Wiener Neujahrskonzert 2024

  • Zurück zum Konzert: Die Musik der Neujahrskonzerte ist nicht meine. War es nie, wird es nie. Ich hatte nur reingeschaut, um zu sehen, wie sich Thielemann (den ich wie gesagt sehr schätze) so schlägt. Und ja, ich denke, er hat es recht gut gemacht. Als Preuße. Und so locker er auch im privateren, vertrauteren Umgang, sogar in Interviews sein mag, so hölzern wirkt er nun mal generell auf dem Podium. Das in Rechnung gestellt, fand ich ihn auch recht entspannt, so dass man das Konzert (wenn einem die Musik zusagt) als Ereignis auch genießen konnte.

    "Meine Musik" ist das sehr wohl; ich würde die Fledermaus jederzeit und ganz eindeutig dem Rosenkavalier vorziehen... Thielemann fand ich, soweit ich es gehört habe (vor Donauwalzer und Marsch habe ich abgeschaltet), hervorragend. Sehr lebendig, mit schönem Timing, spannenden Übergängen, sehr guter Stimmführung und Klangbalance."Hölzernes" habe ich nicht gehört. Für mich ganz klar eines des besseren Neujahrskonzerte der letzten Jahre.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Ich empfand Thielemann als großartig:

    Er dirigierte ein Orchester das ihn mag und vor einem Publikum, das er mag

    Und erstrahlte aus, daß er glückglich über die ihm entgegengebrachte Sympathe ist.

    Er war zu keiner Sekunde - auch bei seiner Ansprache nicht - hölzern

    Für mich ganz klar eines des besseren Neujahrskonzerte der letzten Jahre.

    Hier pflichte ich vollinhaltlich bei


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Er dirigierte ein Orchester das ihn mag

    Das ist wohl so. Mir hat schon vor mindestens zehn Jahren ein bekannter Wiener Geiger erzählt, dass manche der eigentlich schon pensionierten Philharmoniker darum gebeten hätten, noch einmal spielen zu dürfen, wenn er dirigiert.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

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  • Danke für das Interview-Video.

    Wohltuend seine Aussagen zu Protestlern und Klimaaktivisten (die ich in einigen Fällen als Terroristen bezeichne).

    Interessant die Aussage Froschauers zum Thema Frauen - am Pult und in den Noten. Immerhin... ;-)


    Auffällig finde ich, dass Thielemann über sich mit "man" spricht. Das machen einige Menschen ganz gerne. Statt "ich" wird "du" verwendet, und noch weiter von sich selbst entfernt ist das "man".


    Persönliches gibt Thielemann auch in diesem Interview nicht preis. Da ist er konsequent, ähnlich wie Stefan Raab. Einerseits ist's mir wurscht, andererseits bleiben diese Menschen auch immer etwas blass oder eindimensional.

    „In sanfter Extase“ - Richard Strauss (Alpensinfonie, Ziffer 135)

  • Ich fand und finde ihn nicht eindimensional.

    Er gilt als "schwierig" - und das IMO zu unrecht.

    Er ist ein intellektueller Grübler mit Neigung zur Melancholie, kein "Sunnyboy" oder stromlinienförmig angepasster Dauerlächler...

    Und Intellektuelle waren und sind der Menschheit schon immer unheimlich oder unsympathisch, vor allen jenen "gradlinigen"

    (ich nenne sie "simpel gestrickt") typen, die derzeit überall präsent sind

    Mir war er schon immer sympathisch


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ehrlich gesagt ist mir schleierhaft, wie man nahtlos den Übergang von Walzer- und Marschseligkeit zu norwegischen Postkarten-Idyllen hinbekommt, aber das mag ganz allein mein Problem sein.

    Ich fürchte es ist dann wohl so, denn für mich ist das überhaupt kein Problem, nämlich dann, wenn man eine philosophisch-ästhetische Metaebene mitdenkt und mitfühlt.

    Ob man nun Traditionsbewusstsein im Klangbild der Wiener Philharmoniker oder dasjenige der historischen Architektur sich anschaut: wenn man dieses Dinge erkennt und schätzt, dann sieht man da Gemeinsamkeiten.

    Ein edler und angenehmer Orchesterklang und ein dementsprechendes Dirigat passt zur ästhetischen Erfahrung dafür empfindsamer Menschen, wird als natürlich und genießbar empfunden, sozusagen als Balsam für die Seele.

