Legendäre Orchester unter legendären Dirigenten - Was ist geblieben?

  • Zugegebenermaßen ist der Titel ein wenig sperrig und undurchschaubar, deshalb möchte ich ihn vom Sinn her erklären:
    Es gibt (oder gab ??) Orchester, welche einen bestimmten Ruf geniessen, zur Legende wurden oder aber mit dem Ruf eines Dirigenten untrennbar verbunden waren - eine Marke gewissermaßen. Spontan fallen mir hier die Berliner Philharmoniker und ihre Chefdirigenten Furtwängler, bzw sein Nachfolger Karajan ein, die Wiener Philharmoniker - wenngleich hier keine Position eines Chefdirigenten existiert, waren einerseits eine Legende an sich - andrerseits aber stets mit dem Namen Karl Böhm verbunden.
    Das Chicago Symphony Orchestra - welchen Ruf genoss es unter Solti - welchen geniesst es heute? Leopold Stokowski, und nach ihm Eugen Ormandy prägten den Klang des Philadelphia Orchestra - ihre Regentschaft dauerte von 1912 - 1980, was sich positiv auf die Kontinuität des Klanges auswirkte.
    Aber es müssen nicht unbedingt internationale Flagschiffe von Orchestern sein, Karl Münchinger war sozusagen das Zugpferd des Stuttgarter Kammerorchesters bzw. der sich daraus entwickelten Klassischen Philharmonie Stuttgart, Helmut Müller Brühl jenes des Kölner Kammerorchesters. Die Camerata Accademica des Mozarteums Salzburgs (wie oft haben die eigentlich in den letzten Jahrzehnten ihren Namen gewechselt ?) hatte, soweit ich das verfolgen konnte ZWEI Höhepunkte in der Zeit ihres Bestehens, jene unter Bernhard Paumgartner, und viele Jahre später unter Sandor Vegh. Nicht zu vergessen die Ära Celibidache der Münchner Philharmoniker, an die bis heute nicht wieder angeknüpft werden konnte.....


    Es gab natürlich noch weitere Orchester, die mit der Person des Chefdirigenten gestanden und gefallen sind. Aber die EIGENTLICHE Frage dieses Threads lautet eigentlich inwieweit diese Orchester ihren Ruf (ungeachtet ihrer heutigen klanglichen Ausrichtung und Qualität) in unsere Zeit hinüberretten konnten - oder nicht....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ein interessanter Thread, lieber Alfred, und ich beginne mal mit dem Orchester, das mir am meisten am Herzen liegt, den Berliner Philharmonikern. Ich meine, dass die Nachfolger von Wilhelm Furtwängler und Herbert von Karajan, nämlich Claudio Abbado und Sir Simon Rattle, das Niveau des Orchesters gehalten haben und mit ihrer Programmgestaltung und natürlich mit ihrer künstlerieschen Potenz den Ruf des Orchesters in aller Welt weiter gefestigt haben.
    Ich werde mich in diesem Thread auch weiter zu Wort melden, wenn es gewünscht ist, auch mit Beispielen von singulären Aufnahmen.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Unter den Orchestern, die über Jahrzehnte hinweg von ihren Chefdirigenten geprägt wurden und ihr herausragendes Niveau halten konnten, ist in erster Line das Concertgebouw Orchester Amsterdam zu nennen.


    Willem Mengelberg prägte und leitete es von 1895-1945. Es folgten Eduard van Beinum (1945-1959), Bernard Haitink (1963-1988), Riccardo Chailly (1988-2004) und Mariss Jansons (seit 2004).

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich denke, man kann auch das Gürzenich-Orchester hinzurechnen, das unter Günter Wand jahrzehntelang zu wahren Höhenflügen unterwegs war und mittlerweile unter seinem jetzigen Kapellmeister Markus Stenz wieder an das Wandsche Niveau herangekommen ist, wenn auch nicht mit Bruckner, sondern mit Mahler.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Spontan fallen mir hier die Berliner Philharmoniker und ihre Chefdirigenten Furtwängler, bzw sein Nachfolger Karajan ein


    Interessanterweise wird bei der Nachfolge Furtwänglers durch Herbert von Karajan am Pult der Berliner Philharmoniker oft die immerhin etwa siebenjährige Interimszeit des jungen Sergio Celibidache unterschlagen!? - Ich bin allerdings nicht darüber orientiert, ob aus dieser Zeit eine nennenswerte Anzahl verfügbarer Tonaufnahmen (z.B. Rundfunkmitschnitte) existiert.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

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  • Zitat

    Interessanterweise wird bei der Nachfolge Furtwänglers durch Herbert von Karajan am Pult der Berliner Philharmoniker oft die immerhin etwa siebenjährige Interimszeit des jungen Sergio Celibidache unterschlagen!? - Ich bin allerdings nicht darüber orientiert, ob aus dieser Zeit eine nennenswerte Anzahl verfügbarer Tonaufnahmen (z.B. Rundfunkmitschnitte) existiert.


