Robert Schumann - Die Sinfonien

  • Zitat

    Original von GalloNero
    Solti hab ich auf der Liste, den besorg ich mir aber erst, wenn sich der Bayer zu Masur geäußert hat.


    Ich messe den Dirigenten derzeit übrigens an der 2ten.


    So, jetzt muss ich mir wegen Dir auch noch den Masur kaufen, um Dir zu berichten, anstatt erst von Dir zu hören, ob ich den noch brauch :motz: ;)
    Hm, na ja, die 3. mögen wir beide ja nicht so, die 4. kann man nur als dramatisches Werk lieben (da finde ich die Bernstein-Aufnahme genial); also bleiben primär 1+2 zur Beurteilung...


    :hello:
    Stefan


    PS: Begeistert sein und trotzdem einschlafen ts ts ts (stell Dir mal vor das passiert bei nem Date - das wärs dann wohl trotz Begeisterung) - Du bist mir vielleicht ein schwarzer Hahn :pfeif:

    Viva la libertà!

  • Nach jahrelanger Abstinenz gab es heute endlich einmal wieder die Symphonien Nr. 1 „Frühlingssymphonie“ und Nr. 3 „Rheinische“ von Robert Schumann, und zwar in einer im Dezember (!) 2006 im Münchener Herkulessaal entstandenen Aufnahme des Orchestre des Champs-Élysées unter Philippe Herreweghe, das in 12-11-8-7-6 Streicherbesetzung mit antiphonalen Geigen und Bässen links spielt.



    Die Frühlingssymphonie hatte ich als Teenager in der Karajan-Aufnahme kennen- und liebengelernt, eine Aufnahme, die mir seit meiner durch HIP gesteigerten Sensibilität für klangliche Subtilitäten und Intonation unerträglich geworden ist. Dankbar nahm ich daher die mit dieser Neuaufnahme gebotene Gelegenheit wahr, meine Bekanntschaft mit dem einst heißgeliebten Werk zu erneuern.


    Gespielt ist die Symphonie wunderbar. Technisch sauber, aufnahmetechnisch makellos (sogar die Bässe sind ausreichend und klar definiert vorhanden!) und klanglich ganz wunderbar: weder blasen die Trompeten im ff alles kurz und klein noch kreischt mich eine Metallquerflöte um den Verstand. Die Streicher glänzen mit seidigem, geschmeidigem, doch strahlkräftigem Klang, der gerade mit soviel Vibrato angereichert ist, dass ihm die Schärfe genommen, das Vibrato als solches jedoch kaum hörbar wird.


    Artikulatorisch werde durch feinste dynamische und klangliche Differenzierungen wahre Wunder an musikalischer Deutlichkeit vollbracht ohne dass die Linie litte oder sich akademische Trockenheit breit machen könnte, es handelt sich um eine sehr lebhafte, vitale und flexible Lesart. Herreweghe lässt es gerne krachen, wobei die Balancen immer stimmen und der typische dunkle, warm grundierte, „schwere“ Schumann-Klang immer erhalten bleibt, dem Trompeten und Triangel nur noch ein wohlproportioniertes Glanzlicht aufsetzen. Welch eine Wohltat!


    Auch der Spielwitz im Dialogisieren einzelner Instrumente oder das Aussingen der zahlreichen lyrischen Momente werden mit wahrer Liebe realisiert.


    Aber trotz aller von vollem Erfolg gekrönter Liebesmüh’ der Interpreten will mir das Werk nichts mehr sagen, vom langsamen Satz einmal abgesehen. Die Frühlingsfreude scheint mir durch eine Schule Eichendorff’scher Waldesdepression gegangen zu sein, die warme Klanglichkeit leiht dem durchaus mit Elan realisiertem Erwachen der Lebensgeister eine seltsam melancholische Grundierung, die mir bei aller Vorliebe für weiche, warme und satte Klänge keinen emotionalen Zugang erlaubt: eine Frühlingslandschaft in Brauntönen.