    Ebenso wird ein in die Landschaft oder ins Stadtbild passendes Gebäude als "Balsam für die Seele" empfunden.

    Das Gegenteil ist bei kratzigem Klang oder einer farblich und von der Form her als hässlich und die Umgebung (sei es eine Landschaft oder eine Stadt) gestalteten Architektur der Fall.


    Wieso ist das so schwierig?

    Ich mag auch diesen Ausdruck " norwegische Postkarten-Idyllen" nicht wirklich. Darin steckt ja bald eine ganze Welt von Herablassung. Postkarten sind meistens bei blauem Himmel aufgenommene Fotos, bei denen man dann mit Adobe oder dergleichen die Sättigung geschmacklos auf- bzw. überdreht hat. Man denkt an eine billig-heuchlerische Verkaufswelt, die weniger auf das Wahre als vielmehr auf das "Billig-Schöne" aus kommerziellen Gründen abzielt.

    Wer jedoch die norwegischen Fjorde erlebt hat und dort - wie ich- ernsthaft Landschaftsfotografie betrieb, der wird diesen verächtlichen Ausdruck " norwegische Postkarten-Idylle" nicht verwenden.

    Ist denn etwas gegen eine Idylle zu sagen? Eine der schönsten Partituren für Orchester überhaupt ist das "Siegfried-Idyll" von Richard Wagner.

    Stellt man in diese Landschaften einen schwarzen "bösen" Klotz, dann ist das eine Beleidung für das Auge.


    Zudem bin ich in einer Facebook-Gruppe "Arkitekturoppøret" aktiv. Dort habe ich tatsächlich viele neue Gebäude gesehen, die von der Atmosphäre - weniger von der Form her, die war immer klotzig- an die Burg des guten Herrn Vaders erinnern, was nicht nur von mir, sondern von sehr vielen Norwegern so formuliert wurde.

    Ich kann das hier nicht posten und will auch nicht zu sehr vom Musikthema abschweifen. Aber man kann mir schon glauben, dass ich hier nicht dummes Zeug von mir gebe.


    Muss jetzt leider gehen, deswegen soll das genügen.



    LG:hello:

    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Ich kann das hier nicht posten und will auch nicht zu sehr vom Musikthema abschweifen. Aber man kann mir schon glauben, dass ich hier nicht dummes Zeug von mir gebe.


    Lieber Glockenton,


    auch wenn's komplett off-topic ist: Ich glaube, niemand würde ernsthaft auf diese Idee kommen...

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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  • Lieber Glockenton,


    auch wenn's komplett off-topic ist: Ich glaube, niemand würde ernsthaft auf diese Idee kommen...

    Aber das Thema traditionelle Architektur - der "Thielemann" der Architektur im Sinne der Traditionspflege heißt übrigens Leon Krier - wäre für Tamino durchaus ein passendes Themenfeld. Nicht zuletzt auch in Hinblick auf Aufnahmeorte und Konzerthäuser. Auf X, früher Twitter, lohnt es sich überdies, dem einzigartigen @Wrathofgnon zu folgen, einem in Japan lebenden, sehr gebildeten Anonymus.


    Und, lieber Glockenton - ich würde gerne mehr von dir über das Thema lesen!


    Herzliche Grüße


    Christian

    "...man darf also gespannt sein, ob eines Tages das Selbstmordattentat eines fanatischen Bruckner-Hörers seinem Wirken ein Ende setzen wird."



  • Ich habe gerade einmal ganz kurz nach "moderne Architektur Norwegen" gegoogelt und einige wunderbare Beispiele gefunden, die sehr gut zur Landschaft passen. "Darth Vader-Architektur" ist mir zumindest auf den ersten Blick keine aufgefallen.


    Ich liebe historische Architektur und habe seit jungen Jahren unzählige Studienreisen unternommen, um mir historische Bauwerke in aller Welt anzuschauen. Ich käme aber nie auf die Idee, deswegen von neu zu errichtenden Bauwerken einen historisierenden Stil einzufordern. Das hätte nichts mehr mit Traditionsbewusstsein zu tun, sondern mit Rückwärtsgewandtheit, die ich im Gegensatz zu Alfred nicht positiv sehe. Jede Zeit sollte ihre eigenen künstlerischen Ausdrucksformen entwickeln, statt die Vergangenheit zu kopieren. Und ob ein Bauwerk ästhetisch gelungen ist, hängt nicht davon ab, ob es "traditonelle" oder "moderne" Architektur ist. Zu allen Zeiten wurden Scheußlichkeiten gebaut (einige der schlimmsten in der Zeit des Historismus) und wunderbare Bauwerke, die Ewigkeitswert haben.