    Ich zitiere der Kürze wegen mal komplett, und weil ich den ganzen Satz brauche um ausführlich antworten zu können.


    Wie es scheint war die Zusammenarbeit dieser Zeit weder erfreulich, noch von spektakulären Ereignissen oder Tonaufzeichnungen gezeichnet. Bei aller Wertschätzung Celibidaches (und ich mag seine Münchner Aufnahmen sehr)- scheinbar waren die Berliner Philharmoniker nicht überzeugt, dass er der beste Mann für sie sei. Es geht ja hier nicht ausschliesslich um "reale" Leistungen, sondern welches Image der Chefdirigent oder Lieblingsdirigent (ich beziehe mich hier auf Karl Böhm und die Wiener Philharmoniker) dem Klangkörper "verpasste" Es ist meiner Meinung nach unbedeutend, ob es aus der Interimszeit Celibidaches als Chfdirigent der Berliner Philharmoniker Rundfunkmitschnitte gab oder noch gibt - sondern darum, welches Image des Orchesters diese Aufnahmen vermitteln. Da wir nicht mal wissen ob es welche gibt, brauchen wir auch nicht die Archive zu bemühen: Sie sind für die Geschichte des Orchesters und seiner Reputation völlig unbedeutend und wertlos.


    Über die Ära Abbado und Rattle der "Berliner" wird später noch zu reden sein - aber wir wollen vorerst noch über die Geschichte anderer Orchester mit "Eigencharakter" schreiben, so z.B über die Leningrader Philharmoniker - die ja nun wieder St. Petersburger Philharmoniker heissen - und ihren Chefdirigenten Jewgeni Mrawinski dem das Orchester von 1938 - 1988 unterstand, und der es maßgeblich prägte.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Es ist meiner Meinung nach unbedeutend, ob es aus der Interimszeit Celibidaches als Chfdirigent der Berliner Philharmoniker Rundfunkmitschnitte gab oder noch gibt - sondern darum, welches Image des Orchesters diese Aufnahmen vermitteln.


    Na ja, aber wir reden ja nicht nur über das Image, sondern doch wohl auch über die Spiel- und Klangkultur eines Orchesters, oder? - Nun scheint es mir zwar so, dass Celibidaches "eigenwillige" Tempovorstellungen in seinen jungen Jahren noch nicht so ausgeprägt waren, wie in seiner Zeit bei den Münchnern (ich bin da kein Experte, aber man höre etwa einige Aufnahmen z.B. mit dem Schwedischen Radiosinfonieorchester); trotzdem könnte seine Zeit bei den Berlinern ja durchaus Auswirkungen gehabt haben ... sicher mühsam, aber vielleicht erhellend könnten dabei Vergleiche zwischen späten Chefdirigent-Furtwängler- und frühen Chefdirigent-Karajan-Aufnahmen mit dem Orchester sein!?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Interessanterweise wird bei der Nachfolge Furtwänglers durch Herbert von Karajan am Pult der Berliner Philharmoniker oft die immerhin etwa siebenjährige Interimszeit des jungen Sergio Celibidache unterschlagen!? -


    Na ja, offiziell! Du vergisst aber, dass Wilhelm Furtwängler ab 1947 wieder die Berliner dirigiert hat, nur hat man bis 1952 zugewartet, bis der Posten des Orchesterchefs wieder offiziell besetzt wurde.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich denke hier zum Beispiel an die Bamberger Symphoniker dessen wohl bekanntester Dirigent (meines Wissens) Carl Schuricht war und welches jetzt durch Jonathan Nott endlich wieder in die erste Liga aufgestiegen ist (zumindest wenn man nach den CD Publikationen gehen darf).

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  • Zitat

    Na ja, aber wir reden ja nicht nur über das Image, sondern doch wohl auch über die Spiel- und Klangkultur eines Orchesters


    Ich würde sagen: Über BEIDES. Wobei ich die Meinung vertrete, daß das Image sich (langsam) aus der Spiel- und Klangkultur entwickelt - bzw entwickeln KANN. Wird diese nämlich von der Mehrheit der Klassikhörer nicht wahrgenommen, dann bleibt solch ein Orchester gehobenes internationales Mittelmaß (wobei hier ohnedies der Level sehr hoch zu sein scheint)
    Worauf ich hinaus will, ist zu ermitteln, inwieweit sich die Orchester ihre Identität nach Abgang ihres Chefdirigenten erhalten haben. Wenn ich (aus der Ferne) die Sache richtig sehe, so haben die Berliner Philharmoniker (keine Behauptung - sondern eine Einschätzung) nach Karajans Abgang an Zugkraft verloren. Sie sind jetzt ein "internationales" Orchester, kein "deutsches" mehr. Irgendjemand hat mal behauptet, es gäbe keine "Vormachtsstellung" der großen Namen mehr - und genau das meine ich damit.
    Natürlich wird hier auch über die Positionierung der Wiener Philharmoniker (und anderer) zu reden sein - die ihre Probleme auf andere Art zu lösen versuchen. Identitätsverlust orte ich jedoch vorerst keinen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich denke hier zum Beispiel an die Bamberger Symphoniker dessen wohl bekanntester Dirigent ( meines Wissens ) Carl Schuricht war und welches jetzt durch Jonathan Nott endlich wieder in die erste Liga aufgestiegen ist ( zumindest wenn man nach den CD Publikationen gehen darf ).


