Dmitri Schostakowitsch, Symphonie Nr. 9 in Es-Dur, op. 70 (1945)

  • Wir sind im Jahr 1945. Hitler ist besiegt - nach sowjetischer Geschichtsschreibung praktisch einzig und allein durch einen verlustreichen, aber heroischen Kampf der Roten Armee und einer nicht wankenden Zivilbevölkerung. Stalin ist der Triumphator.
    Genossen, das muß gefeiert werden!
    Da trifft es sich doch gut, daß Dmitri Schostakowitsch gerade eine Achte Symphonie komponiert hat (schnell in die allerunterste Schublade mit dem depressiven Zeug!) - und damit ganz zwangsläufig die Neunte folgt.
    Just die Neunte.


    Sie sind (oder eher waren einmal) zwar antibürgerliche Revolutionäre, die Genossen Parteifunktionäre, aber der Russe lebt nun einmal mit seinen Klassikern.


    Kurzer Exkurs: Der Russe und seine Klassiker
    In Rußland konnte damals jeder zumindest ein Gedicht Puschkins auswendig. In den Smalltalk hat man Zitate großer (auch zeitgenössischer) Autoren einzustreuen, sonst gilt man als ungebildet. (Heute schleift sich das etwas ab - aber der größte Fernseh-Erfolg der jüngsten Zeit war nicht etwa eine Sitcom, sondern eine tatsächlich fabelhafte Serie nach Bulgakows "Meister und Margerita".) Man hatte die großen Klassiker der russischen und ausländischen Literatur dermaßen intus, daß sich Autoren auf diese Klassiker beziehen konnten - und die Anspielungen wurden verstanden. Für uns Mittel- und Westeuropäer macht das russische Literatur mitunter so schwer lesbar: Wir erkennen die Vorlage nicht, die der russische Leser aber sofort assoziiert.
    Nicht anders in der Musik: Der Russe denkt automatisch den Kontext der Klassiker mit. Wenn Schostakowitsch beispielsweise ein Klaviertrio schreibt, dann tut er das im Bewußtsein, daß das Publikum die Klaviertrios von Tschaikowskij und Rachmaninow quasi als Hintergrund mitdenkt.
    Nun wäre es falsch zu glauben, russische Ensembles hätten nur russische Komponisten gespielt. Natürlich hat die nationale Musik einen hohen Stellenwert. Aber die großen nicht-russischen Klassiker sind im Repertoire der Künstler und der Orchester - und somit im Bewußtsein des Publikums. Geschätzt werden vor allem Bach, Beethoven und Brahms, während Mahler und Bruckner, von Einzelaufführungen abgesehen, erst relativ spät ins russische Repertoire einzogen: Mahler durch Kondraschin und Swetlanow, Bruckner durch Roschdestwenskij. In beiden Fällen waren die religiösen Bezugnahmen der Komponisten lange Zeit allzu verdächtig.


    Zurück zu Schostakowitschs Neunter.
    Daß die Genossen Parteifunktionäre und auch das Publikum bei einer Neunten Symphonie automatisch an Beethoven denken, ist uns jetzt natürlich klar.
    Aber die Assoziationen gehen viel weiter:
    Neunte Symphonie = Neunte Beethoven = per aspera ad astra = aus Bedrängnis durch Hitler zum Sieg der Roten Armee = Hymne an die Freude über den Sieg der Roten Armee = Gewaltiges symphonisches Portrait vom heroischen Kampf der Sowjetunion.
    Ja - und genau das hat er versprochen, der Genosse Dmitri Dmitrijewitsch: Eine heroische Chorsymphonie mit einem Loblied auf den Triumphator Stalin.
    Aber nicht genug damit: Daß Schostakowitschs Ruhm längst über die Grenzen der Sowjetunion hinausgedrungen ist, weiß jeder. Und man stelle sich vor: Weltweit wird der Sieg der Roten Armee und der Ruhm Stalins in Konzerten verkündet werden. Ein unvergängliches Denkmal in Tönen.
    Und das von einem einst widerspenstigen Komponisten, den Stalin erst auf den rechten Weg bringen musste.
    Welch ein Triumph!
    Welch eine Vorfreude!


    Und dann kommt sie, die glorreiche Neunte Symphonie des Genossen Dmitri Dmitrijewitsch.
    Aber was ist das? Ist Ihnen der Borschtsch nicht bekommen, Genosse Dmitri Dmitrijewitsch? Hat der Kwas zuviel Alkohol gehabt? Konnten Sie Ihre Finger nicht vom Altai-Wodka lassen? Und noch dazu in Es-Dur, der heroischen Tonart! Genosse, Sie werden doch nicht spotten...?


