"Vater Unser" in Musik gesetzt

  • Guten Abend


    welche Vertonungen des "Vater Unser", wohl das bekannteste Gebet des Christentums, gibt es ?


    Bekannt sind mir:


    aus den "Symphoniae sacrae III" von Heinrich Schütz
    das "Vater unser, der du bist im Himmel" SWV 411:
    z.B. vom Cantus Cölln



    eingespielt,




    und eine "Vater unser" Vetonung
    von Christian Geist (~ 1650 - 1711 ) für Singstimme, Streicher u. B.c.;


    aus dieser



    Aufnahme mit Franz Vitzthum (Countenor) und dem
    Ensemble Les Escapades
    bekannt.


    Gibt es weitere Vertonungen/Einspielungen davon ?
    Wurde auch die lateinische Textfassung des "Pater noster" vertont ?


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • wir werden sicher noch viele Vertonungen in mehreren Sprachen zusammentragen.


    Ich trage die Vertonung von Strawinsky bei.


    Der Werktitel lautet scheinbar pater noster, gesungen wird allerdings auf kirchenslawisch oder russisch.


    ein kurzer (vierstimmiger?), gemischter, unbegleiteter Chor, ohne grelle Modernismen, ganz an die traditionelle russische Kirchenmusik angelehnt.


    Unter der Leitung des Komponisten dauert das ganze nur 1:43 Minuten.


    Hier eingespielt die revidierte Fassung von 1949


  • Von Tschaikowsky gibt es auch ein schönes Vaterunser für Solisten (Tenor?) und Chor, unbegleitet. In dieser Aufnahme 4:09 Minuten.


    Tschaikowsky schwelgt romantischer als Strawinsky, lehnt sich aber bewußt auch sehr an den russischen Kirchenstil an. Sprache auch wieder in russisch oder Kirchenslawisch oder dergleichen.


    Trotz des anbiedernden Titels eine meiner Meinung nach gelungene und empfehlenswerte Zusammenstellung verschiedener im traditionellen Stil komponierte Werke verschiedener Komponisten.


    Kammerchor St. Petersburg (Tschaikowsky) und andere


  • Franz Liszt hat das Vaterunser auch mehrfach vertont.


    Auf Latein in seinem Christus-Oratorium (7:44 Minuten)


    Chor mit dezenter Orgel-Begleitung (in anderen Teilen des Oratorium gibt es auch üppiges Orchester)



    und hier gibts auch noch ein deutsches Vaterunser von Liszt





    und hier noch den Spielverderberhinweis :D



    aber auch darüber hinaus werden wir noch einige Vertonungen finden!

  • Ein paar Exoten:


    Von Nicolai gibt es ein etwa fünfminütiges Pater Noster für Doppelchor (kann man auch hin und wieder mit Blechbläsern hören) .


    Rimsky-Korsakov hat es nur auf die Hälfte der Sänger und Zeit gebracht.


    Duruflé dafür, wenn ich mich recht entsinne, auf Französisch.



    audiamus


    .

  • und noch ein letztes russisches / kirchenslawisches Vaterunser für heute:


    Rachmaninow: "Die göttliche Liturgie des Hl. Shrysostomos" op. 31


    auch hierin gibt es ein ca. vierminütiges Gebet des Herrn für unbegleiteten Chor.


    Klingt dunkler und noch mystischer als Tschaikowskys Vaterunser


  • Eine besonders eindrucksvolle Vertonung des "Vater unsers" hat der in England als Jocob Händl in Österreich als Jacobus Gallus bekannte Komponist tschechischer Abstammung komponiert.


    Eine besonders gelungen Einspielung liegt mit den Cambridge Singers unter John Rutter vor.


    Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum. (Friedrich Nietzsche)

  • Hier kommt noch eine Spielverderber CD - allerdings doch mit einigen anderen Vertonungen, gerade aus der britischen Chortradition:



    Ich habe diese Scheibe länger nicht gehört - werde das aber nachholen- und meine mich zu erinneren, dass der Tewkesbury Abbey School Choir keine wirklich spannende und auch nur unzureichend durchhörbare Einspielung abgeliefert hat.


    Gruß
    Stefan

    Psalmen sprechen und Tee trinken kann niemals schaden!

