Also wenn Alberich etwas ist dann sexgeil, damit geht doch alles los ("llüstern lechz' ich nach euch"...).
Er ist damit aber gescheitert und somit keine Gefahr mehr für arische Frauen.
Also wenn Alberich etwas ist dann sexgeil, damit geht doch alles los ("llüstern lechz' ich nach euch"...).
Er ist damit aber gescheitert und somit keine Gefahr mehr für arische Frauen.
Das ergibt sich zwingend aus dem Titel des Buches. Ist somit also irrelevant.
Wieder etwas gelernt. Der bloße Titel reicht also aus für die Irrelevanz.
Er ist damit aber gescheitert und somit keine Gefahr mehr für arische Frauen.
Im Gegenteil, die Macht des Rings soll ihm auch dazu dienen, sich die Frauen gefügig zu machen:
Habt acht! Habt acht!
Denn dient ihr Männer erst meiner Macht,
eure schmucken Frau'n, die mein Frei'n verschmäht,
sie zwingt zur Lust sich der Zwerg
Was als Drohung über den Göttern schwebt, solange die Möglichkeit besteht, dass Alberich den Ring zurückgewinnt.
Also wenn Alberich etwas ist dann sexgeil, damit geht doch alles los ("llüstern lechz' ich nach euch"...).
Nun ja. Hätten ihn die Rheintöchter rangelassen und nicht in seiner Hässlichkeit verspottet, die ganze Geschichte wäre gewiss anders verlaufen.
Er ist damit aber gescheitert und somit keine Gefahr mehr für arische Frauen.
Das sehe ich anders. Wotan lässt sich im zweiten Aufzug der "Walküre" so vernehmen:
Und für das Ende
sorgt Alberich;
jetzt versteh ich
den stummen Sinn
des wilden Wortes der Wala: -
»wenn der Liebe finstrer Feind
zürnend zeugt einen Sohn,
der Sel'gen Ende
säumt dann nicht.«
Vom Niblung jüngst
vernahm ich die Mär,
daß ein Weib der Zwerg bewältigt,
des Gunst Gold ihm erzwang:
des Hasses Frucht
hegt eine Frau;
des Neides Kraft
kreißt ihr im Schoß:
das Wunder gelang
dem Liebelosen;
doch der in Lieb ich freite,
den Freien erlang ich mir nicht.
Alberich wird Ende übrig bleiben. Es kann also wieder von vorn losgehen. Der Ring des Nibelungen steht für mich auch für einen Kreis.
Hätten ihn die Rheintöchter rangelassen und nicht in seiner Hässlichkeit verspottet, die ganze Geschichte wäre gewiss anders verlaufen.
Zweifellos. Alberich wäre befriedigt und in postkoitaler Müdigkeit von dannen gezogen und hätte das Rheingold nicht geraubt. Loge hätte dann Wotan nicht auf die Idee bringen können, mit dem Rheingold seine Schulden bei den Riesen zu bezahlen, und die hätten sich dann wohl nicht davon abbringen lassen, Freia mitzunehmen.
Thomas Pape: Du hast nicht gelesen, was ich schrieb, denn da steht keineswegs, dass man Sänger nach ihrem Aussehen beurteilen soll. Von einem Urteil war in dem, was ich schrieb, keine Rede. Ich habe der Behauptung widersprochen, dass es zum Beispiel absolut feststeht, das Magdalena Kozena die Melisande nicht singen und spielen kann, weil sie zu alt sei. Ich sagte, dass sie das sehr wohl kann, wenn sie den stimmlichen Anforderungen gewachsen ist, und sie die darstellerischen Fähigkeiten hat, die Figur zu spielen. Wobei ja nicht fest steht (auch darauf habe ich hingewiesen), wie diese Figur gespielt werden muss. Das heißt, die Sängerin kann, wenn sie es kann, das junge Mädchen spielen, was bei entsprechenden Können sehr wohl geht, obwohl man immer sehen wird (und dann auch nicht verstecken muss), dass sie die Mutter, vielleicht sogar Großmutter der Figur sein könnte, die sie spielt. Die andere Möglichkeit ist, dass man eine Konzeption findet, in der die Figur so aufgefasst wird, dass das Alter keine Rolle spielt oder (was ja vielleicht auch geht), die Figur gar nicht in dem zarten Alter ist, das Maeterlinck sich wohl vorgestellt hat. Das alles setz eine entsprechend gut ausgefeilte Regiekonzeption voraus.