    Gegründet wurden die Bamberger Symphoniker 1946 unter den Bedingungen der Nachkriegszeit von ehemaligen Mitgliedern des Deutschen Philharmonischen Orchesters Prag.
    Im Januar 1950 trat Joseph Keilberth offiziell das Chefamt in Bamberg an. Mit ihm knüpfte das Orchester an die alte Prager Tradition an.
    Der nationale und internationale Ruf ist seither untrennbar mit seinem Namen verbunden - trotz seines plötzichen Todes am 27.7.1968.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Arturo Toscanini wäre zu erwähnen, der in den USA die Gelegenheit bekam, sein eigenes Orchester aufzubauen. War es das NBC Sinfonierorchester? Gibt es das noch?


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ein inzwischen zu Ende gegangenes Kapitel Nachkriegs-Orchestergeschichte: Die Philharmonia Hungarica.


    Die Philharmonia Hungarica (von Ungarn) wurde 1956 von geflohenen Musikern des Ungarnaufstands im Hotel Esplanade in Baden bei Wien gegründet. Gründungsmitglied und erster Chefdirigent des Orchesters war Zoltán Rozsnyai, ein früherer Leiter des Ungarischen Nationalorchesters.
    Später verlegte das Orchester seinen Sitz nach Marl in Westdeutschland. Durch das Engagement von Rozsnyai sowie des Ehrenpräsidenten Antal Doráti wurde die Philharmonia Hungarica bald zu einem bekannten Orchester in Europa.
    Mit der Einspielung der Haydnschen Sinfonien und Opern hat das hundertköpfige Orchester Plattengeschichte geschrieben.
    Prominente Chefdirigenten waren Yehudi Menuhin und Justus Frantz.


    Weniger bekannt ist, dass das Orchester auch oft an der Rheinoper im Graben saß, ich erinnere mich an viele schöne Abende mit Mozart-Opern - ganz besonders aber an die "Entführung aus dem Serail" - selten so schöne Klänge gehört....

    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Da es ja ein Diskussionsthread ist, erlaube ich mir sanften Widerspruch einzubringen.
    In der Tat hat die Philharmonia Hungarica durch die Gesamtaufnahme der Haydn Sinfonien Schallplattengeschichte geschrieben - und ich glaube sie haben sogar irgendwelche Preise dafür eingeheimst.
    Aber ich erinnere mich auch an einen Satz wo einer der Kritiker (Hifi-Stereophonie oder Phonoforum ?) singemäss etwa folgendes schrieb.
    "Bei allem Lob für das Engagement in Sachen Haydn Sinfonien ist aber leider nicht zu überhören, dass die Philharmonia Hungarica leider kein Klangkörper ersten Ranges ist".


    oder der "Spiegel" (1995)

    Zitat

    Die Philharmonia Hungarica, eines der bekanntesten und hochdotierten Orchester Deutschlands, steht künstlerisch und finanziell vor dem Ruin. Bonn will die Subventionen für das einst von Exilanten gegründete Star-Ensemble kürzen. Die Konzertveranstalter klagen über dessen mangelnde Disziplin, das Publikum erlebt katastrophale Konzerte.


    Der gesamte Artikel ist zurzeit, wo ich diesen Beitrag verfasse, noch zu lesen unter:


    Totentanz auf hohem Ross
    http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-9232929.html


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Arturo Toscanini wäre zu erwähnen, der in den USA die Gelegenheit bekam, sein eigenes Orchester aufzubauen. War es das NBC Sinfonierorchester? Gibt es das noch?


    La Roche


    Nein, das NBC Sinfonieorchester existiert nicht mehr.
    Es wurde speziell für Arturo Toscanini gegründet und wieder aufgelöst, als sich dieser (nicht ganz freiwillig) 1954 aus dem Musikleben zurückzog.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Der gesamte Artikel ist zurzeit, wo ich diesen Beitrag verfasse, noch zu lesen


    Der Artikel ist ebenso inzwischen Geschichte - immerhin 17 Jahre alt.
    In meinem Beitrag habe ich geschrieben "Ein inzwischen zu Ende gegangenes Kapitel Nachkriegs-Orchestergeschichte" - nach dem Öffnen der Ostgrenzen (beginnend ja wohl in Ungarn) hatte sich das Orchester überlebt. Die ursprünglich von Konrad Adenauer noch gewährten Subventionen liefen aus - der Niedergang war unvermeidlich.
    Die Namensrechte werden mittlerweile anderweitig genutzt, das Orchester längst aufgelöst.