  • Guten Abend


    Michael Praetorius in seiner 1609 erschienenen Sammlung
    "Musae Sioniae VII" in einem 4-stimmigen Kantionsatz das "Vater unser" vertont.
    Eingespielt vom Ensemble The Syrius Viols, dem Knabenchor Hannover
    und dem Rosenmüller Ensemble ist dieses kurze Kirchenstück u.a. auf dieser M. Praetorius CD:



    mit der Rekonstruktion einer Vesper für den Erzengel Michael mit
    Vokal- und Instrumentalsätzen von Michael Praetorius zu hören.


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Hallo liebe Paternoster-Freunde,


    ich kann, wie weiter oben angegeben, auch das Paternoster von Igor Strawinsky erwähnen. Es ist ein für einen Kirchenchor wie den unsrigen ein gewöhnungsbedürftiges Stück und schon alleine wegen der vielen Abwärtsgänge recht problematisch, und so ist dann die erste Aufführung oftmals auch nicht die beste. Aber allmählich haben wir einen Stand erreicht, wo man sagen kann, jede Aufführung wird besser als die vorangegangene.
    So ist es dann auch ein wunderschönes Stück, in dem Strawinsky die russische Seele eingefangen hat.


    Liebe Grüße


    Willi

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Carlo Alfredo Mussinelli (1871-1955)


    PADRE NOSTRO


    Römisch katholisches Gebet


    Label: Bongiovanni, Einspielung Jahr 2003
    Bestell-Nr. GB2331-2
    Gesangsolistin: Fernanda Piccini - Mezzosopran
    Chor: 'Unione corale' della Spezia
    Maestrop del Coro: Stefano Frederici



    Libretto:


    "Padre Nostro che nei cieli stai
    Salgano al nome Tui lodi e preghiere
    Venga il Tuo regno
    E in cielo e in terra
    Ormai compiasi il Tuo volere
    Dacci oggi il pane
    Assolvi il nostro errore
    Noi gli altri assolveremo
    Se fummo offesi
    Rendici saldi contro il tentatore
    Contro ogni male illesi
    Cosi sia...cosi sia."


    Dauer des Vortrages 6,12 Minuten


    Inhaltsangabe:


    Der Name des Vaters, der im Himmel wohnt, sei gepriesen und geehrt.
    Möge sein Königreich kommen. Auf der Erde und im Himmel soll sein Wille ausgeführt werden. Der Vater wird gebeten, uns an diesem Tag das Brot zu geben. Unsere Übertretungen möge er bitte verzeihen, so wie wir auch denen vergeben, die gegen uns schuldig geworden sind. Der Vater möge uns gegen Versuchungen widerstandsfähig machen und uns von Übeln aller Art befreien - Amen



    Bonus zur Oper 'I Sogno di Rosetta' von Carlo Alfredo Mussinellil

  • Krebs, Karl August * 16. Jan. 1804 in Nürnberg † 16. Mai 1880 in Dresden
    Komponist und Dirigent


    hat ein sehr schönes "Vater unser" komponiert, sehr schlicht, wie man es von einem solchen Lied erwartet. Wir hatten es vergangen Sonntag im Konzert. So viel ich weiß, ist es noch der Urtext, in dem es heißt: ....sondern erlöse uns von dem "Übel", ist später umgehändert worden in "Bösen".


    Krebs hat auch folgende Werke komponiert:


    Feodora (1811)
    Der Kosakenoffizier (1815)
    Sylvia oder die Macht des Gesangs (1829 Hamburg)
    Herzog Albrecht (Hamburg), revidiert als Agnes Bernauer (1858 Dresden)
    Agnes, der Engel von Augsburg (August Lewald), Oper 4 Akte (1836 Hamburg); 1858 Dresden, als Agnes, der Engel von Augsburg

  • gibt es nicht auch eines von janacek? so weit ich mich erinnere ...

    Allerdings! Es heißt "Otcenas" auf tschechisch, wobei auf dem -c- ein Haken ist, den mein Computer nicht kann. Ein tolles Stück, für Tenor-Solo, Harfe, Klavier und Chor. Wir hatten damals in unserem Vokal-Ensemble keinen Solotenor, da mussten wir Chortenöre zu dritt ran, es war schwer und saumässig hoch, aber es ging. Neben diesem ist natürlich das schon genannte Strawinski - Vaterunser eine Messlatte! Das Parallel-Stück zum Vaterunser von Strawinski ist das "Ave Maria": beides ganz einfach und ganz schwer.