    Daher lässt mich diese Aufnahme ein wenig ratlos zurück: ich denke, sie wird dem Werk mehr als nur voll gerecht, ich kann mir keine wesentlich bessere Umsetzung der Partitur vorstellen, die Klanglichkeit entspricht perfekt meinen geschmacklichen Vorlieben, aber die Musik als solche, obwohl einst sehr geschätzt, sagt mir nurmehr wenig. Zuviel Caspar David Friedrich, zuwenig Constable?


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Hallo Flo,


    danke für die gute Beschreibung. Da werde ich demnächst gleich einmal Probe hören. Sehr empfehlen kann ich Dir auch die Einspielung der 2. und 4. Symphonie unter Dausgaard, erschienen bei BIS. Wenn Du zu der glücklichen Sorte Mensch gehörst, die einen SACD-Player ihr eigen nennen, wird zumindest der klangliche Genuss eine Offenbarung sein (schon die Stereo-Spur ist vom Feinsten):



    :hello:
    Wulf.


    P.S. Vielleicht kannst Du Dich eher mit der 2. Symphonie (wieder) anfreunden??

  • Hallo Barockbassflo,


    Dein Beiträg läßt mich etwas ratlos zurück.
    Zuerst bist Du über die Herrwege-Aufnahme total begeistert und lobst die Interpretation:

    Zitat

    Welch eine Wohltat!

    Dann kannst Du mit dem Werk nichts mehr anfangen ???


    Dein Einstieg mit Karajan (genau wie bei mir) war doch schon perfekt und hatte ein positives Ergebnis !


    Blättere doch mal auf Seite 1 in diesem Thread zurück und lese die ersten Beiträge von 2004 - 2005.
    Nicht nur der erste Beitrag von UWE weißt auf eine Aufnahme hin, die ich erst viel später kennengelernt habe - die Szell-Aufnahme mit dem Cleveland Orchestra.


    ;) :yes: Vielleicht könnte diese noch Deine Meinung zu dem sinfonischen Werk Schumann´s und insbesondere der Sinfonie Nr.1 Frühlingssinfonie ändern.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Weiter ging es mit der „Rheinischen“ in derselben Neueinspielung unter Herreweghe wie die Frühlingssymphonie.



    Die Rheinische hatte ich immer gemieden, ich empfand sie als ein bräsig-trübes, blechüberladen vor sich hinrumpelndes Monster, und für Selbstmord war mir schon damals das Leben zu kurz.


    Dieser Eindruck hatte anscheinend mit der für meine Ohren und mein Empfinden ungeeigneten Interpretation zu tun – im reicheren, wärmeren, differenzierteren und komplexeren Klang der historischen Instrumente erschlossen sich mir nun die Reichtümer dieser Symphonie.


    Herreweghe beherrscht die Kunst, die Schumann’sche Instrumentation zum Sprechen zu bringen. Der Klang ist erdig-dunkel, aber nie dick oder nicht mehr durchhörbar, alles ruht auf einem Fundament sonorer Fülle. Dabei bleibt es jedoch nicht, sondern diese herrlichen Klänge werden mit feinem Gespür dem musikalischen Ausdruck angepasst. Heraus kommt eine Rheinische, die dezidiert ihre eigene Welt bewohnt, jedoch gerne auch Gäste aus sonnigeren Gefilden duldet.


    Der einst völlig abgelehnte vierte Satz begeisterte sofort durch den goldenen Glanz der Hörner. Im hinzutreten der Geigen später wurde wieder einmal schlagartig deutlich, wie der intensivere Klang mit angemessenem Vibrato gespielter Darmsaiten die Durchhörbarkeit und den Ausdrucksreichtum befördern kann. Die temperamentvollen Einwürfe der Celli kommen kernig und doch warm, die Bässe grummeln mächtig, worauf die Posaunen einen machtvoll-satten Auftritt haben, nur um von den noch dazu ein wenig schimmernden Hörnern übertrumpft zu werden.


    Der trübe, dicke, sinnlose Satz wird zu einem faszinierenden Spiel irisierender, dunkler Farben.