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich empfinde die Prämisse des threads als ziemlich fragwürdig.


    Der Ruf großer Orchester mag sich aus Marketinggründen mit einem Dirigentennamen verbinden; aber Alfreds Vorschlag, die Wiener Philharmoniker z.B. ausgerechnet auf Karl Böhm einzuschwören, offenbart die Sinnlosigkeit solcher Etikettenlogik. Furtwängler und Karajan, zwei sehr unterschiedliche Kapellmeister, haben das Berliner Orchester in etwa so geprägt wie Kuhlenkampff und Gottschalk die Samstag-Abend-Show. Erst die Skala aller Dirigenten, bei den Wienern etwa auch Kleiber und Krauss, Bernstein, Solti, Maazel oder Knappertsbusch zeigt die Bandbreite des Klangkörpers - Böhm mit seinem verengten Repertoire ist da eher kontraproduktiv. Und Karajan hat mit seiner späten Live-Einspielung (posthum veröffentlicht) von Mahlers IX. allenfalls aufgezeigt, was er in der früheren Fassung den Möglichkeiten seines Orchester schuldig geblieben ist. - Die Berliner waren schon unter Kempe ein großartiges Wagner-Orchester (diesen Vergleich muß selbst Karajans Ring fürchten). Ein gutes Orchester überlebt dank seiner Tradition noch jeden Dirigenten, und das gilt mutmaßlich auch für die Münchener.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Erst die Skala aller Dirigenten, bei den Wienern etwa auch Kleiber und Krauss, Bernstein, Solti, Maazel oder Knappertsbusch zeigt die Bandbreite des Klangkörpers - Böhm mit seinem verengten Repertoire ist da eher kontraproduktiv.

    Böhms Repertoire war keineswegs verengt, wenngleich er auch kaum Ambitionen hatte, möglichst viel aufzunehmen. Da ist nichts kontraproduktiv. Aber auch wenn man Böhms Einfluss auf die Wiener nicht überbewerten soll, ist es doch so, dass sie Gutes und Bewährtes nicht nur übernehmen sondern auch pflegen. So ist es kein Geheimnis, dass vieles in ihrem Mozart-Spiel noch ganz klar aus der Böhm-Zeit stammt (wie Dirigenten heute noch erstaunt feststellen; das gilt natürlich nur für den Fall, dass nicht NH am Pult steht ;) ).



    Ein gutes Orchester überlebt dank seiner Tradition noch jeden Dirigenten,...

    Im Prinzip ja, fragt sich nur, wie lange. Ein Orchester, dass von einem Dirigenten geformt wurde, kommt nicht lange ohne einen guten Nachfolger aus, wenn es nicht in die Beliebigkeit abgleiten will. Ein Beispiel dazu wäre vielleicht das Orchestre de la Suisse Romande. Es wurde fast 5 Jahrzehnte von seinem Gründer Ernest Ansermet geleitet und erlangte internationale Reputation. Objektiv gesehen hatte sogar die Kombination Ansermet/OdlSR wesentlich mehr Ansehen, als dem Orchester allein gebührte. Nach dem altersbedingten Ausscheiden von Ansermet folgten eigentlich sehr gute Chefdirigenten, dennoch verblasste der Ruhm des OdlSR zunehmend und lebt heute mehrheitlich immer noch von der Erinnerung an die guten alten Zeiten mit Ernest Ansermet. Und ohne gelegentliche Übertragungen aus Genf würde man dieses Orchester fast überhaupt nicht mehr kennen.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich empfinde die Prämisse des threads als ziemlich fragwürdig.


    Der Ruf großer Orchester mag sich aus Marketinggründen mit einem Dirigentennamen verbinden; aber Alfreds Vorschlag, die Wiener Philharmoniker z.B. ausgerechnet auf Karl Böhm einzuschwören, offenbart die Sinnlosigkeit solcher Etikettenlogik. Furtwängler und Karajan, zwei sehr unterschiedliche Kapellmeister, haben das Berliner Orchester in etwa so geprägt wie Kuhlenkampff und Gottschalk die Samstag-Abend-Show.