    Der Traum ist aus, allein die Nacht noch nicht.

  • Im Wien liebt man keinen "Aufbruch zu neuen Ufern".....

    Das hat sich aber bis Deutschland nicht durchgesprochen......;)


    Lieber Alfred,


    auf diese Aussage möchte ich doch noch einmal eingehen, musikalisch, nicht "weltanschaulich" gesehen.


    "Anfang des Jahrtausends" war man bei den Wiener Philharmonikern in der Auswahl der Dirigenten für das Neujahrskonzert um einiges progressiver, und dieser Mut ist in meinen Ohren mit wahren Sternstunden in der Aufführungsgeschichte belohnt worden.


    2001 wurde Nikolaus Harnoncourt eingeladen, das Neujahrskonzert zu dirigieren. Seine Akribie, sein Bemühen um eine historisch informierte Aufführungspraxis stand scheinbar im Widerspruch zur lässigen Eleganz der zu hörenden wiener(ischen) Polkas, Märsche, Walzer, aber dem war nicht so. Das Orchester ist Harnoncourt gerne gefolgt, war deutlich hörbar bereit, seinen Intentionen zu folgen - mit großem Erfolg beim Publikum und offenbar auch innerhalb des Orchesters, denn ohne Grund ist Nikolaus Harnoncourt 2003 nicht noch einmal eingeladen worden, das Neujahrskonzert zu dirigieren.


    Auch die Einladung von Georges Prêtre 2008 hatte mich zumindest damals sehr überrascht. Ich kannte ihn vornehmlich als Operndirigent und als "Spezialist" auf dem Gebiet der französischen Musik, aber weniger als Connaisseur der Musik der "Strauß Dynastie". Auch aufgrund des Alters, Georges Prêtre war damals 83, hätte ich niemals auf ihn als Dirigent des Neujahrskonzerts getippt, aber ich wurde mehr als positiv überrascht. Mit mehr Esprit, Eleganz, feinsinniger Dynamik- und Tempogestaltung habe ich vielfach gehörte Werke noch nie gehört. Kein Wunder, dass auch er zwei Jahre später noch einmal das Neujahrskonzert dirigieren durfte.


    Zugegeben, das diesjährige Neujahrskonzert hat mir in soweit gut gefallen, als dass sich Christian Thielemann Strauß und Co seit seinem ersten Auftritt 2019 dem "Geist" des Neujahrskonzerts mehr angenähert hat. Es klang längst nicht mehr so "preußisch zackig", Christian Thielemanns Faible für Rubati waren hier für mich wesentlich stimmiger als in etlichen anderen Werken, die er dirigiert hat; der Sinn der sehr langen Generalpause zum Ende des "Donauwalzers" hat sich mir zwar nicht entschlossen (denn ein Walzer ist ein Tanz und wie will man diese Generalpause tanzen?), aber das sind, neben ein paar anderen Dingen, eher Kleinigkeiten.


    Unterm Strich war ein hohes Niveau zu hören (natürlich, denn die Wiener Philharmoniker können die Musik des Neujahrskonzert gar nicht "schlecht" aufführen), aber für mich nicht im Ansatz eine "Sternstunde".


    Und ich denke, diese "Sternstunden" wird man nur dann erleben können, wenn man höchstklassige Dirigenten einlädt und/oder wenn man bereit ist, sich auf gewissen "Wagnisse" einzulassen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Da das eigentliche Thema ohnedies ausgereizt ist, she ich Themenabweichungenhier nicht so schlimm. Mögen sie den Grundstein für künftige Threads legen.

    Dieser Thread wird aber - wie berits angekündigt - in wenigen Stunden in den Tritsch-Tratsch-Bereich verschoben, wo er dann - nach angemessener Frist - gelöscht wird.