    Das Blech ist schwer und voll, aber nicht hart oder aggressiv und schon gar nicht eindimensional, der Kölner Dom ist ja auch keine Festung.


    Vital und doch in der gedeckten Farbe passend schließt sich sehr organisch das Finale an. Auch hier fehlt jede Aggressivität und Härte in den lauten Passagen, stattdessen gibt es ein warmes Leuchten, und die Hörner triumphieren. Knackig sprühen die Streicher kontrapunktische Funken, tänzerisch leicht bewegen sich die Holzbläser. Die Trompete ruft kurz dazwischen – aber nur so mal eben, keine Haupt- und Staatsaktion.


    Wo früher konfuser Lärm war sind jetzt differenzierte Klangflächen, wo schrille Brutalität war, gibt es jetzt seidigen Glanz im Blech. Und siehe da: Robert Schumann wusste genau, was er warum wie instrumentiert hat, man muss seine Musik nur auf den Instrumenten spielen, für die sie geschrieben wurde.


    Mein Dank geht an die Musiker, die mir den Zugang zu einem Meisterwerk eröffnet haben.


    :hello:
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

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  • Lieber Wulf,


    die zweite habe ich auch mit Herreweghe, aber ich befürchte, ich habe dieses Stück noch nie bewusst gehört. Werde ich gleich mal nachholen.


    Einen SACD-Player habe ich nicht, und Aufnahmen mit modernen Instrumenten kaufe ich nur noch im Ausnahmefall - aber wer weiß. Erstmal den Herreweghe nochmal hören.


    Lieber teleton,


    das Stück hatte mir vor Jahren gefallen. Jetzt kann ich den Karajan nicht mehr ertragen, so hart und unsauber ist das gespielt.


    Hinzu kommt, dass mir mittlerweile offensichtlich das Stück auch in einer perfekten Umsetzung nichts mehr sagt, weswegen ich auch kaum noch eine Aufnahme mit modernen Brüllinstrumenten kaufen werde, jedenfalls nicht, solange mein proselytischer HIP-Wahn anhält ;) .


    Hoffentlich ist damit das Missverständnis beseitigt,
    herzlicher Gruß,
    Flo

    "Dekonstruktion ist Gerechtigkeit." (Jacques Derrida)

  • Also ich habe wie Norbert auch die Aufnahme der Schumann Symphonien mit Bernstein:



    Ich bin überzeugt davon dass ich damit eine hochwertige Aufnahme in Händen halte, trotzdem kann ich mit Schumanns Sympohnien keine Freundschaft schließen, von einer Liebesbeziehung garnicht zu reden.
    Mich lässt diese Musik irgendwie fast völlig kalt, kann das überhaupt sein oder stimmt mit mir was nicht?
    Manchmal denke ich mir, oh wie banal.
    Am ehesten kann ich noch mit der Vierten etwas anfangen, obwohl, ne, auch nicht wirklich.


    Sollte ich vielleicht noch zu einer anderen Einspielung greifen oder soll ich Schumanns Symphonien jetzt mal für eine längere Zeit komplett beiseite lassen, was ratet ihr mir?
    Ich will diesem Komponisten auch nicht unrecht tun, sein KK gefällt mir doch so gut.


    mit Grüßen
    Christoph

  • Zitat

    Original von Hayate
    Sollte ich vielleicht noch zu einer anderen Einspielung greifen oder soll ich Schumanns Symphonien jetzt mal für eine längere Zeit komplett beiseite lassen, was ratet ihr mir?


    so ungewöhnlich ist das nicht. Ich würde es noch mit einer HIP-Einspielung versuchen (Herreweghe oder Gardiner), wenn das nichts fruchtet, gibt es sicher noch einiges andere sinfonische Repertoire vorher zu entdecken.


    Ich habe auch lange, obwohl meine Repertoire-Eroberung relativ chronologisch verlaufen ist, einen Bogen um Schumann gemacht, erst mal Brahms, Bruckner und Mahler u.a. verschlungen, bevor ich reif war, die Schumann-Lücke zu schließen.