    Mir erscheint diese Thematik ebenfalls als, na sagen wir mal höflich, schwierig. Ich kann mich bei einer Meinungsäußerung dazu vor allem auf die Berliner Philharmoniker beziehen. Sie sind vor allem durch Karajan geprägt worden und dadurch auch medienberühmt. Natürlich spielen sie weiterhin in der ersten Liga, aber diesen Stellenwert wie unter Karajan, der auch ihre regelmäßige Präsenz bei den Salzburger Festspielen durchgesetzt hat, haben sie nicht mehr. Abbado war sicher gut und zeigt das jetzt weiterhin in den Einspielungen mit dem Luzerner Festival Orchester. Rattle hingegen erscheint mir sehr überbewertet. Daran ändern wenige gelungene Aufnahmen nichts, die damalige 5. Mahler und, noch nicht lange her, die 2. Mahler stehen dafür. Erst vor zwei Wochen habe ich eine recht fragwürdige Wiedergabe von Beethovens 7. Sinfonie, wahrlich ein Standardwerk auch für die Berliner Philharmoniker, erleben dürfen, worüber ich in dem entsprechenden Thread berichtet habe. Rattle fehlt das überzeugende Konzept, er ist meistens recht detailverliebt, wodurch die große Linie verloren geht. Und kurz zu den Wienern: Sie sind wirklich durch viele überragende Dirigenten geprägt worden, dazu zählt u.a. auch Herr Böhm, aber auch Herr von Karajan. Sie haben in all dieser Zeit eigentlich nichts von ihrer überragenden Klangkultur eingebüßt.


    Weitere Orchester fallen mir im Moment nicht ein, die hier genannt werden könnten. Höchstens noch zur Leningrader Philharmonie: Sie verdankte den hohen Stellenwert in der Orchesterlandschaft sicher weitgehend ihrem Chef Mrawinski, aber zu einem sehr großen Teil auch dem langjährigen 2. Dirigenten, Kurt Sanderling. Ich habe das Orchester, die St.Petersburger Philharmoniker live im Mai in der Philharmonie erlebt mit ihrem Dirigenten Temirkanov, sie haben mich vollauf überzeugt, eine erstklassige Vorstellung in allen Stimmgruppen!


    Mit besten Grüßen


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

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  • Die Wiener Philharmoniker sind doch ein eher schlechtes Beispiel, weil sie gar keine richtigen Chefdirigenten haben.


    Meinem Eindruck nach ist der hauptsächliche Unterschied doch, dass jahrzehntelanges Innehaben eines Chefpostens in den letzten 30 Jahren seltener geworden ist. Der Ruf der meisten berühmten Orchester hat aber darunter nicht gelitten. Chicago, Cleveland, Boston usw. gelten meines Wissens immer noch als hervorragende Orchester.


    Ansermet/OSR haben einige Jahrzehnte eine Nische besetzt, nämlich hauptsächlich den Zweig der klass. Moderne, der Ansermets Spezialität (Stravinsky, Ravel, Debussy usw.) war, zu einer Zeit, als viele andere Dirigenten dieses Repertoire noch nicht so pflegten. Dazu kam ein spezifischer Klang und der "Decca-Sound". Ob das Orchester aber wirklich mit den Spitzenorchestern wie Wiener, Concertgebouw, Berliner etc. in einer Liga war, kann man wohl bezweiflen. Es mag natürlich sein, dass der etwas scharfe, dünne Spaltklang Absicht war.


    Meine Vermutung ist, dass gerade bei solchen Ensembles wie den Rundfunkorchestern oder dem OSR eine längere Zusammenarbeit mit einem außerordentlichen Dirigenten diese vorübergehend zu "legendärem" Status heben kann, den sie unter nichtidealen Bedingungen nicht erreichen, während das bei Wiener oder Berliner Philharmonikern egal ist.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Sosehr ich Farinellis Beiträge an sich schätze (und das möchte ich nicht als Kompliment mißverstanden wissen), sosehr möchte ich hier widersprechen.
    Natürlich haben auch andere Dirigenten die Wiener Philharmoniker dirigiert, beispielsweise Carlos Kleiber. Aber das Orchester mochte ihn nicht besonders - er war launisch - und das Orchester auch. Rattle und Thilemann, beide gaben für das "Schlüsselwerk" - den Zyklus aller Beethoven Sinfonien - den Wienern den Vorzug und stellten in dieser Hinsicht ihr eigenes Orchester aufs Abstellgleis - zumindest habe ich das so empfunden.
    Rattle versuchte SEINE Berliner zu "modernisieren" - ob ihm das gelungen ist weiß ich nicht - aber bei den Wienern wäre er auf gummiartigen Stahl gestossen. :P
    Kempe war ein vorzüglicher Dirigent, seine Aufnahme von "Also sprach Zarathustra" (mit der Staatskapelle Dresden) stelle ich über alle beide von Karajan und sogar über jene von Karl Böhm. Das ändert aber nichts daran, dass erst unter CELIBIDACHE das Orchester ALLGEMEIN als Spitzenorchester gesehen wurde. Die Verweigerung der Medienpräsenz war die beste PR die das Orchester haben konnte.