    Diese "Neunte" ist eine Frechheit sonder gleichen. Ein Komponist zeigt dem glorreichen Führer der Sowjetunion die lange Nase. Und streckt ihm gleich die Zunge auch noch heraus. Keine Soli, kein Chor. Nicht einmal ein großes, sondern sogar ein relativ kleines Orchester. Kein Epos, kein Heroismus, kein Hymnus. Eigentlich nicht einmal eine Symphonie, sondern eine Sinfonietta, ein fünfsätziges Divertimento.
    Ganz leicht und heiter geht's zu. Offziell sagt Schostakowitsch, das Werk stelle die Freude des russischen Volkes über das Ende des Krieges und den Sieg dar. So kann man's auch sagen - etwa, wenn Kinder im Sandkasten Krieg gespielt haben und einer dann gewonnen hat, muß seine Freude so ähnlich gewesen sein.
    Nur im 4. Satz schlägt Schostakowitsch in dünnen solistischen Linien andere Töne an - da klingt wieder Trauer hinein. Aber sonst: Jede heroische Geste wird abgebogen in ein Schmunzeln oder, noch schlimmer, in Belanglosigkeit. "Gar nicht hinhören auf den heroischen Quatsch", scheint Schostakowitsch zu sagen.


    Am 3. November 1945 dirigiert Jewgenij Mrawinskij die Uraufführung. Knapp ein Jahr läßt sich die sowjetische Kritik mit der Beurteilung Zeit. Dann schäumt sie: Die "ideologische Schwäche" der Symphonie "reflektiert nicht den wahren Geist der Völker der Sowjetunion." Schnell in die Schublade damit (in die allerunterste, falls dort neben der Achten und der "Nase" noch Platz sein sollte.)
    Aber auch im Westen staunt man über die "kindische Freude" über das Kriegsende.
    Mir wurde allerdings von einigen russischen Musikern und anderen Zeitzeugen versichert, daß das russische Publikum sehr wohl verstanden hatte: Keine "Neunte" war das, sondern eine "Gegen-Neunte", eine Ablehnung all dessen, was ideologisch zu erwarten gewesen war. Dem begeistert zuzustimmen, hätte in einem Staat, in dem jede Kleinigkeit für eine Denuntiation genützt wurde, gefährlich werden können. Die flaue Publikumsreaktion basierte nicht auf Ablehnung, sondern auf der Angst, wegen der Zustimmung zur Rechenschaft gezogen zu werden.


    Zu den Aufnahmen:
    Hier zeigt es sich, wie heikel dieses Werk ist, wie schwierig es ist, diesen leicht ironischen, aber keineswegs satirischen Tonfall zu treffen.
    Mrawinskij ist natürlich glänzend, Barschai und Kitaenko sind für mein Gefühl etwas zu gewichtig, auch bei Gergiev ist für mich etwas zu viel Druck dahinter. Katastrophal finde ich Bernsteins Mißverständnis - eine Musical-Ouvertüre ist das Werk nun auch wieder nicht! Die beste reine West-Aufnahme legt meiner Meinung nach Hugh Wolff mit dem RSO Frankfurt hin.
    Aber es punkten für mich auch hier wieder die üblichen Verdächtigen im Fall Schostakowitsch am höchsten: Kondraschin wagt es, dieses Leichtgewicht wirklich als solches zu dirigieren mit Witz und Pfiff und merklicher Freude an dem Späßchen - und eröffnet im Kontext mit dem Hintergrund des Werkes am besten die unglaubliche Frechheit, die sich Schostakwitsch da herausgenommen hat.
    Bei Roschdestwenskij ist der Ton schon wieder schärfer, etwas mehr in Richtung Satire. Aber es funktioniert, weil Roschdestwenskijs Tempi immer frisch bleiben und das Zusammenbrechen der heroischen Gesten nicht übertrieben wird, sondern eher als Pointe eines (politischen) Witzes verstanden wird.

    ...

  • Der Einführung zu dieser Sinfonie und den bekannten Aufnahmen ist wirklich nichts hinzuzufügen. Zu ergänzen bleibt, dass es auch von Klemperer eine Aufnahme dieser Sinfonie gibt, die mir seinerzeit beim Hören gut gefallen hat.


    Mit Gruß,


    Walter

  • Am Wochenende habe ich die etwas schärfer klingende Roshdestwensky-Aufnahme der Sinfonie Nr.9 gehört - fantastische Aufnahme.


    Als Vergleich habe ich dann Teile der Barschai - Aufnahme und auf LP auch die Kondraschin-Aufnahme gegengehört.
    Kondraschin versteht es am besten den Spielwitz der Sinfonie Nr.9 umzusetzen und läßt dabei Barschai und Roshdestwensky wesentlich Schwergewichtiger klingen, sodaß die beschwingte Leichtigkeit geringfügig verloren geht (bei Barschai noch mehr als Roshdestwensky).
    Da kamen bei mir richtige Jugenderinnerungen auf, als ich die alte Kondraschin-LP aufjegte, die mich als erste für diese Sinfonie geprägt hatte.


    Das Bernsteins Aufnahme ein Mißverständnis sein soll finde ich etwas überzogen ausgedrückt. Es ist zumindest interessant und mit Bernstein ohne Verleugnung des Spielwitzes die Sinfonie Nr.9 in amerikanischem Soundgewand zu hören - mir gefällt die Bernstein - Aufnahme trotzdem.