    Mittlerweile tendiert man ja eher dazu, Schumanns eigenständige (nicht -tümliche) Orchesterklangsprache für durchaus genial zu halten. Ich denke, man erkennt das umso mehr, je mehr man sich dem Originalklang annähert. Seine manchmal dick aufgetragenen Klangmischungen profitieren nach meinem Gefühl von einem schlanken Orchester unverhältnismäßig stark (anders ausgedrückt: sie klingen nur mit einem "modernen" Orchester zu dick). Außerdem nutzt Schumann zum Beispiel mehr als Brahms das Pingpongspiel der gegenübersitzenden 1. und 2. Violinen, es ist ein Jammer wenn das durch eine nicht antiphonische Aufstellung wieder zunichte gemacht wird.


    Als Einstieg ist meiner Meinung nach auch die 2. Sinfonie gut geeignet.


    Gruß,
    Khampan

  • Zitat

    Original von Hayate


    Mich lässt diese Musik irgendwie fast völlig kalt, kann das überhaupt sein oder stimmt mit mir was nicht?
    Manchmal denke ich mir, oh wie banal.
    Am ehesten kann ich noch mit der Vierten etwas anfangen, obwohl, ne, auch nicht wirklich.


    mit Grüßen
    Christoph


    Mit Verlaub, Christoph: es stimmt was nicht mit Dir. Oder um mit Hallervordens Worten zu reden: Du hast echt n Ding an der Waffel. :beatnik:


    Im Ernst: Banalität kann man den Schuannschen Symphonien im Großen und Ganzen wohl kaum uterstellen, genauso wenig wie Beethovens Symphonien (vielleicht bis auf die Ode) irgendwo banal sind.


    Die 2. deckt - noch viel mehr als bei allen Symphonikern zuvor - ein komplettes Emotionsspektrum ab - da ist tiefste Trauer, plötzlicher AUfschwung etc. Eine wirklich großartige Symphonie.


    Hör mal die Dausgaard-Âufnahme bei m Label BIS. Wenn Dir das nicht gefällt, hast Du wirklich.....nein Spaß - :D


    :hello:
    Wulf

  • Jetzt bist Du aber wieder recht brutal Wulf. :baby:
    Die 3. ist doch eher banal :stumm: - der 4. kann man das auch nachsagen, auch wenn sie unter Bernstein sehr packend ist...
    Aber No. 1+2 -> auf keinen Fall! 8o


    :hello:
    Stefan

    Viva la libertà!

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  • Mensch, Stefan. Hat man Dich mit Lenor gewaschen?? Dat war doch nicht brutal.... :baeh01: :untertauch::D


    Die 3. ist auf keinen Fall banal. Spaß beiseite: Was verstehst Du unter banal? Die 3. erreicht nicht die Tiefe der 2. - aber banal ist die auf keinen Fall.... :no:


    :hello:
    Wulf

  • Nein, banal ist die "Rheinische" mit Sicherheit nicht, aber doch schon sehr ohrwurmlastig.
    Von den Sinfonien sagt sie mir am Wenigsten zu, trotzdem mag ich sie sehr gerne. Die Beste ist vielleicht wirklich die Zweite, die Vierte würde ich aber nicht weit hinten anstellen.
    Im Grunde sind sie alle großartig, der Einstieg findet sich irgendwann von ganz alleine. :yes:



    Gruß, Peter.

  • Wie ich oben schon schrieb, die Rheinische ist m.E. die inhomogenste; die letzten drei Sätze muß man irgendwie als Einheit sehen, sonst sind das andante vor und das Finale nach dem grandiosen "Kölner-Dom-Satz zu leichtgewichtig und banal. Die insgesamt gelungenste, besonders geschlossenste ist die 4. Der beste Einzelsatz ist der langsame der 2. Leider haben die Ecksätze der 2. ein paar Hänger bzw. Längen, vor allem das Finale mit dem ad nauseam wiederholten Beethoven-Zitat. Die Frühlingssinfonie ist ohne Durchhänger, aber insgesamt relativ "leicht", vielleicht die Eingängigste.