    Die Wiener haben wahrscheinlich deshalb nichts von ihrer Klangkultur eingebüsst, weil sie sich von keinem Dirigenten prägen lissen - auch nicht von Böhm oder Karajan. Bernstein, der das versuchte (Mahler) geriet mit ihnen in Konflikt.
    Über die Wiener Philharmoniker gibt es ja einen bösen Sager: Prinzipiell spielen sie wie sie wollen - und wenn sie einen Dirigenten gar nicht wollen und ihn für unfähig halten - DANN SPIELEN SIE SO, WIE ER DIRIGIERT !!!


    Aber zurück zum Ernst: Ich erinnere mich an ein Interview, wo Rattle sich in der Hinsicht äusserte, dass er verwundert sei wie stark Karl Böhms Einfluss auf das Orchester nach so vielen Jahren (das Interview wurde um 2000/2001 gemacht) immer noch sei - wo doch viele Orchestermitglieder den Maestro gar nicht mehr persönlich erlebt hätten.......



    Zitat

    Zitat von timmiju


    Mir erscheint diese Thematik ebenfalls als, na sagen wir mal höflich, schwierig


    Das mag sein - aber immerhin wird darüber diskutiert - mehr als in manch anderem Thread mit klarer Zielvorgabe.....


    Ich bestehe auch keineswegs auf der Koppelung Dirigent - Orchester, es war nur eine Gedankenhilfe. Stellen wir uns die Frage anders.
    Welchen Stellenwert hat das Chicago Symphony Orchestra HEUTE
    Und wer weiss AUSWENDIG - OHNE nachzuschlagen - dessen momentanen Chefdirigenten zu benennen?
    Welche exorbitanten Aufnahmen sind seit Soltis Abgang entstanden ?


    Es ist völlig egal ob das nun gewusst wird oder nicht - es soll lediglich zur näheren Beschäftigung mit diversen Orchestern verleiten - denn über allem steht die Musik. Auch ich als Forenleiter vergesse das leider manchmal....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Meine Vermutung ist, dass gerade bei solchen Ensembles wie den Rundfunkorchestern oder dem OSR eine längere Zusammenarbeit mit einem außerordentlichen Dirigenten diese vorübergehend zu "legendärem" Status heben kann, den sie unter nichtidealen Bedingungen nicht erreichen, während das bei Wiener oder Berliner Philharmonikern egal ist.


    Dafür würde ein weiteres Beispiel, nämlich das Hallé Orchestra unter Sir John Barbirolli (1943—1970), sprechen. Natürlich waren die nachfolgenden Chefdirigenten Stanisław Skrowaczewski, Kent Nagano und seit 2000 Sir Mark Elder auch keine Unbekannten, aber diese Präsenz hat das Orchester seither doch nicht mehr.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Dafür würde ein weiteres Beispiel, nämlich das Hallé Orchestra unter Sir John Barbirolli (1943—1970), sprechen.


    Gehen wir etwas nach Süden, nach Birmingham. In den 80ern und 90ern blickten auch Mitteleuropäer dorthin, weil das City of Birmingham Symphony Orchestra unter seinem jungen Chefdirigenten erstaunliche Aufnahmen ablieferte. Nach dem Wechsel von Sir Simon Rattle nach Berlin hat das Interesse an diesem englischen Orchester doch stark nachgelassen...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Welchen Stellenwert hat das Chicago Symphony Orchestra HEUTE
    Und wer weiss AUSWENDIG - OHNE nachzuschlagen - dessen momentanen Chefdirigenten zu benennen?
    Welche exorbitanten Aufnahmen sind seit Soltis Abgang entstanden ?


    Lieber Alfred,


    das CSO litt wie viele andere hervorragende Orchester darunter, daß nach dem prägenden Dirigenten Solti das Interesse der Platten- bzw. CD-Industrie an neuen Aufnahmen nachließen. Unter Barenboim, Soltis Nachfolger, entstanden noch einige Neuproduktionen, unter Riccardo Muti, dem jetzigen Chefdirigenten, meines Wissens, gar keine, so wie es schon seit Jahren offenbar keine neuen Aufnahmen mit Muti gibt.


    Die Gründe in der nachlassenden Qualität eines Orchesters suchen bzw. finden zu wollen halte ich für zu kurz gedacht. Es werden eher markenstrategische Gründe sein, gewisse Dirigenten oder Orchester zu protegieren oder nicht.


    Rattles Beethoven-Zyklus als positives Beispiel für die Qualität der Wiener Philharmoniker (gerade im Vergleich zu den Berlinern) bewerten zu wollen, führt ebenfalls an der Realität vorbei. Vom spezifisch wienerischen Klangbild ist so gut wie nichts vorhanden, Rattle hätte, ohne die Orchester abwerten zu wollen, auch das Bruckner Orchester Linz oder, weil ich sie gerade höre, die Dresdner Philharmonie wählen können, es hätte klang- und spielltechnisch keinen Unterschied gemacht.
    Markenstrategisch verkaufen sich die Wiener Philharmoniker halt besser, also hat man sie genommen...