    :yes: Mit der Bezeichung Referenzaufnahme sollte man vorsichtig umgehen, aber ich meine Kondraschin ist hier wirklich die absolute Referenz !
    Wohl dem der diese Aufnahme sein eigen nennen kann.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Im Radio hörte ich auch einmal eine interessante Aufnahme mit Solti, habe diese aber nirgends auf Tonträger finden können. In unserer Universal-Klassikersammlung befindet sich die Symphonie seltsamerweise in einer Interpretation unter Weller...


    Am liebsten sind mir bisher die humoristischen Teile des Werks - die Durchführung des 1. Satzes (IMO eine Persiflage einer Haydn-Durchführung, die ein Thema benutzt, das absolut nicht geeignet ist), der plötzliche "Einfall des Toreros" im 3. sowie die pseudo-heroischen Gesten des 4. Satzes. Den Marsch, der sich gegen Ende des 5. Satzes immer gehetzter (in den Tod?) fortsetzt, habe ich wohl noch nie so gut interpretiert gehört, als dass ich damit zufrieden gewesen wäre...
    Genau genommen fehlte eigentlich allen bisher gehörten Interpretationen etwas die Doppelbödigkeit, aus humoristischer Sicht konnte ich sie jedoch meist genießen 8)


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

  • Zitat

    Original von Barezzi
    Genau genommen fehlte eigentlich allen bisher gehörten Interpretationen etwas die Doppelbödigkeit, aus humoristischer Sicht konnte ich sie jedoch meist genießen 8)


    Nachtrag: Habe die letzten Tage alle in meiner Sammlung vorhandenen Einspielungen im Vergleich gehört. Dabei schnellten mir bei Barschai die Augen und Ohren auf 8o
    Das klingt total anders als die restlichen vier Aufnahmen und hat doch die Doppelbödigkeit gezeigt. Zu großes Abschweifen in platten Klamauk wird vermieden und stellenweise schwankt die Musik zwischen Komödie und Tragödie in jeweiliger Extremform. Die Marschthemen des Finalsatzes sind nicht wie bei einem lustigen Paradeaufmarsch à la Volksfest schmissig heruntergespielt, sondern teilweise viel wirkungsvoller zurückgenommen. An einigen Stellen dachte ich, ein völlig anderes Werk zu hören ?(
    Meine klare Nr. 1 :jubel::jubel::jubel: (leider habe ich Edwins "russische Klassiker" [noch] nicht :motz: - die nächsten Monate muss ich das mal auf die Prioritätenliste setzten und scheinbar Japanisch lernen :rolleyes: )


    :hello:
    Stefan


    PS Auf den Plätzen landeten übrigens Weller (immer noch gut, nur der Abgrund fehlt leider auch hier zu sehr), Jansons und Slovak (durchschnittliche Interpretationen...) und Bernstein DGG (glatte Themaverfehlung)

    Viva la libertà!

  • Die Kondraschin-Aufnahme ist auch deshalb so empfehlenswert, weil sie mit der 15. Sinfonie gekoppelt ist, die einzige Aufnahme, die ich davon kenne, bei der die Doppelbödigkeit dieses Werks zum Erklingen gebracht wird. Mravinsky klingt leider noch schlechter...


    Ps Es ist schon erstaunlich, einmal einem anderen Beitrag, wie dem von Edwin, in allen Punkten zustimmen zu können (ohne allerdings dabei die Wolff-Aufnahme zu kennen) Selbst bis hin zu den Unterlassungen: Jansons verdient keine Erwähnung, finde ich. Von Barshai hörte ich, übrigens, einmal eine Konzertaufnahme aus Russland (so mich nicht meine Erinnerung der Sinfonienummer trügt), und dort kam sie mir genauso vor, wie das Uraufführungskonzert der 14.: grässliche Phrasierungen (dort aber bei geradezu hörbar knisternder Anspannung wegen der politischen Brisanz.) Bei der Brilliant-Box gefällt er mir da durchwegs besser.

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

    2 Mal editiert, zuletzt von a.b. ()

  • Die neue Ashkenazy-GA (Aufnahmen 1987 - 2006) der Schostakowitsch-Sinfonien hält jede Menge positive Überraschungen bereit.
    :] Das ganze wird in bester Decca-Klangtechnik geboten; äußerst natürlicher Klang, ohne unangenehme Schärfen in den Streichern.


    Natürlich kann bei einer GA die Qualität aller eingespielten Sinfonien nicht gleich sein. Ein unglaublich hohes Niveau des Vollblutmusikers Ashkenazy hat sie aber durchweg.
    An Schlagkraft läßt er nichts zu wünschen übrig.


    Besonders herausragend ist auch hier die
    Symphonie Nr. 9 in Es-Dur, op. 70 (1945). Ashkenazy steht mit dem Royal PO aus London der refernzwürdigen Kondraschin-Aufnahme (Melodiya) kaum nach und bringt die Doppelbödigkeit bei fast gleichen Spielzeiten ebenfalls genial zum klingen.



    Decca, 1987 - 2006 , DDD


    In einem anderen Forum fand ich die Bezeichnung der neuen Ashkenazy-Aufnahmen als moderne Referenz passend und angemessen.