    Aber auch die 4. oder den Kopfsatz der 3. kann man spontan mögen. Die 2. war für mich der schwerste Brocken (und ich werde das Finale niemals als angemessen akzeptieren), aber es lohnt sich.


    Bernsteins Aufnahmen sind durchaus packend, daran kann's eigentlich nicht liegen.


    Kann es irgendwie sein, dass unsere südöstlichen Freunde immer mal wieder ein Problem mit Schumann haben, weil er halt weder wie Schubert noch wie Bruckner klingt... inkompatible lokale Geschmäcker? :D


    viele Grüße


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Original von Hayate
    Sollte ich vielleicht noch zu einer anderen Einspielung greifen oder soll ich Schumanns Symphonien jetzt mal für eine längere Zeit komplett beiseite lassen, was ratet ihr mir?
    Ich will diesem Komponisten auch nicht unrecht tun, sein KK gefällt mir doch so gut.


    mit Grüßen
    Christoph


    Hallo Christoph,


    erzwingen läßt sich wenig, was mit Sympathie oder Antipathie zu tun hat.


    Bernstein liefert eine sehr intensive Sichtweise der Schumann-Sinfonien ab, neigt aber, wie es beim "späten Bernstein" des öfteren einmal vorkam (Tschaikowskys 6. oder Sibelius), nicht zu Übertreibungen oder übermäßigen Sentimentalitäten.


    Soll heißen: Eine andere Einspielung wird wahrscheinlich das Gefühl der "Banalität" nicht vertreiben können. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß manchmal "liegenlassen und sich irgendwann wieder unvoreingenommen nähern" mehr bringt als der Versuch, ein momentan (?) exisitierendes Urteil revidieren zu müssen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Sagitt meint:


    Wer im Dunstkreis des WDR aufgewachsen ist, wie ich, für die ist Schumann Heimat. Früher war Radio das zentrale Medium und das Thema aus der Rheinischen das Sendezeichen des WDR.
    Interessant ist dabei, dass für mich wegen dieses Kontextes Schumann irgendwie zum Rheinländer wurde,obwohl das historisch gar nicht stimmt und seine Zeit am Rhein alles andere als glücklich war.

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  • Zitat

    Original von Khampan
    Ich würde es noch mit einer HIP-Einspielung versuchen (Herreweghe oder Gardiner),


    Salü,


    gibt's außer den beiden genannten noch weitere HIPler, die Schumanns Sinfonien eingespielt haben? Nach wie vor interessiert mich besonders die g-moll-Sinfonie [Fragment].


    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo Schumann-Freunde,


    ich bin wieder überrascht und :D erschüttert mit welchen Worten Schumann´s große Sinfonie Nr.3 "Rheinische" bezeichnet wird.
    :no: Was soll an diesem ohrwurmvollen Werk banal sein ?
    Egal - sie ist und bleibt von den Schumann-Sinfonien meine Lieblingssinfonie; am liebsten in den Aufnahmen mit Karajan und Bernstein (beides DG), aber auch Szell (SONY) ist erste Klasse.


    Volle Zustimmung an Wulf und sagitt:

    Zitat

    Die 3. ist auf keinen Fall banal. Spaß beiseite: Was verstehst Du unter banal? Die 3. erreicht nicht die Tiefe der 2. - aber banal ist die auf keinen Fall....


    Für uns ist das Heimat pur (auch mit dem WDR-Sendekennzeichen) !


    ------------------------
    Hallo hayate,


    ich denke Du hast eine perfekte Einspielung mit Bernstein, die wie Johannes schon schrieb wirklich packend ist. Daran kann es nicht liegen !


