Hans Hopf war in der Zeit von etwa 1950 bis 1965 einer der meistgefragten deutschen Heldentenöre. Mittlerweile steht er nach meiner Wahrnehmung etwas im Schatten anderer Sänger. Er deckte ein relativ weites Spektrum deutscher und italienischer Opern ab und bewies dabei eine Vielseitigkeit wie nicht viele Sänger seiner "Gewichtsklasse". Wenn man sich darüber beschwert, dass heute viele Rollen zu leicht besetzt werden (müssen), kann man in Hopfs alten Aufnahmen recht häufig erleben, wie sich ein schwer gepanzerter Held im lyrischen oder Zwischenfach herumschlägt – das allerdings meistens ziemlich eindrucksvoll.
Hans Hopf wurde am 02.08.1916 in Nürnberg geboren. 1936 debütierte er als Pinkerton am Bayerischen Landestheater. Weitere Stationen seiner Karriere waren Augsburg, Oslo sowie die Sächsische Staatsoper (Semperoper Dresden), wo er sich schrittweise vom lyrischen ins Heldenfach vorwagte. Eine der frühesten Aufnahmen von Hans Hopf aus dieser Zeit dürfte eine deutsch gesungene Aufnahme von Don Giovanni unter der Leitung von Carl Elmendorff sein (1943), in der Hopf als Don Ottavio eher männlich markant als elegant zu Werke geht. Ein hörbar kerngesunder junger Mann, dem der altersschwache Giovanni von Mathieu Ahlersmeyer sicher im Ernstfall keine Probleme bereitet hätte. Auch wenn Hopf seine Stimme nach Kräften zurücknimmt und sich in der Arie "Folget der Heißgeliebten" (Il mio tesoro) für einen späteren Tristan erstaunlich beweglich zeigt, bleibt diese Besetzung sicher eine Kuriosität.
Nach Ende des Zweiten Weltkrieges war Hans Hopf dann endgültig im schweren Heldenfach angekommen und in diesem machte er auch international Karriere. Er trat regelmäßig an den Staatsopern in Berlin, München und Wien auf, gastierte aber auch an der New Yorker MET und auch an den Opernhäusern in Mailand und Buenos Aires. Als die Bayreuther Festspiele 1951 von Furtwängler mit Beethovens 9. Sinfonie musikalisch wiedereröffnet wurden, sang er den Tenorpart. In derselben Bayreuther Saison übernahm er unter Herbert von Karajans musikalischer Leitung die Rolle des Stolzing in den Meistersingern von Nürnberg. Den Bayreuther Festspielen blieb Hopf bis in die späten 1960er Jahre treu. Insbesondere sein Siegfried 1960 wurde viel beachtet. Vor allem im Herbst seiner Karriere sang er auch viel Strauss, zum Beispiel den Kaiser aus der Frau ohne Schatten oder den Bacchus.
Nach seinem Bühnenabschied war er als Musikpädagoge tätig. Hans Hopf starb am 25.06.1993 in München.
Hans Hopf war vielleicht einer der letzten echten unermüdlichen Heldentenöre von der Art wie sie der deutsche Wagnergesang über Jahrzehnte hervorgebracht hatte. Er verfügte über eine durchschlagskräftige Stimme mit ausgeprägtem baritonalen Fundament und einer sicheren Höhe. Damit war er sicherlich mit einem deutlich besseren Material ausgestattet als sein Zeitgenosse Wolfgang Windgassen, hinter dem er aber meines Erachtens hinsichtlich der Rollengestaltung etwas zurückbleibt. Besonders in seinen späteren Aufnahmen fällt ein relativ breites Vibrato auf, das beim ersten Hören vielleicht nicht unbedingt angenehm ist, mich aber letztlich nicht weiter stört. Nach meinem Eindruck neigt Hopf ein wenig zum Aspirieren und auch um die Textverständlichkeit ist es manchmal nicht zum Allerbesten bestellt. Trotz alledem hat die Stimme etwas, das mir recht gut gefällt. Sein altmodischer pathetischer Vortrag und diese steife, sehr individuelle Diktion mit dem gerollten R – das scheint manchmal doch eher nach Vorkriegsbayreuth zu passen, hat aber für mich durchaus einen gewissen Reiz. Die metallische Strahlkraft von Hopfs Stimme und die Mühelosigkeit, mit der er auch schwierige Partien meisterte, sind jedenfalls seither von nicht allzu vielen seiner Nachfolger erreicht worden.
Wegen dieser Eigenschaften gefällt er mir sehr gut als Pedro in Eugen d’Alberts Oper Tiefland. In Rudolf Moralts Aufnahme (1957) ist er für mich annähernd ideal in dieser Rolle. Pedro ist ein rauher reizbarer Geselle, der mit eigenen Händen einen Wolf erwürgt und zunächst in seinen zerlumpten Hirtenkleidern auf seine eigene Hochzeit gehen will. Hopfs Stimme besitzt da ausreichend Kraft, um diesen wilden, unbehauenen Charakter glaubhaft zu machen. Die Aufnahme ist zur Zeit wohl leider schwer erhältlich.
Die Rolle, in der Hopf wohl am besten dokumentiert ist, ist der Max in Webers Freischütz. Es gibt einen Mitschnitt von den Salzburger Festspielen 1954 unter Furtwängler und eine ehemals von Decca vertriebene Aufnahme unter Otto Ackermann. Auch wegen Elisabeth Grümmer und dem Dirigenten Erich Kleiber dürfte eine Aufnahme von 1955 vom damaligen NWDR besonders interessant sein. Gerade im Vergleich zu anderen Sängern der etwas jüngeren Zeit (z.B. Schreier, Wottrich) ist es schon ziemlich bemerkenswert, wie kraftstrotzend Hans Hopf da durch die Wälder und die Auen zieht.
Vielleicht seine bekannteste Aufnahme ist der Tannhäuser, den er 1960 in unter der Leitung von Franz Konwitschny eingesungen hat. Leider ist das eine Aufnahme, die wohl nicht unbedingt zu Hopfs besten gehört. Er klingt hier für meine Begriffe gepresst, unangenehm guttural und auch die Gestaltung der Rolle ist etwas schlicht ausgefallen. Gerade die berühmte Romerzählung wirkt auf mich stimmlich zwar überaus souverän, ansonsten aber eher hausbacken als subtil. Wahrscheinlich waren es eher die weniger sensiblen Charaktere, die Hopf besonders gut lagen.
Mit Hans Hopf gibt es darüber hinaus ziemlich viele deutsch gesungene Radioaufnahmen italienischer Opern, an die ich mich aber bisher kaum gewagt habe. Als Otello unter Eugen Jochum (1955) hat er praktisch keine Probleme mit der schwierigen Partie und glänzt mit strahlenden Spitzentönen, auch wenn er nie ganz den Wagnertenor verleugnen kann. Sehr gut, wenn auch in weiten Teilen unverständlich, scheint mir sein Andrea Chenier unter Wolfgang Sawallisch (1956). Hopf bringt hier nicht nur Stimme sondern auch einiges an Engagement mit. Diese Neuveröffentlichung von Walhall würde ich durchaus wegen Hopf empfehlen.
Für mich also insgesamt ein Tenor vom alten Schlag mit Ecken und Kanten, der manchmal vielleicht etwas zu sehr nach Flügelhelm und Bärenwams klingt, aber aufgrund seiner eindrucksvollen Stimme und der breiten Palette seiner Einspielungen durchaus etwas Aufmerksamkeit verdient hat.
Wie ist Eure Meinung zu diesem Sänger?