Maeterlinck und Debussy haben die Mélisande als ganz junge Frau, fast wie ein flüchtiges Reh, gesehen und vertont. Wenn sie älter wäre, wäre sie ja im Alter näher an Golaud als an Pelléas. Damit fällt ein wesentliches Moment des Dramas weg, nämlich die Ablehnung des älteren Mannes, der sie zwar gerettet hat, sie aber jetzt beherrschen will, und sie hat aufgehört ihn zu lieben, wenn sie das überhaupt je getan hat. Deswegen kann Magdalena Kozena, die einen tollen Händel-Abend vor einiger Zeit in Essen gegeben hat, die Mélisande spielen, aber ich würde mir das nicht ansehen.
Er wurde etwas weiter oben - von jemandem - IMO zu Recht - angeregt. man möge sich wieder dem Theam des Threads widmen
Dieser Aufforderung komme ich gerne nach.
Hier einige der Ursachen:
1) Eine Lobby verdient an dieser "Stilrichtung recht gut und wird nich freiwillig loslassen oder aufgeben.
Wie ein Virus wandelt es sich immer wieder und versucht zig Möglichkeiten dem Zugriff zu entschlüpen - uletz sogar durch die Behauptng, es gäbe gar kein Regietheater
2) Diese Lobby hat gewissermaßen als synergetischen Effekt ein Naheverhält nis zur Presse und anderen Medien, die sie unterstützen
(ÜÜber die Motiv kann durchaus in einem anderen RT geschreiben werden - hier aber veruche ich sachlich zu bleiben - auch wenn das ncht immer gelingt ("Verzeihn Sie, wenn ich heftig bin - Der Gegenstand reißt so mich hin....")
3) Die Mehrheit der Bevölkerung kennt weder das Wort Regietheater, noch was es bedeutet - und es ist ihr auch egeal
4) Ein Großteil der Opernbesucher geht aus anderen Gründen in die Oper
a) Der Musik wegen
b) der Stimmen wegen
c) der Anbetung eines Sängers oder einer Sängerin (Fankult)
5) Ein kleiner Prozentsatz sucht Opernhäuser mit konservaetiven Inszenierungen aus. Es gibt nur wenige - aber doch
6) Ein Teil des ehemaligen Opernpublikums hat resigniert und
a) hat das Thema Oper ad acta gelegt
b) begnügt sich mit alten Videoaufzeichnungen
c) Hört nur mehr CDs
7) Ein TeiL der jüngeren Hörer hält den Status quo für "normal" - sie kennen nichts anders.
und natürlich gibt es auch im Publikum einen IMO eher kleinen Teil, der prinzipiell alles Neue befürwortet, egal ob es gut oder schlecht ist.
9) Die Regierungen stopfen Steuergelder in Form von Subventionen in "zeitgemäße" Scheußlichkeiten aller Kunstrichtungen, damit sie als "weltoffen" und "zeitgemäß" dastehen...und setzen "progressive Intendaten" ein..
10) Die Sänger halten (in diesem Zusammenhang) den Mund, weil sie sonst bei der Vergabe von Rollen boykottiert würden
(einigen ist es auch egal - solange die Gage stimmt)
Einige Ursachen fehlen in dieser Aufstellung noch - aber das kann man ja ergänzen
mfg aus Wien
Alfred
Christian B.: Ich finde, es wäre eine Überlegung wert, dieses Forum in »Stille Post« umzubenennen. Es ist doch erstaunlich, was herauskommt, wenn man an der einen Seite etwas eingibt. Allerdings sind bei diesem Spiel eine ganze Reihe Stationen nötig, hier genügt meistens eine, um ein Ergebnis zu erzielen, dass der Eingabe nur noch sehr entfernt ähnelt.