    Ebenfalls herausragend von den bisher gehörten sind die Sinfonien Nr.4, 6, 7, 11 und 15. Einzig die Sinfonie Nr.5 könnte ich mir mit noch mehr Emotion vorstellen, so wie man es von Roshdestwensky und Bernstein gewohnt ist.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

    Einmal editiert, zuletzt von teleton ()

  • Zusätzlich zu Bernstein, Askhenazy und Barshai habe ich auch noch zwei andere Aufnahmen der 9. von meinem geliebten Schostakowitsch:


    1. eine mit Mstislav Rostropovitch und dem National Symphony Orchestra aus 1994 - diese Aufnahme der 9. empfinde ich als die gelungenste (sowie eigentlich fast alle Aufnahme von Rostropovitch mit Werken seines Freundes).


    2. eine mit Celibidache und dem Swedish Radio Symphony Orchestra, eine Aufnahme, die unter jeder Kritik ist, sowohl musikalisch als auch aufnahmetechnisch. Aber vor allem musikalisch. Falsche und übertriebene Tempi, überspannte Bögen, zu wenig auf den ironischen doppelbödigen Charkater der Symphonie eingehend.


    Ansonsten muß ich zugeben, daß die 9. nicht unbedingt mein Liebling unter den Symphonien Schostakowitsch's ist. Meine ganz persönlichen Favoriten sind da eher die 10. und die 15.


    LG

  • Hallo!


    Eine auch wirklich gelungene Aufnahme ist (meiner Meinung nach) Mariss Jansons, mit dem Oslo Philharmonic Orchestra. Da hab mir bei einigen Stellen (vor allem im 1. Satz) das Lachen nicht verbergen können...


    :hello:

    Der Vorteil der Klugheit besteht darin, dass man sich dumm stellen kann...
    Das Gegenteil ist schon schwieriger. (K. Tucholsky)

  • Hallo,
    bei You Tube kann man sich jetzt die Aufnahme mit Klemperer von 1956 aus Rom anhören,- es gibt nur einzelne Bilder.
    Langsames Tempo, aber im Fond mit einer gehörigen Prise Kurt Weill sowie ätzendem Humor gewürzt.
    Als Tonträger dürfte die Aufnahme derzeit nicht verfügbar sein.


    Gruß S.



    Nachtrag: ES gibt übrigens KEINE Aufnahme der 9. mit Mrawinsky!
    Er hat sie zwar 1946 aufgenommen, doch " The recording has been lost, despite attempts to find the original masters"
    Gregor Tasssie. Yevgeny Maravinsky The noble conductor.
    Außerdem hier wird sie nicht erwähnt.
    http://www32.ocn.ne.jp/~yemrav…cography.htm#Shostakovich
    Folgerung: Es gibt keine 9. mit YM. Die Kollegen müssen sich verhört haben.

    Einmal editiert, zuletzt von s.bummer ()

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  • Zitat

    Original von s.bummer


    Nachtrag: ES gibt übrigens KEINE Aufnahme der 9. mit Mrawinsky!


    Ich meine mich zu erinnern, dass es eine 9. live aus Prag gibt, dies bei Praga erschienen war . Ichmeine sogar, dass ich sie irgendwo stehen habe. Mal suchen...
    :hello:

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Im Moment habe ich drei Aufnahmen von der 9.: Barschai, Jansons und Kondraschin.
    Über die Qualitäten der Kondraschin-Aufnahme will ich mich nicht weiter auslassen - dem, was über diese Aufnahme gesagt worden ist, kann ich mich nur ohne wenn und aber anschließen - möchte aber darauf hinweisen, dass auch Jansons-Aufnahme durchaus ihre Qualität hat: Eine leichte, durchsichtige fast schon beschwingte Aufnahme, die diese Sinfonie in die Nähe von Prokofieffs 1. rückt. Ohne den Kompositionsanlass zu kennen kann sie nur als ebenfalls sehr gelungen bezeichnet werden, bezieht man letzteren mit ein, ist sie vielleicht ein bißchen zu klassisch.


    Und genau auf diesen historischen Hintergrund und die Interpretation desselbigen kommt es an:


    Der Sturm auf Berlin, angefangen bei der Überschreitung der Oder im Januar 45 über die Seelower Höhen bis hin zum Kessel von Halbe und der eigentlichen Schlacht von Berlin, hat der Roten Armee doch noch einmal an die 300.000 Menschenleben gekostet, von den Verwundeten und Verkrüppelten ganz zu schweigen. Und zwar auch deswegen, weil Berlin unbedingt vor den Westmächten erreicht werden sollte und daher die eigenen Truppen ohne Rücksicht auf Verluste und mit allen nur erdenklichen Methoden der Motivation und des Zwanges in diese Schlachten hineingetrieben worden sind.