    Zurück zum CSO: Sie haben, wie viele andere Orchester auch, aus der Not (mangelnde Nachfrage nach CD-Aufnahmen) eine Tugend gemacht und ein eigenes Label gegründet.


    Dort ist, wie ich eben gesehen habe, auch Muti vertreten (mit Verdis Requiem) und dort kann auch die Frage nach exorbitanten Aufnahmen beantwortet werden.


    Mahlers 3. mit Haitink erwähne ich gerne immer wieder, daneben ist es ibs. Bruckners 7., die allerhöchsten Anforderungen, auch und gerade an das Spielniveau des Orchesters, genügt.


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    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Lieber Norbert - liebe Taminos - und freundlich gesinnte Mitleser


    Zitat

    Die Gründe in der nachlassenden Qualität eines Orchesters suchen bzw. finden zu wollen halte ich für zu kurz gedacht. Es werden eher markenstrategische Gründe sein, gewisse Dirigenten oder Orchester zu protegieren oder nicht.

    Hier bin ich VÖLLIG Deiner Meinung.
    Im Gegensatz zu den meisten Mitschreibern habe ich NIE behauptet, daß durch den Weggang eines großen Namens zwangsläufig die QUALTÄT geändert würde - sondern lediglich die ATTRAKTIVITÄT des Orchesters. Dazu später mehr.



    Zitat

    das CSO litt wie viele andere hervorragende Orchester darunter, dass nach dem prägenden Dirigenten Solti das Interesse der Platten- bzw. CD-Industrie an neuen Aufnahmen nachließen.

    Hier wird meine These noch nachdrücklich bestätigt. ES geht nicht aussschliesslich um Qualität sondern um VERMARKTBARKEIT einer "Marke"
    und die Marke hiess eben Solti - Chicago Ph. O
    Ebenso wie bei den Berliner Philharmonikern waren es im Falle Chicago ZWEI Dirigenten die das Orchester an die Spitze brachten:


    Zitat

    Zitat Wikipedia:
    ...... Doch erst der präzisionsbesessene und von Orchestermusikern gefürchtete Fritz Reiner etablierte den Weltruf des Orchesters zwischen 1953 und 1963. Nach Jean Martinon (1963–69) übernahm Sir Georg Solti, der bis 1991 an die Glanzzeiten Reiners anknüpfen konnte, wenn auch mit einem anderen, schneidigeren und weniger klangschönen Stil.....

    Wie man sieht wird dazwischen eine Lücke geortet - und wie man ferner sieht war es ein weiterer "Diktator" der ein Orchester an die Spitze führte.
    Wier haben in unserer bisherigen Aufstellung bereits FÜNF davon:


    Karl Böhm
    Herbert von Karajan
    Fritz Reiner
    Arturo Toscanini


    Über Solti gibt es widersprüchliche Aussagen - vermutlich öffne ich morgen einen eigenen Thread zu diesem Thema



    Zitat

    Markenstrategisch verkaufen sich die Wiener Philharmoniker halt besser, also hat man sie genommen...

    Genau - DAS ist es - und irgendwie ist dies auch ein Kernpunkt dieses Threads....


    Weitere Beispiele werden folgen


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Die Reihe müsste man natürlich noch erheblich erweitern:


    Bayerisches Staatsorchester/Hans Knappertsbusch (1922—1935, faktisch bis 1965 "GMD auf Lebenszeit")
    Leningrader Philharmoniker/Jewgenij Mrawinskij (1938—1988)
    Cleveland Orchestra/George Szell (1946—1970)
    Bournemouth Symphony Orchestra/Paavo Berglund (1972—1979)
    Münchner Philharmoniker/Sergiu Celibidache (1979—1996)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zu erwähnen wäre hier sicherlich noch das legendäre Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam das nach seinen legendären langjährigen Chefdirigenten Willem Mengelberg und Eduard van Beinum in Bernard Haitink einen würdigen Nachfolger gefunden hatte (Haitink hatte übrigens von 1961 bis 1963 sich den Posten mit Eugen Jochum geteilt).
    Man kann sagen, dass das Orchester unter Haitink sicherlich sein Niveau gehalten hat, was übrigens auch für das letzte Vierteljahrhundert gilt, in dem heute maßstäbliche Dirigenten wie Riccardo Chailly und Mariss Jansons die Verantwortung trugen. Vergessen eien auch nicht so prominent Gastdirigenten wie Nikolaus Harnoncourt und vor allem Leonard Bernstein, dessen Neunte Mahler von 1988 in und mit dem Concert Gebouw noch heute als das Nonplusultra dessen gilt, was jemals aufgeführt wurde und von dessen unglaublicher Wirkung ich mich letztens noch auf Classica überzeugen konnte.
    Warum das Concertgebouw so populär war und zur Legende wurde, hat vielleicht auch etwas damit zu tun, wie wohlgesonnen ihm die Medien waren. Wöchentlich wurde, und wenn ich mich nicht irre, wird auch noch heute im hollänidischen Fernsehen die wöchentliche Sonntagsmatinee live aus dem Concertgebouw übertragen, und in den späten achtzier Jahren des vergangenen Jahrhunderts gehörten die holländischen Sender auch noch zum Programmaufgebot des gerade in Deutschland eingeführten Kabelfernsehens, und so saß ich seit 1986/87 jeden Sonntagmorgen um 11.00 Uhr an meinem damaligen Grundig-Stereo-Farbfernseher mit Kopfhöreranschluss und Anschluss an einen guten Verstärker, und genoss das Matineekonzert, das häufig von Edo de Waart und Bernard Haitink geleitet wurde, aber auch von Leoanrd Bernstein, und 1988 tauchte dann ein junger italienischer Dirigent auf namens Riccardo Chailly.
    Was waren das noch für Zeiten. Leider wurden die holländischen Sender später aus dem Programmschema gestrichen, dafür kann man heute Al jazeera in vielen Sprachen empfangen. Leider spielt dort nicht das Concertgebouw, das heute vielleicht ein noch höheres Niveau, vor allem aber eine noch höhrere weltweite Reputation hat denn je und sich gewiss nicht vor den Wiener und Berlinern zu verstecken braucht.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Es gibt (oder gab ??) Orchester, welche einen bestimmten Ruf geniessen, zur Legende wurden oder aber mit dem Ruf eines Dirigenten untrennbar verbunden waren - eine Marke gewissermaßen.