    Ich möchte mich da voll der Empfehlung von Norbert anschließen, das Problem wie einst Kohl erstmal auszusitzen - das hat auch bei ihm (in der Politik) schon immer was gebracht:

    Zitat

    Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, daß manchmal "liegenlassen und sich irgendwann wieder unvoreingenommen nähern" mehr bringt als der Versuch, ein momentan (?) exisitierendes Urteil revidieren zu müssen.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang



  • Lieber Ulli,
    ja, die gibt es! Roy Goodman hat Schumanns Symphonien mit der Hanover Band für RCA eingespielt:


    R-14675300-1579400910-3195.jpeg.jpg


    Leider ist die Box gestrichen und gemeinhin second-hand-mäßig nur zu relativ astronomischen Preisen zu erstehen. Ich hab' sie kürzlich (diese Woche) relativ günstig kriegen können. Bisher aber nur die 1. und die 4. nebenbei gehört. Die g-moll Symphonie ist allerdings nicht enthalten.


    Zuvor hatte und kannte ich Bernstein mit den Wienern und eine ältere Einspielung mit Inbal (weil da auch die »Zwickauer« drauf ist), bin aber mit den Werken nie so richtig warm geworden.


    Nun, mein erster (noch recht oberflächlicher Eindruck) von Goodmans Schumann: HIP und Goodman tun den Schumannschen Symphonien sehr, sehr gut!!! Kein Thick-Sound, unter dem die Schumann Symphonien bisweilen etwas arg verwabern, sondern ein transparentes, eher zerissen wirkendes Klangbild, von herber, vielleicht gar etwas spröder Schönheit. Für mich wirkt Schumann hier dunkel (selbst in den fröhlicheren Passagen), struppig, eher in der Tradition der Frühromantik stehend als im Kontext einer schon manirierten bzw. frisierten Hochromantik.


    Jedenfalls scheint es so, als würde Goodman Schumann für meinen Geschmack interessanter interpretieren und auch ergreifender, als ich's bisher gewohnt war.


    Wie gesagt, das ist zunächst nur mein erster Eindruck - werde mir die Symphonien am Wochende mal intensiver vornehmen und dann berichten.


    Herzliche Grüße,
    Merdard


    p.s.: tontechnisch ist Goodmans Schumann bei RCA übrigens erheblich besser als seine für Nimbus gemachten, bisweilen arg verhallten Aufnahmen der Schubert- oder Beethovensymphonien.

  • Zitat

    Original von Ulli
    gibt's außer den beiden genannten noch weitere HIPler, die Schumanns Sinfonien eingespielt haben? Nach wie vor interessiert mich besonders die g-moll-Sinfonie [Fragment].


    Ich wüsste/hätte da noch eine:



    die kommt demnächst sogar mit KK + VK in neuer Aufmachung raus...



    Denke aber mal, dass sie Dich trotzdem weniger interessieren wird, weil die g-moll nicht mit drauf ist... :pfeif:
    [wurde mit der Aufnahme nicht sonderlich warm; mir sagt Bernstein am meisten zu, Solti find ich auch noch sehr gut, um den Gallo-Masur hab ich mich erstmal gedrückt :stumm: ]


    :untertauch:
    :untertauch: :untertauch:
    :untertauch: :untertauch: :untertauch:
    :untertauch: :untertauch:
    :untertauch:


    :hello:
    Stefan


    PS: Klarstellung - die 1. und 2. liegen mir sehr (obwohl aus Südost kommend), mit der 3. bin ich noch nicht warm geworden und die 4. muss Bernstein sein ;)
    Wir mögen ja auch den Bonner Luigi, den Felix und den Johannes B., die eigentlich auch lauter "Preißen" waren :lips:

    Viva la libertà!

  • Salü,


    König Gutmann könnte durchaus von Interesse für mich sein - aber ich will die "Zwickauer" g-moll in HIP. Zunächst aber wird die Schubert-Box mit Immerseel fällig...


    :rolleyes:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • Wie leicht man einen Thread durch nur einen Beitrag wieder komplett beleben kann. -g


    Also ich werde es jetzt wirklich so machen, dass ich die Werke erst mal beiseite lege und mich ihnen dann später irgendwann wieder unvoreingenommen widme, vielleicht höre ich sie dann anders.
    Mit Bernstein besitze ich wohl wirklich eine Top-Aufnahme, wie ihr mir hier wieder mehrfach versichert habt, daran kann es also wohl eh nicht liegen.


    mit Grüßen
    Christoph

  • Heute hatte ich die Gelegenheit, zwei Schumann-Sinfonien mit Herreweghe anzuhören. Die 2. und 4. Sinfonie sowie das Klavier- und Cellokonzert wurden von ihm ja bereits eingespielt und vor wenigen Monaten komplettierte sich der kleine Zyklus hiermit:



    Und was soll ich sagen? Ich bin absolut begeistert!
    Mir haben schon die anderen Schumann-Einspielungen gut gefallen, aber das ist noch eine Liga besser. Herreweghe spielt hier mit Originalinstrumenten und das schafft einen ganz wunderbaren Orchesterklang. Die dicke Orchestrierung, die man Schumann desöfteren vorwirft, verliert hier seine Wirkung komplett. Alles ist gut durchhörbar, aber keineswegs dünn oder kammermusikalisch. Es ist ein richtig angenehmer schöner Klang in den Ohren. (Die Aufnahme wurde im Dezember 2006 im Herkulessaal in München gemacht.) Und das tut Schumann hier richtig gut.


    Die Sinfonien wirken frisch und lebendig. Besonders die "Rheinische" strahlt richtig Freude und Leben aus, doch auch die innere Unruhe Schumanns kommt zum Ausdruck.
    Nur eine Sache hat mir nicht gefallen. Das Tempo des Trio II im 3. Satz der "Frühlingssinfonie" kommt etwas schleppend daher.


    Ansonsten aber eine dicke Empfehlung von meiner Seite aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei Goodman besser klingt.



    LG, Peter.

  • Zitat

    Original von petemonova
    Ansonsten aber eine dicke Empfehlung von meiner Seite aus. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das bei Goodman besser klingt.



    LG, Peter.


    Vorstellen kann ich's mir schon (weil Goodmans Schumann eben wirklich KLASSE ist), aber wissen kann ich's erst, wenn ich Herreweghe gehört habe - was ich nach Deiner eindringlichen Schilderung und Empfehlung unbedingt tun werde... DANKE dafür!!!


    Ganz herzlich,
    Medard

  • Lieber Medard,


    dann hoffe ich, dass dir Herreweghe gefallen wird.
    Ich für meinen Teil werde demnächst versuchen, mal den Goodman zu hören. Den habe ich zuletzt vor ein paar Jahren mit Schubert gehört und das hat keinen bleibenden Eindruck bei mir hinterlassen.



    Gruß, Peter.

  • Lieber Peter,
    so unterschiedlich kann man Musik/Interpretationen empfinden: Ich habe überhaupt erst über Goodman zu Schubert gefunden!! Seinen Schumann finde ich - hab' ich ja schon gepostet - ebenfalls hinreißend !! Nun, ich werde Deinen Herreweghe beizeiten daran messen...
    Ganz herzlich,
    Medard

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  • Bisher machte ich einen großen Bogen um Schumann. Um ehrlich zu sein: Ich kannte kein Werk von ihm wirklich.
    Doch dann hörte ich mal aus Interesse in die günstige Karajan-Box rein - und klingt wirklich sehr interessant, ja sogar kaufanregend!


    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Ulli
    Salü,


    König Gutmann könnte durchaus von Interesse für mich sein - aber ich will die "Zwickauer" g-moll in HIP.


    Gardiners 3 CD Box enthält beide Fassungen der d-moll Symphonie, das Konzertstück für 4 Hörner, und auch die Zwickauer!



    Die Aufnahme, die mir klanglich immer noch am besten gefällt, ist die von Derek Solomons mit The Authentic Orchestra (1990, Collins Classics) - teils etwas langsame Tempi, aber ungeheur luzid. Er spielte die revidierte Fassung der 1. und die Urfassung der 4.


    Ich habe da noch eine Aufnahme dieser Urfassung der d-moll mit Georg Schmöhe und dem (damals noch so genannten) Radio-Symphonie-Orchester Berlin ( 1988, Koch Schwann) - die hatten so gar die Gitarrenstimme ergänzt, für die es in der Romanza ein leeres System gibt. Das hat meines Wissens sonst niemand gemacht.


    Ganz allgemein liebe ich Schumanns Musik im Ganzen und finde, dass seine Sinfonien nach HIP schreien, vor allem der alten Orchesteraufstellung, und einer kleinen Besetzung wie damals im Gewandhausorchester - ich höre da eine eher kammermusikalische Auffassung von Sinfonie.


    p.s. Meine Wunschbesetzung wäre Christoph Spering und Das Neue Orchester - ich habe live in Eltville Mendelssohn von denen gehört, in alter Aufstellung, und das war ein ganz fantastisches Konzert!

    2 Mal editiert, zuletzt von miguel54 ()

  • Eine große Enttäuschung war für mich übrigens die Aufnahme mit Zinman - hatte bei einem guten Freund den Beethoven gehört, der davon schwärmt - aber den Schumann finde ich klanglich ziemlich bescheiden und eher etwas überhastet, ohne viel Tiefgang.


  • Ich kann und will nicht verhehlen, dass ich die Einspielungen der Symphonien mit Gardiner und Harnoncourt für "richtig" halte und dass sie mir auch gefallen, so wie sie sind. Insofern begehe ich seit Neuerem immer wieder ein wahres Sakrileg :untertauch: :angel: , schlechtes Gewissen und sämtliche Bedenken hintan stellend, indem ich mich in wonniger Wohligkeit seligen Hörgenusses in dem suhle, was Riccardo Chailly - hoffentlich wird er bald gesundheitlich wieder voll hergestellt sein - und sein Gewandhausorchester Leipzig uns auf ihrer Gesamteinspielung zu bieten haben:



    Robert Schumanns Symphonien in der - ja was ist es jetzt eigentlich: aufführungspraktischen Einrichtung, Spielfassung, Revision, Ergänzung - Bearbeitung durch Gustav Mahler.


    Folgt man den Angaben im Booklet, gehen die einzelnen Änderungen in die Hunderte, nicht alle hört man, aber die man hört, sind ganz außerordentlich erheblich, führen vor allem instrumentationsbedingt zu einem völlig neuen Klangbild und Höreindruck. Es liegt auf der Hand, dass dies ein "massiver" Schumann ist, kein Leisetreter. Hier hat sich niemand bemüht, rein durch Anpassung der Instrumentenbalance die Richtigkeit der oft gescholtenen Instrumentierung durch Schumann unter Beweis zu stellen. Im Gegenteil: Ganz offenbar war Mahler der Überzeugung, Schumann, den er im übrigen sehr geschätzt haben soll, habe nun mal falsch instrumentiert, und er, Mahler, müsse dies berichtigen. Das Booklet will nur wenigste Stellen verorten können, an denen Mahler aus Schumann Mahler gemacht haben soll - vor meinem Ohr sind diesem Mahler diverse Male schlicht die Mahlerschen Gäule durchgegangen. Und die Ergebnisse sind einfach herrlich :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: , Asche auf mein Haupt, >Kleiderzerreiß< :faint: :stumm: :pfeif: .


    Zur ersten Symphonie - finde ich - passen die massiven Änderungen irgendswie nicht so recht, damit werde ich nicht warm. In der zweiten bis vierten - und ganz besonders und vor allem in der dritten - schwelge ich dagegen bis zum Abwinken.


    So etwas wird mit Sicherheit niemandem von Euch gefallen und bestimmt werde ich jetzt hochkant aus dem Forum geworfen - dann war's ein kurzes Glück allhier -, aber ich kann doch auch nichts dafür, dass mir so ein aufgepusteter Breitwandballon gefällt :no: ;) :] .


    Liebe Grüße, Ulrich

  • Danke für den Hinweis - die Bearbeitungen Mahlers wollte ich schon immer mal hören!


    Schumanns Orchesterklang ist ja eher kammermusikalisch gedacht, dünkt mich - und so gespielt kommt er auch gut rüber, weshalb ich auch Gardiners Aufnahme schätze. Dass Mahler dieser Klang nicht gereicht hat, kann ich nachvollziehen - aber man sollte es dazuschreiben.

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