    Vor diesem Hintergrund nun gibt es mehrere Möglichkeiten, eine Siegessinfonie zu schreiben: Ein Lobgesang auf die Genialität Josef Stalins und des sowjetischen Generalstabs, eine Hymne auf die Leistungen und die Opferbereitschaft der Roten Armee und des Sowjetvolkes oder ganz etwas anderes, aber durchaus auch logisches, wie es Schostakowitsch dann gemacht hat: Ein kleines "Lied" für die, die diese Knochenmühle, diesen Fleischwolf schlicht und einfach überlebt haben.
    Höre ich Schostakowitschs 9. kommt mir immer eine Photographie in den Sinn, auf dem 3, 4 RotarmistInnen an einem Straßenrand im zerschossenen Berlin mit einer Ziehharmonika rund um ein kleines Handwägelchen herum ihre ganz persönliche Siegesfeier feiern. Und zwar bar jeglicher Ideologie froh darüber, dass der ganze Mist endlich vorbei ist und man es tatsächlich überlebt hat.


    Wenn Schostakowitsch also sagt, das Werk stelle die Freude des russischen Volkes über das Ende des Krieges und den Sieg dar, dann stimmt das auch: Keine Schlachten mehr, keine Gefallenen mehr, keine Einpeitscher und Prügler mehr, keine Kriegswirtschaft mit ihren 16-Stundenschichten mehr, sondern endlich Frieden mit allem, was dazu gehört: Demobilisierung, kürzere Arbeitszeiten, bessere Versorgung, kurz Normalität.
    Schostakowitsch verweigert in seiner 9. Sinfonie nicht den einzelnen Sowjetbürgern die Anerkennung ihrer Leistungen und Opfer, das ist bei aller Fröhlichkeit ganz deutlich mit dabei, Schostakowitsch verweigert den Lobgesang auf Stalin, Partei und Generalität und beschreitet damit einen ähnlichen, wenn auch nicht so radikalen Weg, wie Hasek mit seinem Schwejk.


    Dieses kleine, weil nach unendlicher Mühe ausgerufene "Hurra, wir leben noch!" hat Kondraschin in seiner Interpretation dieses Werkes am besten eingefangen.


    Viele Grüße
    John Doe

  • Zitat

    Original von a.b.


    Ich meine mich zu erinnern, dass es eine 9. live aus Prag gibt, dies bei Praga erschienen war . Ichmeine sogar, dass ich sie irgendwo stehen habe. Mal suchen...
    :hello:


    Sorry, das war Sinfonie Nr. 6 & 12 auf der Praga-Aufnahme, nicht die 9.

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Hallo,
    dass Mrawinsky, der so viele Uraufführungen von Werken Schostakowitsch verantwortet hat, auch große Lücken aufweist, ist bei der heutigen Manie, immer Gesamteinspielungen abzuliefern, schon bmerkenswert.
    Aber Mrawinsky war wählerisch.
    Dennoch ist es ein Verlust, seine Aufnahme der 9. nicht zu haben, sie soll nur 23 min lang gewesen sein.


    Auch gibt es keine Aufnahmen von 1,2,3 und 4, sowie 13 und 14.
    Um den Zank um 13. ranken sich Legenden und die 7. gibt es genau einmal.
    Dann hatte er von diesem Werk die Nase voll!


    Gruß S.

  • Zitat

    Original von s.bummer
    Um den Zank um 13. ranken sich Legenden und die 7. gibt es genau einmal.
    Dann hatte er von diesem Werk die Nase voll!


    Erzähl mal bitte. Wir sind neugierig...

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

  • Zitat

    Original von s.bummer


    Auch gibt es keine Aufnahmen von 1,2,3 und 4, sowie 13 und 14.
    Um den Zank um 13. ranken sich Legenden und die 7. gibt es genau einmal.
    Dann hatte er von diesem Werk die Nase voll!


    Gruß S.


    Meines Wissens nach hängt das mit dem Verhältnis Schostakowitsch - Mrawinskij zusammen. Die 4. Sinfonie ist insofern ein Sonderfall, als Schostakowitsch sie ja zurückgezogen hat. Das Originalmanuskript ist verloren, es existierte der Klavierauszug, der dann später aus dem Gedächtnis der seinerzeitigen Probenmusiker orchstriert wurde.


    Nr.7 ist ein zutiefst politisches Werk, das im Grunde genommen drei russische Uraufführungen erlebt hat (die Leningrader unter Karl Eliasberg). Wenn ein sowjetischer Dirigent sich nicht immer wieder an den Entstehenshintergrund des Werkes erinnert werden möchte verstehe ich das. Und überdies: Eine Aufnahme reicht doch, oder? Deswegen muss man nicht gleich die Nase davon voll haben. Die 11. unter Mrawinskij kennt ja auch nur eine offizielle Studio-Aufnahme.


    Und überhaupt: endet die Ära der Studi-Aufnahmen von Mrawinskij nicht irgendwann in den 1960ern?


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Erzähl mal bitte. Wir sind neugierig...


    zur 7. gibt es nicht viel zu erzählen, außer dass YM = Yevgeny Mrawinsky das Werk nicht leiden konnte, er es aber quasi aufnehmen musste.


    Zur 13. (ich zitiere Tassie) gibt es folgende Aspekte:
    Es wird behauptet, YM habe sich vor dem Werk wegen der politischen Aussage gedrückt und DS und er waren sich fortan spinnefeind.