    Hier wurde bisher noch nicht das Berliner Sinfonie Orchester genannt.
    ES war in der DDR als Klangkörper positioniert, der gewissermaßen die ostberliner Konkurrenz zu den (west-) Berliner Philharmonikerndarstellen sollte. Zwar hat er nie das Niveau der Berliner Philharmoniker auch nur annähernd erreicht. Aber er hatte durch seinen langjährigen Chefdirigenten Kurt Sandeling schon ein eigenes Profil! Keinem der Nachfolger Sanderlings gelang es, aus seinem Schatten herauszutreten. Weder Günther Herbig, noch Klaus-Peter Flohr oder Michael Schönwandt waren so starke Dirigentenpersönlichkeiten, dass sie dem Orchetser hätten größere Aufmerksamkeit sichern können. Am ehesten war es Eliahu Inbal, der das Orchester wieder in den Blickpunkt rücken konnte. Aber unter sein Nachfolger Lothar Zagrosek fiel das Orchester eher durch oft interessante Programme als durch herausragende Spiel- und Klangkultur oder denkwürdige Interpretationen auf!
    Jetzt liegen natürlich ganz große Erwartungen auf dem neuen Chefdirigenten Ivan Fischer!
    Man darf wohl zu Recht sehr gespannt und zuversichtlich sein!
    Immerhin hat das Orchester genügend Qualität und eine wundervolle Spielstätte.
    Ein Mann vom Range Ivan Fischers sollte es wohl gelingen, eine große Ära zu begründen


    Konzerthausorchester Berlin


    1952 als Berliner Sinfonie-Orchester (BSO) gegründet


    Chefdirigenten/Musikalische Leiter


    Kurt Sanderling (1960–1977)


    Günter Herbig ( 1977-1984)


    Claus Peter Flor (1984- 1992)


    Michael Schønwandt (1992–1998)


    Eliahu Inbal (1999-2006)


    Lothar Zagrosek (2006-2012)


    Ivan Fischer (ab 2012)


    . . .


    Ich habe viele Werke der sinfonischen Literatur in den 50er und 60er Jahren In Konzerten vom BSO kennengelernt und mit diesem Orchester so bedeutende Dirigenten erlebt wie Kurt Sanderling, Karel Sejna, Vaclav Smetacek, Witold Rowicki , David Oistrakh. Schon deshalb hoffe ich auf eine große Zukunft des Orchesters!




    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Ich hatte vor 2 Jahren das große Glück, das Chicago SO in Chicago zu erleben - unter ihrem damaligen Chef Bernhard Haitink mit einem reinen Beethoven Programm. Das war ein denkwürdiges Konzert! So eine Orchesterleistung habe ich zuvor noch nicht erlebt. Das Orchester musiziert wie "aus einem Guß" - totale Homogenität. Die absolute Souveränität und Virtuosität kennt man von Aufnahmen mit Fritz Reiner und S. Georg Solti. Was durch den Orchestererzieher Haitink dazugekommen ist, ist eine wahrlich betörende Klangkultur. Das kann man ganz gut nachvollziehen, wenn man "Daphnis et Chloe" vergleicht. Haitink hat dieses Werk nämlich sowohl mit dem Boston SO als auch dem Chicago SO aufgenommen. Das Boston SO gilt ja seit Munch als "das" Orchester für diese Musik. Aber - bemerkenswert - das Chicago SO ist einfach noch besser! :)



    Beste Grüße
    Holger

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