    Was ist der Unterschied zwischen der SPD und der Titanic? Die SPD kann den Eisberg jetzt schon sehen!

  • Gerade bei jpc entdeckt:



    Vater unser-Vertonungen


    Cherubini: Pater Noster für 4-stimmigen Chor & Klavier
    +Gounod: Pater Noster für 5 Stimmen
    +Verdi: O Padre Nostro für 5-stimmigen Chor a cappella
    +Nicolai: Pater Noster für 8-stimmigen Doppelchor a
    cappella
    +Liszt: Pater Noster aus "Christus" für 7-stimmigen Chor &
    Orgel
    +Mendelssohn: Variationen über "Vater unser im Himmelreich"
    aus der Orgelsonate op. 65 Nr. 6
    +Meyerbeer: Paster Noster für 4-stimmigen Chor a cappella
    +Tschaikowsky: Vater unser für 4-stimmigen Chor a cappella
    +Janacek: Vater unser für Tenor, 4-stimmigen Chor, Harfe &
    Orgel
    Oly Pfaff, Renie Yamahata, Herrmann Trefz, Philharmonia Chor
    Stuttgart, Helmut Wolf


    Label: Profil , DDD, 1988



    LG, Elisabeth

  • Hier eine Version von Verdi, auf der CD "Messa Solenne" von Chailly, offenbar bei Decca schon gerstrichen und bei jpc nicht erhältlich:


    http://itunes.apple.com/de/alb…-messa-solenne/id15180785



    Das gleiche bei Berlioz - nur noch in anderer Zusammenstellung zu bekommen - ursprünglich waren beim Requiem noch "5 pièces sacrées" dabei:


    http://itunes.apple.com/us/alb…m-five-sacred/id252101466

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Schön, was es hier alles für Threads gibt. Gwestern Abend hörte ich das "Vaterunser" in der Vertonung von Leos Janacek:



    Mal ganz abgesehen davon, dass das eine wundervolle Vertonung ist (diese eher kurzen Stücke sind ja zumeist Beifang von längeren, in diesem Falle das "Ewige Evangelium") ist mir eines dann doch aufgefallen: es gibt ja einige Vertonungen des Vaterunser. Aber das sind immer Solitärstücke, d.h., sie sind ni in die Vertonung einer Messe eingebunden (für die Messen im slawisch/byzantinischen Ritus kann ich jetzt freilich nicht sprechen), aber die klassischen Vertonungen der römischen Liturgie und auch ihr deutsch übersetzen Geschwister berücksichtigen nie das Vaterunser, oder ist mir da was entgangen. Zur Sache selbst: das Vaterunser ist bekanntlich das Gebet des Herrn und sollte von der ganzen Gemeinde gebetet werden. Könnte ein Grund sein, da aber lediglich in Bezug auf den Auftrag Christi, da ja Kyrie, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei (das letzte im katholischen Ritus mit verteilten Rollen, in der protestantischen Liturgie kommen die beiden letzten nicht vor) ja auch Gemeindegebete sind. Nun sind die Vertonungen ja nicht die ganze heilige Messe. Das lässt sich sehr schön nachhören bei CDs speziell des Great Service von William Byrd, wo eben nicht nur die Musik Byrds aufgenommen wurde, sondern der gesamte Service mit allen Gemeindegesängen, Lesungen und Gebeten. Praxis war es wohl auch, verschiedene Vertonungen zu mischen. Das Ergebnis ist tatsächlich beeindruckender, weil die Musik -in diesem Falle die von Byrd- strahlende und beglückend aus dem Rest heraustritt und den Kern, eben Kyrie, Credo, Sanctus, Benedictus und Agnus Dei. Es fehlen oft Confiteor und Dona nobis pacem. Das ist wohl auch auftragsabhängig, denn die Messen sind ja in der Regel Auftragsarbeiten. Dennoch, das beharrliche Ausklammern des "Vaterunser" in Vertonungen der heiligen Messe finde ich erstaunlich. Kennt jemand Gründe dafür?