    Und nun zu MEINEM Beitrag zu Themenabweichung:

    Der Historismus wurde - je nach Zeit - bewundert oder verteufelt. Ich hab ca 10 Jahre im Kunsthistorischen Museum gearbeitet und fühlte mich in diesem großartigen Bauwerk des Historismus sehr wohl. Die meisten Gebäude der Wiener Ringstraße sind im Historismus erbaut, vom Parlament übers Burgtheater, der Hofburg, dem Rathaus (Neogotik), der Votivkirche (Neogotik)Die Staatsoper (Neorenaissance)

    Von meiner Wohnung aus habe ich auch blick auf eine neogotische Kirche "St. Othmar unter den Weissgerbern" Erbaut von Dombaumeister und Professor für mittelalterliche Baukunst Friedrich von Schmidt, der auch das Wiener Rathaus baute

    Auch der heute hoch bejubelte goldene Wiener Musikvereinssaal, der Brahmssahl (der kleine Bruder im gleichen Stil) ist historismus.

    Um "Modernität" zu suggerieren hat die Gesellschaft der Musikfreunde die neuen 3 Säle (unterirdisch angelegrt, da kein Platz mehr im Haus verfügbar war)in extrem moderner Bauart errichten lassen. Na ja


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • denn ein Walzer ist ein Tanz und wie will man diese Generalpause tanzen?

    Im Neujahrskonzert - und nicht nur da - werden "Konzertwalzer" mit Vorspiel etc gepielt, die NICHT zum Tanzen gedacht und geeignet sind.....


    Das Thema ist komplex, die Übergänge fließend. Ich find WIKIPEDIA hat das ganz gut erklärt.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Konzertwalzer


    mfg aus Wien

    Alfred

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  • Dieser Thread wird aber - wie berits angekündigt - in wenigen Stunden in den Tritsch-Tratsch-Bereich verschoben, wo er dann - nach angemessener Frist - gelöscht wird.

    Wieso denn das? Ich höre mich gerade erst ein und warte auf die Veröffentlichung des Konzerts nächste Woche. Seit einiger Zeit mal wieder ein sehr lebendiger thread. Da ist noch Musik drin ;-)

  • Inzwischen wurde AN DER SCHÖNEN BLAUEN DONAU als Single vorab veröffentlicht (bspw. auf Spotify). Da ich das Konzert mit Thielemann nicht gesehen habe, war ich jetzt sehr gespannt. Aber ich muss sagen, dass ich die Ausführung dieses schönen, langen Walzers buchstabiert und vom Rhythmus etwas abgehackt finde.

    Kein Vergleich mit dem viel geschmeidigeren Kleiber 1989.


  • Aber ich muss sagen, dass ich die Ausführung dieses schönen, langen Walzers buchstabiert und vom Rhythmus etwas abgehackt finde.

    Habe mir den Donauwalzer, sowei das Neujahrskonzert nicht angehört, aber allgemein kommt es mir immer so vor, dass Thielemann immer dann ins "Buchstabieren" und "Tempo rücken" verfällt, wenn er etwas besonders gut machen will - z.B. sein Beethoven-Zyklus. Wenn er es hingegen "laufen" läßt, kommen oftmals sehr gute Dinge dabei heraus - z.B. sein Brahms-Zyklus.

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Mittlerweile habe ich das Konzert komplett gehört und möchte meine Ersteindrücke insofern richtigstellen, dass es mir insgesamt doch außerordentlich gut gefallen hat. Es gab ein paar wirkliche Schmankerln. Besonders den mir bis dato nicht geläufigen Hellmesberger-Walzer "Für die ganze Welt" fand ich großartig. Und ausgerechnet den Donauwalzer, wo es an berühmten Vorläufern nicht mangelt, habe ich lange nicht so überzeugend gehört wie heuer. Also alles richtig gemacht bei der Dirigentenwahl. Ich freue mich bereits auf Mutis Rückkehr 2025.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Und ausgerechnet den Donauwalzer, wo es an berühmten Vorläufern nicht mangelt, habe ich lange nicht so überzeugend gehört wie heuer.

    Hier pflichte ich vollinhaltlich bei !


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich kann das inhaltlich überhaupt nicht beurteilen, weil ich üblicherweise weder Walzer, noch Märsche oder Polkas höre. Ausnahme ist allein wegen "2001" eben der Donauwalzer. Den haben wir in den Einspielungen von Kleiber (1992), Pretre (2008) und Thielemann (2024) im Vergleich gehört. Alle fraglos gut. Mein Eindruck war allerdings, dass ich bei Thielemann eine kleine Symphonie zu hören bekomme, voller Details, voller Spannung. Hat mir am besten gefallen.