    Dazu ist anzumerken.
    - YM war als Uraufführungsdirigent gesetzt.
    - Er konnte das Werk nicht leiden, weil er sowieso Werke für Vokalsolisten und Chor nicht leiden konnte und kaum aufführte.
    Man gehen zum Beweis mal die Diskographie durch!
    Außerdem hielt er das Werk für zu sehr mussorgsky-like.
    - Er hatte das Angebot, auf USA Tournee zu der Zeit der angesetzten Uraufführung zu gehen und da seine Frau sterbenskrank war, was er DS verschwieg, wollte er ihr mit der Tournee noch ein paar schöne Reisemonate gönnen. Sie starb auch kurz nach der Tournee.
    - Er dirigierte auch nie die 14. (Vokalsolisten! sic!)
    - Er half aber DS bei der Fertigstellung der 15. die Uraufführung hätte er auch bekommen, wenn es nicht Maxim gegeben hätte. So wurde er der 2. und hat die 15. des öfteren aufgeführt.


    Bereits Mitte der 60iger fuhren DS und er wieder gemeinsam in Urlaub. Insofern war der "Krach" um die 13. nur von kurzer Dauer.
    Sie waren sich aber nie so nahe, dass man von enger Freundschaft sprechen konnte, eher von kollegialer, denn allzu Privates war stets ausgeklammert, auch die Religiosität von YM.


    Gruß S.


    Quelle:


    Nachtrag: Ein sehr interessantes Interview über Mrawinsky findet man hier:
    Interview

    Einmal editiert, zuletzt von s.bummer ()

  • Solti und die Neunte


    Mit dem Wort Referenz bin ich vorsichtig ... aber die Kondraschin-Aufnahme mit der Moskauer PH (Melodiya) steht für mich von Anfang an für DIE Referenz für die Sinfonie NR.9.


    Wenn ein Dirigent es erreicht an diese Referenz heranzureichen, dann ist das schon eine grosse Aufnahme.

    Georg Solti hat den ungeheuren Spielwitz und die darin enthaltene Doppelbödigkeit in seiner Live-Aufnahme von 1993 mit den Wiener PH ausgezeichnet umgesetzt.

    :angel: Mehr noch als in seiner DVD-Aufnahme mit dem Bayerischen RSO gelinkt ihm diese flinkfüssige Sinfonik mit allegrösstem Spielspass und für den Hörer Hörspass.


    Decca, 1993 LIVE, DDD



    Auch TOP, aber mit Abstrichen bei der Klangqualität, die hier nicht in DTS, sondern nur PCM aufgenommen wurde. Die Int aus Wien (Decca) macht auf mich einen noch geringfügig spielfreudigeren Eindruck:


    ARTHAUS MUSIK, DVD, PCM Stereo, 1990

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Mit dem Wort Referenz bin ich vorsichtig ... aber die Kondraschin-Aufnahme mit der Moskauer PH (Melodiya) steht für mich von Anfang an für DIE Referenz für die Sinfonie NR.9.

    Da geht es mir ganz genauso, lieber Wolfgang! Volle Übereinstimmung! :)


    Schöne Grüße

    Holger

  • Mit den Sinfonien von Dmitri Schostakowitsch habe ich mich immer nur sporadisch näher beschäftigt, und entsprechend mager sieht es auch mit Aufnahmen bei mir aus. Lediglich die Fünfte (Ormandy, CBS + Rahbari, Naxos), Siebente (Haitink, Decca), Nr. 9 (Rahbari) und Nr. 10 (Karajan, DGG, 1966) befinden sich im meiner Sammlung. Deshalb kann ich auch keine Interpretationsvergleiche anstellen. Ich möchte aber hier, was die Nr. 9 angeht, eine Aufnahme vorstellen, die m.W. bisher noch nicht genannt worden ist:

    Shostakovich: Symphonies Nos. 5 And 9 by Alexander Rahbari

    Alexander Rahbari und das Philharmonische Orchester Brüssel (Aufnahme: 1991).

    Der iranische Dirigent hat, vor allem in den 1990er Jahren, einige beachtenswerte Aufnahmen für NAXOS erstellt. In seiner Heimat aufgrund der politischen Verhältnisse unerwünscht, wirkt er vornehmlich in westlichen Ländern.

    Ich habe mir seinerzeit die CD gekauft, um vor allem Schostakowitschs Neunte kennenzulernen. Zunächst hat mich die wirklich exzellente Aufnahmetechnik beeindruckt, aber ich finde auch das Dirigat des Iraners sehr engagiert. Aber, wie gesagt, ich habe keine Alternativen hier, möchte die CD aber hier vorstellen und fragen, ob sonst jemand die Aufnahme kennt. Sie ist mit der Nr. 5 gekoppelt, die ich auch unter Ormandy, mit dem Philadelphia Orchester, habe. Ich finde, daß sich Rahbari nicht hinter seinem berühmteren Kollegen verstecken muß.


    LG, Nemorino

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

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  • LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Danke, Fiesco,


    ich habe es auch nach mehrmaligen Versuchen nicht hingekriegt! Mir ging es ähnlich wie Holger, es erschien entweder die ASIN-Nr. - oder ein winziges Pünktchen.


    Schönen Abend,

    Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Sinfonien Nr.9 mit Kondraschin


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    Wenn ein Punkt erscheint klappt es mit der ASIN alleine nicht: Dann setze ich ;lo hinter die ASIN = (am]B01M74P79N;lo[/am) und setze das Bild (möglichst in Grösse 300) davor, wie oben gezeigt. Das gefällt mir dann besser als Fiescos "klick".




    Zum Thema Sinfonie Nr.9:

    Ich kennen angesichts meiner ausnahmslos hochkarätigen Aufnahmen (andere behalte ich erst gar nicht), deine NAXOS-Aufnahme nicht.

    Aber die wirklich sehr ordentliche Ormandy-Aufnahme der Fünften habe ich auch, denn diese war in meiner Jugend bereits die erste Aufnahme dieser Sinfonie auf einer CBS-LP.

    Wenn DU schreibst, dass Rahbari sich nicht vor Ormandy zu verstecken braucht, dann sollte diese wohl auch ganz ordentlich sein.



    *** Nur, lieber nemorino --- wenn man alleine die Kondraschin-Aufnahme der Sinfonie Nr.9 hat, dann braucht man im Prinzip keine Weitere, weil die alle Wünsche an das Werk abdeckt !

    :saint: Die Sinfonie Nr.9 mit Kondraschin (Melodiya-Eurodisc) , war übrigens meine erste Schostakowitsch - LP. Du glaubst nicht wie schnell ich mir danach alle anderen Sinfonien gekauft habe ... ich war "hin und weg" angesichts dieses grossen Genies, der meinen Musikgeschmack zu 100% abdeckte ... bis heute !

    Meine Erstaufnahmen/LP´s der 15 Sinfonien waren alle russische Aufnahmen des LP-Labels Melodiya-Eurodisc mit Swetlanow, Kondraschin, Roshdestwensky. Mrawinsky-Aufnahmen hatten wegen der unzumutbaren Klangqualität damals schon keinen guten Stand bei mir ... heute auf CD hat sich das durch die technischen Möglichleiten des modernen Remasterings auf CD gewandelt.


    Die Kondraschin Einzel-CD der Sinfonie Nr.9 (mit Nr.2) ist - nicht mehr verfügbar - , die hatte aber auch nicht das gute Remastering der GA von Melodiya und AULOS auf CD (dazu gibt es bei Tamino ellenlange Threads - u.a auch den Thread "Schostakowitsch mit Kondraschin").


    Im Moment ist die Kondraschin-GA wiedermal (so wie in den letzten 15 Jahren so oft - schwierig verfügbar -) - hier die Abb der Melodiya-GA, die technische Bessere von AULOS habe ich, die ist bei amazon.de - derzeit nicht verfügbar -).


    Melodiya, 1972-1975, ADD




    AULOS, DSD-Remastering 2006, Melodiya-Aufnahmen 1972-1975, ADD

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Wie teleton sagt, besser geht die Neunte von Schostakowitsch nicht als mit Kondraschin. Die 11 CD-Box mit der Schostakowitsch-Rund-Brille gibt es gegenwärtig zum aktuellen Preis von 270 Euro. Die Box steht bei mir im Regal neben den anderen GA, allerdings habe ich diesen Preis nicht bezahlt.


    Ja, und dieser Artikel von Jakob Knaus aus der nzz liefert eine verblüffende Analyse um ein bedeutsames musikalisches Zitates, das in der Sinfonie vorkommt.


    https://www.nzz.ch/feuilleton/…weisen-ein-esel-ld.125139

    .


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Zitat von teleton

    Wenn ein Punkt erscheint klappt es mit der ASIN alleine nicht: Dann setze ich ;lo hinter die ASIN = (am]B01M74P79N;lo[/am) und setze das Bild (möglichst in Grösse 300) davor, wie oben gezeigt. Das gefällt mir dann besser als Fiescos "klick".

    Wenn dich mein "Klick" stört einfach wegsehen! 8)


    Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Mit den Sinfonien von Dmitri Schostakowitsch habe ich mich immer nur sporadisch näher beschäftigt, und entsprechend mager sieht es auch mit Aufnahmen bei mir aus. [--] Ich möchte aber hier, was die Nr. 9 angeht, eine Aufnahme vorstellen, die m.W. bisher noch nicht genannt worden ist:

    Shostakovich: Symphonies Nos. 5 And 9 by Alexander Rahbari

    Alexander Rahbari und das Philharmonische Orchester Brüssel (Aufnahme: 1991).

    Deine Frage "wer kennt sie, wer hat sie" kann zumindest ich mit "ja" beantworten. Es war meine erste Shostakowitsch-Aufnahme überhaupt und ziemlich nahe des Erscheinungsdatums erstanden. Ich habe in dem kleinen Beiheft erstmals einiges über den Komponisten und dieses Werk erfahren, kann irgendwie auch Stalins (angebliche?) Enttäuschung über die Sinfonie verstehen, wenn er damals etwas im Sinne von Beethovens Neunter erwartet hat.