Ich habe natürlich nicht sagen wollen, dass jeder Darsteller alles spielen kann. Ich meine vielmehr, mehrfach darauf hingewiesen zu haben, dass ein Darsteller die entsprechenden darstellerischen Fähigkeiten besitzen muss.
Was die Geschichte mit der Lady Macbeth betrifft, kann ich nicht beurteilen, wie es sich damit verhielt. Dass aber die Lady vom Typ her eine durchtriebene sein muss, halte ich für einen Irrtum. Das wird oft so gemacht, aber ich habe es genauso oft anders gesehen. Die Frage ist, was man will: Das Sein oder das Werden der Figuren zeigen? Ich glaube, dass das Werden interessanter ist. Eine mögliche Geschichte in diesem Sinne wäre:
Eine junge Frau ist mit einem Mann verheiratet, dem sie, weil sie ihn liebt, helfen will, seine Möglichkeiten besser zu nutzen. Um ihn in die gesellschaftliche Position zu bringen, die ihm ihrer Meinung nach zusteht, und von der sie annimmt, dass sie ihn glücklichen machen wird, veranlasst sie ihn zu Handlungen, von denen er vielleicht insgeheim träumt, die er aber ohne die Unterstützung und Ermutigung der Frau, die er liebt, nie wagen würde. Indem sie ihren Mann in diese Richtung schiebt und er ihr folgt verstricken sich die beide in eine ausweglose Zwangslage und gehen schließlich zugrunde.
Ich gestehe, dass ich eine solche Geschichte (das ist, ich fürchte, man muss das hier dazusagen, eine flüchtig hingeworfene Skizze, keine Inszenierungskonzeption) interessanter finde als die von zwei Bösewichtern, die eben tun, was Bösewichter und und bestraft werden, wie es sich gehört. Wenn man also eine Darstellerin der Lady hat, die aussieht wie Melisande und in der Lage ist, diese ungeheure Entwicklung zu spielen, kann das außerordentlich stark und erschütternd sein. (Natürlich müssen die anderen Darsteller auf derselben Höhe und ihre Figuren entsprechend aufgefasst sein.
Über das Thema Wiederholung/Reproduktion hat es eine ausgiebige Diskussionen gegeben in der Philosophie/Erkenntnistheorie/Hermeneutik. Wenn man über den durch diese Diskussionen erreichten Wissensstand im Bilde ist, kann man sich mit mir über dieses Thema unterhalten.
Ich will mich mit Dir gar nicht über das Thema unterhalten. Wenn ich das wollte, würde ich mir einen suchen, der etwas vm Thema versteht und zu einem Gespräch in der Lage ist. Ich könnte es auch so ausdrücken: »Es gibt eine lange Diskussion in der Theaterwissenschaft über den Theaterbegriff. Wenn man über den durch diese Diskussion erreichten Wissensstand im Bilde ist, kann man sich mit mir über dieses Thema unterhalten.« Ich sage es aber nicht, weil ich das Wort Wissensstand in diesem Zusammenhang für grotesk ungeeignet halte. Es gibt eine Diskussion, in der verschiedene Theorien vorgetragen werden. Einen Wissensstand gibt es in der Theatergeschichte. In der Theatertheorie nicht. Es gibt allerdings gewisse Grundlagen, die allgemein als gültig angenommen werden. Und zu diesen gehört in der Theaterwissenschaft die Erfahrung, die jeder Theaterbesucher machen kann, nämlich, dass kein Theaterabend ist wie der andere, dass immer etwas anderes geschieht als am gestrigen Abend, dass die Sache immer unberechenbar bleibt. Da kannst Du Dich kopfstellen und so viele Konferenzen einberufen, wie Du willst, das ändert nichts an den Tatsachen.
Maeterlinck und Debussy haben die Mélisande als ganz junge Frau, fast wie ein flüchtiges Reh, gesehen und vertont.
Du wirst es nicht glauben, aber das ist mir bekannt. Ich wiederhole aber: Die Darstellerin der Melisande soll nicht Melisande sein, sondern sie zeigen. Zeigen kann jeder alles, vorausgesetzt, er verfügt über die entsprechenden Mittel. Die Darstellerin der Melisande muss sowieso älter sein als ihre Figur. Das heißt, dass sie in jedem Falle das sehr junge Mädchen spielen muss, das sie nicht ist. Sie muss also zeigen, wie Melisande handelt. (Ihre Melisande, denn die Figur, die sie spielt, wird von ihr erschaffen, nicht von Maeterlinck oder Debussy). Es ist also keineswegs zwingend, dass die Figur das Alter der Darstellerin (oder umgekehrt) hat. Auch ist natürlich nicht zwingend, dass Melisande dieses junge Mädchen sein muss. Man kann es sich auch anders denken. Dass sich dann alles ändert, ist klar, aber es ist durchaus möglich, dass das interessant sein kann. Durch eine spezifische Auffassung einer Figur ändert sich immer alles. Es ist also ein ganz normaler Vorgang, dass die Geschichte, die auf dem Theater erzählt wird, so erzählt wird, wie sie mit den vorhandenen Kräften erzählt werden kann. Ich kann nicht sagen, was herauskommt, wenn die Melisande deutlich älter gemacht wird, aber ich kann auch nicht sagen, dass es unmöglich ist. Nach meiner Erfahrung ist es gut, nicht zu früh die Flinte ins Korn zu werfen. Viele Dinge, die unmöglich schienen, sind schließlich mit glänzenden Ergebnissen realisiert worden. Die Bayreuther Festspiele zum Beispiel oder so manche Bruckner-Sinfonie, die als unspielbar verworfen wurde.
Ma sollte begreifen, wann eine Diskussion zu Ende ist und dass sie definitiv zuende gegangen ist. Es gibt keine Verpflichtung, den modischen konstruktivistischen Blödsinn vom autonomen Theaterkunstwerk zu glauben, der irgendwo in den Theaterwissenschaften verzapft wird als Grundlage für RT. Für mich ist das eine inakzeptable theoretische Position und die Gründe dafür habe ich ausführlich dargelegt. Deswegen widme ich hier meine Beiträge ausschließlich dem Threadthema und wärme diese Diskussion nicht noch einmal auf.
Du musst gar nichts glauben. Du kannst versuchen, diese Position zu widerlegen. Dazu solltest Du aber Argumente verwenden. Das hast Du bisher nicht getan, Du hast lediglich Behauptungen aufgestellt und verlangt, dass man sie ohne Widerspruch als geheiligte Wahrheit aus dem Munde des Gurus annimmt. Wenn das verweigert wird, fängst Du an zu kreischen, was aber auch kein Argument ist. Übrigens hat Dich niemand gebeten, Dich wieder in die Diskussion zu mischen. Das war Deine Entscheidung. Wenn Du die Diskussion nicht fortführen willst, ist es am besten, sie nicht fortzuführen. Wenn Du sie aber fortführen willst (was Dir selbstverständlich freisteht) , solltest Du nicht fortwährend erzählen, dass Du sie nicht fortführen willst. Damit machst Du Dich lächerlich, und das willst Du doch sicher nicht. Oder?
Wer fängt hier immer wieder damit an, eine solche Diskussion zu provozieren - um sich damit schließlich vor der Beantwortung der durch das Threadthema gestellten Frage zu drücken? Ausweichen ins Unverbindlich-Allgemeine mal wieder, um sich vor einer konkreten Antwort zu drücken. Mehr sage ich dazu nicht.
Noch einmal mein Tipp: Wenn Du die Diskussion nicht fortzuführen willst, ist es am besten, sie nicht fortzuführen. Im übrigen habe ich einige sehr konkrete Dinge angeführt. Nach denen wird hier ja immer gefragt, und sie werden, wenn sie kommen, ziemlich konsequent ignoriert. Auch von Dir, der dann etwas von einem »Wissensstand« der Ästhetik schwafelt und glaubt, es sei ein Argument, wenn er einer ganzen Fakuktät das Etikett »konstruktivistisch« aufklebt, obwohl er damit unmissverständlich zeigt, dass ihm der Inhalt dieses Wortes unbekannt ist, dass er nur benutzt, weil es so schön wissenschaftlich klingt und weil, wie er glaubt, die anderen alle zu blöd sind, den Trick zu durchschauen.
Klar doch, Konstruktivisten wissen nichts davon, dass sie Konstruktivisten sind. Das ist - konstruktivistisch gedacht - der berühmte "blinde Fleck" der Selbstreferenz.
Du bist so ungeheuer klug, dass sich wirklich alle vor Dir in den Staub werfen und die Weisheit, die von Deinen Lippen träuft, Tropfen für Tropfen in sich aufnehmen sollten. Denn selbstverständlich gilt, das jedes Wort, das Dr. Holger Kaletha spricht, die reine und absolute unumstößliche Wahrheit ist. Vor allem, aber nicht nur, wenn er sich auf Gebieten bewegt, von denen er nichts versteht.
Vor allem müssen alle bewundern (das ist verbindlich), wie dieser ausgewiesene Fachmann für philosophische Ästhetik Diskussionen nicht fortführt, indem er sie fortführt. Dieses Kunststück macht ihm nämlich so schnell keiner nach.
Don´t feed the troll - an diese Maxime halte ich mich jetzt und beende das Spiel.
Dass aber die Lady vom Typ her eine durchtriebene sein muss, halte ich für einen Irrtum. Das wird oft so gemacht, aber ich habe es genauso oft anders gesehen. Die Frage ist, was man will: Das Sein oder das Werden der Figuren zeigen? Ich glaube, dass das Werden interessanter ist. Eine mögliche Geschichte in diesem Sinne wäre:
Eine junge Frau ist mit einem Mann verheiratet, dem sie, weil sie ihn liebt, helfen will, seine Möglichkeiten besser zu nutzen. Um ihn in die gesellschaftliche Position zu bringen, die ihm ihrer Meinung nach zusteht, und von der sie annimmt, dass sie ihn glücklichen machen wird, veranlasst sie ihn zu Handlungen, von denen er vielleicht insgeheim träumt, die er aber ohne die Unterstützung und Ermutigung der Frau, die er liebt, nie wagen würde. Indem sie ihren Mann in diese Richtung schiebt und er ihr folgt verstricken sich die beide in eine ausweglose Zwangslage und gehen schließlich zugrunde.
Hallo Werner,
da kann ich mitgehen, die Verfilmung von Joel Coen mit Frances McDormand ging wohl in diese Richtung. In München hat es auf der Bühne nicht funktioniert, weil die Darstellerin ein sehr liebenswerter und wenig abgründiger Typ ist. Das war eben ein Beispiel für eine gegen den Strich-Besetzung, die nicht funktioniert hat.
Viele Grüße
Christian
Maeterlinck und Debussy haben die Mélisande als ganz junge Frau, fast wie ein flüchtiges Reh, gesehen und vertont. Wenn sie älter wäre, wäre sie ja im Alter näher an Golaud als an Pelléas. Damit fällt ein wesentliches Moment des Dramas weg, nämlich die Ablehnung des älteren Mannes, der sie zwar gerettet hat, sie aber jetzt beherrschen will, und sie hat aufgehört ihn zu lieben, wenn sie das überhaupt je getan hat. Deswegen kann Magdalena Kozena, die einen tollen Händel-Abend vor einiger Zeit in Essen gegeben hat, die Mélisande spielen, aber ich würde mir das nicht ansehen.
Du triffst da den wunden Punkt des Regietheaters - die Verbindlichkeiten vom Werk her, die hier eindeutig gegeben sind. Wenn man aus Melisande - konstruktivistisch - eine ganz andere Figur macht, als Maeterlinck und Debussy sie sich gedacht haben, nur weil das so schön ins Regiekonzept passt, fällt dann natürlich u.U. die Unstimmigkeit weg, dass eine reife Frau, die kein "flüchtiges Reh" mehr ist, Melisande verkörpert. Das ist dann aber nicht mehr werkgerecht. Natürlich kann man nun sagen: Im Theater geht es um Illusionen und also kommt es letztlich nicht darauf an, ob die Sängerin "real" eine junge Frau ist, vielmehr die Illusion vermitteln kann, sie sei eine junge Frau. Doch eben da wird es schwierig mit der reifen Dame auf der Bühne. Ausdrucksäthetisch geht das vielleicht noch - wenn sie gestikuliert wie ein Mädchen und singt mit einer mädchenhaften Stimme. Darstellungsästetisch kann man durch die Maske und die Kleidung versuchen zu kaschieren, dass sie kein junges Mädchen mehr ist. Aber wirkungsästhetisch können alle diese Versuche, die Theaterillusion einer jungen Frau zu schaffen, letztlich scheitern. Natürlich weiß der Opernbesucher, dass die Sänger fast immer älter sind als die jugendlichen Rollen, die sie verkörpern. Und bei einem Publikum um 1900 war es vielleicht die Regel, dass weibliche Darsteller wohlbeleibt waren und das Publikum hat das als "Normalität" betrachtet, sich deshalb auch nicht oder nur kaum an so einer Unstimmigkeit gestört. In unseren modernen Zeiten, wo auch Sänger und Sängerinnen ihren Ernährungsberater haben, findet das Publikum wohlbeleibte Sängerinnen in Rollen von schlanken jungen Mädchen wohl eher komisch, jedenfalls ist das nicht mehr auszuschließen, also zum Lachen, d.h. sie wirken u. U. trotz aller Bemühungen und Ernsthaftigkeit, ihre Rolle gut zu spielen, unfreiwillig komisch. Die Wirkungsästhetik hat die Regie eben nicht vollständig in der Hand. Wenn ich Magdalena Kozena wäre und wüsste, dass mich das Publikum in so einer Rolle trotz aller ernsthaften Bemühungen, eine junge Frau glaubhaft zu verkörpern, komisch findet, würde ich an ihrer Stelle so eine Rolle nicht annehmen - konzertant singen kann sie das freilich, aber nicht auf der Bühne spielen.
Und damit sind wir beim Threadthema. Wenn das Publikum sagt: Eigentlich finde ich lächerlich, was ich da auf der Bühne sehe, aber mich interessiert nur die schöne Stimme von Kozena, dann sind wir bei der individualistischen Eventkultur, von der das Regietheater profitiert. Denn der Individualismus der "Pilgerfahrt ins Ich" hat einen selektiven Blick: Ich achte überhaupt nur noch darauf, was mich interessiert - alles andere blende ich ganz einfach aus. Dann brauchen sich die Regisseure keine Sorgen zu machen, egal, wie viele Unstimmigkeiten sie auf die Bühne bringen, was bei RT die Regel ist. Solche Inkonsistenzen werden einfach nicht beachtet.
Schöne Grüße
Holger
Das war eben ein Beispiel für eine gegen den Strich-Besetzung, die nicht funktioniert hat.
Es können auch Mit-demStrich-Besetzungen nicht funktionieren. Wenn ein Darsteller die Mittel hat, die Figur so zu spielen, wie sie konzipiert ist, klappt es, wenn nicht, nicht. Das ist alles. Ob es klappt oder nicht, hängt nicht vom Hüftumfang ab, sondern davon, ob die Figur unter den gegebenen Umständen und für den und von dem in Frage kommenden Darsteller intelligent angelegt und ausgeführt wird.
Übrigens kann man die Lady selbstverständlich auch mit einer sehr alten Schauspielerin oder auch mit einem Schauspieler (das habe ich einmal gesehen, und es war sehr ergreifend) besetzen. (Letzteres wäre übrigens ganz »werkgerecht«, ein Anhänger der Werktreue müsste also verlangen, dass bei Shakespeare und in griechischen Tragödien immer alle Rollen von Männern gespielt werden.) Und niemand kann generell sagen, ob das funktionieren wird oder nicht, ehe es nicht gründlich durchdacht und ausprobiert ist. Diese Freiheit ist das Schöne am Theater, sie ist es aber auch, die die Freunde des Autoritären seit jeher am Theater geärgert hat. (Weshalb z. B. Schauspieler nicht in geweihter Erde beigesetzt werden durften.)
Von der Besetzung der Lady mit einem Schauspieler hatte ich auch mal gehört - wer war das noch einmal? Ich kann mir das auch vorstellen, aber heute würde das wohl kaum mehr jemand riskieren, es gibt da ja zuweilen absurd anmutende Diskussionen, man denke nur an die Besetzung von Helen Mirren als Golda Meir. Auch "Blackfacing" wird ja - nicht nur im Theater - nicht mehr akzeptiert. In meiner Branche gab es im letzten Jahr sogar einen Mega-Skandal wegen eines neuen Winnetou-Kinderfilms. Das Argument Kunstfreiheit zieht da den Kürzeren.
Was sind da Deine Erfahrungen im Theater, Werner? Möglicherweise führt das aber auch zu weit weg vom Thema.
Viele Grüße
Christian
Ich gestehe, dass ich eine solche Geschichte (das ist, ich fürchte, man muss das hier dazusagen, eine flüchtig hingeworfene Skizze, keine Inszenierungskonzeption) interessanter finde als die von zwei Bösewichtern, die eben tun, was Bösewichter und und bestraft werden, wie es sich gehört. Wenn man also eine Darstellerin der Lady hat, die aussieht wie Melisande und in der Lage ist, diese ungeheure Entwicklung zu spielen, kann das außerordentlich stark und erschütternd sein. (Natürlich müssen die anderen Darsteller auf derselben Höhe und ihre Figuren entsprechend aufgefasst sein.
Das ist natürlich nicht unbedingt eine Eigenart des Regietheaters, sondern IMO allgemeingültig
Wenn man z.B einen Film dreht (welcher Qualitätsstufe auch immer) so muß man - so man nicht im Geld schwimmt und jede Zeit der Welt hat -
gelegentlich - oder sogar oft -andere Typen von Darstellern einsetzen, als man sie vor seinem geistigen Auge hatte. DENNOCH - Wenn alle "Schauspielerblut" in sich haben, so werden sie oft überraschende - und dennoch (oder vielleicht gerade deshalb)überzeugende Darstellungen zustandbringen. Mann kann das auch gut bei Filmstoffen sehen, die im Laufe der letzten 90 Jahre mehrfach verfilmt wurden.
Z.B. ein Killer mit Engelsgesicht - das kann schon sehr beeindrucken....
mfg aus Wien
Alfred
Was sind da Deine Erfahrungen im Theater, Werner?
Das gehört auf jeden Fall in ein anderes Thema. Aber ich bin auch in der glücklichen Lage, damit keine Erfahrungen machen zu müssen. Ich kenne die Probleme nur vom Hörensagen. Und da meine Laufbahn sich dem Ende zuneigt, kommt da auch nichts mehr... 😏
Du bist so ungeheuer klug, dass sich wirklich alle vor Dir in den Staub werfen und die Weisheit, die von Deinen Lippen träuft, Tropfen für Tropfen in sich aufnehmen sollten. Denn selbstverständlich gilt, das jedes Wort, das Dr. Holger Kaletha spricht, die reine und absolute unumstößliche Wahrheit ist. Vor allem, aber nicht nur, wenn er sich auf Gebieten bewegt, von denen er nichts versteht.
Vor allem müssen alle bewundern (das ist verbindlich), wie dieser ausgewiesene Fachmann für philosophische Ästhetik Diskussionen nicht fortführt, indem er sie fortführt. Dieses Kunststück macht ihm nämlich so schnell keiner nach.
Naja, lieber Herr Hintze, das gleiche kann ich über Sie schreiben.
Mittlerweile geht mir ihr belehrender Ton hier so ziemlich auf den Senkel.
Kein Filmregisseur wird die Rolle eines jungen Mädchens mit einer sehr rundlichen, reifen älteren Dame besetzen wollen. Weil sie nicht mädchenhaft wirkt und das im Bild nicht glaubhaft vermitteln kann. Bei der Oper soll das aber gehen, nur weil die rundliche ältere Dame die Mädchen-Rolle singen kann, aber nunmal kein Mädchen mehr ist?
Ja, in der Oper kann das gehen. Wohlgemerkt: Hier steht »kann«, nicht »soll« oder »muss«.
Ja, in der Oper kann das gehen. Wohlgemerkt: Hier steht »kann«, nicht »soll« oder »muss«.
Jürgen Flimm erbrachte den Beweis, dass es wirklich funktionieren kann. In einer Inszenierung vom "Così fan tutte" besetzte er im Jahr 2000 die Rolle der 15jährigen durchtriebenen Kammerzofe Despina mit der damals 56jährigen Agnes Baltsa, die ihre Arie
Una donna a quindici anni
Dèe saper ogni gran moda,
Dove il diavolo ha la coda,
Cosa è bene e mal cos'è.
mit einem Augenzwinkern sang, so als wollte sie sagen: jetzt mach ich einfach mal jünger als ich bin.
Gibt es als DVD.
Wenn Du es über mich schreiben kannst, warum tust Du es nicht? Wer hindert Dich?
Wenn Du es über mich schreiben kannst, warum tust Du es nicht? Wer hindert Dich?
Habe ich jetzt hiermit, ein Stückweit.
In diesem Forum geht es um die Diskussion und den Diskurs.
Jeder kann und hat seine Meinung, die er auch schreiben kann.
Schwierig finde ich Menschen, wie z.B. SIE, die alles besser wissen und andere Meinungen nicht gelten lassen möchten.
Mehr möchte ich dazu jetzt auch nicht schreiben.
Meine Bekannte die gestern einige Beiträge in diesem Thread durchgelesen hat meinte nur, das man sich kaum vorstellen kann, das hier Erwachsene und gebildete Menschen schreiben bei dem Umgangston.
Jürgen Flimm erbrachte den Beweis, dass es wirklich funktionieren kann. In einer Inszenierung vom "Così fan tutte" besetzte er im Jahr 2000 die Rolle der 15jährigen durchtriebenen Kammerzofe Despina mit der damals 56jährigen Agnes Baltsa
Jetzt bin ich überrascht. Ist sie wirklich 15? Ich habe die Arie immer so verstanden, dass ein Mädchen schon mit 15 wissen muss, wie der Hase läuft, wenn sie durchs Leben kommen will. Ich dachte aber immer, dass das eine deutlich reifere Person mit entsprechender Lebenserfahrung sagt. Mir scheint auch, dass sie für eine Fünfzehnjährige etwas zu zynisch und abgeklärt ist. Auch schien mir bei der ziemlich konsequent durchgehaltenen Symmetrie aller Konstellationen und Vorgänge (die für die Regie übrigens ein großes Problem ist) nur logisch, dass zwei jungen Frauen und zwei jungen Männern auf der einen Seite eine ältliche Frau und ein ältlicher Mann auf der anderen gegenüberstehen. Das bedeutet dann, dass Despina etwas in Alfonsos Alter ist, womit die Baltsa genau im richtigen Alter war.
Habe ich das was übersehen?
Das bedeutet dann, dass Despina etwas in Alfonsos Alter ist, womit die Baltsa genau im richtigen Alter war.
Habe ich das was übersehen?
Vielleicht ja.
Im 10.Bild hört man:
DON ALFONSO
Despina mia, di te
Bisogno avrei.
DESPINA
Ed io niente di lei.
DON ALFONSO
Ti vo' far del ben
DESPINA
A una fanciulla
Un vecchio come lei non può far nulla
"fanciulla" und "vecchio", das deutet allerdings auf einen Altersunterschied hin.
Könnte das ironisch gemeint sein? Glaub ich nicht.
Meine Bekannte die gestern einigen Beiträge in diesem Thread durchgelesen hat meinte nur, das man sich kaum vorstellen kann, das hier Erwachsene und gebildete Menschen schreiben bei dem Umgangston.
Das wundert mich ehrlich gesagt nicht.
Werbung ist das definitiv keine für das Forum.
Eigentlich sollten sich Erwachsene kultiviert „unterhalten“ können, eigentlich!
Ich frage mich auch manchmal, was die Moderatoren (das Wort kommt ja von moderieren) hier machen oder auch nicht machen.
Dr. Holger Kaletha z.B. ist ein langjähriges Mitglied der sehr viele konstruktive Beiträge in den letzten Jahren in Tamino beigesteuert hat.
Herr Hintze ist erst sehr kurz dabei und pflügt hier einfach mal über alle hinweg und schürt dabei viel Unmut.