    "Jein".

    Fettes Brot

  • Wie schon weiter oben gesagt kann ich die Begeisterung über Thielemanns Donauwalzer nicht nachvollziehen. Er dirigiert bereits den Walzer-Rhythmus weniger fließend und wie buchstabiert - nicht gegen den Strich, aber im Vergleich zu Kleiber 1989 weit weniger mitreißend. Aber ich bin auf dem Gebiet nun wahrlich kein Experte. Die anderen Stücke des Konzerts werde ich noch anhören, bin natürlich besonders auf die Bruckner-Entdeckung gespannt. Viele Grüße, Christian

  • So unterschiedlich sind Einschätzungen.

    In der Tat dirigiert Thielemann einige der Werke - so auch den Donauwalzer - als das was sie in der VORLIEGENDEN Form auch sind: KONZERTWALZER

    Sie sind NICHT zum tanzen gedacht !!

    Sie sind subtiler zu interpretieren und näher an der "ernsten" "klassischen Musik"


    Über Carlos Kleiber kann ich nicht urteilen, weil ch ihn generell für überschätzt halte. Besonders lächerlich eine Aufnahme (Beethovens Sinfonie Nr 4) von ihm, die jahrelang in einem Autoradio lag, Klangschäden erlitten hatte und dann restauriert wurde wie eine Reliquie. Anschliessend wurde sie als "Ereignis" gefeiert. Ich sehe in Kleiber einen selbstgefälligen, zerrissenen, sich selbst Inszenierenden Dirigenten, der es schaffte Aufmerksamkeit auf sich zu fokussieren, durch seine Launen, seine Absagen, sein sich "rar" machend.

    Wer hier Einspruch erheben möchte, des soll das tun - allerdings hier->

    Carlos Kleiber - sein Vermächtnis

    Ich selbst hab damals - anlässlich seine überraschenden Todes -den Eröffnungsbeitrag geschrieben - und er ist - wie sich das für einen Quasi-Nachruf gehört - freundlich

    Es wird nirgendwo bestritten, daß er ein bedeutender Dirigent war, indes da gabs andere die mir mehr am Herzen lagen....


    Daß er ein gestörter, neurotischer, überempfindlicher Mensch war, der ein Leben lang unter seinem Über-Vater gelitten hat, der ja gar nicht wollte, daß Carlos Dirigent wird, ist unbestritten, aber für mich macht Ihn das nur noch interessanter.
    Ich bin froh, daß er sich von vielen Dingen ferngehalten hat oder auch Aufnahmesitzungen abgebrochen hat, wenn er sich mit den Bedingungen nicht einverstanden erklären konnte - das nennt man Ernsthaftigkeit und Seriosität - und zwar kompromisslos!

    Aus meiner Sicht gehört das in den Bereich des unfreiwilligen Humors. Disziplinlosigkeit und launisches Verhalten sind keine Tugenden - speziell nicht bei Interpreten.


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • So unterschiedlich sind Einschätzungen.

    In der Tat dirigiert Thielemann einige der Werke - so auch den Donauwalzer - als das was sie in der VORLIEGENDEN Form auch sind: KONZERTWALZER

    Sie sind NICHT zum tanzen gedacht !!

    Sie sind subtiler zu interpretieren und näher an der "ernsten" "klassischen Musik"

    nicht bei Interpreten.

    Unter Thielemann spielen die Philharmoniker die zweite und dritte Viertel des Walzers ja eben gerade nicht subtil, sondern wie abgehackt und jede Viertel alleinstehend. Höre das nur ich so??? Bei Kleiber klingt das viel geschmeidiger, auch feiner und klanglich mehr zugespitzt. Ich bin kein Kleiber-Verehrer, dafür hat er zu wenig dirigiert in dem von mir geschätzten Repertoire, aber bei ihm sind diese Walzer elektrisierend.

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  • Den Nimbus des Nonplusultra der beiden Neujahrskonzerte mit Carlos Kleiber (1989 und 1992) habe ich noch nie so ganz verstanden. Vielleicht war das Außergewöhnlichste daran, dass er sie nicht im letzten Moment doch noch platzen ließ.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Unter Thielemann spielen die Philharmoniker die zweite und dritte Viertel des Walzers ja eben gerade nicht subtil, sondern wie abgehackt und jede Viertel alleinstehend. Höre das nur ich so???

