer wieder wegen Genuss, aber auch zur Anregung hinein. Zu erwähnen ist auch ihre "Voce di donna" aus La Cioconda von Ponchielli.


    Super, dass auch jemand Clara Butt gefunden hat. Ich besitze die Aufnahmen "Abide with me" und bin, obwohl eine solche Singweise wohl heute jaum mehr zum Tragen käme (sehr urig 8), sehr fasziniert davon.


    Zum Schluss noch zu den "Erdas":


    Das kurze, aber wirkungsvolle Intermezzo im Rheingold ist weder besonders hoch noch tief, kann aber genau deswegen nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Es wird erwartet, dass jeder Ton wie eine Statue steht und vollstimmig klingt. Die Partie im Siegfried (Dialog mit Wanderer - Wotan) ist durchgängig tief gelegt, steigt aber im vorletzten Teil unerwartet auf ein a2, ziemlich heftig und klingt selten schön. Die Gaia von Strauß liegt ähnlich.



    LG


    Ulrica

  • Ich würde sofort, wenn gefragt, Hanna Schwarz als richtige Altistin einteilen. Qua Timbre gehört sie da m.E. eher als bei den Mezzi.


    LG, Paul

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Liebe Taminos,


    zweimal genannt, aber noch nicht vorgestellt:


    Ernestine Schumann-Heink, die schlicht perfekte Altistin. Was sie nicht singen kann, ist kaum vorstellbar. Technisch brillant, perfekt verblendete Stimme, gewaltiger Oktavumfang. Dabei eine so wandlungsfähige Stimme (was ich bei der Ferrier nicht so ausgeprägt finde), daß sie einen immer wieder zum Staunen bringt! (Erda auf der einen Seite, dann "I und mei Bua" von Millöcker)


    Von den Alten möchte ich noch nennen: Onegin, Farrar, M. Klose


    Die phantastische Fedora Barbieri (Azucena!!!), Giulietta Simionato und Ebe Stignani (Eboli!!!) sind auch noch nicht gewürdigt worden.


    Die dunkelste Altstimme, die ich auf der Platte kenne, gehört Frau Obrastzova; man höre ihre Ulrica unter Abbado!


    Liebe Grüße,



    Christian

  • Lieber Christian,
    Geraldine Farrar war eine Sopranistin die, wie einige andere auch
    (R.Ponselle, V.de los Angeles, M.Callas, L.Price etc.) Carmen sang.
    Für menen Geschmack sind auch wunderbare Altistinnen (wobei
    ich Alt oder Mezzo nicht trenne) Rise Stevens und Nan Merriman,
    die beide auch den Orpheus gesungen haben.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Lieber Herbert,


    Du hast vollkommen recht. Ich weiß auch nicht, warum ich sie als Alt eingestuft habe, wohl, weil ich noch eine dunkle Färbung ihrer Carmen im Ohr hatte.


    Mea culpa; sorry!



    Liebe Grüße,



    Christian

  • An dieser Stelle möchte ich meine Lieblings-Altistin ins Gespräch bringen:


    Die leider schon mit 51 Jahren an Leukämie verstorbene


    Lucia Valentini Terrani ( 1946 - 1998 )



    Seit ich sie 1980 in Köln bei Rundfunkaufnahmen ("La Cenerentola" mit Araiza) kennenlernte, bin ich dieser Stimme hoffnungslos verfallen!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Vielleicht keine ausgesprochene Altistin, wohl aber eine Mezzosopranistin mit guter Tiefe fehlt hier noch (glaube ich): Regina Resnik.


    Ihre herrliche Mrs. Quickly in Bernsteins FALSTAFF-Aufnahme



    die ich sogar Fedora Barbieri bei Karajan vorziehe, ist allein schon fast ein Grund, sich auch diese (zusätzlich zu Karajans) zuzulegen.


    Auch als Klytemnästra und Ulrica ist sie keineswegs zu verachten.


    Ansonsten sollte man berücksichtigen, dass der mangelnde Glamour der Altistinnen nicht zuletzt den Komponisten zuzuschreiben ist, die den Altistinnen fast immer nur Nebenrollen zuteilten, und natürlich den Starsopranistinnen aller Jahrhunderte, die eifersüchtig darauf achteten, dass sie die dankbarsten Rollen bekamen.


    Kein Wunder, dass fast jede Sängerin mit gutem Alt-Potenzial darauf aus ist, ihre Stimme wenigstens zum Umfang einer guten Mezzosopranistin auszubauen.


    :hello:

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Vor mir liegt eine Recital-CD einer Sängerin, die auf Ihren Opernplatten als Mezzosopran, in den Konzertaufnahmen jedoch als Altistin bezeichnet wird:


    Hetty Plümacher (1919 in Solingen geboren)



    Die Bandbreite Ihrer Aufnahmen ist beachtlich, und Ihre warme Stimme begeistert mich immer wieder aufs Neue.
    Schade, dass sie heute fast vergessen ist!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald Kral,


    eine Glanzrolle fehlt allerdings auf der Aufnahme (oder ist nicht genannt?): Die Nancy aus Flotows Martha.


    @all
    Zum hier angesprochenen "Glamourfaktor" will ich jetzt nicht viel sagen. M. E. strahlen die genannten großen Vertreterinnen alle miteinander eher sehr tiefgründige Ruhe in Stimme und Erscheinung aus und das verträgt sich mit hektischem Hype nicht unbedingt.


    LG


    Ulrica

  • Zitat

    Original von Ulrica
    eine Glanzrolle fehlt allerdings auf der Aufnahme (oder ist nicht genannt?): Die Nancy aus Flotows Martha.


    Hallo Ulrica,


    unter Mignon steht Martha. Wie ich gesehen habe, ist die Gesamtaufnahme der Oper mit ihr allerdings im Moment nicht zu haben.


    LG Peter


  • Liebe Ulrica, lieber Peter,


    Die berühmte Aufnahme mit Wunderlich, Rothenberger und Frick gibt es derzeit leider wirklich nur in der Highlights-Version, aber wenn es nur um die Plümacher als Nancy geht: In der BR-Produktion von 1955 singt sie diese Rolle ebenfalls (unter Hans Gierster mit Lipp, Kmentt und Böhme als Partner). Davon ist eine digitalisierte Ausgabe im Handel erhältlich.


    LG


    Waldi

  • Zitat

    Original von Walter Krause
    Die berühmte Aufnahme mit Wunderlich, Rothenberger und Frick gibt es derzeit leider wirklich nur in der Highlights-Version, aber wenn es nur um die Plümacher als Nancy geht: In der BR-Produktion von 1955 singt sie diese Rolle ebenfalls (unter Hans Gierster mit Lipp, Kmentt und Böhme als Partner). Davon ist eine digitalisierte Ausgabe im Handel erhältlich.


    Lieber Waldi,


    vielen Dank, beides gefunden.


    LG Peter

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose