1. Akt: Ein junges armes Mädchen (Manon) soll vom Bruder (Lescaut) ins Kloster gebracht werden. In einer Dorfschenke verliebt sie sich in einen ebenfalls armen Studenten (Des Grieux) und flieht mit diesem nach Paris.
2.Akt: Der Armut überdrüssig lässt sie sich von einem reichen, aber alten Steuereintreiber (Geronte) aushalten. Des goldenen Käfigs lästig, wendet sie sich, vom Bruder vermittelt, wieder dem Studenten zu. Beide wollen fliehen. Als Manon für die Flucht ihren Schmuck zusammenrafft wird sie von Geronte entdeckt und der Polizei ausgeliefert.
3. Akt: Manon wird nach Amerika verbannt, Des Grieux folgt ihr.
4. Akt: Manon und Des Grieux irren durch die Wüste, Manon stirbt.
Die Handlung ist banal und vorhersehbar, die Beziehungen zwischen den Personen ohne nennenswerte psychologische Tiefe (welche meinem Empfinden nach auch Puccinis Komposition nicht hat). Leider entwickelt sich damit auch keine Empathie für die Handelnden, vor allem nicht für die Titelheldin. Die wurde heute von der 39jährigen lettischen Sopranistin Kristine Opolais gesungen. Im ersten Akt ging sie die Rolle eher stimmlich zurückhaltend an, überzeugte aber mit schönem lyrischem Klang. Ab dem zweiten Akt meinte man, eine andere Sängerin vor sich zu haben, die Stimme wurde zunehmend dramatisch, mit bleibender warmer Mittellage, zum Teil bei den ganz hohen Tönen, wenn sie herausgeschleudert wurden, aber auch leicht grell. Das verlor sich im Laufe der Aufführung und Frau Opolais bot insgesamt eine sehr gute gesangliche Leistung. Als ihr Bruder imponierte der italienische Bariton Vittorio Prato, neben seiner gesanglich guten Leistung vor allem auch darstellerisch. Letzteres lässt sich von dem spanischen Tenor Jorge de Leon leider nicht sagen. Die meiste Zeit saß er wie ein Häufchen Elend auf der Bühne (was vielleicht von der Regie beabsichtigt gewesen war) und wirkte physisch eher altväterlich denn als junger Student. Gesanglich war seine Leistung in Ordnung, aber auch nicht mehr. Zwar schallstark und höhensicher klang mir sein Tenor doch etwas steif, ohne ein spezifisches Timbre oder der Möglichkeit, mittels Stimmfarbe emotional das Herz zu berühren. Weitere Rollen waren mit Oleksiy Palchikov (Edmondo) und Gabriele Rossmanith (Musikerin) besetzt. Tigran Martirossian war die undankbare Rolle eines besonders widerlich auftretenden Geronte zugedacht; bucklig, stränige Haare und im zweiten Akt mit vorgebundenem erigierten Geschlecht ausgestattet (wie auch seine Angestellten) sollte er wohl das Verwerfliche reiner sexuellen Lust karrikieren. Ähnliches sahen wir bereits gestern im Hamburger Thalia-Theater (Rom: Zusammenschnitt von Coriolan, Julius Cäsar sowie Antonius und Kleopatra): Schauspieler mit vorgebundenem Geschlechtsorgan, allerdings nicht in erregtem Zustand. Aber immerhin spielte der Coriolan in grauer Vorzeit, als die Menschen womöglich noch nicht so bekleidet wie im 18. Jahrhundert oder heute herumliefen. Für die Inszenierung dieser heutigen Manon Lescaut-Aufführung zeichnete Philipp Himmelmann verantwortlich, das Einheitsbühnenbild stammte von Johannes Leiacker und die Kostüme hatte Gesine Völlm entworfen. Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg spielte unter der Leitung von Francesco Ivan Ciampa (der für Christoph Gedschold eingesprungen war). Für die drei Protagonisten gab es etliche Bravos.