    Ich jedenfalls nicht. Ich habe mir das gerade noch einmal angehört und fand es außergewöhnlich fein differenziert, mit wunderbarer Klanggestaltung und schön augekosteten, aber natürlich gestalteten Übergängen. Achte z.B. mal darauf, wie er nach dem Walzer-Auftakt die Harfe in den Gesamtklang integriert, sehr früh beginnend und mit gemächlichem Arpeggio, was dem Akkord auf der Eins etwas wunderbar Weiches gibt. Oder wie er später die Streicher-Pizzicati eine Spur gewichtiger nimmt als üblich und damit einen schönen Dialog zwischen Bläsern und Streichern schafft. Die Balancen im Orchester finde ich herausragend gut, die Variationen bei den wiederholten Teilen dezent und geschmackvoll, aber deutlich, die Phrasierungen natürlich und stimmig. Dabei nehme ich im Hintergrund eine Spur Melancholie wahr, die wunderbar zu dieser Musik passt. Insgesamt ist dieses Konzert weit besser gelungen, als ich es erwartet hatte.


    Den Nimbus des Nonplusultra der beiden Neujahrskonzerte mit Carlos Kleiber (1989 und 1992) habe ich noch nie so ganz verstanden.

    Ich schon. Das Konzert von 1992 dürfte bei mir die meistgehörte CD überhaupt sein, und ich kriege an vielen Stellen immer noch eine Gänsehaut. Das Timing bei der Ouvertüre zu "Die lustigen Weiber von Windsor", der unvergleichliche Walzer-Auftakt bei der Zigeunerbaron-Ouvertüre und Unzähliges mehr: Das dürfte für alle Zeiten unübertrefflich gut sein. Ich habe schon lange aufgehört, irgendeinen seiner Nachfolger bei diesem Konzert an ihm zu messen. Bei der Fledermaus gelingt mir das nur schwer, die kann ich von anderen kaum noch hören, ohne sehnsüchtig daran zu denken, wie phantastisch Kleiber das gestaltet hat.

    "Herr Professor, vor zwei Wochen schien die Welt noch in Ordnung."
    "Mir nicht."
    (Theodor W. Adorno)

  • Zitat

    lohengrins schrieb:

    Die Musik der Neujahrskonzerte ist nicht meine. War es nie, wird es nie.

    Der Geschmack der Musikliebhaber ist sehr unterschiedlich - und das ist auch gut so. Dennoch will ich hier einige Zitate von Komponisten-Kollegen bringen, die viel über die Bedeutung von Johann Strauß (Sohn) aussagen (nach Wikipedia):


    „Ich verehre ihn nicht allein als Künstler, sondern auch als Menschen, weil mich seine außerordentliche Bescheidenheit ganz entzückt“

    Anton Rubinstein

    „Er ist der Einzige, den ich beneide – er trieft von Musik, ihm fällt immer etwas ein.“

    Johannes Brahms

    „Ich verehre ihn als einen meiner genialsten Kollegen.“

    Giuseppe Verdi

    „Johann Strauss ist der musikalischste Schädel der Gegenwart. […] Es leben alle musikalischen Genies von Bach bis Johann Strauss!“

    Richard Wagner

    „Acht Takte von Wiener Blut und ich gebe eine ganze Oper dafür – es ist viel schwerer, einen schönen Walzer zu schreiben als eine mittelmäßige Symphonie zu komponieren.“

    Richard Strauss

    .


    MUSIKWANDERER

  • sollte ich jetzt vielleicht doch besser meinen Musikgeschmack ändern?

    Von alleine funktioniert das nicht


    Da muß Du dich einer Gehirnwäsche durch einen Fachmann unterziehen


    Das Tamino Klassikforum bietet hier für leichtere Fälle Online-Fernkurse an - mit 12 Lektionen bzw Therapiestunden a 630.-- €

    oder aber (wirksamer - weil hier auch geprügelt und ausgepeitscht wird) Direktlektionen im Institut mit 12 Lektionen a 1199.-- €

    Sollte im 2. Fall der Tod des zu Schulenden eintreten - gewähren wir -auf dem Kulanzweg - den Erben einen posthumen Nachlaß in der Höhe von 17,5 %:jubel:


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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