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Soul- oder Jazz-Varianten des Vaterunser wurden bislang nochnicht angesprochen, ich erwähne hier deshalb eine Platte, die ich als Kind sehr gerne gehört habe (jaja, ich weiß, ich muss ein komisches Kind gewesen sein): im Neandertal nahe Düsseldorf hat es in den 1960er Jahren progressive Gemeinden gegeben, die hörenswerte Neukompositionen von Kirchenmusik in Auftrag gaben, interessante Combos einrichteten und das ganze klang nicht wie gewollt und nicht gekonnt (der katholische Familiengottesdienstklassiker der 1970er), nein, das klang richtig gut. Das Vaterunser von dieser Platte hat's tatsächlich seinerzeit (muss 1972 gewesen ein) in den Liedkanon unsere Kirchengemeinde geschafft: ich hatte die Platte mal in den Religionsunterricht mitgebracht. Leider kein youtube-Video, aber vielleicht kennt jemand die Platte:


    ODItMzQ0Ni5qcGVn.jpeg


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Dennoch, das beharrliche Ausklammern des "Vaterunser" in Vertonungen der heiligen Messe finde ich erstaunlich. Kennt jemand Gründe dafür?

    Zum Ordinarium gehören nur die klassischen Gemeindetexte - die also von Liturg und Gemeinde gemeinsam bzw. im Wechsel gebetet und gesungen werden. Seit dem 14. Jh. standen die fünf Hauptteile mehr oder weniger fest, u.a. auch deshalb, weil frühe Vertonungen (z.B. von Marschaut) sich auf diese Teile konzentrierten. Das Vaterunser war in der römischen Liturgie aber - so unsinnig das ist, wenn man darüber nachdenkt - dem Priester vorbehalten und zwar bis zur Liturgiereform 1970.

    Das Vaterunser ist ja auch nicht der einzige dieser priesterlichen Texte, die im Ordinarium nicht fest verankert sind. Man denke nur an die (aaronitischen) Segensformeln, die auch fester Bestandteil der Messe sind, oder an Einsetzung etc.

    Beste Grüße von Tristan2511


    "Glaubt er, dass ich an seine elende Geige denke, wenn der Geist zu mir spricht?"

    (Beethoven zu Schuppanzigh)

  • Schön, was es hier alles für Threads gibt. Gwestern Abend hörte ich das "Vaterunser" in der Vertonung von Leos Janacek:

    dazu die Partitur und Originalext :


    https://koorpartij-oefening.nl…a_s__FE_SecondVersion.pdf


    1. Otče náš, jenž jsi na nebesích,

    posvěť se jméno tvé,

    2. Ó přijď nam království tvé,

    buď vůle tvá jako v nebi,

    tak i na zemi.

    3. Chléb náš vezdejší dej nám dnes

    4. a odpusť nám naše viny,

    jakož i my odpouštíme našim viníkům

    5. Neuvoď nás v pokušení,

    ale zbav nás všeho zlého.

    Amen.


    Weitere Vertonungen gibt es von:

    Josquin Desprez

    Adrian Willaert

    Cristóbal de Morales

    Nicolas Gombert

    Jakob Arcadelt

    Giovanni Pierluigi da Palestrina

    Jacobus Gallus

    Heinrich Schütz

    Otto Nicolai

    Franz Liszt

    Giuseppe Verdi

    Max Reger

    Igor Strawinsky

    Günter Raphael

    Pēteris Vasks

    Johannes Driessler

    Sixt Dietrich

    Johannes Eccard

    Hans Leo Haßler

    Orlando di Lasso

    Michael Praetorius

    Samuel Scheidt


    .... es gibt ja einige Vertonungen des Vaterunser. Aber das sind immer Solitärstücke, d.h., sie sind ni in die Vertonung einer Messe eingebunden (für die Messen im slawisch/byzantinischen Ritus kann ich jetzt freilich nicht sprechen), aber die klassischen Vertonungen der römischen Liturgie und auch ihr deutsch übersetzen Geschwister berücksichtigen nie das Vaterunser, oder ist mir da was entgangen.

    Alles Gute und einen Gruß von Orfeo

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