    Ansonsten muss ich passen, wenn es um Vergleichsmöglichkeiten geht - mir fehlen Erfahrungswerte, wie sie etwa teleton aufgezählt hat. Um mich überhaupt dem Komponisten anzunähern, habe ich mir seinerzeit diese Box gekauft


    Shostakovich Edition


    und die bietet einen großen Überblick über das kompositorische Schaffen des Russen.


    :hello:




    .


    MUSIKWANDERER


  • LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

  • Wenn DU schreibst, dass Rahbari sich nicht vor Ormandy zu verstecken braucht, dann sollte diese wohl auch ganz ordentlich sein.

    Lieber Wolfgang,


    also ich will mich hier keineswegs als Schostakowitsch-Kenner ausgeben, ich kenne nur eine relativ kleine Auswahl seiner Werke, und die noch nicht einmal sonderlich gut. Die Fünfte mit Ormandy war meine allererste Bekanntschaft mit diesem Komponisten, wenig später kam die Nr. 10 unter Karajan dazu, und die habe ich zunächst hauptsächlich des Dirigenten wegen gekauft. Aber ich muß zugeben, daß ich mich mit Schostakowitsch bis heute nicht intensiv beschäftigt habe, das "Aha-Erlebnis" ist bei mir ausgeblieben. Meine Aussage zu Rahbaris Nr. 9 bezog sich vor allem auf die IMO erstaunliche Klangqualität, was auch für den Vergleich mit Ormandys Nr. 5 gilt.


    Leider ist es so, daß ich mir seit einiger Zeit (das Alter läßt grüßen:D) nicht mehr so gut konzentrieren kann wie das früher der Fall war; deshalb beschäftige ich mich meist mit bekannten oder weniger langen Werken. Habe kürzlich noch einmal die "Leningrader" (unter Haitink) hervorgeholt, aber nur satzweise gehört.


    LG, Nemorino :hello:

    Die Welt ist ein ungeheurer Friedhof gestorbener Träume (Robert Schumann).

  • Ich habe in dem kleinen Beiheft erstmals einiges über den Komponisten und dieses Werk erfahren, kann irgendwie auch Stalins (angebliche?) Enttäuschung über die Sinfonie verstehen, wenn er damals etwas im Sinne von Beethovens Neunter erwartet hat.

    Hallo musikwanderer,


    8) Stalins Meinung oder Eindrücke sind von der musikalischen Seite her so unwichtig und so überflüssig wie ein Kropf.

    Warum hat Schostakowitsch doppelbödig komponiert ?

    Um dem damaligen Regime gerecht zu werden und doch so komponieren zu können, wie er wollte.


    Die Neunte ist ein Meisterwerk des 20.Jhd. Nie wieder hat Schostakowitsch zu solch flinkfüssiger Sinfonik gefunden, wie in dieser herrlich frischen Neunten.

    Diese Sinfonie Nr.9 war mein Anfang für Schostakowitsch, der bis heute zu meinen drei absoluten Lieblingskomponisten gehört.



    Aber ich muß zugeben, daß ich mich mit Schostakowitsch bis heute nicht intensiv beschäftigt habe, das "Aha-Erlebnis" ist bei mir ausgeblieben.

    Das ist wirklich schade, lieber nemorino,

    dass er quasi an Dir vorbeigegangen ist. Man kann auch nicht sagen, dass Du nicht den richtigen Anfangszugang hattest, denn gerade die Sinfonien Nr.5, 9 und 10 sind geradezu prädestiniert für einen erfolgreichen Zugang. Nun gut, dann war es bei Dir eben anders. Es hat offenbar nicht sein sollen.

    :hail:Bei mir hat Schostakowitsch damals schon eingeschlagen wie ein Bombe.


    Mir geht es mit Mahler so, dass ich noch lange nicht alle Sinfonien goutiere (am wenigsten die mit Gesang !) ... dagegen habe ich ein ungleich positiven Zugang zu Bruckner ... das hat auch mit der Länge der Sinfonien wenig zu tun ... das sind ja alles lange Schinken ... sondern damit, dass ich bei Mahler einfach zu lange warten muss, bis sich mal etwas erbauliches tut, was mich wirklich anspricht und musikalisch "anheizt"... Ausnahmen 1, 2, 6 und 10.

    Ich bin von Natur aus ungeduldig - da muss schon ziemlich bald was geboten werden, das mich unendlich begeistern kann ... :saint: so wie der ganze sinfonische und konzertante Schostakowitsch.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Passend.....


    1 Stunde über die 9.mit Musikbeispielen bei Ö1


    LG Fiesco

    Il divino Claudio
    "Wer vermag die Tränen zurückzuhalten, wenn er den berechtigten Klagegesang der unglückseligen Arianna hört? Welche Freude empfindet er nicht beim Gesang seiner Madrigale und seiner Scherzi? Gelangt nicht zu einer wahren Andacht, wer seine geistlichen Kompositionen anhört? … Sagt nur, und glaubt es, Ihr Herren, dass sich Apollo und alle Musen vereinen, um Claudios vortreffliche Erfindungsgabe zu erhöhen." (Matteo Caberloti, 1643)

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